Was kann man gegen Depression tun?
Viele Ansätze empfehlen einen kriegerischen Umgang. Man müsse die Depression bekämpfen, niemals aufgeben, überwinden oder sich endlich einen Arschtritt geben.
Ich halte wenig von derlei Kampfparolen. Zumal Menschen mit einer depressiven Störung meist sehr hohe Ansprüche an sich haben. Und wenn Sie dann krankheitsbedingt eben nicht die nötige Kraft zum „Durchhalten“ oder „Kämpfen“ haben, buchen sie das schnell unter „wieder versagt“ und fühlen sie sich gleich noch depressiver.
Es kommt ja auch auf die jeweilige Krankheitstheorie an, wie man die Entstehung einer Depression erklärt und daraus ergeben sich dann auch die entsprechenden Behandlungsansätze.
Ist die Depression …
- wie ein Virus, der einen überfällt, liegt es nahe, sie zu bekämpfen
- v. a. eine Folge eines Mangels des Botenstoffs Serotonin im Gehirn ist ein Antidepressivum die logische Folge
- genetisch bedingt, muss man eben damit leben und tapfer sein Schicksal tragen
- eine Folge von Stress, einer Krise oder belastenden Lebensereignissen, muss man für Entspannung und Erholung sorgen.
Bei der Entstehung einer Depression können übermäßiger Stress, belastende Krisen oder Krankheiten mitbeteiligt sein. Doch speziell beim Verlauf oder möglichen Rückfällen spielen auch psychologische Verhaltensmuster eine wesentliche Rolle.
Depression ist nicht etwas, was Sie haben.
Sondern etwas, das Sie tun.
Diesen etwas anderen Ansatz vertreten neuere Therapieansätze wie die „Acceptance und Commitment Therapie“ (ACT), die Interpersonale Therapie (ITP) oder die „Achtsamkeitsorientierte Kognitive Therapie (MBCT), mit denen ich mich seit langem beschäftige. Die obige Einstellung erinnert mich an eine Frage, die ich mal von Gunthard Weber hörte, als ich 1979 ein Praktikum am Institut für Familientherapie bei Helm Stierlin in Heidelberg machte.
„Isch hab ä Depression“, sagte der Mann und ließ sich stöhnend in den Patientensessel sinken.“ Gunthard Weber schaute ihn interessiert an und fragte: „Interessant, haben Sie sie dabei?“ Ohne noch viel von therapeutischen Schulen zu wissen, hat sich mir dieser Satz von damals tief eingeprägt.
Was wäre, wenn eine Depression nicht eine unerklärliche dunkle Wolke wäre, die sich von allein über einen legt? Sondern man Depression auch verstehen kann als Resultat eines Lebens, das aus dem Gleichgewicht gekommen ist?
Doch was „tun“ Menschen, die eine Depression haben?
Sie gehen vor allem mit negativen Stimmungen anders um als Nicht-Depressive. Statt eine trübe Stimmung zu akzeptieren, verfallen sie schnell ins Grübeln, warum sie diese negative Stimmung jetzt haben.
Ein Beispiel:
Ein Klient berichtet, dass er einen Fehler bei der Arbeit machte und von seinem Chef dafür gerügt wurde. Abends als er nach Hause kam, war er gereizt und bekam im Lauf des Abends deswegen Streit mit seiner Frau.
Nachts konnte er schlecht einschlafen, weil er darüber grübelte:
- Warum kann ich nicht einmal die einfachsten Dinge zustande bringen?
- Anscheinend stimmt etwas nicht mit mir.
- Immer enttäusche ich meine Frau.
- Mein Leben ist ein einziges Chaos.
- Ich werde es nie schaffen, mein Leben in den Griff zu kriegen.
Nicht überraschend, dass sich der Klient nach einer längeren Beschäftigung mit diesen Feststellungen noch schlechter fühlte. Das ist die Depressionsspirale, die dunkle Wolke.
Depression entsteht vor allem durch zwei Verhaltensmuster:
1. Depressive verdrängen oft ihre unangenehmen Gefühle.
Anstatt eine Missempfindung (z. B. Enttäuschung) wahrzunehmen, zu akzeptieren und zu „verdauen“, wollen sie sie loswerden Meist weil sie hohe Ansprüche an sich haben: nämlich immer klaglos zu funktionieren oder immer stark sein zu müssen.
Als ich meinen Klienten fragte, warum er seiner Frau abends nichts von dem Vorfall im Büro erzählt habe, sagte er nur: „Fand ich nicht so wichtig.“ Doch unangenehme Gefühle verschwinden nicht einfach, sondern bahnen sich ihren Weg. Bei dem Klienten wohl in die Gereiztheit, die zum Streit führte.
2. Depressive identifizieren sich mit ihren negativen Gedanken.
Anstatt zu akzeptieren, dass unangenehme Gefühle zum Erleben jedes Menschen gehören, haben Depressive ungünstige Vorstellungen über sich, über andere und über das Leben. Und zwar besonders darüber wie sie selbst, andere und die Welt sein sollten, was gerecht oder richtig wäre etc.
Ihre grübelnden Gedanken sehen sie auch nicht als Gedankenmuster des Haderns und der mangelnden Akzeptanz, sondern als „Wahrheiten“ über sich oder andere.
Als ich meinen Klienten fragte, was denn so schlimm sei, dass er den Fehler gemacht hatte, antwortete er: „Es zeigte, dass ich als Controller versagt habe.“ Auch in den nächsten zehn Minuten war er nicht davon zu überzeugen, dass das doch eine übertriebene Interpretation der Sache sei. Für ihn war es die Wahrheit.
Und wie zähmt man nun seine Depression?
Mein Bild für die Depression ist eine Boa. Also eine Schlange, die ihre Opfer umschlingt, ihnen die Bewegungsfreiheit nimmt und ihnen langsam aber unerbittlich die Luft abdrückt.
Wenn eine Boa Sie im Griff hat, können Sie nicht gegen sie kämpfen oder gewinnen. Sie können sie nur zähmen.
Das ist der wichtigste Ansatz in den Achtsamkeits-basierten Therapien. Und Zähmen heißt vor allem Kennenlernen.
Depressive Gedanken sind die Hauptquelle Ihrer trüben Stimmungen. Gedanken wie:
- Das ganze Leben ist ein Kampf.
- Am meisten enttäuscht bin ich über mich selbst.
- Ich bin zu nichts imstande und nichts wert.
- Warum klappen bei mir die einfachsten Dinge nicht?
- Ich bin durch und durch ein Versager.
- Irgendetwas stimmt nicht mit mir.
Dass diese Gedanken (das ist die Boa) sich anschleichen, dagegen können Sie nichts machen. Ob Sie sich jedoch von ihnen einwickeln und erdrücken lassen, indem Sie sich länger damit beschäftigen – oder anders damit umgehen, dafür können Sie etwas tun.
Situationen, in denen diese Gedanken auftauchen und sich vermutlich Ihre Stimmung noch mehr eintrübt, sind genau diese Momente, wo die Boa der Depression Sie voll im Griff hat.
In solchen Zeiten des Tages (oder der Nacht) brauchen Sie ein wirksames Gegenmittel, mit dem Sie Ihre Boa der Depression zähmen. Hier stelle ich Ihnen eines vor:
Die 3-Minuten-Achtsamkeit für und gegen Depressionen.
Und die geht so:
1. Setzen Sie sich aufrecht hin und halten Sie Ihren Kopf gerade.
Das ist besser als dabei krumm im Sessel zu hängen oder sich hinzulegen. Einfach weil eine schlaffe Körperhaltung, vielleicht noch mit gesenktem Kopf, Ihre Niedergeschlagenheit fördert.
Beobachten Sie als erstes Ihre Gedanken.
Beschäftigen Sie sich nicht mit den Gedanken. Bleiben Sie nicht an einem Gedanken hängen, sondern beobachten Sie einfach, dass Gedanken kommen und welche. Vielleicht hilft es Ihnen, sie durchzunumerieren. Oder stellen Sie sich vor, Sie wollten die Gedanken hinterher aufschreiben. Wichtig ist, das Sie eine Distanz herstellen, zwischen Ihnen und den Gedanken.
