In Deutschland leben etwa zwölf Millionen Menschen allein. Amerikanische Forscher sind durch die Prognosen der Statistiker alarmiert : Im Jahr 2010 werden in den USA 40 Prozent mehr Menschen allein leben als 1980, darunter vor allem Ältere.
In Deutschland ist dieser Trend sogar schon weiter fortgeschritten – die Zahl der Single-Haushalte hat sich in den vergangenen 30 Jahren mehr als verdoppelt. 1950 gab es drei Millionen Einpersonenhaushalte, zur Zeit sind es etwa fünfzehn Millionen – mit steigender Tendenz.
Doch wer allein lebt, muss nicht automatisch einsam sein. Was genau ist Einsamkeit?
Der weltweit bedeutendste Experte auf dem Gebiet, John Cacioppo, definiert es so: „Einsamkeit spiegelt wider, wie ein Mensch seine soziale Situation empfindet – wie isoliert oder innerlich abgetrennt von der Welt er sich fühlt.“ Er hat zu dem Thema eine Langzeitstudie von 2001 bis 2006 durchgeführt. Eine seiner wichtigsten Erkenntnisse ist: Männer und Frauen erleben Einsamkeit ganz unterschiedlich und der Forscher sieht den Grund darin in der Evolution.
- Für Männer sei von jeher die „kollektive Verbundenheit“ wichtig. Das bedeutet, mit allen irgendwie zusammenzuhängen.
- Für Frauen sei eher die „relationale Verbundenheit“ entscheidend, also Verbindungen, in denen man direkter aufeinander zugehen kann.
Diese Unterschiede zeigen zwischen den Geschlechtern zeigen sich zum Beispiel so:
- Männer sind kürzer angebunden, reden im Schnitt allenfalls 7000 Wörter pro Tag und sitzen häufiger vor dem Fernseher. Sie telefonieren weniger und vor allem kürzer als Frauen. Wir Männer schauen uns weniger Filme mit erfundenen Geschichten an, sondern mehr Nachrichten, Talkshows und Sport. Das ist unsere Art, uns kollektiv verbunden zu fühlen. Wir informieren uns über all das, was in der Welt vor sich geht.
- Frauen sind da ganz anders. Sie reden durchschnittlich 20.000 Wörter (pro Tag), verbringen weniger Zeit mit Fernsehen, sprechen aber dafür mehr mit Nachbarn und pflegen Kontakte. Sie sind geselliger, mehr auf Ansprache und verbale Zuneigung angewiesen.
So können Missverständnisse entstehen. Sie denkt, wenn sie ihn vor dem Fernsehen hängen sieht: „Er ist immerzu allein. Er ist zu isoliert. Er braucht mehr Freunde.“ Er denkt dagegen: „Mir geht’s prima. Da spielt mein Lieblingsteam.“ Das ist die für Männer wichtige kollektive Verbundenheit.
John Cacioppo erklärt dieses unterschiedliche Verhalten mit der Entwicklung in früheren Stadien der Menschheit. In der Steinzeit waren Frauen immer in Gruppen zusammen und sorgten für die Kinder. Männer schwärmten zum Jagen aus, dabei waren sie oft tagelang allein und nur auf sich selbst angewiesen. Und von der Horde wurde erwartet, dass sie Beute heimbrachten. Hieraus entwickelten sich zwei verschiedene Lebensmuster.
Daraus habe sich auch zu einem Teil die männliche und weibliche Art, mit Einsamkeit umzugehen, entwickelt.
Interessanterweise fühlen sich den Forschungen zufolge nicht die Singles einsamer, sondern eher die Verheirateten.
Cacioppo sagt: „Üblicherweise ist die Ehe einer der Faktoren, die geringere Einsamkeit produzieren. Und da Einsamkeit gesundheitsschädlich ist, tendieren Verheiratete dahin, in einer gesünderen Verfassung zu sein als Nichtverheiratete. Ist aber jemand in der Ehe einsam, ist das Gegenteil der Fall. Und zwar deshalb: Der Ehestatus läßt einen hoffen, weniger einsam zu sein. Wenn man sich jedoch in einer Ehe einsam fühlt, ist es schlimmer, als nicht verheiratet und einsam zu sein.“
Doch Einsamkeit kann auch etwas Heilsames haben. Das behaupten u. a. zwei Autoren:
- In seinem Buch Einsamkeit. Die Entdeckung eines Lebensgefühls will Ulf Poschardt der Einsamkeit einen besseren Ruf verschaffen und zeigen, wie viel man einer bewusst erlebten Einsamkeit abgewinnen kann.
Gestaunt jedenfalls haben die Verhaltensforscher des Max-Planck-Instituts, Andechs, als sie Dutzende von Freiwilligen für mehrere Wochen alleine in ein Zimmer sperrten, ohne Telefon, Fernseher, Radio oder sonstige Kommunikationsmedien. Nicht einmal ein Fenster gab es, nur künstliches Licht. Kontakt zur Außenwelt war nur über Briefe möglich. Jeder durfte mitbringen, womit er sich am liebsten die Zeit vertreiben wollte. Die Teilnehmer konnten Klavieretüden üben oder die Bauchmuskeln trainieren.
Am Anfang fürchteten alle, das Experiment nicht lange durchzuhalten. Doch als sich die Türen zur Außenwelt wieder öffneten, erklärten achtzig Prozent der Testpersonen, dass sie gerne mal wiederkommen würden. Sie waren danach „ruhiger und ausgeglichener“. Sie hatten offensichtlich gelernt, die Einsamkeit zu genießen. - John Selby zeigt in Die Kunst, allein zu sein leichte Meditationsübungen, bei denen man sich vor allem auf Pulsschlag und Atmung konzentriert. Das kann ein Weg sein, sich erst mal selbst annehmen und lieben zu lernen, um so mit der Zeit sein eigener bester Freund zu werden. Dann stehe der Freude am Alleinsein nicht mehr so viel im Wege.
Fazit: Einsamkeit kann also – solange sie selbst gewählt ist – ein Weg zur Entwicklung der Persönlichkeit sein. Kann eine Chance sein, jenseits aller üblichen Ablenkungen, zu sich zu finden. Wir Menschen sind „Rhythmus-Menschen“. Waren wir vielen Reizen und Menschen ausgesetzt, brauchen wir anschließend eine Ruhephase. Dies ist Teil unserer biologischen Ausstattung, doch diese natürlichen Rhythmen gingen – unter anderem durch die Erfindung des Stroms und des elektrischen Lichts – in unserem heutigen Leben zunehmend verloren. Freiwillige Einsamkeit gehört also zum menschlichen Leben notwendigerweise dazu.
Was meinen Sie dazu?
- Wann fühlen Sie sich einsam?
- Und wie gehen Sie damit um?
- Haben Sie zuweilen bewusste Einsamkeits-Phasen?
Was kann Ihnen sonst helfen?
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