Warum Menschen kein Lob brauchen. Aber Anerkennung und Wertschätzung.

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„Du könntest mich ruhig mal dafür loben, dass ich mit Davids Klassenlehrerin gesprochen habe!“ sagt sie.
„Stimmt, das hast Du wirklich toll gemacht“, antwortet er.
„Das sagst Du doch nur, weil Du froh bist, dass Du es nicht machen musstest!“ antwortet sie.
„Wie man’s macht, ist es falsch.“ denkt er.


Was lief hier schief?

In vielen Ratgebern über Partnerschaft oder Mitarbeiterführung steht doch, dass man den anderen öfter loben soll.

  • „Das hast du toll gemacht!“
  • „Was wäre ich nur ohne Sie!“
  • „Diese Abteilung ist stolz auf Sie.“
  • „Du bist wirklich die beste Mutter.“

Doch oft bleibt die erhoffte Wirkung beim Gelobten aus. Denn intuitiv erkennt dieser die manipulative Absicht dahinter.  Allzuschnell  fühlen sich Mitarbeiter wie Partner dann ausgebeutet, ziehen sich zurück und schalten beim nächsten Lob auf Durchzug.

Auf den ersten Blick ähneln sich Lob, Anerkennung und Wertschätzung.

Doch alle drei Formen haben andere Ziele, unterscheiden sich deutlich in der sprachlichen Form – und haben ganz unterschiedliche Effekte beim Gegenüber.

  • Anerkennung
    ist der Überbegriff und beinhaltet Loben sowie Wertschätzen.
    Doch Anerkennung wird für den gezeigten Einsatz und die damit verbundene Anstrengung  vermittelt. Diese kann von Erfolg gekrönt sein, muss es aber nicht. Auch das fleissige Lernen des Kindes kann eine Anerkennung wert sein, selbst wenn die Klassenarbeit nicht die gewünschte Note brachte.
  • Lob
    sprechen wir aus, wenn wir eine positive Handlung anerkennen wollen und diese ein entsprechendes positives Resultat brachte. Das Gegenüber kann ein Erwachsener, ein Kind sein (aber auch ein Hund).
    Das zu lobende Verhalten ist beobachtbar und kann zeitlich und räumlich abgegrenzt werden. Meist wird Lob zeitnah ausgesprochen.
    Loben bezieht sich also auf die Handlungs-Ebene.
  • Wertschätzung
    meint den Menschen als Ganzes und ist unabhängig von seiner Leistung. Hier geht es vielmehr um Eigenschaften der Person. Wertschätzung bezieht sich also nicht auf ein konkretes Verhalten und kann nicht immer zeitnah ausgedrückt werden.
    Wertschätzen bezieht sich demnach auf die Seins-Ebene.

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Lob enthält immer eine Beurteilung.

Deshalb funktioniert es immer nur hierarchieabwärts. Der Vater kann das Kind loben: „Das hast du fein gemacht!“ Das Kind kann das umgekehrt nicht sagen. Der Chef kann sagen: „Sie haben Ihre Mitarbeiter wirklich im Griff!“ Dieselbe Aussage von einem Abteilungsleiter zu seiner Führungskraft geht nicht.

Lob macht klein und wirkt oft gönnerhaft.
Oft hört man, dass in Unternehmen zu wenig gelobt wird. Doch geht es dabei wirklich um mehr Lob vom Chef? Eher fehlt es doch an Anerkennung, aber nicht in Form von Lob, sondern als Anerkennung auf Augenhöhe.

Lob kann abhängig machen.
Wenn Kinder gelobt werden, dass sie den Geschirrspüler ausgeräumt haben, gewöhnen sich schnell an diese Belohnung. Verlangt man etwas von ihnen, ohne sie zu loben, werden Sie unter Umständen trotzig. Das Gleich kann mit Mitarbeitern passieren.

Lob ist oft manipulativ.
Das lässt sich oft in Leitfäden für Mitarbeitergespräche finden.
„Verpacken Sie die Kritik, indem Sie dem Mitarbeiter erst sagen, was er alles gut gemacht hat!“
Hallo? Reden wir noch von Erwachsenen oder sind wir in der Hundeschule?