Beobachten Sie dann Ihre Gefühle.
Bleiben Sie auch an den Gefühlen nicht hängen, sondern registrieren Sie einfach, dass sie da sind, vor allem auch die unangenehmen, schmerzlichen Gefühle. Versuchen Sie anzuerkennen, dass diese Gefühle jetzt nun mal da sind.
Spüren Sie dann in Ihren Körper.
Egal, was Sie dort wahrnehmen, angenehme oder unangenehme Empfindungen, Verspannungen, Enge, Druck usw. Nehmen Sie diese Körperempfindungen einfach nur wahr.
2. Spüren Sie Ihren Atem
Untersuchen Sie achtsam genau die Empfindungen, die Sie beim Atmen erleben. Woran merken Sie, dass Sie atmen? Vielleicht weil sich der Bauch weitet, wenn Sie einatmen. Oder Ihre Brust sich senkt, wenn Sie ausatmen. Spüren Sie die Luft an der Nase oder im Mund.
Indem Sie sich auf Ihren Atem konzentrieren, lenken Sie sich ab von Gedanken und Gefühlen und fokussieren sich auf Ihren Körper über den Atem.
3. Akzeptieren Sie alles, was da ist.
Zumindest in diesem Moment. Wenn Sie irgendwo ein unangenehmes Gefühl spüren, atmen Sie bewusst dorthin und lassen Sie es für einen Moment beim Ausatmen los. Machen Sie es ein kleines bisschen weiter. Die Anspannung, das trübe Gefühl ist sowieso da. Atmen Sie dorthin, akzeptieren Sie, dass es jetzt da ist – und seien Sie möglichst offen.
Diese 3-Minuten-Achtsamkeit können Sie überall anwenden. Sie muss auch nicht genau drei Minuten dauern. Je nach Situation machen Sie sie vielleicht nur zwei Minuten oder fünf. Wichtig ist, dass Sie sie in den Momenten machen, wo Sie sich mies fühlen, abwertende Gedanken über sich haben oder unter Druck und im Stress sind.
Diese 3-Minuten-Achtsamkeit ist bei Depression hilfreich , weil sie …
- Sie aus dem Autopilot-Modus des sinnlosen Grübelns herausholt
- Sie ins Hier und Jetzt Ihres inneren Erlebens bringt
- Sie von Ihren gewohnten Depressionsschleifen ablenkt
- Ihren Geist stabilisiert.
Das geht vermutlich nicht sofort – auch wenn Sie vielleicht nach dem Ausprobieren der 3-Minuten-Achtsamkeit schon eine positive Änderung Ihrer Stimmung bemerken.
Mein neuer eMail-Kurs geht über Achtsamkeit .
Depression ist ein Geschehen mit vielen Ursachen und es betrifft immer mehr Menschen. Die Hälfte der Klienten in meiner therapeutischen Praxis sind Menschen mit depressiven Verstimmungen, auch immer mehr Männer.
Deswegen habe ich mich entschlossen, neben meinen drei bisherigen eMail-Kursen den nächsten über das Thema „Depression“ zu schreiben. Der Arbeitstitel ist
„Achtsamkeit im Alltag:
Sich in 3 Wochen besser fühlen“
Zwar gibt es bereits viele lesenswerte Bücher über Depression, unten sind ein paar aufgeführt. Das Problem damit ist aber: wenn man keinen Antrieb und wenig Hoffnung hat, kann man sich nur schwer dazu aufraffen, ein dickes Buch zu lesen. Und sei es noch so hilfreich.
Mein eMail-Kurs ist anders. Jede Woche bekommen Sie per Mail wichtige Informationen über diese Störung. Und einen Umsetzungstipp, was Sie sofort ausprobieren und anders machen können.
Hier alle weiteren Infos:
www.persoenlichkeits-blog.de/achtsamkeit-emailkurs/
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