Warum Sie nicht unbedingt Steve Pavlina’s Buch „Personal Development for Smart People“ lesen müssen.

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Persönlichkeit / Psychologie

Moses zum wartenden Volk: “Die gute Nachricht: Ich hab IHN runter auf zehn gehandelt. Die schlechte: Ehebruch ist immer noch dabei!”

Read this post in a bad English translation.

Seit zweieinhalb Jahren betreibe ich diesen Persönlichkeits-Blog. Mit den ca. 1000 Lesern pro Monat bin ich überrascht und sehr zufrieden. Gegen den Guru der Persönlichkeits-Blogger ist das natürlich gar nichts. Der heisst Steve Pavlina und hat zwei Millionen Besucher pro Monat. Auf seinem Blog schreibt er über sehr viele Themen, von Beziehungen über Produktivität bis zu Ernährung. Derzeit lässt er uns an seinen Erfahrungen mit einer Saftdiät teilhaben. Von seinem Verlag bekam ich eine PDF-Ausgabe seines neuen Buches, das ich hier besprechen möchte. (Das Vorwort und das erste Kapitel koennen Sie weiter unten lesen).

Worum geht es in dem Buch?

Steve Pavlina widmet sich in seinem Blog durchaus kleineren Problemen des Alltags. So erfährt man beispielsweise:

Die Artikel sind gut geschrieben und enthalten wichtige Anregungen. Aber in seinem Buch will er sich nunmehr einer wirklich wichtigen Frage zuwenden und diese auch beantworten. Sie lautet:

“Was bedeutet es, als bewusste Menschen zu wachsen
und wie können wir diesen Prozess intelligent steuern?“

Diese ultimative Frage, die ja auch Geistesgrössen wie Nelson Mandela, den Papst oder Dieter Bohlen reizen könnte, ist natürlich mit einfachen Techniken oder Tipps aus der Ratgebersparte nicht zu beantworten. Deshalb hat sich Pavlina auf die Suche nach universellen Prinzipien gemacht. Diese Prinzipien sind:

  • Universal gültig: d.h. sie gelten für jeden Menschen, überall und in jeder Situation. Dazu sind sie  zeitlos, individuell und kollektiv gültig.
  • Allumfassend: Alle anderen Prinzipien und Regelungen, die es gibt, können darauf zurückgeführt werden.
  • Unteilbar: Andere Prinzipien gibt es nicht
  • Kongruent und unwiderlegbar: Sie sind logisch und für jeden intuitiv verständlich.
  • Praktisch anwendbar: Trotz ihres hehren Charakters muss man damit etwas anfangen können.

Diese Methode, persönliche Ideen als universelle Wahrheiten auszugeben, hat eine lange Tradition. Alle Religionsstifter, US-Präsidenten und andere Möchtegern-Gurus sind damit gut gefahren. Der Vorteil dabei ist, dass sich kaum einer traut, diese universalen Prinzipien zu hinterfragen. Wer das probiert, macht sich lächerlich, wie jemand, der die Schwerkraft anzweifelt.

Wieviel Prinzipien gibt es nun?

Pavlina hat sich für sieben dieser universellen Prinzipien entschieden. Warum nicht acht oder sechs? Das erfahren wir nicht. Moses hat Gott ja auch nicht gefragt, warum bei zehn Geboten schon Schluss sei, er hätte da noch ein paar dringende Regeln für sein Volk. Sieben gilt ausserdem als heilige Zahl.

Nun zu den Prinzipien. Es sind:

  1. Wahrheit: (truth): Wie man die Wirklichkeit akzeptiert und entsprechend der Wahrheit lebt.
  2. Liebe (love): Wie man mit anderen Menschen Beziehungen führt.
  3. Macht (power): Hier geht es um die Fähigkeit, motiviert und diszipliniert sein Leben zu gestalten. Ein Begriff, den ich eher mit „Selbstverantwortung“ umschreiben würde.
  4. Einheit (oneness): Mein Psychologieprofessor nannte es das „AHMAZ-Prinzip“: Alles Hängt Mit Allem Zusammen. Nichts ist getrennt.
  5. Autorität (authority): Wie man in seinem Leben selbst die Regie führt.
  6. Mut (courage): Wie man Mut und innere Stärke entwickelt.
  7. Intelligenz (intelligence): Wie man selbstbestimmt leben und sich selbst verwirklichen kann.

Die ersten drei Prinzipien (Wahrheit, Liebe und Macht) sind Grundprinzipien. Die restlichen vier Prinzipien resultieren aus Kombinationen dieser Grundprinzipien. Auf den ersten 86 Seiten des Buchs werden diese Grundprinzipien erläutert.

Hier nur kurz die Vorgehensweise des Autors anhand des Grundprinzips „Wahrheit“. Die wichtigsten Werkzeuge, um die „Wahrheit“ zu erkennen, sind: Wahrnehmung, Vorhersage, Genauigkeit, Akzeptanz und Selbstbeobachtung.

Natürlich gibt es Hindernisse, die sich uns beim Erkennen der Wahrheit in den Weg stellen. Diese sind: Konditionierung durch die Medien, durch die Kultur, falsche Ueberzeugungen, störende Gefuehle, Süchte, Unreife und Krankheitsgewinn (secondary gain).

Doch gegen diese machtvollen Feinde lässt uns der Autor nicht allein, sondern hat ebenso machtvolle Methoden anzubieten, „um mehr Wahrheit in unser Leben zu bringen“ (S. 27): eine Rating-Skala von 1 – 10, das Tagebuchschreiben und –  30 Tage kein Fernsehen!

Ist es zu fassen? Da quälen sich die alten Griechen und Römer bis hin zu Leibniz, Kant und Hegel jahrhundertelang mit der Suche nach der Wahrheit herum – und finden noch nicht einmal eine einheitliche Antwort. Und dabei ist es doch so einfach.

Auch im zweiten Teil bekommen wir praktische Tipps, wie man mit Problemen des täglichen Lebens besser fertig wird. Er behandelt die sechs Bereiche: Gewohnheiten, Karriere, Geld, Gesundheit, Beziehungen und Spiritualität. Hier soll man lernen, wie man die persönlichen Probleme in Übereinstimmung mit den Grundprinzipien Wahrheit, Liebe und Macht verändern kann.

