Quälen Sie sich auch mit diesen „falschen“ Schuldgefühlen?

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Schuldgefühle, kopp-wichmann,

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Schuldgefühle sind wie ein quälender Schatten, der einen verfolgt: „Das hätte ich nicht tun dürfen!  Wie konnte mir das nur passieren? Warum bin  ich gescheitert? Wie kann ich das je wieder gutmachen? Ich bin nicht gut genug.“

Solche inneren  Monologe sind der ständige Begleiter von Menschen, die mit Schuldgefühlen kämpfen. Fragt man nach, welche Schuld Sie denn auf sich geladen haben, fällt ihnen erst mal nichts Besonderes ein.

Unbewusste Schuldgefühle gehören zu den heftigsten und schmerzlichsten Gefühlen,  die das Leben belasten können und in die Menschen wie in einem Fangnetz  verstrickt sein können. Meist liegen die Wurzeln in Kindheit und Jugend.

Wenn unbewusste Schuldgefühle vorhanden sind, weiß der Betreffende gar nicht, dass sie vorhanden sind, weil sie eben unbewusst sind. Er spürt nur deutlich die Auswirkungen in seinem Leben.

Um diese elementare Gefühle und ihre emotionale Wucht besser zu verstehen, ist  es notwendig, Erlebnisse und Botschaften aus der frühen  Kindheit zu erinnern bzw. aufzudecken.

In meiner langjährigen Arbeit mit Menschen sind es vor allem die folgenden „falschen“ Schuldgefühle, die mir immer wieder begegnen:

 

1. Die Schuld, geboren zu sein.

Wenn ein Kind nicht gewollt wurde führt das fast immer zu einem Schuldthema. Vielleicht mussten die Eltern heiraten und das war damals eine große Schande. Oder  Schwangerschaft und Geburt waren gefährlich vielleicht lebensbedrohlich für die Mutter. Oder das Kind ist das Ergebnis einer missglückten Abtreibung.

Erfährt das Kind das irgendwann später, weil es davon hört oder die Großmutter sich verplappert, kann sich das Kind davon nicht distanzieren („Geht mich nichts an. Hättet Ihr besser verhüten müssen.“)

Stattdessen kann in dem Kind ein Schuldgefühl entstehen, das so massiv erlebt wird, dass es „abgearbeitet“ werden muss. Oft in Form einer Rollenumkehr (Parentifizierung). Das Kind fängt an, für die Eltern oder die Mutter zu sorgen, indem es besonders brav wird, unauffällig und pflegeleicht. Indem es die Eltern nicht noch einmal enttäuschen will und besondere Leistungen zeigt.

2. Die Schuld des falschen Geschlechts.

Ganz England atmet auf.

Ganz England atmet auf.

Nicht nur in Königshäusern hat man genaue Vorstellungen, welches Geschlecht das künftige Kind haben soll. Auch normale Eltern haben oft Wünsche dazu. Dass nach drei Söhnen man sich vielleicht eine Tochter wünscht, mag verständlich sein. Auch der Landwirt hofft meist auf einen Jungen, der den Hof übernehmen kann und ist über weiblichen Nachwuchs nicht immer erbaut.

Obwohl ja der Samen des Mannes bei der Zeugung das Geschlecht des Kindes bestimmt, übernehmen oft Frauen die Schuld, das falsche Geschlecht zu haben. Manche „Michaela“, „Andrea“ oder „Christiane“, die nachforscht, wie sie zu diesem Vornamen kam, erfährt, dass sie eigentlich ein Jungen werden sollte.

3. Die Schuld nur Ersatz zu sein.

Ein Mann wunderte sich, dass im Fotoalbum seiner Kindheit, kaum Bilder von ihm und dafür viele Abbildungen eines fremden Jungen waren. Als er mit sieben Jahren seine Mutter danach fragte, erfuhr er, dass drei Jahre vor seiner Geburt sein Bruder mit zwei Jahren an einer Lungenentzündung verstorben war und seine Mutter immer noch jeden Abend darüber weinte.

 

4. Die Schuld, gesund zu sein.

behindert_geschwister_xs_Claudia Löw - FotoliaIn Familien, wo ein Bruder oder eine Schwester dauerhaft krank oder behindert ist, dreht sich natürlicherweise viel um dieses Geschwister, das besondere Aufmerksamkeit und Fürsorge braucht. Sind es nur zwei Kinder, kann das andere Kind darüber Schuldgefühle entwickeln und versuchen, das auszugleichen. Oft indem es seine Lebendigkeit und Vitalität zurückhält oder ganz unterdrückt.

