Kann man ohne Arme und Beine glücklich sein?

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Glück

Bild: http://www.lifewithoutlimbs.org/about-nick

 

Stellen Sie sich für einen Moment vor, Sie wären auf die Welt ohne Arme gekommen. Keine Arme, um sie um Ihre Eltern zu legen. Keine Arme, um einen Freund oder einen Partner zu umarmen. Keine Hände, um eine Tasse zu halten oder ein Auto zu fahren.  Keine Finger, um etwas  zu berühren oder zu schreiben.

Wie schwierig wäre wohl Ihr Leben ohne Arme und Hände?

Stellen Sie sich außerdem vor, Sie hätten außerdem keine Beine. Keine Möglichkeit, zu gehen, zu rennen, zu tanzen.  Was würden Sie tun? Glauben Sie, dass es Ihnen möglich wäre, in diesem Leben glücklich zu sein?

Auf die Idee zu diesem Artikel kam ich durch eine Studie.  Viele Menschen – und wir Deutschen besonders – neigen dazu, uns mit unseren Mitmenschen zu vergleichen. Je mehr wir uns aber Nachbarn, Kollegen und Freunde zum Maßstab nehmen, desto unglücklicher machen wir uns damit.

Untersucht wurde, wie sich der Lotteriegewinn eines Menschen auf das Leben der Nachbarn auswirkt. Das erstaunliche Ergebnis: In den Familien, wo der Gewinn u.a. für die Anschaffung eines neuen Autos verwendet wurde, kaufen sich auch die Nachbarn innerhalb von sechs Monaten einen neuen Wagen. Wohlgemerkt, ohne Lotteriegewinn.

Das Ergebnis  stützt die These, dass für Menschen vor allem der soziale Status im Vergleich zu anderen wichtig ist. Und dass wir oft nur schwer das schätzen können, was wir absolut haben.

  • Dies erklärt auch, warum reiche Menschen zwar zufriedener mit ihrem Leben sind als arme, aber steigender Wohlstand eine Gesellschaft nicht glücklicher macht. So ist das Durchschnittseinkommen in Deutschland seit den 50er Jahren massiv gestiegen. Die allgemeine Zufriedenheit jedoch nicht.
  • Wer eine Gehaltserhöhung von 300 Euro bekommen hat, freut sich meist. Aber nur so lange, bis er erfährt, dass sein Kollege in vergleichbarer Position eine Erhöhung über 500 Euro kassiert hat.

Zurück zur Eingangsfrage. Denn anders als beim Verdienst, den man ja anderen Menschen nicht ansieht, ist das Fehlen von Gliedmaßen sehr selten. Fast alle Menschen verfügen über Arme und Beine. Also: Kann man ohne Arme und Beine glücklich sein?

Die Antwort lautet: es geht.

Sie können das schwer glauben? Dann schauen Sie sich dieses Video an.

Der Mann heißt Nick Vujicic und wurde 1982 ohne medizinische Warnzeichen ohne Arme und Beine geboren. Auf seiner Homepage können Sie mehr über sein erstaunliches Leben lesen. Er ist auch einer der Hauptdarsteller des 20minütigen Kurzfilms “The Butterfly Circus”, den Sie auf “The Doorpost Film Project” anschauen können.

Die Frage lautet: Was braucht es, um mit seinem Leben zufrieden zu sein?

Genug Geld? Eine Beziehung? Kinder? Einen spannenden Beruf? Nun, aus meiner Erfahrung als Therapeut und Coach weiß ich, dass viele Menschen das haben – und überhaupt nicht zufrieden sind. Und sich das Glück von etwas anderem erhoffen. Mehr Geld, eine andere Beziehung, einen anderen Beruf.

Was mich bei Nick Vujicic am meisten überzeugt hat, war, dass er in seinem Leben – trotz der offensichtlichen Einschränkungen – einen Sinn gefunden hat. Das erinnert mich an einen Satz von Buddha:

Es gibt keinen Weg zum Glück. Glücklichsein ist der Weg.