Doch sind die hier vorgeschlagenen Techniken aus meiner Erfahrung als Therapeut und Coach wenig hilfreich. Zwei Beispiele:

  • Sie haben Angst vor Zurückweisung?
    Pavlina rät: Einfach auf Leute zugehen („Hi, my name is Steve. You look like someone I haven’t met yet.“ S. 35). Denn „wenn Sie sich von anderen isoliert fühlen, ist Kontaktsuchen die beste Heilung.“
    Wow, die Methode muss ich in meiner Praxis ausprobieren. Sie haben Angst, Aufzug zu fahren, eine Rede vor sechzig Leuten zu halten oder ekeln sich vor oralem Sex?
    Ganz einfach: „JUST DO IT!!
  • Bei zweifelhaften Entscheidungen soll man sich fragen (S. 118):
    „F
    ü
    hrt dieser Weg mich zum Herzen?“
    Ja, wenn das mal immer so einfach zu beantworten wäre.

Die Genialität dieser Intervention wird nur noch von diesem anderen amerikanischen Therapeuten übertroffen, der eine Patientin in fünf Minuten von ihrer Zwangsidee, ihr Leben in einer Schachtel  verbringen zu müssen, heilt:

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=BYLMTvxOaeE[/youtube]

Aber das hier war eine Comic-Sendung. Ich glaube, Steve Pavlina meint es ernst.

Meine Meinung zu dem Buch.

Das Buch war ein Bestseller, bevor es überhaupt offiziell erschienen ist. Das zeigt, dass es verspricht, die Wünsche und Bedürfnisse vieler Leser, etwas in ihrem Leben zu verändern, trifft. Das beweisen auch die vielen positiven Rezensionen, die bis jetzt auf seinem Blog veröffentlicht wurden. (Bin gespannt, ob Steve auch meine Buchkritik verlinkt).

Das Positive zuerst: Das Buch ist einfach geschrieben, normales Schulenglisch reicht aus. Wie bei amerikanischen Autoren üblich, erfährt man auch viel Biographisches. Es enthält viele Uebungen und macht so den Eindruck, es wäre praktisch. Mit am besten fand ich den Vorschlag eines 30-Tage-Probe-Trainings (S. 91), um neue Gewohnheiten auszuprobieren.
Vermisst habe ich eine Literaturliste. Positiv gesehen hat das den Vorteil, dass ich mich nicht mit anderen Autoren rumplagen muss.

Wie aus dem Stil meines Artikels bereits deutlich wird: ich mag das Buch nicht. Und zwar aus vier Gründen:

  1. Der Autor vertritt ein religöses Welt- und Menschenbild.
    Das stört mich nicht, wenn ein Buch im Bibel-Verlag herausgegeben wird und im Titel erkennbar ist, dass es um Religion geht. Gibt sich das Buch aber als Leitfaden für „Personal Development“ aus, finde ich das unlauter.
    Ein Beispiel:
    Es ist in Ordnung, wenn jemand entdeckt, dass vegetarische Kost für ihn besser ist. Auf Seite 124 stellt er aber dann eine Verbindung zwischen „Gesundheit und Liebe“ her und argumentiert: „Wenn ich daran denke, Tiere zu essen, fühle ich mich von Empathie und Liebe abgeschnitten. Ich muss nur an verfaultes Fleisch denken.“
    In sanften Worten ist das für mich schlimmstes Missionarsgerede und Erwecken von Schuldgefühlen, wie es die meisten Religionen bis heute meisterhaft beherrschen. Das Gemeine daran: mag man jetzt trotzdem eine Lammkeule lieber als ein Glas Ananassaft, dann liegt nahe, dass man eben die Grundprinzipien von Wahrheit, Liebe etc. noch nicht ganz begriffen hat.
  2. Das Buch propagiert einen zwanghaften Lebensstil.

    Steve Pavlina. Trotz 15 Jahren vegetarischer Nahrung immer noch nicht sauber genug?

  3. Lese ich etliche Artikel seines Blog, fällt mir auf, dass es häufig darum geht, etwas besser zu machen, sich zu optimieren, Grenzen zu überschreiten, sich von vielem unabhängig zu machen. So experimentierte er damit, mit weniger Schlaf auszukommen, einen Marathon zu laufen, sich vegetarisch zu ernähren, dann zusätzlich auf Eier und Milchprodukte zu verzichten usw.
    Ich war neugierig, was jemand, der so gesund aussieht und lebt wie Steve Pavlina, dazu bewegen könnte, sich dreissig Tage nur von Saft zu ernähren.
    In seinem Beitrag dazu verrät er seine Motivation: „Even though I’ve been a vegan since 1997 and vegetarian since 1993, the cells of my body still contain a lot of junk from years of eating the Standard American Diet. So I’m looking forward to unloading more of the junk that keeps my cells from performing optimally.“
    Nun, die zwanghaften Patienten in meiner Praxis müssen sich auch sechzig Mal am Tag die Hände waschen, weil sie sich sonst nicht sauber fühlen und glauben, dass auf jeder Türklinke die Mikroben grinsend warten. Der Unterschied ist: meine Patienten schreiben kein Buch darüber, sondern wissen in einer Ecke ihrer Psyche, dass ihr Händewaschen ihr Problem ist – und nicht die Lösung.

  4. Der Autor vertritt für mich ein „unmenschliches“ Menschenbild.
    Im Kapitel „Beziehungen und Liebe“ (S. 132) schreibt Pavlina darüber, dass er in seiner Kommunikation zu sehr „Wahrheit und Macht“ betont. Er erklärt es damit, dass er in seiner Herkunftsfamilie nie „I love you“ gehört habe und es keine körperliche Zuwendung von seiten der Eltern gab. Das macht mir viel Sinn.
    Im Vorwort gesteht er auch, dass er als Achtzehnjähriger wegen häufigen Diebstahls in Untersuchungshaft sass. Dabei stahl er nicht, um Dinge zu besitzen, sondern wegen des Adrenalin-Kicks (S. 10). Nach einer erfolgreicher Karriere als Spiele-Programmierer wandte er sich ganz dem Thema „Persönlichkeitsentwicklung“ zu.
    Mit „unmenschlichem Menschenbild“ meine ich, dass er propagiert, sogenannte „Schwächen“ nicht zu akzeptieren, sondern eben zwanghaft, wie ich finde, zu bekämpfen und auszumerzen. Bei diesen „Schwächen“ handelt es sich jetzt aber nicht um kriminelle Neigungen oder Gewohnheiten, die anderen schaden, sondern um simple Vorlieben nach ausreichend Schlaf, Süssigkeiten, etwas Bequemlichkeit etc.
    Dabei gehen seine Tipps zum Thema „How To Build Your Power“ meist in eine anstrengende Richtung: „Die erste Stunde des Tages meistern!“ (als gäbe es nicht Menschen, die eben erst spätvormittags in ihre Hochform kommen) oder „Das Schlimmste zuerst!“, um seine To-do-Liste in den Griff zu bekommen.
    Die Tipps mögen ja für manche Menschen hilfreich sein.  Was mich stört, ist die nahegelegte Allgemeingültigkeit, als bräuchten alle Menschen ein Programm mit kalter Dusche und Dauerlauf um fünf Uhr früh, das mehr in ein Erziehungscamp für drogenabhängige Jugendliche passt.
  5. Das Buch vertritt eine „idealisierendes“ Menschenbild.
    Weise Menschen der meisten Kulturen (ich kenne einige tibetische Lamas) raten dazu, die Menschen so zu nehmen und zu lieben, wie sie eben sind. Diese Weisen starten kein gigantisches Verbesserungsprogramm mit dem Versprechen, die Menschen dann zu akzeptieren, wenn sie erfolgreich dieses Programm durchlaufen haben. Sie geben zwar auch Tipps (siehe die Bücher des Dalai Lamas), wenn man etwas verändern will, aber sie wissen auch genug über die „Natur“ des Menschen und bleiben gelassen. Im Kapitel „Intelligenz“ (S. 81) dagegen liest man bei Palina zum Thema „Conscious Assessment“ u.a. folgende bohrenden Fragen:

    • Drückst Du bei Deiner Kommunikation Dein wahres Selbst aus oder ein falsches Bild?
    • Liebst Du Dich selbst und andere bedingungslos?
    • Ubernimmst Du die komplette Verantwortung für alles in Deinem Leben?
    • Worin besteht Dein bedeutungsvoller Beitrag für die Welt?
    • Denkst und handelst Du stets mit einem Gefühl von Einheit?
    Cover von 'Personal Development for Smart People'

    Hier können Sie das Buch bestellen.

    Vielleicht haben Sie  sich ja zu Beginn des Tages noch ganz gut gefühlt, aber spätestens bei diesen Fragen kommt man doch ins Grübeln. Und wer kann auf all die Fragen schon mit einem fröhlichen „Jawollja!“ antworten? Gegen diese Fragen ist ja jede Beichte im tiefsten Niederbayern eine nette Unterhaltung.
    „Idealisierung“ ist ein psychischer Abwehrmechanismus. Man greift dazu, wenn man etwas einseitig positiv darstellen muss, weil man es nicht aushält, auch die negativen Seiten zu sehen und sich so ein ganzheitliches Bild von einer Person, einer Sache oder eine Idee zu machen.

    Im letzten Satz seines Buches (S. 149) schreibt der Autor:
    „Wenn es möglich wäre, dass alle Menschen auf der Erde zusammenkämen und sich auf eine spirituelle Philosophie einigen könnten, dann wäre es eine, die die universalen Prinzipien von Wahrheit, Liebe und Macht verkörpern würde.“

    In eine Sonntagsschule mag so ein Satz passen und auf zwölfjährige Mädchen auch einen gewissen Eindruck machen. Aber in ein Buch über Persönlichkeitsentwicklung für „Smart people“?

Hier einige positive Rezensionen seines Buchs auf deutsch: Berend Lange, Logan, Ivan Blatter A. Eichenauer, Entrepreneur.

Wenn Sie sich selbst einen ersten Eindruck machen möchten, hier mit freundlicher Genehmigung des Verlags eine Leseprobe (Vorwort und erstes Kapitel) von Steve Pavlina’s „Personal Development for Smart People“

Wie finden Sie Pavlina’s Buch? Oder seinen Blog?
Schreiben Sie doch auch  Ihre Meinung hier als Kommentar.
Ich bin gespannt – und werde Ihnen antworten.

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Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.

28 Kommentare

  1. Tobias sagt

    Hey Roland,

    Über Google bei deinem Artikel über Ich und Ego gelandet, dann, aufgrund eigener Kritik, zu diesem Artikel über Steve gezogen. Vor einer Weile bin ich auf seinem Blog gelandet und habe mir dann seine Seite über „Nie mehr Arbeiten“ unter „Ar*******?“ gebookmarked, weil mir sein Weltbild sehr feindlich erschien (Lieber Drittleser, ich möchte diese Aussage explizit auf den Artikel zu diesem Zeitpunk beschränken).
    Ich musste ein wenig schmunzeln, da dein Blog ja auch nichts geringeres als „DER“ Persönlichkeitsblog zum Titel trägt. Da fühle ich mich auch an ultimative Weltsichten erinnert 😉

    Du schreibst:
    „Weise Menschen der meisten Kulturen (ich kenne einige tibetische Lamas) raten dazu, …“
    Was ist denn deine Meinung? Der Verweis auf „Weise Menschen“ erscheint mir unangemessen.

    Lieben Gruß,
    Tobias

  2. Helmut Koch sagt

    Hallo Herr Kopp-Wichmann,
    das o. g. Buch habe ich von einem Bekannten wärmstens empfohlen bekommen mit der Bitte um Rückmeldung. Ich habe die Einleitung gelesen und war so abgestoßen von diesem quasi-religiösen, typisch US-amerikanischen Selbsterlösungsgeschwafel mit Formulierungen, die nur so von Halbwissen strotzen. Gegen das ständige „Ich“ „Ich“ „Ich“ „Ich“… (bin der Größte, Beste, Liebste usw.), hat erst mein Verstand und dann mein Magen rebelliert. Dann habe ich die Website gesucht, bin auch auf Ihre Seite gestoßen und war von Ihrem Kommmentar richtig erleichtert. Gott sei Dank jemand, der nüchtern und sachlich und mit der nötigen Distanz dieses extrem überzogene Selbstoptimierungsbombardement analysiert. Es hat viel Religiöses, ist aber nicht christlich, denn es fehlt dort jegliche Bescheidenheit und Einsicht in die Begrenztheit von uns Menschen. Ich habe auf diesem Gebiet viel Erfahrung aus eigener Therapie, Supervision, Mediation etc. sowie jahrzehntelanger Bildungs- und Projektarbeit, kenne solche Literatur und kann nur sagen: so geht’s nicht – auch weil ich weiß, wie viel Schaden dadurch angerichtet wird bzw. werden kann. Dieses zusammengeschusterte Rezept von Pavlina bedeutet letztlich (typisch amerikanisch) nichts anderes als eine Anleitung zum schnelleren Rennen im Hamsterrad. Und das Perfide bei all diesen Ratgebern: wenn es nicht klappt (kann ja auch nie ganz klappen), hat man selbst die Schuld, denn man hat das Rezept nicht richtig angewandt. Da wird mir übel. Ich kenne die USA und die US-Mentalität recht gut und frage wie viele andere bei solcher Lektüre immer: warum werden solche Rezepte nirgends so populär und massenhaft angewendet wie in den USA und warum sind gleichzeitig nirgends so viele Menschen psychisch so kaputt wie dort (vielleicht noch in Südkorea o. ä.). Liegt da der Gedanke nicht nahe, dass es die falsche Medizin ist (mit teilweise Wirksamem gemischt, sonst wäre sie nicht so erfolgreich)? Und dass mehr davon eben nicht zum Erfolg, sondern zu Frustration und Erschöpfung führt?
    Es lohnt, sich an dieser Stelle mit dem calvinistischen Menschenbild zu beschäftigen, das erklärt Vieles (immer noch am besten: Max Weber, „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“). Sehr gut auch Bücher von dem populären (und seriösen) Philosophen Byung-Chul Han zu lesen, besonders: „Müdigkeitsgesellschaft“. Matthes & Seitz, Berlin 2010, ISBN 978-3-88221-616-5, da geht es um Hamsterrad und Erschöpfung. Eine erste Annäherung an Beide kann über Wikipedia geschehen.
    Pavlina gehört in Behandlung, damit er begreift, dass er nicht der Erlöser und auch kein Supermann ist (er kann anscheinend alles und das auch noch besser als andere, wenn man seiner Selbstdarstellung glaubt).
    Zu seiner Selbstoptimierung durch Ernährung: Der Mensch an sich ist von jeher Allesfresser, sonst hätte er sich nicht über Jahrmillionen an all die verschiedenen Bedingungen auf der Erde anpassen und überleben können (die Inuit z. B. wären schnell verhungert). Das spricht allerdings nicht für den irrsinnig hohen – und ungesunden – Fleischkonsum in den reichen Ländern mit ihren meist schlimmen Haltungsbedingungen für die Masttiere.
    Mit Dank und freundlichen Grüßen
    Helmut Koch

