Als dem Bereichsleiter Frank M. gekündigt wurde, machte er alles richtig. Statt gekränkt und ohne Verabschiedung das Unternehmen zu verlassen, weil er mit seiner Entlassung nicht einverstanden war, schrieb er seinem Vorgesetzten einen Brief. In dem bedankte er sich ausführlich für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren.
Seltsam, oder?
Denn das brachte Frank M. zwar nicht seinen alten Arbeitsplatz zurück. Doch umsonst war diese Dankbarkeit nicht. Als er Jahre später wieder arbeitslos wurde, kontaktierte ihn eben jener Chef und bot ihm einen neuen Job zu besseren Bedingungen an. Er hatte nie den Brief seines ehemaligen Mitarbeiters vergessen. Ein kleines Dankeschön mit großer Wirkung.
Doch die wenigsten Mitarbeiter, die gekündigt wurden, handeln auf diese Weise. Das zeigt eine Untersuchung der John Templeton Foundation mit über 2000 Angestellten. Das Ergebnis: Am Arbeitsplatz verspüren die Menschen am seltensten den Drang, Dankbarkeit zu zeigen oder auch nur zu empfinden. Und wenn Menschen aufzählen, wofür sie dankbar sind, kommt der Job fast immer zuletzt.
Wie wichtig im Beruf Anerkennung und Wertschätzung, und nichts anderes ist Dankbarkeit ja auch, habe ich in diesem Artikel beschrieben.
Auch Chefs sollten mehr Dankbarkeit zeigen.
Und die täglichen Leistungen ihrer Mitarbeiter nicht als selbstverständlich betrachten. Nach der Devise „Dafür werden sie ja schließlich bezahlt.“ Denn Untersuchungen über Dankbarkeit am Arbeitsplatz zeigen deutlich: Schon kleine Zeichen der Anerkennung können erhebliche Wirkungen auf den Empfänger haben. So steigerten beispielsweise Angestellte, die an einer amerikanischen Universität für die Beschaffung von Spendengeldern zuständig waren, die Anzahl ihrer Anrufe um durchschnittlich 50 Prozent. Was war geschehen?
Ihre Führungskraft hatte ihnen persönlich ihren Dank für den geleisteten Einsatz ausgesprochen. Die Kollegen, die diese Anerkennung nicht bekamen, strengten sich nicht mehr an.
Eigentlich ist die Sache ganz einfach – und doch so schwer. Zum einen wird heute von Unternehmen und damit auch von Managern und Mitarbeitern verlangt, die Ergebnisse Jahr für Jahr zu steigern. Deshalb geht es in den meisten Meetings immer schon um den nächsten Schritt, den nächsten Erfolg, also die Zukunft.
Dankbarkeit setzt aber voraus, dass man die Gegenwart würdigt. Außerdem haben viele Menschen Angst, dass zu viel Dankbarkeit die Motivation verringern könnte. Weil die Mitarbeiter sich dann zufrieden zurücklehnen könnten und weniger Einsatz zeigen würden.
Der Dankbarkeitsforscher Robert Emmons kann diese Angst zerstreuen. „Viele Kritiker haben die Sorge geäußert, dass Dankbarkeit die Menschen selbstzufrieden und faul macht und ihnen die Motivation nimmt, ihr Leben positiver zu gestalten“, sagt der Psychologe. „Doch unsere Forschung zeigt genau das Gegenteil, dankbare Menschen erreichen ihre Ziele viel häufiger als andere.“
Die Teilnehmer einer Studie ließ Emmons sechs Dinge bestimmen, die sie in den kommenden zehn Wochen umsetzen wollen. Ein Teil der Gruppe wurde gebeten, ein Dankbarkeitstagebuch zu führen. Nach zehn Wochen stellte sich heraus, dass die dankbare Gruppe 20 Prozent mehr Fortschritt im Hinblick auf ihr Ziel gemacht hatte. Das Ergebnis der Untersuchung: Menschen, die bewusst dankbar sind, sind zielstrebiger und entwickeln häufiger den Wunsch, etwas zu erreichen.
Wie kommt das?
Nun, eine Eigenschaft unserer Gefühle ist, dass manche davon nicht miteinander vereinbar sind. Wir können uns zum Beispiel nicht gleichzeitig wütend und glücklich fühlen. Dankbarkeit ist somit ein effektives Gegenmittel für negative Gefühle wie zum Beispiel Ärger, Neid, Feindseligkeit, Groll und Sorge. Und deshalb ist es überhaupt nicht „altmodisch“, Gelegenheiten für das Gefühl der Dankbarkeit im Alltag zu finden.
