Ich kann viele Politiker immer weniger ernst nehmen.

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Wäre es nicht manchmal besser, es gäbe auch ein Bewerberverfahren für Minister?

Haben wir die Politiker, die wir verdienen oder gibt es keine besseren?

Ich habe viele Jahre in Selbsterfahrungsgruppen verbracht. Da lernte man unterscheiden, wann jemand pseudoklug rumfaselte, einen frech oder geschickt anlog und wann jemand die Wahrheit sprach. Kurz, es war ein intensives Training zu erkennen, wann jemand authentisch ist und wann jemand etwas darstellen will, was er nicht ist.

Das fällt mir immer ein, wenn ich Nachrichten schaue und Leuten zuhöre wie Wirtschaftsminister Brüderle, Außenminister Westerwelle, den Oppositionspolitikern Gabriel, Nahles und Künast oder den Ministerpräsidenten Mappus und Seehofer.

Ein ausgezeichnetes Interview in der brandeins 5/2010 mit Helmut Willke hat mir klargemacht, warum ich beim regelmäßigen Verfolgen der Tagespolitik abwechselnd resigniere, zornig werde oder mich verzweifelt an den Kopf fasse.

Hier drei Beispiele, die mich immer wieder den Kopf schütteln lassen:

1. Wie kann ein Politiker, der ursprünglich für ein ganz anderes Ressort zuständig war, nach seiner Ernennung in einem völlig fremden Sachgebiet die Verantwortung übernehmen?

Danke, ich kenne hinreichend die Argumente, die dazu angeführt werden – aber sie überzeugen mich nicht.
Einfaches Beispiel: kein Augenarzt könnte in einer orthopädischen Klinik anfangen zu operieren mit dem Erklärung, er wäre ja schließlich Arzt und würde sich in die fremde Materie schon noch einarbeiten.

2. Ich kenne kaum einen anspruchsvollen Beruf, für den man keine Ausbildung oder ein Studium braucht. Nur Politiker kann oder braucht man nicht zu lernen. Es ist ein angelernter Beruf. Man lernt also durch Abgucken, Ausprobieren, Herumwurschteln.

Da wundert es mich nicht, wenn ich lese, dass Verkehrsminister Ramsauer allen Ernstes ein Gesetz überlegte, LKW-Fahrern das längere Überholen zu verbieten, weil er auf einer Fahrt längere Zeit hinter einem LKW herfahren musste (!).

3. Immer mal lese ich, dass die Bundesregierung wichtige Gesetzentwürfe (z.B. zur Finanzkrise und zur Griechenlandrettung) von privaten Anwaltskanzleien ausarbeiten lässt, weil ein solch spezielles Wissen im Ministerium nicht vorhanden wäre.

Also gut, man fragt jemanden, der sich damit auskennt. Die griechische Regierung hat sich ja auch von Goldmann Sachs beraten lassen, wie man die Staatsbilanzen für den EU-Eintritt am besten fälscht.
Aber: wer beurteilt jetzt, ob der in Auftrag gegebene Gesetzentwurf auch was taugt? Und welche Interesse darin berücksichtigt werden. Da braucht man doch eigentlich auch jemanden, der das versteht. Wird das dann an eine andere Anwaltskanzlei delegiert?
Eine Folge ist ja auch, dass immer mal wieder Gesetze vom Bundesverfassungsgericht wegen eklatanter Mängel verworfen werden.

Nach dem Lesen dieses Interviews wurde ich in zwei wesentlichen Befürchtungen bestätigt:

– es herrscht tatsächlich ein verbreiteter Dilettantismus.
– Und es geht gar nicht anders.

Helmut Willke, Professor für Global Governance, listet die wichtigsten Gründe auf.

  • „Vor dem Hintergrund von vierjährigen Amtsperioden und dem Druck, wiedergewählt zu werden, agiert die Politik sehr rational. Parteien sind vor allem Wahlkampfmaschinen. Das große Ganze oder langfristige Entwicklungen komplexer Probleme können sie nicht verfolgen und schon gar nicht steuern.“
  • Taliban besiegen, Jobs schaffen, Wachstum fördern, Griechenland retten – die To-do-Liste der Regierenden ist lang. Aber Willke sagt ganz deutlich: „Das ist die große Lebenslüge der Politik. Sie versteht von den meisten Problemfeldern nichts.“ … „Dennoch mischt sie sich in immer mehr Gebiete ein, aus ihrem Selbstverständnis heraus gezwungenermaßen: Vor dem Druck der Wiederwahl muss sie so tun, als habe sie überall den Durchblick.“
  • „Durch die Globalisierung weiten sich alle Probleme, sämtliche Systeme und Teilgebiete der Gesellschaft ungemein auf.“ … „Unternehmen, die Wissenschaft oder die Umweltbewegung agieren längst global. Die Politik macht das alles nicht, will aber dennoch diese Gebiete steuern.“
    Das fängt ja im Kleinen schon an, wo jedes Bundesland seine eigenen Gesetze und Regeln hat. Ein Beispiel, über das ich mich, als unsere Kinder noch schulpflichtig waren, aufregte, war die Schwierigkeit, innerhalb von Deutschland fünfzig Kilometer umzuziehen und dadurch nicht gravierende Nachteile durch andere Lehrpläne, Schulbücher etc. ausbaden zu müssen.
  • Komplexe Problemstellungen sind intransparent, ungewiss und kontrovers.“ … „Wir müssen uns von der traditionellen Idee einer direkten Steuerung verabschieden. Die Evolution der Gesellschaft verlangt längst nach einer indirekten Steuerung, die Rahmenbedingungen setzt, auf welche das System – beispielsweise das Gesundheitssystem – in seiner eigenen Logik reagiert.“
    Stattdessen gibt es vielfach direkte Steuerungsversuche wie Milliarden Subventionen für ein nicht mehr marktfähiges Unternehmen wie OPEL, Abwrackprämien für Altautos, die den Neukauf nur ein Jahr vorziehen oder eine Geburtenprämie für mehr Nachwuchs, als wäre die Entscheidung für oder gegen ein Kind ein Mangel an ein paar Tausend Euro.

Aber ich will hier nicht Politiker beschimpfen. Das Interview hat mir nur gezeigt, dass es leider alles so sein muss. Die Logik liegt im System: „Die Alternative wäre China: Dort gibt es Langfristigkeit und eine herausragende strategische Kompetenz der Politik – aber leider keine Demokratie.“

Das ist die Crux. Egal ob Ein-Kind-Politik oder die Förderung bestimmter Technologien – wenn die chinesische Führung das für richtig und notwendig erachtet, wird das durchgezogen. In einer Demokratie braucht man immer abstimmungsfähige Mehrheiten. Und die können sich eben nach vier Jahren wieder völlig verändern.

Das hat auch die kuriose Folge, dass eine Partei, wie derzeit die SPD, immer mal wieder jene Positionen der gerade Regierenden bekämpft, die sie Jahre zuvor in der Regierungsverantwortung selbst noch vertreten hat.

Was für ein absurdes Spiel.

Doch dasselbe erlebt ja auch  jeder Radfahrer, der auf rücksichtslose Autofahrer schimpft. Bis zu dem Tag, an dem er am selben Straßenverkehr als Autolenker teilnimmt. Die Perspektive hat sich geändert und damit auch die Prioritäten und Handlungen.

Gibt es Auswege?

Wie beim Blindenhund wären doch manche Politiker ohne Lobbyisten völlig orientierungslos.

Wie der Blinde ohne Hund wäre doch mancher Politiker ohne Lobbyist völlig orientierungslos.

Professor Willke hat dazu ein paar Ideen:

  • „Vor allem eine moderne Steuerung. Die könnte darin bestehen, komplexe Sachfragen den kurzfristigen Kalkülen der Parteipolitik zu entziehen und in Fachgruppen so aufzubereiten, dass sie politisch behandelbar werden. Hierzu bedarf es Institutionen, die strategisch arbeiten können, etwa Stiftungen, Thinktanks, NGO (Nicht-Regierungs-Organisationen)“. … „Statt um Rechtsfindung geht es dann um Problemlösung, wobei sich die Verfahrensbeteiligten durch Vertrag daran gebunden haben, die Lösung der Experten zu akzeptieren.“
    So etwas gibt es ja schon in Teilbereichen, wo Organisationen mit Aufgaben betraut werden, die zu speziell sind, etwa beim TÜV oder ISO-Normierungen. Auch die Einrichtung der Bundesbank, die zu einem gewissen Grad autonom handeln kann, ist so ein Beispiel. Oder das Schlichterverfahren in Tarifauseinandersetzungen.

    Aber ich ahne schon den Streit über die „richtige“ Zusammensetzung solcher Institutionen. Da wird dann wohl wieder der Parteien-Proporz über den Sachverstand der Mitglieder siegen.

  • „Die Politik könnte verteilte Intelligenz als Steuerungsmodell integrieren, indem sie Wissen unterschiedlicher Experten zusammenbringt und zwischen ihnen moderiert. Unternehmen praktizieren das bereits, indem sie bei Problemlösungen Akteure verschiedener Abteilungen und Hierarchien zusammenbringen.“ … „Das Gegenteil dazu ist die momentane Politik des Aufschubs von Problemen. Kurzfristige Maßnahmen versprechen kurzfristige Resultate, deren oft negative Folgen späteren Regierungen und Generationen aufgebürdet werden.“

Als Therapeut und Trainer bin ich es gewohnt, meine Klienten und Teilnehmern aufzufordern, zuweilen aus dem eigenen System herauszutreten. Also eine Metaposition einzunehmen, um von dort das eigene Verhalten und Erleben zu betrachten. Möglich wird das durch systemische Fragen wie:

– „Bei welchen Gedanken werden Sie depressiver und bei welchen Gedanken werden Sie zuversichtlicher?“
– „Angenommen, Sie könnten nicht scheitern: was würden Sie gerne ausprobieren?“
– „Wer von Ihnen übernimmt gerade die Verantwortung, dass Ihre Kommunikation gelingt?“ (für Paare)
– „Angenommen, Sie hätten noch ein Jahr zu leben: was würden Sie dann noch tun und womit würden Sie sofort aufhören?“

Frage: Tun das Politiker auch bisweilen? Suchen Sie beispielsweise den Rat von Herrn Willke?
Antwort: „Kaum. Das politische System ist verfilzt und festgefahren, auch externe Beratungsaufträge vergibt man nur an die eigenen Leute. Die Politik schafft es nicht, aus ihrem System herauszutreten.“

Ja, diesen Beitrag sollte man nicht an einem trüben Regentag lesen, denn auch die Aussichten – folgt man Professor Willke, sind bedrückend.

Frage: Und wenn wir nichts ändern und so weitermachen wie bisher?
„Dann ist auch das nicht das Ende. Wir stolpern weiter von Krise zu Krise, werden eine ineffiziente Gesellschaft mit immensen Kosten haben, Katastrophen werden zur Normalität, der Preis wäre Verluste an Vermögen und Leben. Aber es wird dennoch immer weitergehen, und die Politik wird uns weiterhin sagen: Besser geht es halt nicht.“

Mein Fazit: Das tun wir doch schon seit geraumer Zeit, oder?

Wo ist mein Johanniskraut?
Kennt jemand `ne schöne Ecke in China?

kommentar Wie geht es Ihnen, wenn Sie Politikern zuhören?

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Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.

12 Kommentare

  1. Heute haben wir den 29. September 2015, wir sind 5 Jahre weiter und der Artikel hat nicht an seiner Brisants verloren, allein die handelnden Person sind andere.

    Wir werden von Dilettanten regiert, die Auswahl eines Ministers erfolgt nach rein politischen Gesichtspunkten, seit dem sie diesen Artikel geschrieben haben, sind eine Handvoll Politiker über ihre Promotionen gestolpert – das schon allein spricht eine eigene Sprache.

    Was hilft es – wir haben kein Erkenntnisproblem, wir haben ein Umsetzungsproblem und dies hat viel mit den Strukturen zu tun in die wir eingebettet sind. In China sind die Strukturen andere, mit anderen Verwerfungen und Schwierigkeiten.

    Wo werden bei uns demokratische Prozesse gestärkt? Die Politik erschöpft sich im Gesetze schreiben, das ist eindeutig zu wenig.

    Im Umgang mit den aktuellen Krisen wird deutlich, was schnell erledigt wird und was auf die lange Bank geschoben wird. Jeder kann sich einen Reim darauf machen, was dieses bedeutet.

    Ich, für meinen Teil bleibe Beobachter und Chronist und höre nicht auf meine Beobachtungen in Worte zu fassen.
    Am Ende gilt wohl MYOB.

  2. Rainer Mittermeyer sagt

    Ihr Artikel könnte nicht aktueller sein ! Dabei ist er zwei Jahre her… das politische Handeln ist wohl pathologisch !?

    Nun las ich meinen Beitrag , der eigentlich nichts gemein hat mit den anderen Beiträgen und lediglich zum Frustablass diente.

    Von Krise zu Krise stolpern wir noch immer.

    Brüderle , nach wie vor mit gleicher selbstdarstellerischer Poltertaktik unsachgemäße und teilweise alberner persönlicher Angriffe auf Politiker, um sich nach seinen Reden selber zu feiern…. ob ich die einzige Person bin , die das lächerlich findet ?..mhm..

    Die Ohnmacht , sich nicht zur Wehr setzen zu können , sowie die autistische Bewgung der Politik , ohne die Menschen im Land wahr zu nehmen, trifft mittlerweile viele.
    Selbst Personen, die eignetlich „nur ihr Leben leben wollen“ sind zunehmend
    voller Sorge .

    Dieses Europa für Wirtschaft und Eliten, das die Menschen vergessen hat , die im Europa leben, wacht noch immer nicht auf.

    Noch immer seien die Komplexen Sachzwänge für den „normalen Bürger“ nicht nachvollziehbar.
    Dabei werde ich das Gefühl nicht los, das Europa und deren Staatsoberhäupter wie Drogenabhängige agieren.

    Es wird immer mehr gefordert , mit der Begründung der Euro müsse schließlich geretet werden, weil sonst Europa zerbricht. Somit wird erpresst und verunglimpft was das Zeug hält.
    Ist es die erlernte Unterwerfung und Verpflichtung sich schuldig zu fühlen, weil wir in diesem land leben ?

    Wo bitte ist die Logik in diesem Politiker Verhalten?
    jeder nachdenkende Mensch weiß, einem Süchtigen werde ich nicht helfen, indem ich ihm die Drogen auf den Tisch lege….

    Dazu stelle ich mir die Frage , wie es gelingen soll in Europa einheitliche Fakten zu schaffen,, wenn es im einzelnen Land nicht zu verwirklichen möglich scheint.

    Wie ist es zu verstehen, dass für Renten , Kinderbetreuung usw. Kein Geld zur Verfügung steht, im Gegenzug Milliarden bereitgestellt werden um eine Währung zu retten. Diese Art des Denkens von Politik und Wirtschaft und die Unwichtigkeitdes Bürgers in der ganzen Thematik erschaudern mich.

    Die Debatten für das Inland , scheinen unsere Politiker kaum zu interessieren.
    Teilweise herablassend wird auf Fragen mit Floskeln geantwortet viel geredet und ohne Aussage.

    Interessant an dieser Zeit ist ,
    es wird mehr aufgedeckt , was erst schockiert , vieleicht aber zu einem neuen Denken anschiebt.
    Das Internet gibt die Möglichkeit zur Information, die die Politik nicht gibt.
    Leider ist der menschliche Bewohner Deutschland noch ungefragt und die Demokratie lässt zu wünschen übrig , aber wer weiß ob wir überhaupt noch mal eine Wahl haben?

    Und das alles wegen des Euro… tz

  3. Hallo Ulli,
    erschreckende aber auch sinnmachende Theorie. Tun wir etwas, dass es nicht wieder soweit kommt.

    Danke für Ihren Kommentar.

  4. Ulli P. sagt

    Ich weiss nicht, ob das, was ich sage bzw. schreibe, überhaupt hierher gehört, denn der Tenor der bisherigen Kommentare geht eher in eine andere Richtung.

    Aber ich tu´s einfach mal: Sie können sich alle ärgern wie Sie wollen, Sie können enttäuscht sein, sich engagieren – wie auch immer. Der US Ökonom Robert A. Brady (bitte beim Googlen darauf achten, dass es einen US Kongressabgeordneten mit dem selben Namen gibt – der ist aber nicht gemeint) beschäftigte sich u.a. in den 30er Jahren mit dem Entstehen des Faschismus in Europa. Insbesondere mit dem deutschen Faschismus.

    Seine Schlussfolgerung (ganz grob und vereinfacht): Eine Kombination aus Freier Marktwirtschaft (Kapitalismus?) und Demokratie führt zwangsläufig immer zum Faschismus. Der Grund (auch vereinfacht): Die Verquickung von wirtschaftlichen/ industriellen Interessen mit denen der Politik – durch starken Lobbyismus – führt dazu, dass sich „das Volk“, das in der Demokratie seine politische Führung wählt, zunehmend nicht mehr von dieser vertreten fühlt. Die Folge ist die Abwendung von der Politik, Politikverdrossenheit und eine stetig sinkende Wahlbeteiligung.

    Genau das aber spielt sowohl Parteien am rechten wie auch am linken Spektrum des politischen Lebens in die Hände, die, wenn es dort geschickte Politiker gibt, die in der Lage sind, genau diese Verdrossenheit zu adressieren, zunehmend Zulauf erhalten. Mit den allseits bekannten Folgen bzw. Konsequenzen. Faschismus nimmt einem erst mal nicht den Arbeitsplatz weg. Aber irgendwann die Meinungsfreiheit, weil Gegenmeinungen in derlei Systemen immer weniger geduldet werden. Beispiele gibt´s ja heute schon in uns allen bekannten Ländern…

  5. Hallo,
    Sie haben in vielem Recht – und sicherlich auch eine Portion Pech gehabt. Ich wünsche Ihnen, dass Sie bei Ihren Auswanderungsplänen den ganzen Frust hinter sich lassen können und in einer neuen Umgebung bessere Bedingungen und Chancen finden.

    Danke für Ihren Kommentar.

  6. Carmen, Ritter-Dammeyer sagt

    Hallo , sie sprechen mir aus der Seele.
    Ich las erst den Beitrag *Auswandern* und jetzt die glaubhaften ( ha) Politiker.

    Resigniert und erschüttert über die Tatsache, (beides hängt leider für mich zusammen), will ich schon sehr lange dieses Land verlassen. Aus Wut, Enttäuschung, Verzweiflung, Ohnmacht, Fassungslosigkeit….. Zahllose Bewerbungen schrieb ich , bekam dennoch keine Ausbildung, ging aber schon früh arbeiten, was vor zwanzig Jahren als Grund genommen wurde mir keinen Lehrvertrag zu geben. Die Begründung dafür lautete in Der Regel , ich habe schon Geld verdient und wolle gar nicht mehr lernen.

    Mit 23 Jahren bekam ich mein erstes Kind , zwei weitere folgten und ich war immer die Aushilfskraft und Urlaubsvertretung, die dann auch sofort wieder gehen durfte. Bemühungen noch immer eine Ausbildung zu machen (Arbeitsamt Maßnahme, Für Mütter), bekam ich nach drei Jahren , mehrfach eingereichten Unterlagen, (neuer Bearbeiter-Unterlagen verschwunden),
    ganz beiläufig gesagt es gäbe eh für mich nix , da ich den Staat nix koste und ich solle doch zufrieden sein , sei ich doch verheiratet. In den Genuss dieser Maßnahme kamen Frauen , die eigentlich nicht wollten. Folge dessen brachen 80% die Ausbildung ab.

    Dann kamen meine Kinder in die Schule. Man macht sich kein Bild , erlebt man es nicht selber. Schulen in desolaten Zuständen, Lehrer und Rektoren , die mit geschlossenen Augen genau so weiter agieren , wie schon zu meiner Schulzeit.
    Gutes Kind, dummes Kind. Logische Folge, Kinder werden ab der zweiten Klasse auffällig. Schon merkwürdig , dass ein kleiner Mensch versucht verstanden zu werden, dafür jedoch aussortiert wird. An dieser Stelle kommt dann der nächste Klopfer. Förderunterricht bekommen zu 90% die Migranten-Kinder.

    Wann ist eigentlich das Geld für das *I ausgegangen? Die „dummen“ Kinder , die nun auf die Hauptschule gehen dürfen, weil andere Schulen sie ablehnen(welche Eltern haben schon den Mut sich zu widersetzen?) erleben eine Schullandschaft, die tätschelt statt führt. Ergebnis: Jugendliche , die didaktisch auf dem Stand eines Kleinkindes sind.

    Warum bekommen nicht ALLE KINDER bis zur 10 Schulklasse die gleichen Voraussetzungen? Warum wird das Abitur verkürzt, warum wird die Regelschulzeit nicht verlängert? Früher in die Arbeitslosigkeit in die Sozialhilfe? Andere Länder können es schließlich auch! Nein, lieber doktert dieses Land an den „Versagern der Schule“ hinterher an den verpassten Abschlüssen herum. Bekommen diese Kinder dann selber Kinder , weil es sich mit Hartz 4 auch leben lässt, geht dieses Dilemma einfach weiter.

    Aber nicht nur die, die nicht mehr wollen haben keine Chance. Ich bin ein Beispiel dafür, wer nicht kostet , bekommt ebenso keine Möglichkeit einen Berufsabschluss nachzuholen. Nachdem ich meine Kinder groß gezogen, Lesen und Schreiben beibrachte, ständig auf der Suche nach Möglichkeiten zur Weiterbildung bin, bekomme ich nicht die Chance in meinem Alter einen Beruf zu lernen. Lebenslanges Lernen? Ja , das will ich , so wie viele andere Menschen. Begrenzt sich das nur auf Mal-,Bastel-,Selbsterfahrungs-,oder Sprachkurse?