  3. dana bellheim sagt

    Auf der Suche nach weiteren Artikeln, von Steve P. bin ich auf Ihre Seite gestoßen. Bei aller Kritik die sie äussern, ist mir ein Urheber einer Aktion immer wichtiger, als sein Kritiker.

    Es ist im übrigen eine sehr typisch deutsche und von Akademikern bevorzugte Handhabe, sich amerikanische Erfolgs- Trainer unter strengen, teils wissenschaftlich begründeten Gesichtspunkten anzusehen. Ich stelle fest, dass auch Sie, ähnlich- wie ein Trittbrettfahrer- nun von dem Erfolg des Trainers profitieren, da sein Name in der Suchmaschine Google ja mit Ihrem Blog verknüpft ist. Und Ihnen nur dadurch Leute auf die Seite spült (somit beherzigen Sie ja schon eines seiner Erfolgsprinzipien) Es ermüdet mich etwas, immer diese typischen Angriffspunkte an die Seriösität und Glaubwürdigkeit amerikanischer Autoren von Selbsthilfebüchern. Der Stil, so finde ich, ist dort immer lebensnah und nachvollziehbar verständlich formuliert und damit erstens hilfreicher und zweitens natürlich fehlerlastiger.

    Während sich in unserm Land die PersonalTrainer mit allerhand Zertifikatewahnsinn nach oben „schummeln“, haben wir es in den USA oft mit „selfmade“ Personen zu tun, die Menschen sind , wie du und ich, strugglen und winner sind, aber über eine Gabe verfügen, Menschen zu begeistern und zu motivieren, ohne das erst 7 Semester auf der Uni studiert und zertifiziert zu bekommen. Das führt natürlich manchmal zu den von Ihnen angemerkten Ungereimtheiten, mit denen ich aber prima leben kann. Denn er richtet sein Buch an „intelligente“ Bürger. Als solcher sehe ich mich durchaus in der Lage, zu differenzieren und werde mich nicht wegen drei universell persönlichen Fragen, vom Hochhaus stürzen.

    Sie beantworten viele Ihrer kritischen Anmerkungen auf dem Hintergrund einer Profession, die sich mit den Abgründen und Abartigkeiten von mißglücktem Leben beschäftigen. (Zwangserkrankung etc) wenn ich etwas gelernt habe, dann das, „Jeder“(auch Sie) von uns schleppt irgendein Trauma mit sich herum. Der eine kann sein Leben trotzdem zum blühen bringen, der andere „beschreibt“ aus der Entfernung das Leben der anderen und ein dritter scheitert gnadenlos. Wer zu welcher Partei gehört, ist von vielen Faktoren und Erfahrungen abhängig. Zu erwarten, dass einem so ein Buch das Leben nun vollständig erklärt, ist an sich schon eine seltsame persönliche Auffälligkeit, die es genauer zu betrachten gilt?

    Ich für meinen Teil kenne in Deutschland hauptsächlich Menschen, die einem am Fortkommen hindern, Bedenkenträger, ängstliche Mittelklassevericherer, die sich nicht an und ins Leben trauen. Das sind für mich kein Vorbilder. Ich habe auch keine Lust auf so etwas zu hören. Geschweige denen zu folgen. Ich kann mehr mit einem Menschen anfangen, der was vom Erfolg aber auch vom Scheitern versteht. Wenn er sich da dann ab und zu verbal vergreift..so what! Er ist ja auch kein approbierter niedergelassener Therapeut mit Kassenzulassung.

  4. das all-eine sagt

    gute buchkritik, aber wer nicht begreift, dass fleischessen falsch ist, hat etwas nicht begriffen.
    ich würde jetzt gerne mörder schreien, dass man dich auch töten sollte und du keine daseinsberechtigung hast, wenn du einem anderen lebewesen auch keine zusprichst…leider hat mir ein mensch undheimlich in meinem leben geholfen, der gleichzeitig wohl der empathischste und intelligenteste mensch ist, den ich je kennengelernt habe. ein mann der sein leben dem retten von menschen verschrieben hat und dabei sich selbst fast völlig zurückstellt. vielleicht kann ich ihn ja noch dazu bringen vegetarier zu werden. ich versuche es ihm zu verzeihen indem ich es auf die gewohnheit schiebe, immerhin ist er schon fast 70 und damals kannte man das eben nicht anders.
    aber wie kann man seine ganze kraft opfern menschen zu helfen, jederzeit erreichbar sein und im notfall nachts und krank vorbeizukommen (er ist psychiater), dann aber einfach hunderte leichen essen. bei den meisten macht es mich einfach nur irre, bei ihm finde ich es irgendwie schade.

