Wo Menschen, die den Krieg erlebt haben, jetzt Hilfe bekommen können.
Vor ein paar Wochen sah ich im Fernsehen den Film „Willkommen zu Hause.“ Darin ging es um die psychischen Folgen von Soldaten, die am aktuellen Afghanistan-Konflikt teilnehmen und mit den psychischen Folgen zu Hause wieder angekommen sich schwer zurechtfinden.
So lobenswert die öffentliche Debatte darüber ist, allzu leicht wird eine zahlenmäßig viel größere Gruppe von Menschen übersehen, die mit ihren Kriegserlebnissen nicht fertig werden.
Nach einer aktuellen Studie leiden Ältere, die am 2. Weltkrieg teilgenommen haben, dreimal so häufig an einer sogenannten Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) wie die jüngere Bevölkerung. Das haben Wissenschaftler der Universität Leipzig in Zusammenarbeit mit Kollegen von der Universität Zürich herausgefunden. Sie hatten 2400 Menschen aus allen Altersgruppen befragt.
Viele ältere Menschen haben die Erlebnisse im Krieg oder der Vertreibung verdrängt oder wollen nicht darüber sprechen. Ich erinnere mich noch gut, als ich während meiner Familientherapieausbildung meine Eltern zu ihren Erlebnissen im Krieg befragen wollte. „Das ist so lange her, da kann ich mich kaum noch an etwas erinnern“, bekam ich auch nach mehrmaligem Nachfragen zur Antwort.
Doch verdrängt ist nicht verarbeitet oder bewältigt. Und gerade im Alter steigt zuweilen die Erinnerung wieder hoch. Gerade wenn einen der Beruf nicht mehr ablenkt, die Kinder aus dem Haus sind und man innerlich zur Ruhe kommt, melden sich bei manchen alten Menschen die schlimmen Erlebnisse zurück.
Wie man Haus und Hof verlassen musste, wie Menschen starben, wie man selbst vergewaltigt wurde oder mitansehen musste. Auch wer als Kind oder Jugendlicher derlei miterlebte, trägt oft schwer an diesen schrecklichen Erinnerungen.
Menschen, die traumatische Situationen durchleben, leiden später oft unter psychischen und körperlichen Beschwerden, unter sog. posttraumatischen Störungen. Diese äußern sich als
- Schlafstörungen,
- Gefühle von Schuld und Scham,
- verschiedenen Ängsten,
- unfreiwilliges Erinnern der Situation,
- Interessenverlust,
- Schmerzzustände
- Konzentrationsschwierigkeiten.
- Oder es kommt zu einem verstärkten Wiedererinnern und einer dauernden gedanklichen Beschäftigung mit dem Erlebten.
Meist haben diese Menschen, die durch Kriegserlebnisse traumatisiert sind, nie oder nur bruchstückhaft über das Erlebte mit jemandem gesprochen. Auch auf die Idee, dass Sie vielleicht therapeutische Unterstützung gebrauchen könnten, kommen sie fast nie. „Das war halt damals so …damit mussten doch Millionen fertig werden … ich will darüber nicht sprechen…“ sind die häufigsten Begründungen.
Zudem ist die Hemmschwelle, die ja auch viele Jüngere haben („Ich bin doch nicht verrückt!“) zu hoch, haben sie doch schmerzhaft gelernt, sich im Leben zuusammenzureissen und tapfer auszuhalten.
Doch jetzt gibt es eine wirksame Hilfe.
Über die Internetseite www.lebenstagebuch.de bieten zwei Ärzte zusammen mit ihren Kollegen alten Menschen eine spezielle Internet-Therapie an.
Das Behandlungsangebot richtet sich an ältere Menschen über 65 Jahre, die momentan aufgrund ihrer traumatischen Erlebnisse während und kurz nach Ende des II. Weltkrieges unter psychischen Langzeitfolgen leiden.
Die Therapie vereint Komponenten, die sich als sehr wirksam in der Behandlung von posttraumatischen Störungen gezeigt haben.
Im Vordergrund der Therapie steht die biographische Aufarbeitung, in deren Zusammenhang das traumatische Erlebnis aus der Vergangenheit bearbeitet wird.KlientIn und TherapeutIn kommunizieren ausschließlich über das Internet, in Ausnahmefällen auch über den herkömmlichen Briefweg oder per Fax. Die TherapeutInnen folgen dabei einem wissenschaftlich fundierten Behandlungsprotokoll, das aus strukturierten Behandlungseinheiten besteht, die jedoch auf die Situation und die Möglichkeiten des Klienten eingehen und angepasst werden. Die KlientInnen schreiben zuhause, aus ihrer vertrauten Umgebung und können so ihre Biographie und ihr Trauma in Begleitung eines Therapeuten verarbeiten.
Die Behandlung dauert sechs Wochen – und ist kostenlos.
Eine phantastische Möglichkeit, finde ich, die viele Vorteile bietet. Die alten Menschen müssen während der Therapie ihre gewohnte Umgebung nicht verlassen. Sie können sogar schwerhörig oder bettlägerig sein. Und dass man das Erlebte nicht von Angesicht zu Angesicht berichten muss, kommt vielen, die sich ob ihrer Erlebnisse schämen, sehr entgegen.
Wenn Sie selbst betroffen sind oder jemanden kennen, für den dieses Angebot interessant sein könnte, gehen Sie auf diese Website: www.lebenstagebuch.de
Wie finden Sie dieses Angebot?
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Foto: istockphoto.com
Den Hinweis zu der Website entnahm ich einem Artikel
der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung