Wer mein Blog oder meine Persönlichkeitsseminare kennt, weiß, dass ich für viele Probleme (Führung, Zeitmanagement, Gesundheit) meist ganz andere Ursachen anführe als die gängige Methoden und Ratgeberseiten.
Hier möchte ich Ihnen zum Thema ‘Stress’ einige ungewohnte Anregungen geben:
1. Es gibt keinen Stress. Stress müssen Sie sich selbst machen.
Es gibt wenige Situationen, Nahrungs- und Flüssigkeitsmangel oder zu wenig Raum, die physiologischen Stress auslösen aber derlei erleben wir ja nur in Notlagen.
Im normalen Berufsalltag oder im Privatleben gibt es Situationen. Situationen, die wir nicht mögen, die uns unangenehm sind – aber die ‘verursachen’ keinen Stress. Den Stress, den Sie dabei möglicherweise erleben, den müssen Sie sich schon selbst machen.
- Ein Beispiel: Wenn Sie zu einem wichtigen Meeting-Termin fahren und unterwegs in einen Stau geraten, so dass Sie nicht rechtzeitig da sein werden, ist das eine Situation, die Sie nicht mögen. Punkt, mehr nicht.
Fangen Sie jetzt an, sich über die anderen Idioten auf der Autobahn aufzuregen, wodurch Ihr Blutdruck steigt und Sie sich ausmalen, welche schlimmen Folgen Ihr Zuspätkommen haben wird – diesen Stress machen Sie selbst!
Sie könnten auch anrufen, dass Sie es nicht rechtzeitig schaffen und sich entspannt zurücklehnen, eine schöne CD hören und die unverhoffte Pause genießen. Denn auf den Stau haben Sie keinerlei Einfluss. Aber wie Sie den Stress erleben, darauf haben Sie maximalen Einfluss.Aber Sie müssen wissen, wie.
2. Unter Stress atmen Sie falsch und verkrampfen.
Adrenalin löst in ihrem Körper einen Atemreflex aus. Unter Anspannung atmen Sie hektisch ein und vor allem nicht ausreichend lange aus. Sie fangen an zu “hecheln” und nehmen schnell zu viel Sauerstoff zu sich, den Sie aber nicht wieder ausatmen. Diesem unbewussten Reflex erliegen Sie mehrfach täglich. Irgendwo fällt etwas um, oder das Telefon klingelt: Sie erschrecken sich und atmen hektisch ein. Sie müssen etwas dringend erledigen, kommen unter Zeitdruck – und atmen schneller. In vielen Situationen werden Sie heute immer etwas mehr ein- als ausatmen. Jeden Tag ein bisschen. Das führt auf Dauer zu einem Sauerstoffüberschuss in ihrem Blut.
Ihr Körper ist zwar in der Lage, den Sauerstoffüberschuss abzubauen, indem er den pH-Wert Ihres Blutes leicht anhebt. Leider wirkt sich das Anheben des pH-Wertes aber an anderer Stelle negativ aus. Jedes Mal, wenn Ihr pH-Wert steigt, sinkt auch Ihr Kalziumspiegel im Blut. Er kann innerhalb von Sekunden rapide sinken. Das passiert jeden Tag. Kalzium ist schnelles Stresssalz und wirkt in ausreichender Menge beruhigend. Fehlt es Ihnen, hat das ernsthafte Folgen: Ihr Nervenkostüm wir immer angekratzter. Sie sind immer nervöser und schreckhafter und werden von Tag zu Tag empfindlicher. So gelangen Sie in einen Teufelskreis, der schließlich zu Migräne, Kreislaufproblemen, Magenkrämpfen und sogar Herzstolpern führen kann.
Zudem lässt Stress ihre Muskeln verkrampfen und sauer werden. Beobachten Sie sich einmal selbst: Wenn Sie unter Stress stehen oder sich erschrecken, ziehen Sie automatisch Ihre Schultern hoch. Ihre Schultermuskeln leisten unter Stress somit den ganzen Tag Schwerstarbeit, da sie immer ein bisschen angespannt sind. Nicht viel, vielleicht nur zu 50% ihrer Normalkraft. Für den Muskel ist es aber egal, ob er nur zu 50% angespannt ist: Von der Versorgung mit Sauerstoff ist er dann zu 100% abgeschnitten. Denn durch die Anspannung werden die Blutgefäße zugedrückt. Es gelangt kein Sauerstoff mehr in den Muskel. Dadurch entsteht Milchsäure, die den Muskel langsam sauer werden lässt. (Diese Information stammt von diesem Blog
3. Ihren Stress machen Sie sich durch Ihre einseitige Wahrnehmung.
Um mit der Wirklichkeit umzugehen, bedienen wir uns mentaler Landkarten
Wie Sie eine Situation wahrnehmen, hängt ganz entscheidend von Ihrer Landkarte zu diesem Thema ab. Oft halten wir unsere Landkarten für ein objektives Abbild der Realität. (Doch ein Stadtplan bildet nie die Stadt ab!)
Das Fatale dabei: so wie Sie ein Problem ‘wahr’nehmen, so ist es dann auch für Sie. Ein Stau ist einfach nur eine Situation, mehr nicht. Was Sie daraus machen,ändert meist nichts an der realen Situation. Aber für Ihre Reaktionen und Ihr Erleben spielt es eine enorme Rolle.
Daraus folgt, dass allein in einer veränderten Wahrnehmung ein enormes Potential steckt. Dazu braucht es natürlich Bewusstheit, über Ihre Landkarten. Denn wenn Sie in der Realität Probleme kriegen, ist nie die Realität falsch, sondern immer nur Ihre dazugehörige Landkarte.
Die gute Nachricht: Ihre eigenen Landkarten können Sie ergänzen und der Realität angleichen. (Den Shell-Atlas gibt es ja auch jedes Jahr neu.) Ihre Landkarten zu ändern ist einfach, aber nicht leicht.
4. Unter Stress brauchen Sie zuerst eine Pause.
Bei den meisten Menschen ist aber auf der inneren Landkarte unter ‘Stress’ verzeichnet: SOFORT ETWAS TUN!!!
Psychologisch dient das vor allem dazu, nicht zu fühlen, wie hilflos man gerade ist. Dass man gar keine Kontrolle über eine unangenehme Situation hat. Also rät einem der innere ‘Autopilot’: SOFORT ETWAS TUN! Deshalb wird hektisch telefoniert, laut herumgeschimpft, klar gestellt, wer daran Schuld hat oder das persönliche Lieblings-Opferlied angestimmt.
Das ist alles menschlich – aber es baut Ihren Stress nicht ab.
Wenn Sie unter Stress stehen, brauchen Sie dagegen zweierlei: Zum einen Kalzium, zum anderen müssen Sie sich eine andere Atmung und Haltung angewöhnen. Dazu sollten Sie sich erst einmal Ihrer Atmung bewusst werden.
Wussten Sie eigentlich, dass es reicht, 4-mal pro Minute zu atmen? Unglaublich, vor allem weil der durchschnittliche Mensch 16-mal pro Minute atmet. Probieren Sie es aus: Nehmen Sie sich eine Uhr und atmen Sie fünf Minuten lang genau vier mal pro Minute ein und aus. Sie werden nach diesen fünf Minuten schon einen Effekt spüren: lange nicht waren Sie so entspannt. Sie fühlen sich ruhig und gelassen.
Mit dieser kleinen Atemübung haben Sie schon erfahren, wie gut es tut, wenn Sie langsam und bewusst atmen. Versuchen Sie jetzt, in stressigen Situationen bewusst langsam zu atmen. So verringern Sie die Ausschüttung von Adrenalin deutlich. Zudem setzen Sie damit bewusst einen Gegenreflex zum hektischen Stressatmen.
Zusätzlich können Sie auf Ihre Muskulatur achten:
Lassen Sie in Stress-Situationen bewusst die Schultern fallen.
Sie werden merken, dass in diesem Moment etwas Wunderbares passiert: Sie entspannen im gesamten Körper. Alles wird locker und leicht.
Wenden Sie statt hektischen Tuns den ‘Formel-1-Reflex’ an:
AUSATMEN – UND SCHULTERN SENKEN!
Der Formel-1-Reflex hat seinen Namen nicht nur daher, dass er so schnell anzuwenden ist und rasch Wirkung zeigt. Er kommt tatsächlich aus der Formel 1. Die Fahrer stehen während eines Rennens unter enormem Stress. Um dann einen klaren Kopf zu behalten, wenden sie die einfache Technik an,
AUSATMEN – UND SCHULTERN SENKEN .
So verspüren sie sofort Entspannung und bauen das Stresshormon Adrenalin ab. Der Formel-1-Reflex zeigt sofort Wirkung – das ist das Gute an dieser Entspannungsart. Und Sie können ihn überall anwenden, im Straßenverkehr, im Büro oder auch zu Hause. Sie brauchen nichts Neues zu lernen oder sich mit einer komplizierten Entspannungstechnik zu befassen. Nach einigen Tagen werden Sie merken, dass es Ihnen leichter fällt, in Stress-Situationen aus- statt einzuatmen.
5. Unter Stress müssen Sie vor allem Ihre Gefühle regulieren.
Dabei hilft der Formel-1-Reflex sehr gut:
AUSATMEN – UND SCHULTERN SENKEN
Zusätzlich hilft es, sich Ihrer inneren Landkarte und den damit verbundenen Gefühlen zuzuwenden. Dazu braucht es das Werkzeug der Selbstwahrnehmung, das viele Menschen zu wenig kennen. Also herauszufinden, was in einer stressigen Situationen eigentlich in Ihnen abläuft. Welche Körperempfindungen, welche Gefühle, welche Gedanken.
Denn Ihre inneren Landkarten können Sie erst ändern, wenn Sie erkennen, was für eine Landkarte Sie vor sich haben. Wenn Sie in einer fremden Stadt eine bestimmte Straße mittels Ihres Stadtplans nicht finden, hilft es, zu schauen, von wann der Stadtplan ist. Ob Sie ihn richtig herum halten. Und ob er überhaupt von der Stadt ist, in der Sie sich befinden. Es hilft nicht, den Stadtplan zu zerreißen, wütend beim Verlag anzurufen, schneller zu fahren.