  5. Jascha sagt

    Super Buchkritik, auch weil sie mal in eine andere Richtung geht. Ich habe das Buch noch nicht gelesen, werde es aber wahrscheinlich bald nachholen. In seinem Blog habe ich schon öfter mal gestöbert. Mich stört definitiv auch das Guru Gehabe. Ich glaube für uns deutsche ist vor allem auch die amerikanische Mentalität in diesem Bereich teilweise zu extrem, weshalb ich die Kritikpunkte durchaus so nachvollziehen kann. Wenn man darüber Bescheid was und damit umgehen kann denke ich aber trotzdem, dass man das Buch lesen kann. Die Begründung für das Zwanghafte stimmt, ich würde es allerdings nicht so eng sehen, schließlich ist das sein „Job“. Und irgendwo haben wir ja alle das Bedürfnis uns in bestimmten Bereichen verbessern zu wollen. Sie haben auf jeden Fall einen weiteren Blog Leser gewonnen

  6. Hallo liebe Frau Weiss,
    danke für das Kompliment. Ich denke, dass auch Steve Pavlina betont, dass er nur seine eigenen Erfahrungen weitergibt und das auch tut.
    Aber Sie haben Recht, die Sehnsucht nach Gurus, die einem sagen, wie man’s macht, ist groß. Früher wie heute.

    Danke für Ihren Kommentar.

  7. Christine Weiss sagt

    Halli Hallo,

    ich bin generell der Meinung, dass wir alle unsere ganz eigene Sicht der Dinge haben und die der anderen auch akzeptieren sollten.
    Deshalb schätze ich Ihre Arbeit wirklich auserordentlich, da Sie immer betonen, dass es sich um Ihre Sicht der Dinge handelt. In diesem Sinne schließe ich mich Ihrer Meinung hier an. Für mich, und dies ist meine ganz persönliche Meinung:-), handelt es sich um jemanden der anderen seine ganz persönliche Religion auf’s Auge drücken möchte. Leider leben wir in einer Gesellschaft in der sich immer mehr Menschen lieber von Gurus blenden lassen möchten als sich mit Ihren eigenen Lösungen zu beschäftigen. Steve P. ist für mich ein Mensch ohne Ecke und Kanten, aber gerade diese machen uns einzigartig und besonders und vor allem menschlich!
    Liebe Grüsse aus Wien

  8. Hallo Markus,
    ja, ich habe das Buch gelesen und ich meine den Begriff „religiöses Welt- und Menschenbild“ natürlich in einem übertragenen Sinne. Ich hätte auch schreiben können „spirituelles …“
    Aber dann muss man wieder genauer definieren, was das ist, worin es sich unterscheidet usw. und das sprengt den Rahmen einer Buchbesprechung.

    Ich meine damit vor allem den Bezug auf universelle Prinzipien, ewige Werte, letztendliche Wahrheiten und wie eben alle Gurus so daherreden, um ihren persönlichen Erfahrungen und Ansichten ein stärkeres Gewicht zu verleihen.

    Danke für Ihren Kommentar.

  9. Markus sagt

    @Markus:
    Zur Ergänzung: Ich nehme an, dass du „religiös“ hier eher im übertragenen Sinne meinst!?

  10. Markus sagt

    Hallo,

    den Blog von SP lese ich gelegentlich, auch sein Buch habe ich gelesen. Du behauptest: „Der Autor vertritt ein religöses Welt- und Menschenbild“. Es würde mich brennend interessieren, wie du auf diese Idee kommst? Bitte jetzt nicht angegriffen fühlen, der SP scheint mir jedoch absolut unreligiös, wie auch sein folgender Blog-Beitrag verdeutlicht:
    http://www.stevepavlina.com/blog/2008/05/10-reasons-you-should-never-have-a-religion/

    Hast du sein Buch auch wirklich KOMPLETT gelesen, von Anfang bis Ende?

    Grüße!

  11. In der Tat lassen sich in dem Buch (und bei manch anderem von diesen amerikanischen MIssionaren) etliche Reibungspunkte finden. Manche Punkte führe ich allerdings auf kulturelle Unterschiede zurück. In den Jahren, die ich in den USA gelebt habe, fielen mir diese für uns überzogen oder manchmal „zu unfundiert“ wirkenden Gedanken auf. Ich nehme das nicht mehr so wörtlich, sondern versuche die Botschaft „dahinter“ zu verstehen.

    Trotzdem, in vielen Punkten habe ich Respekt vor Ihren kritischen Anmerkungen und teile diese.

  12. Hallo unknown,
    stimmt, auf die Besucherzahlen und Bekanntheit von Steve Pavlina bin ich neidisch. Aber auch wenn ich es nicht wäre, würde ich keine neurale Besprechung schreiben wollen. Geht das überhaupt?
    Dass Steve kein Guru sein will, mag seine Absicht sein. In einem Ratgeber Experimente anzubieten, halte ich auch für sinnvoll. Doch den Guru-Status beansprucht meiner Meinung nach jeder, der seine Empfehlungen als „universelle Prinzipien“ verkauft, die „universal gültig, allumfassend, unteilbar, kongruent und unwiderlegbar“ verkaufen möchte.

    Tapas-Übungen kenne ich nicht.

    Danke für Ihren Kommentar.

  13. unknown sagt

    Wer hätte nicht gerne einen Blog, der über 2 Mio Menschen im Monat anzieht und dementsprechend auch Einnahmen vorzuweisen hat? (>60K/Monat)
    Das ganze Posting klingt mir eher nach männlicher Stutenbissigkeit anstatt neutraler Review.

    Ich mag Steve Pavlina und vorallem seine Denkweise, sehe ihn aber sicher nicht als religiösen Guru, der mir die Wahrheit auf dem Silbertablett präsentiert und am besten noch all meine Probleme für mich löst. Auch den Vorwurf der Unmenschlichkeit halte ich für geistigen Dünnschiss Ihrerseits. Nur weil SP diverse Experimente an sich „celebriert“, heißt das noch lange nicht, dass diese Allgemeingültigkeit besitzen und auf jeden Menschen übertragbar wären. Im Endeffekt geht es bei diesen Disziplinübungen um die Erfahrung ansich und ob diese sich postiv auswirken, vorallem in Bezug auf Bewußtheit und geistige Klarheit. Haben Sie schonmal etwas von Tapas-Übungen gehört? Auch ist es klar, dass man „vermeintliche“ Schwächen zu allererst hinnehmen/ akzeptieren muss bevor man an ihnen arbeiten kann.

    Im Endeffekt vermittelt SP nur eine zentrale Message, die da wäre: Lebe bewußt!
    Und die kann so falsch nicht sein.