Dasselbe kann passieren, wenn ein Elternteil dauerhaft schwer krank ist. Wer als Kind öfter hört: „Sei leise, Mama geht’s heute nicht gut“ oder sich als Siebenjähriger ums Mittagessen kümmern muss, weil die Mutter betrunken auf dem Sofa liegt, entwickelt einerseits frühe Ressourcen. Ist andererseits mit dieser Rolle aber auch enorm überfordert und kann Schuldgefühle entwickeln, nicht krank zu sein.

5. Die Schuld, erfolgreich zu sein.

„Du sollst es mal besser haben als wir“, hören Kinder manchmal. Dieser gut gemeinte Wunsch kann aber Schuldgefühle machen, wenn man erlebt, dass der Vater sich das Geld für den Klavierunterricht des Sohnes vom Mund abspart und der Sohn mit der Zeit das Interesse am Klavierspielen verliert.

„Wenn Du nicht geboren worden wärst, wäre ich heute Ärztin!“, erinnerte sich eine Frau, die ihr erfolgreiches Jurastudium abschließen wollte und vor den entscheidenden Klausuren enorme Prüfungsängste bekam.

Arbeitsstörungen und Prüfungsängste sind oft die Nagelprobe dafür, wie gut sich jemand innerlich von den Eltern gelöst hat. Besteht hier noch eine unangemessene Loyalität, spürt der Betreffende unbewusst, dass er besser nicht erwachsen – und erfolgreich – ins Berufsleben tritt.

 

6. Die Schuld überlebt zu haben.

zwilling_xs_ultraschall, Martin Valigursky - FotoliaSie wollten zu dritt nachts von der Party mit dem Auto nach Hause fahren. Der Fahrer hatte etwas getrunken, bestand aber darauf, selbst zu fahren. Eine Kurve zu schnell gekommen, von der Straße abgekommen, gegen den Baum geprallt. So schilderte mir eine Klientin jene Nacht, die alles veränderte.

Der Fahrer und die Beifahrerin waren sofort tot. Sie saß auf dem Rücksitz und überlebte schwer verletzt. „Mit welchem Recht darf ich weiterleben?“ fragte sie sich immer wieder. Da sie darauf keine Antwort wusste, wurde sie schwer depressiv.

Auch Überlebende des Holocaust, gewaltsamer Geiselnahmen und anderer Katastrophen entwickeln oft eine Überlebensschuld. Diese aufzulösen ist nicht leicht und bedarf meist einer längeren therapeutischen Begleitung.

Etwa zwanzig Prozent der Schwangerschaften sind als Zwillingsschwangerschaft angelegt, aber nur bei etwa zwei Prozent kommt es zu einer Zwillingsgeburt. Dennoch kann dieser frühe Verlust eine emotionale Gedächtnisspur hinterlassen und diffuse Schuldgefühle verursachen.

 

7. Die Schuld missbraucht worden zu sein.

Die Übernahme von Schuld, auch wenn einem rational klar ist, dass man Opfer war und nicht Täter, kann man auch als Versuch verstehen, einer überwältigenden Ohnmachtserfahrung ein Stück Kontrolle entgegenzusetzen.

Das ist bei sexuellem Missbrauch besonders häufig zu beobachten. Weil oft der Täter nicht bestraft wird oder die Tat leugnet, sucht das Opfer nach einer Erklärung, um ein Minimum an Kontrolle zu  erlangen. In Äußerungen wie „Wenn ich nicht so einen kurzen Rock angehabt hätte …“ oder „Wenn ich nicht so spät abends in dieser dunklen Straße unterwegs gewesen wäre …“ hört man manchmal den versteckten Selbstvorwurf.

 

 Wie Schuldgefühle früh entstehen.

Als Kind hat man keine Möglichkeit, sich von den Eltern und möglichen inneren Zuschreibungen von Schuld entziehen. Das Kind kann nicht sagen: „Dass die Eltern dauernd streiten, mein Vater säuft, die Mutter unglücklich ist, hat nichts mit mir zu tun. Das ist deren Baustelle.“ Stattdessen sucht das Kind immer nach einem Grund und landet fast immer bei der Erklärung, dass das Problem irgendwie mit ihm selbst zu tun haben muss.

Generell tendieren Frauen mehr zu Schuldgefühlen als Männer. Vermutlich weil sie beziehungsorientierter denken und oft auch glauben, ihren  eigenen Ansprüchen und denen anderer nicht genügt zu haben. Wo Männer sich besser (manchmal zu strikt) abgrenzen („Mir doch egal!“) haben Frauen , mehr damit zu kämpfen, die vermeintlichen Erwartungen von Eltern, Schwiegereltern, Partnern enttäuscht zu haben, falsch  gehandelt oder versagt zu haben.