Anders als reines Loben bedeutet das Ausdrücken von Wertschätzung, mein Gegenüber wahrzunehmen. Beim Lob benennen wir das Verhalten des anderen und bewerten es als gut. „Toll gemacht!“ Weiter so!“ Dabei bleiben wir als Mensch in der Deckung.


 

Mit Wertschätzung zeigen Sie dem anderen ein Stück von sich.

Wollen wir dagegen Wertschätzung ausdrücken, müssen wir aus der Deckung heraus. Müssen wir äußern, was in uns selbst vorgeht und wofür wir dem anderen danken möchten. Bei einer persönlichen Laudatio beispielsweise spricht der Ehrende nicht nur über den Preisträger – sondern auch darüber, was ihm persönlich so wichtig ist bei dessen Werk. Deshalb passiert es nicht selten, dass der Geehrte gerührt ist. Das passiert beim Lob nie. Weil es nicht von Herzen kommt.

Lob will manipulieren, meist zu Leistung oder Wohlverhalten.

  • „Das Projekt haben Sie gut zu Ende gebracht. Weiter so!“

Wertschätzung will nicht manipulieren oder Leistungen steigern. Es ist die ehrlich empfundene Freude, über das Tun oder die Eigenart des anderen oder die erreichten Ziele.

  • „Ich war sehr beeindruckt, mit wieviel Durchhaltevermögen Sie dieses schwierige Projekt durchgeboxt haben.“

Laut Definition bei Wikipedia bedeutet Wertschätzung:

… die positive Bewertung eines anderen Menschen. Sie gründet auf eine innere allgemeine Haltung anderen gegenüber. Wertschätzung betrifft einen Menschen als Ganzes, sein Wesen. Sie ist eher unabhängig von Taten oder Leistung, auch wenn solche die subjektive Einschätzung über eine Person und damit die Wertschätzung beeinflussen.

Wertschätzung ist also verbunden mit Respekt, Wohlwollen und Anerkennung und drückt sich aus in Zugewandtheit, Interesse, Aufmerksamkeit, Freundlichkeit.

Hier spricht Jan-Josef-Liefers in seiner Laudatio darüber, was er an Kevin Spacey so sehr wertschätzt (nur die ersten 2 1/2 Minuten):

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://www.youtube.com/watch?v=n38pxWCUcmo

Wie Wertschätzung gelingen kann.

Am besten gelingt der Ausdruck von Wertschätzung in vier Schritten:

1. Schritt: Auf was genau bezieht sich Ihre Wertschätzung?

Hier schildern Sie, was Ihnen gefallen hat oder was Sie gefreut hat.
„Ich war beeindruckt, mit wie viel Kreativität und Mut Sie an die Sache ran gingen.“
„Obwohl es anfangs nicht klappte, hast du nicht aufgegeben und nach einer Lösung gesucht.“

2. Schritt: Warum ist Ihnen das wichtig?

Welche Bedeutung hat das Handeln des Anderen für Sie? Warum ist Ihnen das wichtig? Welcher Wunsch oder welches Bedürfnis wurden damit erfüllt?
„Das war mir wichtig, weil ich glaube, dass wir nur mit neuen frischen Ideen unsere Kunden gewinnen können.“
„Wir haben öfters darüber gesprochen, dass nicht immer das Ergebnis zählt, sondern dass man sein Bestes gibt. Und das habe ich heute bei dir gesehen.“

3. Schritt: Welche Gefühle hat es bei Ihnen bewirkt?

Sind Sie durch das Handeln des Anderen zufrieden, erleichtert? Glücklich? Entspannt? Erleichtert?
„Ich bin sehr erleichtert, dass ich mich, seit Sie da sind, etwas zurücknehmen kann und weiß, es läuft auch ohne mich.“
„Ich bin sehr stolz auf dich, mein Sohn!“

4. Schritt: Sich bedanken!

Hier können Sie sich einfach bedanken oder mitteilen, wie Sie noch Ihre Anerkennung ausdrücken wollen.
Ich war überrascht, wie gewissenhaft Sie bei diesem Kunden nachgehakt haben. Ich danke Ihnen für Ihre Beharrlichkeit in diesem Punkt.
„Ich danke dir. Und jetzt gehen wir zwei eine Pizza essen.“


 

Probieren Sie es aus!

Loben ist die Norm. Wertschätzen noch immer die Ausnahme.