    Freundliche Grüße

  14. Manfred sagt

    Also Ich habe starke Zweifel an dieser Art von Büchern. Das ganze ist ja auch ziemlich amerikanisch. Amerikaner glauben in den Fortschritt und in Gewinner und Verlierer. Wer gewinnen will muss besser werden als er ist. Die sogenannte „Rat Race“. (Ich würde übrigens auch Spitzensportler als zwanghaft bezeichnen.)
    Soll Fortschritt das Leben nicht einfacher und leichter machen? Warum soll Ich mich selbst zwingen um andere Gewohnheiten anzunehmen? Warum soll Ich meine Freizeit versauen durch mir selbst das Leben schwer zu machen?
    Ich glaube dass der Mensch in seine eigene Falle gelaufen ist. Zuerst dachte Er Wissenschaft und Technologie machen das Leben leichter. Damit kann man die Welt verbessern und beherrschen. Weil Wissenschaft und Technologie aber auch gefährlich sein können (z. B. Umweltverschmutzung), muss es Instanzen geben die Alles überwachen und kontrollieren. Dies ist eine Menge Arbeit und kostet viel Geld. Die Arbeit die Maschinen uns erspart hatten bekommen Wir so wieder zurück. Wir müssen immer schneller laufen um auf der selben Stelle zu bleiben. Das Beherrschen des Beherrschens der natürlichen Wirklichkeit wird immer schwerer.
    Wenn jetzt Jemand kommt und sagt: „Das alles liegt nur an Dir. Wenn Du anders wirst als Du bist kannst Du mehr leisten und hast selbst Spass daran, wird alles besser und Du lebst noch lange und glücklich.“ erfahre Ich dies als den Höhepunkt der Idiotie.

  15. Hallo Steve in 5 years,
    mit Ihrem Plädoyer für Pavlina kann ich gut leben. auch ich bin ein Vertreter des experimentellen Vorgehens in der Arbeit mit Menschen. Und ich bezweifle nicht, dass viele Menschen von seiner Arbeit profitieren.
    Meine Kritik richtet sich ja auch nicht gegen seine Methoden, sondern den – wie ich finde – zugrunde liegenden „Selbstverbesserungstrip“. Sie schreiben es ja selbst „… wie er sich optimieren kann, sich entwickeln kann und das über das Maß des allgemeine Menschen hinaus…“
    Diesen Drang halte ich für seltsam, was jetzt kein Plädoyer für das stumpfe Mittelmaß sein soll.

    Danke für Ihren langen und persönlichen Kommentar.

  16. Steve in 5 years sagt

    Als ich mit Steve P. in Kontakt trat, genauer seiner Website, hielt ich ihn für sehr abgedreht, auch gelegentlich abgehoben. ABER: Als ich mich dann intensiver damit beschäftigte (Grund erfolgt später) fiel mir auf, was diesen Menschen ausmacht. Er hat viele Bücher gelesen und damit meine ich VIELE! Und aus diesen hat er die Quintessenz gesogen, divergentes und konvergentes Denken.
    Warum habe ich weiter gelesen? Weil mir das Ganze irgendwie bekannt vorkam. Ich bin Dipl. Psychologe, war zuerst Softwaretechnologe, habe viele Dinge ausprobiert (Sport, Philosophie, Spiritualität, Medizin, Musik, Tanz, Singen,….) und bin auch seit einigen Jahre Tanztrainer für argentinischen Tango. In einem seiner Artikel schreibt er über eine Methode, wobei man sich sein Ich in 5 Jahren als Gesprächspartner vorstellt. Ich brauche mir einfach nur Steve vorzustellen. Seine aktuellen Ansichten entsprechen den meinen, nur halt 5 Jahre in die Zukunft projiziert. Im Titel seines Buches und Blogs steht nicht umsonst „…for SMART people“. Was er damit meint, möchte ich hier nicht wiederholen, wer möchte, schaue einfach dort nach.
    Kurz: Sein Blog und sein Buch sind NICHT für jedermann. Vor allem nicht für Menschen, die eine einschränkende, THERAPIEbedürftige psychische Störung haben (sei es sozialphobisch, zwanghaft,…). Er zielt nicht darauf ab, solche Menschen wieder FUNKTIONSFÄHIG zu machen, sondern die, die „funktionsfähig“ sind (und smart) weiter nach „oben“ zu bringen.
    Was ich in einem Jahr Steve Pavlina lesen(!) gelernt, ausprobiert und für anwendbar erkannt habe, geht in manchen Bereichen über das weit hinaus, was ich im Studium der Psychologie erfahren habe.
    Wie er auch schon in seinen Artikeln, Podcasts,… erwähnte (hat er übrigens von führenden Glaubensvertretern): Du kannst es nur erfahren, wenn du es ausprobierst. Warte nicht auf einen Beweis, probiere es aus und du brauchst keinen „Beweis“ mehr. Glaube und du siehst (alles), glaube nichts und du siehst nichts.
    Ich habe vieles von ihm ausprobiert, viele seiner „Mäntel“ angezogen und muss als empirischer Psychologe sagen: Ich sehe mehr, ich sehe klarer, ich lebe bewusster. Das was ich vermutete und viele andere Menschen, die sich auf dem „mystischen Weg“ der Entwicklung befinden, spricht er einfach mal so aus. Und das auch noch argumentativ, mit konkreten Durchführungshinweisen.
    Viele Therapieverfahren lassen den Klienten ja genau dort im Stich: er weiß WARUM er nicht „funktioniert“ aber nicht, wie er da wieder rauskommt, wie er sich optimieren kann, sich entwickeln kann und das über das Maß des allgemeine Menschen hinaus (was Steve ja bezweckt, für sich und andere).

    Es wie mit vielen anderen Dingen im Leben (z.B. die Religionen, die Bibel, die Natur, sich selbst, die anderen,…): Wenn man weiß wie man es ANDERS sehen kann als man es gewohnt ist (durch Kirche, Mama, TV, Zeitung, …), erlernt man vielleicht, dass es dann (endlich) Sinn macht (interne und externe Konsistenz, Validität, Reliabilität). Oder man sieht es nicht, weil man es nicht glauben will (Glaube und Wille müssen in die selbe Richtung weisen). Aber dann darf man es auch getrost ablehnen. Steve sagt selber „Jeder soll so sein wie er sein will.“ Sagt übrigens auch der Dalai Lama.

    Es tut mir leid Herr Kopp-Wichmann, aber ich glaube, sie haben Steve nicht verstanden. Es geht allerdings auch gegen viele Überzeugungen in Ihrer Rolle als Psychotherapeut. Mir ging es genauso. Ich wollte mit Gewalt an dem festhalten, was ich in der Uni gelernt habe.
    Aber, wie ich es dann einfach mal zu ließ, erkannte ich, dass es sehr viel mit psychologischen Erkenntnissen zu tun hat, allerdings in einem sehr viel breiteren und tieferen Bereich (oder höher?).
    Nichts für ungut. Ihnen weiterhin viel Erfolg.
    (Vielleicht komme ich von Steve ja wieder ab. Aber jetzt noch nicht.)