 

Zwischen Schuldgefühl und echter Schuld unterscheiden.

Denn Schuldgefühle können unangemessen sein. Das schlechte Gewissen ist dabei oft kein guter Ratgeber. Denn man kann sich schuldig fühlen, ohne eine wirkliche  Schuld auf sich geladen haben. Für den Außenstehenden ist das meist offensichtlich, für den Betroffenen jedoch nicht.

Bei Schuldgefühlen gibt es oft eine emotionale Verwirrung. Der vermeintliche „Schuldige“ glaubt, er müsse etwas gut machen, müsse büßen, um die Schuld abzutragen oder zu tilgen.

  Entweder in der Art, dass er das Schicksal des „Opfers“ teilt – z.B zu sterben oder zu leiden wie das Opfer – oder dass er in anderer Weise „einen Preis zahlt“..

Bert Hellinger hat drei seelische Dynamiken benannt, die hier als Wiedergutmachung vermeintlicher Schuld dienen können:

  • „Ich folge Dir nach“
    bei Identifizierung mit einem toten Familienmitglied
  • „Lieber ich als Du“
    beschreibt die die Übernahme von Schuld, Leid und Verstrickung eines anderen Familienmitgliedes.
  •  „Mir darf es nicht besser gehen als Dir“
    als Treue oder Loyalität im Leid.

indem es ihm schlecht geht, er etwas Geliebtes verliert: Gesundheit, Besitz, Erfolg. Bisweilen wird sogar der Verlust – oder die Behinderung – eines Kindes als „Strafe“ erlebt z.B. für eine Abtreibung!

 Wie lassen sich Schuldgefühle auflösen?

Das ist immer ein intensiver hochemotionaler Prozess. Mit rationaler Einsicht oder Appellen an die Vernunft ist da nichts auszurichten.

Familienaufstellungen sind bekannt dafür, solche unbewussten Dynamiken sichtbar und erlebbar zu machen. Auch in meinen Persönlichkeitsseminaren tauchen schuldhafte Verstrickungen immer wieder als Ursache für seltsame Probleme immer wieder auf.

Allein das Aufdecken des möglichen Zusammenhangs zwischen Schuldgefühl und dem Glauben, etwas ausgleichen, bezahlen oder wiedergutmachen zu müssen, kann befreiend wirken.

Hierzu arbeite ich in meinen Persönlichkeitsseminaren oder Coachings mit bestimmten Sätzen. Wenn Sie das ausprobieren wollen, suchen Sie sich einen ruhigen Ort ohne Störungen, setzen Sie sich bequem hin und schließen Sie die Augen. Sagen Sie jeweils einen Satz laut vor sich hin und achten Sie auf Ihre inneren Reaktionen in den ersten vier, fünf Sekunden.

Hier die Sätze:

  • „Ich darf glücklich sein.“
  • „Ich konnte nichts dafür.“
  • „Mir darf es besser gehen als Dir.“
  • „Ich muss nichts wiedergutmachen.“
  • „Ich habe genug gebüßt.“

Ihre inneren Reaktionen können heftig sein. Das ist meist ein Hinweis auf ein unbewusstes Schuldthema, vor allem, wenn Sie an einen bestimmten Menschen aus Ihrem Leben oder an eine Situation denken müssen.

Das Bearbeiten von schweren Schuldgefühlen braucht manchmal professionelle Begleitung und geht meist mit heftigen Gefühlen einher. Starke innere Stimmen wollen einen davon abhalten und einreden, dass die Schuld doch ganz real sei – auch wenn einem der rationale Verstand sagt, dass das nicht stimmt.

Das ist ja auch der Nutzen von unangemessenen Schuldgefühlen. So quälend sie sein mögen, sie geben einem das Gefühl, das Richtige und Notwendige zu tun. Das Bearbeiten und Loslassen scheint einem mitunter verboten, zu einfach, frevelhaft und kann auch enorme Ängste auslösen.

Welche Schuldgefühle quälen Sie besonders?

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Foto: © privat, Claudia Löw, Martin Valigursky – Fotolia.com


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Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.

37 Kommentare

  1. Lieber Roland,
    ein sehr informativer Artikel. Leider haben viele Menschen mit diesen „falschen“ Schuldgefühlen zu kämpfen.