    Warum bin ich , oder Menschen , die nicht auf Staatskosten leben so unwichtig in diesem Land? Wie ist mein Wert in diesem Land? Leider kein Migrant , und leider nicht der junge Erwachsene von 17 bis 25 Jahre. Sicherlich spricht aus mir der 40jährige Frust, die Schulzeit meiner drei Kinder (die noch andauert) meine eigene Schulzeit, der Euro (den keiner wollte und will) sowie die Tatsache, ich existiere eigentlich für den Staat nur, wenn ich den Staat koste oder Steuern bezahlen darf.

    Nun soll es gut sein , bin ja dann doch irgendwie ein Optimist, der den Weg nach vorne sucht. Sehr wahrscheinlich im Ausland, um meinen Kindern eine gute Zukunft zu gewährleisten.

    Vielen Dank für Ihr Gehör, Ihre C. R.-D.

  7. Ja, leider trifft diese Analyse zu. Allerdings sind es meiner Meinung nach nicht nur die Politiker, die scheinbar manchmal „nicht ganz bei der Sache“ sind. Auch andere Beamte, seien es Polizisten, Richter oder Lehrer tun manchmal doch Dinge, für die es bei mir an Verständnis mangelt.

    Viele Grüße

  8. RK sagt

    Die Frage nach der Kompetenz stellt sich mir auch.

  9. Hallo,

    ich kann Ihnen nur zustimmen, in dem was Sie schreiben. Ich denke eine Voraussetzung für den Beruf des Politkers ist es den gesunden Menschenverstand samt irgendwelcher Skrupel an der Gaderobe des Plenarsaals abzugeben. Auf der anderen Seite, wie heißt es so schön: Man zieht sich seine S…. selbst heran.

    Beste Grüße

    Mario Carla

  10. Martin Glogger sagt

    Und wenn wir nichts ändern und so weitermachen wie bisher?
    “Dann ist auch das nicht das Ende. Wir stolpern weiter von Krise zu Krise, werden eine ineffiziente Gesellschaft mit immensen Kosten haben, Katastrophen werden zur Normalität, der Preis wäre Verluste an Vermögen und Leben. Aber es wird dennoch immer weitergehen, und die Politik wird uns weiterhin sagen: Besser geht es halt nicht.”

    Ich habe wirklich sehr viel nachgedacht über dieses Thema und ich bin mir sicher daß der Professor sich da gewaltig irrt. Wie uns die Weltgeschichte lehrt, kommen Staatsbankrotte und Währungsreformen völlig überraschend, aber immer mit zunächst sehr schmerzvoller und dann aber reinigender Wirkung.

    Sie lösen die Verfilzungen, den gordischen Knoten aus Interessen und Gegeninteressen.

    Ich würde sagen der Professor der von einem bankrotten Staat kein Geld mehr erhalten würde, will natürlich mit aller Kraft daran glauben, daß es zumindest solange er noch am Leben ist so weitergeht. Aus seiner Sicht verständlich. Diejenigen die nicht vom Staat profitieren werden es wohl anders sehen 🙂

  11. mediaclinique | ralf schwartz sagt

    Wir sind Lena? Sorry, aber wir sind Angela!…

    Wacht auf, liebe Politiker! Liebe Träumer aller Kommunen, Städte und Landkreise. Liebe Berliner! Liebe Bundespolitiker, Beamte und sonstige Verwalter Verweser dieses Landes. Liebe Medien, liebe Bewahrer des Status Quo. Wenn Ihr meint, Ihr könntet jemal…

  12. Glajo sagt

    (Leider) trifft diese Analyse über unsere Politiker voll und ganz zu. Auch die Entwicklung dass Politiker und Parteien sich mittels Marketingtechniken mehr um ihr öffentliches Erscheinungsbild kümmern, anstatt sich auch mal mit unpopulären aber wichtigen Dingen zu beschäftigen, ist traurig aber wahr.
    Die im Artikel angesprochenen Politiker sind Paradebeispiele bei denen man die nicht vorhandene Kompetenz nach 5 min zuhören bemerkt. Authentische Politiker wie z.B ein Heiner Geissler gibt es leider immer seltener.

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