Das kann man auch so übersetzen:
Es gibt keine Zeit, kein Gestern oder Morgen, der jetzige Moment ist das einzig Reale, was existiert.
Warten Sie nicht mit dem Glücklichsein, bis Sie das Studium beendet oder die neue Stelle haben, ein neues Auto oder endlich das neue iPhone.
Bis Sie fünf Kilo abgenommen haben oder Kinder haben oder die Kinder ausgezogen sind.
Bis Sie endlich eigenes Geld verdienen oder endlich in Rente gehen.
Bis zum nächsten Wochenende oder Urlaub. Bis das Wetter sich ändert.
Bis Sie gestorben sind. Warten Sie nicht auf das nächste Leben.

Ich glaube, zufrieden zu sein, mit dem was ist, ist kein Zustand, der von außen kommt. Es ist eine Entscheidung. Und kein Moment ist besser als  – jetzt.

Wie kommt man zu dieser Entscheidung?

Auch das kann man von Nick Vujicic lernen. Man kann sich vorstellen, welche Selbstwertprobleme er als Kind und Jugendlicher mit seiner Behinderung hatte. Er kämpfte mit Einsamkeit und Depressionen und fand schließlich seinen Weg über die Religion.

Entscheidend scheint mir dabei zu sein, dass er etwas suchte und fand, was meiner Ansicht für jeden Menschen zutrifft: er fand einen Sinn in seinem Leben. Oder wie es Friedrich Nietzsche ausdrückte:

„Wer ein WARUM zum Leben hat, erträgt fast jedes WIE.“

Dieser Sinn muss nichts Großes sein. Kein großes Werk, keine guten Taten für die Menschheit, keine bahnbrechende Erfindung. Der Sinn ist ja nicht für die anderen. Für einen selbst muss etwas Sinn haben und Sinn machen.

Vor ein paar Jahren fragte ich die Inhaberin eines Tante-Emma-Ladens, warum sie sich jeden Tag in ihrem Alter noch so abmühte. Sie war 83 Jahre alt. Ob es wegen des Geldes sei? Sie lachte nur und antwortete: „Es ist das, was ich am besten kann. Und es macht mir Freude, meine Kunden zu bedienen.“

Nichts Großes. Es kann ein Handwerk sein oder irgendein Beruf. Es kann eine Familie sein oder eine künstlerische Tätigkeit. Es können mehrere Dinge sein. Das Entscheidende ist: es muss etwas sein, was Sie besonders gut können, was Sie gern tun – und was Sie für sinnvoll erachten.

Mein eigener Berufsweg spiegelt das auch wider. Ich war und bin zu vielem geeignet und habe deshalb etliche Berufe ausprobiert. Es brachte mir Geld, ein bisschen Anerkennung – aber ich konnte keinen Sinn für mich darin erkennen. Bis ich heraus fand, was mich wirklich interessierte:  die Grundfragen des Lebens. Deshalb auch die spirituelle Suche und das Studium der Psychologie. Und wie Sie in diesem Beitrag lesen können, fesseln mich diese Fragen immer noch.

Wie sieht das bei Ihnen aus? Was ist Ihr WARUM im Leben?

Wenn Sie es noch nicht gefunden haben, helfen Ihnen vielleicht diese Fragen. Vielleicht wollen Sie ja Ihre Antworten hier als Kommentar notieren.

kommentar Was können Sie besonders gut?
Was würden Sie am liebsten tun, wenn für Ihr Einkommen gesorgt wäre?

Was wäre in Ihrer letzten Stunde Ihre Antwort auf die Frage, warum Sie dieses Leben geführt haben?

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Foto: © www.lifewithoutlimbs.org
Die Anregung zu diesem Beitrag verdanke ich Hannes Treichel

Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.