Weil Loben die Distanz aufrechterhält. Sie sprechen da über den anderen.
Bei der Wertschätzung öffnen Sie sich. Kommen dem anderen näher. Sprechen auch über sich selbst.

Hier eine englische Übersetzung des Artikel zum Herunterladen.

 

kommentar Wie geht es Ihnen mit Lob und Wertschätzung?

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Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.

14 Kommentare

  1. KJ sagt

    Ich gehöre zu der Gruppe, die sich bei beabsichtigten „Lob“ zuallermeist dann fühlen wie in der Hundeschule (danke, den Begriff muss ich in meinen Alltag übernehmen).
    Daher eine kleine Anmerkung: Im arbeitsteiligen Erwerbsalltag hat man ja häufig die Situation, dass es für gewisse Aufgaben immer nur eine oder wenige Personen vom Fach im Unternehmen gibt.
    Daher bleibt solchen Personen eigentlich nur die intrinsische Motivation an der selbst gesteckten Messlatte, denn die „Lob“-Versuche der Kollegen scheitern schon kläglich daran, dass sie fachfremd kaum beurteilen können, wie viel Engagement, Aufwand, Herzblut oder Können das Fachpersonal in ihre Arbeit steckt.
    Das kommt beim „Lob“-Empfänger dann alles noch mehr als gestelzter Motivationsversuch an (cui bono), von dem sie selbst irgendwie profitieren wollen.
    Mir persönlich läuft als (externe) Anerkennung am besten rein, wenn Kollegen sich sichtlich und ehrlich über meine Arbeit freuen. Ohne blödsinnigen Überbau aus Manager-Seminaren für BWLer.

  2. Lara sagt

    Sehr guter Beitrag !

    Gerade der Unterschied zwischen Lob und allgemeiner Wertschätzung war mit bisher noch nicht so bekannt.

    Es stimmt leider schon:

    Lob hat häufig einen manipulativen Beigeschmack und kommt oft eher als Einschmeicheln, als als Anerkennung bei dem anderen an und hat deshalb meistens die gegenteilige Wirkung.

    Ehrliche Anerkennung und Wertschätzung werden glaube ich zu selten ausgedrückt und gezeigt, da die meisten die anderen Menschen stets für selbstverständlich halten.

    Wenn wir es schaffen authentischer zu sein und Lob nicht länger nur als Mittel zum Zweck benutzen wird sich unser Zusammenleben wahrscheinlich sehr schnell sehr drastisch verbessern.

    Danke für den Beitrag !

  3. So wichtig ich Anerkennung für die Motivation halte, ist es meiner Meinung nach nicht die einzige Quelle. Viele Menschen haben eine starke intrinsische Motivation, die über lange Zeit oder ein ganzes Leben lang nicht durch Anerkennung oder Wertschätzung gestärkt wird. Gerade viele Künstler wie zum Beispiel van Gogh starben verarmt und fast unerkannt, hatten aber den starken Drang, ihr Werk zu tun.

  4. Christian Gremsl sagt

    Dieser Artikel ist hoch interessant.
    Ich habe die Thematik Lob noch nie von dieser Seite aus betrachtet. Aber es macht Sinn. Und sie haben Recht: Anerkennung ist die Triebfeder des menschlichen Potentials.
    Warum wohl hat Mozart so wunderbare Musik komponiert?
    Weil er zuerst mal die Anerkennung seines Vaters haben wollte. Der Vater selbst meinte einst: „Bevor Mozart die kleine Nachtmusik mit 6 Jahren komponierte, hatte er schon tausende Übungsstunden am Instrument absolviert!“
    Und ein jeder Spitzensportler will das gleiche. Er will nicht Lob, sonder er will die Anerkennung eines Sieger.
    Super Artikel!!!
    Christian

  5. Vielen Dank, lieber Herr Mohr.
    Der Artikel entstand ja aufgrund Ihrer Anregung.
    Tja, und mit der Umsetzung. Am besten selbst damit anfangen – und hoffen, dass Ihr Beispiel dann Schule macht. Getreu Gandhis Worten: „Sei die Veränderung, die Du in der Welt sehen willst.“

  6. Andreas Mohr sagt

    Hallo Herr Kopp-Wichmann,

    danke, daß sie die Unterscheidung Anerkennung/Lob/Wertschätzung so klar darstellen – für mich eine wertvolle „Alltagsperle“. Allein dieses Wissen in Unternehmen einzubringen (natürlich mit der Hoffnung auf Umsetzung) würde die Unternehmenskultur in eine Richtung lenken, in der sich die Menschen mehr wertgeschätzt fühlen – genau das, was vielen so fehlt! Danke für den Beitrag, ich werde das weitergeben, wo immer ich kann.