  17. Alexander Schwarz sagt

    Ich bin immer wieder beeindruckt, welche Erfolge Steve erzielt und wie aufrichtig er dabei auf mich wirkt (Zum Beispiel auch beim Verzicht auf beträchtliche Adwords-Einnahmen oder auf das Extreme Marketing, das andere erfolgreiche Blogger betreiben).

    Und wenn das auf der Grundlage seines Glaubenssystems passiert, das er in seinem Buch zum Ausdruck bringt, dann ist das Grund genug für mich, seine Aussagen wohlwollend zu prüfen.

  18. Ivan Blatter sagt

    Schöne Rezension und Diskussion. Sehr fair übrigens, dass Sie am Schluss auf positive Besprechungen verweisen (so auch auf meine).

    Trotzdem teile ich die Ansichten von Logan. Ich lese sehr gerne den Blog von Pavlina, aber überspringe viele Artikel aber ungelesen (wie z.B. seine Saft-Serie – ich muss nicht wissen, wie seine Verdauung darauf reagiert). Doch sehr oft werde ich von ihm angeregt, die eigenen Standpunkte zu überdenken.

    Ich halte Pavlina nicht für einen Missionar. Er weiss, was er ist, kann und will, dennoch lässt er die Meinungen anderer zu. Gerade zu Ihrem Punkt 1 schreibt er ja nur ein paar Seiten vorher (bei mir auf S. 120), dass sein Ziel nicht sei, irgend jemanden von seinen Überzeugungen bezüglich Gesundheit zu überzeugen. Sehr viele seiner Ansichten teile ich keineswegs, doch er schafft es immer wieder, mich zum Nachdenken und Hinterfragen anzuregen. Viele andere Autoren mit den selben Ansichten schrecken mich eher direkt ab. Das weiss er sicher. Vielleicht ist das seine Strategie, die Welt zu verändern: Er formuliert seine Ansichten so, dass sich der Leser nicht unbedingt direkt sperrt, sondern eben verunsichert und angeregt wird. Er kann dann immer sagen: Ich schreibe nur über meine Erfahrungen und Experimente.

    Übrigens sind viele seiner Experimente nur … Experimente. Nehmen Sie als Beispiel seine Umstellung auf Rohkost. Natürlich ist er von den Vorteilen dieser Ernährung überzeugt (ich gar nicht), aber er hat es zunächst einfach nur mal ausprobiert und das Ende offen gelassen. Es war sehr gut möglich, dass er nach seinem 30-Tage-Test wieder zu gekochtem Essen zurück gekehrt wäre – was er übrigens zunächst auch getan hat. Er probiert die Dinge aus und entscheidet sich danach, ob er sich in seinem Leben behalten will oder nicht. Eine schlaue Strategie in meinen Augen. Denn er weiss, dass sich eben andere Leute dagegen entscheiden mögen, weil es nicht in ihr Leben passt.

    Das Buch war ein Gewinn für mich. Aber es ist nur ein Buch: Es kann nicht alle Probleme von jedem Leser lösen, sondern muss halt als Buch im Allgemeinen bleiben. Gewisse Teile lehne ich auch komplett ab. Was er beispielsweise über Religionen schreibt, ist für mich völliger Unsinn und auch vernunftmässig nicht so klar, wie er tut. Hier sehe ich grosse Lücken in seinem Wissen.

    Grundsätzlich richtet sich das Buch – für mich zumindest – an Menschen, die sich gerne weiter entwickeln möchte, weil sie es wollen – und nicht weil sie es müssen (aufgrund einer Krise oder einer Lebensfalle oder sonst etwas).

    So, jetzt muss ich aber aufhören, sonst ist mein Kommentar noch länger als Ihr Blogartikel. 🙂

  19. Roland Kopp-Wichmann sagt

    Hallo Nick:
    ich empfehle auch Bücher, die ich persoenlich nicht so gut finde. Der Link zu Amazon ist vor allem als Service für meine Leser gedacht. Bei 5 % Provision ist das nicht wirklich eine Bereicherung für mich.

  20. Nick sagt

    Interessante und teilweise gerechtfertigte Kritik, doch weshalb unterstützen Sie bzw. bereichern sich dann am Verkauf dieses Buches (Link zu Amazon mit Partner ID)?

  21. Marianne sagt

    Sicherlich hat der Autor beste Absichten. Aber ein ganz klein wenig schleicht sich beim Lesen aller seiner Ratschläge ein mulmiges Gefühl bei mir ein. Hier ist jemand, der Perfektion anstrebt, der hierfür feste Regeln propagiert. Ein wenig „Überich“-gesteuert ? Ein strammes Korsett, hmm –
    irgendwie sehr unbequem das Ganze…. Ist Lebensfreude auf diese Weise zu erzeugen ? Ich glaube nicht.

  22. Roland Kopp-Wichmann sagt

    Hallo Logan,
    natürlich ist es nicht möglich, ein Buch oder was auch immer „neutral“ zu lesen oder zu besprechen. Etwas von der eigenen Person fliesst immer mit ein.

    Sie schreiben: Wenn ich etwas lese, das mir nicht so passt, und ich ärgere mich darüber, so muss wohl etwas Wahrheit daran sein, sonst müsste ich mich nicht ärgern. Vielleicht finde ich was es ist oder vielleicht nicht. Jedenfalls beschuldige ich den Autor nicht für meinen Ärger. Er hat mir nämlich lediglich den Spiegel vorgehalten.

    Ich kenne dieses – vor allem in esoterischen Kreisen – oft verwendete „Spiegel-Argument“. Da ist auch manchmal etwas dran. In der Psychologie nennt man das Uebertragungsphänomen. Etwas stört einen am anderen, weil man das an sich selbst ablehnt oder verurteilt.

    Aber das gilt nicht immer. Es kommt darauf an, inwieweit man sich selbst kennt oder ob man immer so reagiert. Aber angenommen, jemand klaut mir meine Brieftasche, dann kann ich mich darüber ärgern. Oder darüber sinnieren, ob ich nicht zu sehr an Besitz hänge. Doch damit kann ich auch alle meine Gefühle hinterfragen und wegrationalisieren.

    Diese „Spiegel-Argumentation“ ist aus meiner Sicht der Versuch, die Themen „Verschiedenheit“ und „Getrenntheit“ zu vermeiden. Denn der Aerger, den ich über jemand empfinde, trennt mich natürlich vom anderen. Glaube ich aber zu entdecken, dass mir der andre nur etwas spiegelt, bin ich weiter mit ihm verbunden.