    Was die Familienaufstellung anbelangt, bin ich allerdings etwas skeptisch 😉

    Liebe Grüße,
    Christian Gremsl

  2. Familienaufstellungen sind nicht schlecht.
    Ich arbeite lieber mit Identitäts-Aufstellungen, da wird das den meisten Schuldgefühlen zugrunde liegende Trauma direkter adressiert und bearbeitet.

  3. Corona und die Kinder.

    Das Urvertrauen in die Ärzte, die Medizin und die Eltern wurde durch die Corona Pandemie erschüttert. Nun wissen die Kinder dass auch die Erwachsenen hilflos sein können.
    Die Folgen sind Ängste. Therapiebedürftig? Manchmal ja.
    Aber was soll man den Kindern sagen? Die Wahrheit? Ich würde meinen Kindern sagen dass wir nur Menschen und damit genau so verwundbar sind wie die Tiere und die Pflanzen…..

  4. Super geschriebener und informativer Artikel :-). Eine sehr gute Aufstellung. In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen 🙂

  5. Katja Nutsch sagt

    Es beruht alles auf Ursache und Wirkung und nur Narzissten benutzen die Schuldumkehr um die Opfer gefügig zu machen

  6. Markus Imboden sagt

    Die Schuld das es mir besser geht (obwohl Depressionen) wie vielen Menschen, meiner Mutter, meiner Schwester, genug Geld zu haben. Dann Angst zu geniessen zu leben!

  7. Andrea sagt

    Mein Vater hatte mir, da war ich ca 12-14, gesagt, dass ich nie gewollt war. Dass meine Mutter geweint und ihr Fahrrad hingeworfen hätte aus Wut, nachdem sie beim Arzt gewesen war und erfahren hatte, mit mir schwanger zu sein.
    Er sagte es nicht nur ein Mal, sondern mehrfach in diesem Zeitraum. Aus Wut auf mich (Pubertät), wenn ich nicht so funktionierte, wie gewollt. Meine Mutter sagt heute noch, dass sie froh war, dass ich wenigstens ein Mädchen wurde. Einen Sohn hatte sie ja schon.
    Rückblickend, ich bin jetzt über 50, verstehe ich so einiges, warum aus welchem Grund keiner meiner Verwandten, inclusive meinem Bruder, mich jemals akzeptiert hatte. Meine Oma wollte mich nicht sehen, meine Onkels beschenkten an Weihnachten meinen Bruder, aber mich nicht. Dennoch war ich verpflichtet freundlich zu sein, bekam den Mund verboten, wenn sich die anderen unterhielten und während meiner kompletten Kindheit bekam ich Schläge von Vater, Mutter, meinem Bruder und sogar den Töchtern der Freundinnen meiner Mutter. Und keiner intervenierte.
    Meine Schuldgefühle sind enorm. Ich bekümmerte meine Mutter, indem ich von Kindheit an das Haus putzte, jede Woche. Ich war in der Schule ein Überflieger, durfte aber kein Abitur machen. Als ich mit dem Wunsch damit nach Hause kam, wurde ich wortwörtlich niedergebrüllt. Sie hätten auch kein Abitur und müssen auch arbeiten gehen.
    Ich machte eine Lehre, und als ich ausgezogen war, machte ich Fachabitur. Als ich das meinen Eltern erzählte, flippte meine Mutter wieder aus. Ich soll heiraten, wie alle anderen auch (da war ich 21). Nur ihre Tochter mache Dinge, die ihr das Leben versauen würden.
    Nach dem Fachabi fing ich an zu studieren. In den ersten Semesterferien ging ich ins Ausland – und blieb dort. Ich heiratete und bekam einen Sohn.
    Nach 5 Jahren kehrte ich nach Deutschland zurück. Mein Vater sagte, dass man mich nicht dort wolle. Also zog ich weiter weg. Später wurde mir vorgeworfen, dass mein Sohn sich zu wenig bei ihnen melde. Klar. Da mein Bruder eine Tochter zur gleichen Zeit bekam, war mein Sohn weniger wert. Sie schimpften auf ihn und sagten auch, dass ihre Enkelin so ganz anders sei. So viel lieber.
    Mein Vater ist mittlerweile gestorben, und ich vermisse ihn nie.
    Meine Mutter ist jetzt über 80 und ich habe Schuldgefühle, die ich nicht benennen kann. Sie jammert immer, ich wäre so wenig bei ihr (ich besuche sie so alle 6-8Wochen). Die anderen Töchter ihrer Freundinnen wohnen alle im selben Ort und kümmern sich. Mein Bruder wohnt auch im gleichen Ort wie meine Mutter. Ich ca. 120 km weit weg.
    Mein Sohn wohnt bei mir in der Nähe und ruft seine Oma sehr selten an. Ich kann es ihm nicht verdenken und fordere ihn auch nicht auf, da ich denke, er braucht diese Schuldgefühle nicht haben.
    Mein Leben war sehr mit Tiefs überschattet, und habe in einer 2. Ehe endlich mein Glück gefunden.
    Nur meine Mutter beschattet es noch in dem Sinne, dass ich permanent ein schlechtes Gewissen habe. Manchmal denke ich, ich werde aufatmen, wenn sie gestorben ist. Und für diese Gedanken habe ich wiederrum Schuldgefühle. Sie ist doch meine Mutter.
    Mein Bruder mag mich nicht sonderlich. Das merke ich, indem er mich grundsätzlich, wenn er mich sieht, klein macht. Was mein Äußeres betrifft oder irgendwas was ich sage.
    Manchmal möchte ich einfach jeden Kontakt abbrechen. Kann aber nicht. Meine Schuldgefühle….