    Herzliche Grüße
    Andreas Mohr

  7. Martina Stauch sagt

    Hallo Roland, den Unterschied zwischen Lob und Anerkennung aufzuzeigen war mal wieder eine echte Sonntagsperle. Man merkt es ja schon bei sich selbst wenn man ein Kind lobt, dass das irgendwie manipulativ ist, weil man hofft dass das Kind nach dem Lob , immer sein Spielzeug wegräumt. Ich wünsche Ihnen wunderschöne Ferien:)

  8. Hallo Nils,
    da hast Du ja gleich mal probiert, einen wertschätzenden – und keinen nur lobenden – Kommentar zu schreiben. 😉
    Der Einfluss der Persönlichkeit einer Führungskraft wird eben vielerorts noch unterschätzt bzw. zu wenig genutzt. So wie Eltern vor allem durch ihre vorgelebten Werte und nicht durch die verkündeten ihre Kinder erziehen, reagieren Mitarbeiter auf ihre Vorgesetzten.
    Persönlich zu werden, und das ist notwendig beim Wertschätzen, macht eben unsicherer als das Loben aus der Deckung.

  9. Hallo Herr Neuper,
    freut mich, dass Sie sich inspirieren und „ertappen“ ließen.
    Bin gespannt, was Sie herausfinden darüber, was Sie hindert, sich zu offenbaren.

  10. Nils sagt

    Hey Roland,

    mich beeindruckt, dass du mit deinem Artikel genau das ansprichst, was in nahezu allen Abteilungen/Firmen falsch läuft. Und gleichzeitig gibst du eine Lösung mit an die Hand, die die Zufriedenheit eines Unternehmens drastisch steigern würde.

    Ich höre von vielen Freunden, dass die Stimmung häufig schlecht ist, wenig wertschätzend. Leistungen werden nicht anerkannt. GENAU das, was du auch sagst. Und häufig nur, weil die richtige Kommunikation der Anerkennung nicht bekannt ist.

    Ich merke das an mir selbst, dass ich auch häufig lobe, aber nicht anerkenne. Von daher, vielen Dank für diesen Artikel, ich bin gespannt wie meine ersten Wertschätzungen ankommen.

    Beste Grüße
    Nils

  11. Bernd Neuper sagt

    WOW, dass hat gesessen!

    Dieses Mal las ich nicht nur mit Interesse. Nein, ich fühlte mich ertappt.

    Wer den Unterschied zwischen Lob und Anerkennung fühlt, begreift und umsetzt,
    verändert nicht nur die Lebensqualität anderer Menschen.

    Du selber badest in der Freude, die dein Gegenüber empfindet, drückst du ehrliche Anerkennung aus.
    Denn was ist schöner, als ein ehrliches Lächeln zu empfangen.

    Warum fühle ich mich ertappt?

    Ich bin von wundervollen Menschen umgeben. Dennoch spreche ich selten Anerkennung aus.
    Was hindert mich daran, mich zu offenbaren?
    Über diese Frage werde ich wahrscheinlich etwas länger nachdenken.

    Aber eines weiß ich ganz genau, ich spreche heute ehrliche Anerkennung aus.
    Und schaue ich zu meiner Frau herüber, weiß ich auch, bei wem ich beginne.

    Herzliche Grüße und danke für die Inspiration.

    Bernd Neuper

  12. Brigitte sagt

    Wieder einmal: ich habe diesen Artikel verschlungen und konnte nur immer wieder nicken „ja, so sehe ich das auch“ :-).
    Vor allem Menschen, die beruflich bedingt Kurse besucht haben, in denen über Mitarbeitermotivierung gesprochen wurde, neigen dazu, auch im Privatleben die erlernten Taktiken anzuwenden, was nicht immer gut ankommt, eben weil das Gefühl, gerade manipuliert zu werden und als „Kunde“ nicht als PartnerIn behandelt zu werden, immer stärker wird.

    Danke und schönen Urlaub !

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