    Zu 1. Ich nehme auch an, dass Steve niemanden bekehren will. Aber der Kontext spielt schon auch eine Rolle. In einem Fasten-Buch erwarte ich Hinweise zum Fasten. In einem Buch über „Personal Development“ nicht unbedingt.
    Zu 2. Ich glaube, man kann Sport, auch Spitzensport betreiben, ohne zwanghaft zu sein. Es kommt darauf an, wie sehr man eigene Grenzen erkennen und respektieren kann. Der Unterschied liegt darin, ob man der Beste sein will – oder sein muss (weil die eigene Identität damit verbunden ist). Im Dopingproblem des Radsports kann man das Zwanghafte ja gut sehen.
    Ich habe nichts gegen Fasten, habe es sogar selbst einige Male in meinem Leben gemacht. Misstrauisch werde ich, wenn schlanke Menschen fasten, um „sich von Schlacken zu befreien“ oder wie bei Pavlina, glauben, ihre Zellen würden noch nicht optimal arbeiten.

    Zu 3. und 4. Ratgeber sind ja auch deswegen so beliebt, weil Menschen glauben, es gäbe ein „richtig“ oder falsch“. Doch es gibt nach meinem Verständnis nicht die „Wahrheit“. Im Namen der Wahrheit wurden viele schlimme Dinge getan und immer als notwendig gerechtfertigt.

    Viel schwieriger auszuhalten ist doch, dass es eben „die Wahrheit“ nicht gibt, sondern jeder Mensch in seiner Welt lebt.

    Vielen Dank für Ihren langen, fundierten Kommentar.

  23. MJ sagt

    Ich stimme Ihnen zu:

    “Idealisierung” ist ein psychischer Abwehrmechanismus. Man greift dazu, wenn man etwas einseitig positiv darstellen muss, weil man es nicht aushält, auch die negativen Seiten zu sehen und sich so ein ganzheitliches Bild von einer Person, einer Sache oder eine Idee zu machen.

  24. Interessante Buchkritik! Mir fällt auf, dass ich ein Buch aus einem ganz anderen Blickwinkel lese. Ich versuche dauernd mein Weltbild zu erweitern. Ich versuche Dinge auf eine neue Art zu sehen, die mir weiterhilft.

    Wenn ich auf eine neue Sicht stosse, die mir hilfreich erscheint, so erlebe ich ein Aha-Moment und ich freue mich darüber.

    Wenn ich etwas lese, das mir nicht so passt, und ich ärgere mich darüber, so muss wohl etwas Wahrheit daran sein, sonst müsste ich mich nicht ärgern. Vielleicht finde ich was es ist oder vielleicht nicht. Jedenfalls beschuldige ich den Autor nicht für meinen Ärger. Er hat mir nämlich lediglich den Spiegel vorgehalten.

    Wenn ich auf etwas stosse, das mir nicht passt und ich spüre keinen Ärger, dann kann ich es ruhig ignorieren.

    In Steve’s Buch fand ich einige neue Sichten von Dingen, die für mich hilfreich sind. Und die kamen im Grunde zustande, weil Steve einige Lebensbereiche nach seinen 7 Prinzipien untersuchte. Hier beschreibe ich ein paar davon:
    http://www.frauenverstehen.ch/2008/10/steve-pavlina-personal-development-for-smart-people/

    Ein paar Bemerkungen zu Ihren vier Punkten.
    1. Steve untersucht verschiedene Lebensbereiche (so auch Gesundheit) mit seinen 7 Prinzipien (so auch Liebe). (Ob seine 7 Prinzipien nun die richtigen sind, kann er natürlich nicht beweisen. Er geht in seinem Buch und seinen Untersuchungen davon aus.) Und diese Untersuchung bringt meiner Ansicht nach sehr schöne Erkenntnisse und Sichtweisen der Welt. Ich glaube nicht, dass er möchte, dass alle Leute vegetarisch leben. Jeder entscheidet selbst was er tut.

    2. Zwanghafter Lebensstil. Das ist ein sehr interessanter Punkt. Würden Sie einen Spitzensportler auch als zwanghaft betrachten? Der will sich auch ständig verbessern. Oder jemanden der eine Kampsportart ausübt? Der strebt auch nach ständigen Fortschritt bis zum schwarzen Gürtel und mehr. Ich sehe, dass man immer mehr will und immer besser und niemals zufrieden und fertig ist. Steve macht eigentlich das gleiche wie ein Spitzensportler, einfach mit seiner Persönlichkeit. Er möchte mehr Wahrheit über sich selbst und seine erlebte Welt lernen. Er möchte mehr sich selbst sein.

    3. Da bin ich mit Ihnen einverstanden. Nicht alle Leute brauchen die gleichen Tipps. Für Steve ist vermutlich die Kalte-Dusche-Version gut, vielleicht weil er in Wahrheit und Macht stark ist. Was Steve jedoch empfiehlt ist, dass man sich entwickelt in Richtung von jemandem der in Wahrheit, Liebe und Macht ausgeglichen stark ist.

    4. Ich sehe Steve nicht als einen, der den Leuten sagt was sie tun müssen. Er richtet sich an Leute, die sich weiterentwickeln wollen und zeigt ihnen auf, was er selbst tut. Zu Ihrer Liste: Es geht um die Wahrheit und die ist nicht so einfach zu ertragen. Jedoch muss man ihr wohl erst ins Auge schauen, das heisst man muss sich erst eingestehen, dass da ein Problem ist, bevor man es lösen kann.

  25. Sabine sagt

    Danke für Ihre Darstellungen in diesem Blog.

    Ich stöberte einmal in Pavlinas Blog, weil ich immer wieder zu lesen bekomme, wie toll der doch sei.

    Ich persönlich bin nicht begeistert;
    alles scheint bei ihm so einfach, so klar … und wenn ich es nicht hinbekomme, ist das meine Schuld – ich muss mich einfach nur mehr bemühen … einfach so

    wenn das so einfach wäre 😉

  26. Lucia Weiher sagt

    Hallo,
    Donnerwetter, Sie trauen sich was! Den weltbekanntesten Personality-Blogger mal nicht in den Himmel zu heben.
    Ehrlich gesagt, mir ging es beim Lesen seines Blogs ab und zu ähnlich, aber ich konnte mein Unbehagen nicht klar formulieren.
    Jetzt verstehe ich besser, was mich auch manchmal störte. Aber einige Artikel von Pavlina fand ich auch echt gut.
    Lieben Gruss
    Lucia

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