  8. Lisa sagt

    Vielen Dank für Ihre Antwort.
    Haben Sie vlt noch einen Tipp für mich wie ich mich Ihm gegenüber verhalten kann um das Gleichgewicht wieder herzustellen?
    Ich hatte so ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber da es ihm ja so schlecht ging weil ich vorübergehend ausgezogen bin , das ich mich sogar noch entschuldigt habe das ich ihn damit verletzt habe.
    Dabei gab es doch einen Grund.
    Wenn ich von mir aus das Gespräch beginne werde ich schnell emotional und fühle mich von Ihm nicht ernstgenommen.
    Er geht zwar zu diesen Gesprächen, gibt mir aber subtil das Gefühl die böse zu sein wenn ich die Stimmung zwischen uns und das Thema anspreche.
    Ich zerbreche bald unter falschen Schuldgefühlen ihm gegenüber und will mich ihm gegenüber nicht so fühlen.

  9. Hallo Lisa,
    ja, das ist bequem, das Prinzip der Schuldumkehr. Man findet Hinweise auf eine Affäre beim Partner auf dem PC und der Andere beschuldigt einen, dass man ihm nachspioniere.
    Lassen Sie sich nicht verunsichern und Schuldgefühle machen. Handgreiflichkeiten in einer Beziehung sind eine absolute Grenzverletzung. Fragen Sie ihn, ob er das auch mit seinem Chef gemacht hätte.
    Vielleicht würde Ihnen neben seiner professionellen Beratung auch eine Paarberatung gut tun, um herauszufinden, wie es zu solchen Konfliktsituationen kommt und Sie beide lernen, das im Vorfeld zu entschärfen.

  10. Lisa sagt

    Hallo Herr Kopp Wichmann,
    mein Partner wurde handgreiflich und ich bin daraufhin auf räumlichen Abstand gegangen mit der Bedingung das er sich professionelle Hilfe suchen muss.
    Dies hat er getan aber seit ich wieder bei ihm in der gemeinsamen Wohnung bin , ist die Stimmung seltsam , nicht greifbar aber nicht mehr so wie vorher.
    Er sagt er wäre auch verletzt und könnte nicht so einfach darüber hinweg sehen, das ich den zeitlichen Abstand genommen habe. Dieser war 4 Wochen und das wäre zu lang. Und das ich einfach 2 Wochen nach dem Vorfall gegangen wäre ohne Vorwarnung hätte viel kaputt gemacht.
    Ich leide dadurch massiv an Schuldgefühlen das ich Schuld habe das die Beziehung so verlaufen ist.
    Jeder sagt mir das er das vlt. extra macht damit es mir nicht gut geht.
    Haben Sie einen Tipp für mich?
    Vielen Dank und liebe grüße

  11. Die Ablösung von den Eltern ist tatsächlich eine wichtige Voraussetzung für das Erwachsenwerden, sonst bleibt man ein Leben lang ein verwöhntes Kind, das versorgt werden will.
    Diese Ablösung ist nicht leicht. Ich habe ein ganzes Buch darüber geschrieben: „Frauen wollen erwachsene Männer“.
    Aber unerwachsene Männer sehen gar kein Problem bei sich. Nur die Partnerinnen leiden.

  12. Die Ablösung von den Eltern ist tatsächlich eine wichtige Voraussetzung für das Erwachsenwerden, sonst bleibt man ein Leben lang ein verwöhntes Kind, das versorgt werden will.
    Diese Ablösung ist nicht leicht. Ich habe ein ganzes Buch darüber geschrieben.
    Aber unerwachsene Männer sehen gar kein Problem bei sich. Nur die Partnerinnen leiden.