„Dankbarkeit ist das Gefühl des Staunens, des Dankbar-Seins und der Feier des Lebens“, so formuliert es Emmons. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie einem anderen Menschen dankbar sind, dem Schicksal oder einer höheren Macht. Die Wirkung ist immer positiv: Dankbare Menschen sind nach neueren Forschungen insgesamt glücklicher, optimistischer, hilfsbereiter, einfühlsamer und religiöser bzw. spiritueller.
Unternehmen sollten Dankbarkeit auch unter den Mitarbeitern fördern.
Denn motivierte Mitarbeiter hätte doch jeder Vorgesetzte gern. Deshalb sollte auch im Arbeitsleben die Dankbarkeit eine größere Rolle spielen. Bei einigen Unternehmen ist das Thema schon Teil des Arbeitsalltags geworden. Die DKV Mobility Service Group hat beispielsweise im Intranet ein „Dankeportal“ eingerichtet, in dem sich Mitarbeiter gegenseitig ihre Wertschätzung kundtun. Darin ist für jeden Mitarbeiter sofort erkennbar, auf welchen Wert sich die Dankbarkeit bezieht. Die fünf Mitarbeiter mit den meisten Danke-Punkten erhalten am Jahresende ein Geschenk vom Unternehmen als Zeichen der Dankbarkeit.
Wie lassen sich solche positiven Auswirkungen von Dankbarkeit auf den beruflichen Erfolg erklären?
- Nun, wer dankbar ist, stärkt seine Persönlichkeit, ist optimistischer und gesünder.
- Schon die Ausstrahlung, die von dankbaren Menschen ausgeht, ist positiv.
- Dankbare Menschen haben ein größeres soziales Netzwerk.
- Dankbare Mitarbeiter erhalten mehr Unterstützung von anderen.
- Wer diese Unterstützung wieder mit Dankbarkeit annimmt, hat gute Karrierechancen.
- Dankbare Mitarbeiter bleiben stärker in Erinnerung und werden gerne gefördert.
„Es ist also nicht das Glück, das uns dankbar macht, sondern es ist die Dankbarkeit, die uns glücklich macht.“ Darüber spricht hier David Steindl-Rast, ein aus Österreich stammender US-amerikanischer Benediktinermönch.
httpv://www.youtube.com/watch?v=MNrvxAvWRY4
Dankbarkeit lässt sich trainieren – wie ein Muskel.
Das ist zumindest die Überzeugung des US-Psychologen Willibald Ruch. Nach einiger Zeit seien die Wirkungen sogar als neurobiologische Veränderung im Gehirnscan sichtbar, berichteten Wissenschaftler der University of Indiana.
An der Universität Lüneburg wurde sogar ein Onlinetraining zur Dankbarkeit entwickelt. Es besteht aus einem Training und einer Smartphone-App. Damit wollte man vor allem die Wirkung von Dankbarkeit auf Menschen, die viel grübeln und sich unnötige Sorgen machen, untersuchen. Die Ergebnisse zeigten deutlich, dass Dankbarkeitsübungen die Sorgen- und Grübelneigung der Teilnehmer reduzieren konnten. Es hatte zudem positive Wirkungen auf Zuversicht, Stressresistenz und Depressivität der Teilnehmer.
Wie lässt sich Dankbarkeit in Ihren Alltag einbauen?
Am einfachsten in Form eines positiven Tagesrückblicks mit der Frage „Wofür bin ich heute dankbar?“. Abends nimmt man sich kurz Zeit und lässt den Tag Revue passieren: „Was habe ich heute Schönes erlebt?“
Die meisten Menschen machen ja eher einen negativen Tagesrückblick. Fragt der Partner abends: „Und Schatz, wie war Dein Tag?“ wird oft vor allem der Ärger mit dem Chef, der blöde Anruf eines Kunden, das sterbenslangweilige Meeting oder der Stau auf der Autobahn erwähnt.
Ein positiver Tagesrückblick ist auch deshalb wirkungsvoll, weil Sie damit Ihre Wahrnehmung schon tagsüber auf die Wahrnehmung positiver Ereignisse ausrichten. „Das ist jetzt gerade gut, daran kann ich mich heute Abend nochmal erinnern!“ Auf diese Weise profitieren Sie von positiven Situationen und angenehmen Erlebnis doppelt.
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Wofür könnten Sie heute schon dankbar sein?
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