  13. Pata sagt

    Hallo, ich habe gerade mit Interesse die Seite gelesen und muss bei dem einen oder anderen Zustimmen, jedoch bleibt einiges noch im Verborgenen. Ein Thema was mich besonder Interessiert ist die Arbeitswilligkeit. Hier habe ich diesen Satz gefunden:
    Arbeitsstörungen und Prüfungsängste sind oft die Nagelprobe dafür, wie gut sich jemand innerlich von den Eltern gelöst hat. Besteht hier noch eine unangemessene Loyalität, spürt der Betreffende unbewusst, dass er besser nicht erwachsen – und erfolgreich – ins Berufsleben tritt.
    Was bedeutet dieser Satz?

    Nun ich versuche herauszufinden, warum mein Freund nicht arbeiten will. Seit dem wir uns kennen, sagt er, dass er noch nicht dazu bereit ist. Wir bekommen demnächst ein Kind und müssen BEIDE schauen wo wir finanziell bleiben. Mir ist bei ihm schon öfters aufgefallen, dass er noch viele kindliche Züge hat – trotzig, schnell wütend, Hinterlistig, sensibel, deprimiert. Ich selber weiss nicht wie ich damit umzugehen habe und versuche durch Aggression und Druck ihn zum Arbeiten zu bringen… erfolglos (wer hätte es gedacht). Hinzu kommen dann im Endeffekt, die Schuldgefühle die ich mir mache weil ich ihn unter Druck setze. Es ist alles nicht sehr gesund und ich weiss nicht wie ich da rauskommen soll.

  14. Eva sagt

    Lieber Herr Kopp-Wichmann,

    lieder finde ich mich in keinem der beschrieben Schuldgefühlen wieder und bin mir daher gar nicht sicher, ob das nicht doch ein berechtigtes Schuldgefühl ist.
    Grundsätzlich habe ich das Gefühl nicht genug getan zu haben – nicht zur rechten Zeit an der rechten Stelle zu sein – eigentlich nur um mich zu kreisen ( und das tu ich spätestens mit den Schuldgefühlen, wenn ich mich wiederholt frage, was ich übersehen hab, was ich nicht sehen wollte, was ich wieder besseren Wissens unterlassen hab oder wo ich nicht auf mein Gefühl gehört habe, sondern statt dessen einem vermeintlichem Vernünfteln gefolgt bin und ob dieses Vernünfteln nicht schlicht weg eine Ausrede war um meine Feigheit oder Trägheit zu kaschieren. Das geht teilweise so weit, dass ich nicht mehr weiß, was ich fühle.
    Aktuelle leide ich grade sehr unter dem Gefühl meine Katze im Stich gelassen zu haben, sie allein sterebn zu lassen in einer Klinik in einer Situation bei der ich nicht wirklich ein gutes Gefühl hatte, aber mir eingeredet habe, es wäre besser für sie – obwohl sich das für mich gar nicht gut anfühlte und als mir die Pfleger grinsend erzählten sie habe sie angefaucht ich sie am liebsten sofort da raus geholt hätte. Ich fühl mich schuldig, dass ich diesen Hilfeschrei nicht gefolgt bin, sondern mich mit billigen ausreden beruhigt habe und frag mich was ich noch alles übersehen/ überhört habe.
    Beim Tod meines Vaters fühlte ich mich schuldig, dass ich ihn hab auf meinen Besuch warten lassen und es dann zu spät war.
    Bei der Trennung von meinem Freund habe ich wochenlang gegrübelt, wo mein Fehler lag, dass er keinen anderen Ausweg sah als einfach den Kontakt abzubrechen.

  15. Nur weil Ihr Freund vor Ihnen keine Partner hatte, muss das nicht für Sie gelten.
    Sie sollten Ihre Vergangenheit verschweigen, denn offensichtlich ist Ihr Freund noch nicht ganz erwachsen und würde wie ein Kind reagieren.

  16. Alesja sagt

    Hallo, ich habe furchtbare schuldgefühle weil ich vor meinem jetzigen Freund andere Männer getroffen habe.ich war zu dem Zeitpunkt Single.ich habe Angst wenn ich ihm das erzähle dass die Beziehung daran kaputt geht weil er eine gesonderte Meinung dazu vertritt. Habe Angst dadurch vom ihm abgelehnt zu werden. ich fühle mich schuldig vor ihm eine Vergangenheit gehabt zu haben. ich bin seine erste Freundin.vom Kopf her weiß ich das es Blödsinn ist aber das gefühl IST einfach da und ich grübel immer weiter darüber nach und weine

  17. Schuldgefühle auflösen ist wohl in der Tat eines der wichtigsten Themen, denn solche Gefühle des sich schuldig fühlen wirken im Verborgenen und machen viele Menschen zum Opfer von Helfersyndromen bis hin zum Burnout..
    lg

  18. Hallo Contessa,
    nein, Sie sind an all dem, was Ihnen widerfahren ist, nicht Schuld. Aber das können Sie schwer glauben, weil Sie innerlich noch so verstrickt sind mit Ihren Eltern.
    Ohne therapeutische Unterstützung werden Sie das wohl kaum lösen können. Ein Arzt ist nicht der richtige Ansprechpartner, eher eine psychologische Psychotherapeutin.
    Das wird alles von Ihrer Krankenkasse gezahlt. Therapeuten in Ihrer Nähe finden Sie hier: http://www.psychotherapiesuche.de
    Am besten jemand aussuchen, der „tiefnpsychologisch fundiert“ arbeitet.
    Tun Sie diesen ersten Schritt. Es kann nur besser werden in Ihrem Leben damit.

  19. Contessa sagt

    Als Kind keine Liebe bekommen.Körperliche Gewalt(Mutter)Alles falsch gemacht(war das mittlere ungew.Kind(ruhigste)Schuld:habe gestört.Ist heute noch.!Musste als 10Jaehrige,ausser meine Geschwister im Auto warten.Wurde vergwwaltigt.Meine Eltern haben mir nicht geglaubt…Liegt wohl an mir.Im Erwachsenem alter,zwei Freunde..wurde wieder geschlagen.Verdiene ich wohl!!Meine Mutter besucht mich nicht mehr,meine Geschwister auch nicht.Geben mir die Schuld?Partnerschaft…keine ehrliche Liebe.Arbeite zur Zeit nicht,kann nicht mehr,keiner sieht es.Habe Angst,angst einen Fehler zumachen.Habe Angst zum Arzt zugehen,dann fühle ich mich als Versager..

  20. Hallo Lana,
    mit einer guten Psychotherapie können Sie sich wahrscheinlich von diesen Schuldgefühlen befreien, denn sie sind nicht real. Aber Juden wie auch Katholiken kommen ja schon mit einer großen Portion Schuld auf die Welt. Jedenfalls wird ihnen das beigebracht.

  21. Lana sagt

    Ich bin zur Zeit sehr verwirrt . Mit 55 J. verstehe die Welt nicht mehr.
    Habe mein ganzes Leben mit heftigen Schuldgefühlen gekämpft.
    Bin auch Jüdin . Von einer Seite erfolgreich. Bin Ärztin, aus guter Familie, belesen, gebildet, humorvoll.
    Von anderer Seite sehr unglückliches Leben: meine Eltern sind längst tot, mein kleiner Bruder ist psychisch krank, beide Ehen geschieden, alleinerziehende Mutter, zur Zeit vom Freund verlassen nach 5-Jähriger Beziehung.
    Fühle mich oft schuldig für alles. Bin oft überzeugt, dass ich ein sehr schlechter Mensch bin. Wenn ich versuche nach meiner Art dagegen zu kämpfen, wird noch schlimmer. Also muß ich annehmen, ich bin wirklich eine schlechte Mutter, schlechter Mensch, unzuverlässige Ärztin, schlechte Freundin u s.w. Einfach doof.
    Sonst wäre ich nicht in dieser Lage.

  22. Lieber Herr Kopp-Wichmann,
    neben der sprudelnden Quelle individueller Schuldgefühle leiden Deutsche – zumindest ab einer gewissen Altersstufe – nicht selten unter dem kollektiven Schuldgefühl, das durch die Verdrängungsleistung der Nachkriegsgeneration auf die nächsten Generationen tradiert wurde. Deren Verdrängung war Überlebenstaktik und hat den Wiederaufbau erst möglich gemacht. Aber wir Nachgeborenen leben dieses Schuldgefühl nach. Sicherlich ist dies nicht allen bewusst und nicht jeder hat im selben Maße darunter zu leiden. Wenn es sich noch mit individueller Schuld in der Ursprungsfamilie paart, die im Untergrund ihre Wirkung entfaltet, halte ich das für einen sehr explosiven Stoff.

    Immer wieder hilfreich, von Ihnen zu lesen!
    Herzlich
    Jo Gruner

  23. Liebe Katarina,
    freut mich von Ihnen zu hören – und dass Sie mit dem Satz weitergearbeitet haben.
    Wenn man, wie wir das in meinen Persönlichkeitsseminaren tun, den inneren Konflikt identifiziert, lässt er sich oft mit dem passenden Satz lösen.
    Man muss aber dran bleiben und es so machen, wie Sie es getan haben.
    Alles Gute für Sie weiterhin!

  24. Katarina sagt

    Lieber Herr Kopp-Wichmann,
    die Sätze, mit denen Sie arbeiten sind so einfach und so genial!
    Ich war im April 2013 in einem Ihrer Seminare und Sie gaben mir den Satz „Ich muss nichts wiedergutmachen!“ mit. Daran habe ich lange „gekaut“, habe Gespräche in der Familie geführt und habe heute tatsächlich (fast) keine Schuldgefühle mehr. Das ist großartig.
    Ich wünsche Ihnen weiterhin alles Gute und freue mich auf jeden Newsletter.

  25. Sybille Johann sagt

    Der Punkt „mir darf es nicht besser gehen als dir“ ist glaub ich vor allem bei Frauen der Hauptgrund, dass sie ihre Fähigkeiten zurück halten. Wo kämen wir denn da hin, wenn die Frau Karriere macht und die Familie vernachlässigt? Nur führt dieses ständige sich-deckeln zu inneren Spannungen, und wehe, wenn dann mal der Korken knallt…

  26. Hallo Nicole,
    freut mich, dass Ihnen die Methode so gut gefällt. Wenn ein Satz auf zu viel inneren Widerstand stößt, kann man ihn „verdünnen“.
    Probieren Sie folgende Sätze – in Gedanken an Ihr Kind gerichtet:
    „Nur weil Du krank bist, muss es mir nicht schlecht gehen.“
    „Auch wenn Du krank bist, darf es mir gut gehen.“
    „Ich muss nichts ausgleichen.“

  27. Nicole sagt

    Lieber Herr Kopp-Wichmann,
    seit ich Ihr Buch „Ich kann auch anders“ gelesen habe, gefällt mir die Arbeit mit den Sätzen. Es ist tatsächlich so, dass die ersten Sekunden entscheidend sind. Sie bringen die besten Impulse und sind viel hilfreicher als das intensivere und längere Durchdenken eines Satzes. Auch dieses Mal habe ich gleich wieder einen Satz gefunden, mit dem ich enorme Schwierigkeiten habe. Mein Inneres erlaubt mir nicht den Satz „Mir darf es besser gehen als Dir“ zu sagen oder zu denken. Ich habe ein chronisch krankes Kind. Viele Grüße Nicole

  28. Lars sagt

    Schwul, lesbisch o.ä. zu sein, sogar, wenn das eigene Umfeld eigentlich ganz tolerant ist. Man spürt: jeder wirklich menschlich aufrichtige Kontakt „erwzingt“ bei dem Gegenüber nicht nur Toleranz, sondern Akzeptanz und somit die gleiche ernsthafte, mitunter verwirrende oder schmerzhafte Auseinandersetzung mit dem Thema Sexualität. Das würde man manchem gern ersparen.

  29. Manfred sagt

    Hallo !

    Mir persönlich fällt noch ein:
    Die Schuld, ein eigenes Leben zu leben.

  30. Eva-Christina Suryana sagt

    Dazu kommt die kollektive Schuld, die uns auferlegt wurde. Stichwort „Erbsünde“. Gerade bei uns Frauen tief im Zellgedächtnis gespeichert.
    Durch die Lichtdurchflutung dieser Tage kommen diese „Schatten“ auch wieder zu Tage und dürfen in Liebe angenommen und geheilt werden.

  31. Hallo Hella,
    das ist ein sehr existenzielles Thema. Da ist das „Loslassen“ besonders schwierig. Meistens muss man dazu den emotionalen Konflikt bearbeiten, also die „Schuld“, die einem aufgeladen worden und die man angenommen hat, zurückzugeben. Aber das geht nicht über den Verstand oder Einsicht.

  32. Hella sagt

    Lieber Herr Kopp-Wichmann,

    Ihre Fähigkeit, mir mein weltliches Inneres zu erklären, begeistert mich jede Woche.
    Eindeutig ist Punkt 1 mein Thema. So viele Jahre versuche ich nun schon, diese Schuld und was damit verbunden ist loszulassen. Meinem Verstand ist alles klar, mein Unterbewusstes jedoch – strampelt sich noch immer ab. Ich werde mir gleich heute einen für mich passenden Satz erfühlen.
    Vielen Dank für die Weitergabe ihres Wissens.

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