Besser: AUSATMEN – UND SCHULTERN SENKEN
Zum Thema ‚Selbstwahrnehmung‘ und ‘Mentale Landkarten‘ können Sie sich hier zwei Podcasts von mir anhören und herunterladen.
Noch eine Frage: Warum greifen Raucher unter Stress vermehrt zur Zigarette? Aus meiner Sicht, vor allem, weil es eine gesellschaftlich akzeptierte Form ist, seine Gefühle zu regulieren!
Glauben Sie nicht? Schauen Sie einfach, was ein Raucher macht.
- Er nimmt sich eine Pause,
- … um fünf Minuten lang tiefe Atemzüge zu machen (so tief wie sonst nicht).
- Dabei träumt er ein bisschen vor sich hin und denkt derweil die Situation durch,
- … und reguliert dadurch seine Gefühle.
Raucher (und Tabakunternehmen) denken natürlich, dass es das Nikotin ist, das dieses Wunder bewirkt. Aber Sie wissen ja jetzt etwas Besseres:
AUSATMEN – UND SCHULTERN SENKEN
PS: Die eigenen Landkarten zu ändern ist einfach – aber nicht leicht. Denn natürlich müssen Sie dazu erst einmal Ihre Landkarte kennen lernen. Hilfreich ist dazu dieses Seminar
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Danke.
Diesen Beitrag können Sie sich hier als Podcast anhören
Was ist denn die in der Einleitung versprochene „ungewohnte“ Anregung, die es nicht schon auf zig Ratgeberseiten gibt? Bitte helfen Sie mir doch auf die Sprünge. Eventuell habe ich etwas wichtiges überlesen. Danke.
Das mit der respiratorischen pH Änderung des Blutes, müssen Sie nochmal genau nachrecherchieren. Das Blut sättigt sich maximal mit Sauerstoff und das wars. Da gibt es keinen Sauerstoffüberschuss. Das, was problematisch ist und die pH Änderungen herbeiführt, ist das Kohlendioxid.
Stimmt.
Hi, ist das nicht Kalium anstatt Kalzium? ( Calcium). Weil Kalium hilft bei Nervensachen, Calzium bei Knochensachen? Macht mich mal Schlau
Gruß Angie
Hallo,
medizinische Empfehlungen kann ich nicht geben. Am besten, Sie probieren selbst aus, was wirkt. Aber Meditation und tiefes Atmen, wie auch Bewegung haben enormes Heilungspotenzial.
Hallo Herr Roland Kopp-Wichmann
Ja es gibt wirklich Erleichterung mit der Atemkontrolle -Formel 1.
Danke.
Bin gewerbetreibend gewesen…
Warte noch 2 Jahre auf die Pension.
Leicht erhöhter Blutdruck.
Vorhofflimmern, Zwölffingerprobleme…usw.
Mehrer kardiologische Klinikaufenthalte.
Gelegentlich massive Symtome eines Infarktes…
Angstzustände -jetzt sterbe ich..
Stoplperer- Aussetzer.
Luft im Darm, kann durch Massagebewegungen vom Rippenbogen runter Erleichterung schaffen.
Herzstolperer folgen nach oder zusammen mit abgehenden Winden.
Ich versuche mich vernünftig zu ernähren.
Jetzt sollte ich Betablocker Bisoprolol nehmen.
Habe Angst vor den Nebenwirkungen!
Können Sie sich vorstellen, dass die Betablocker in meinem Fall durch ihre Methode überflüssig werden?
Ich gehe ein zweimal in der Woche ca 45Min etwas schneller spazieren.
Trainigspuls ca 115-120.
Man will mir eventuell eine Ablation machen.(Sinusknoten)
Manchmal hilft mir ein Bier- langsam getrunken.
Trinke sonst nur gelegentlich einmal ein Bier.
Sehr gut hilft wenn meine Frau und ich Zeit für uns finden…
„Manchmal will sie das nicht“ meist wenn ich das am meisten brauche!
MfG
Happy Peppi
Ich habe für mich und meine Leser schon viel zu den Themen Stress gelesen, eigene Erfahrungen gesammelt und Meinungen gebildet. Der Beitrag und sein Inhalt stellt aber mal positiv etwas ganz anderes dar. Vielen Dank für den Impuls. Ich halte auch die Einstellung zum Leben und die damit verbundenen Probleme für einen wesentlichen Faktor zum eigenen Erfolg.
Atmung ist Orientierung durch die Seele. Wer seinen eigenen Atem spürt und hört, der spürt und hört sich selbst. Der eigene Körper weiß sehr genau, was zu tun ist, auch im Stress. Die Atmung ist eine Methode, sich selbst zu erfahren und auf sich zu hören.
Danke für den Beitrag und den Denkanstoß.
@sabine: Gerade das erste Bild hat mich gefesselt und zum Weiterlesen animiert. Und welche ein Glück, dass dem so war. Toller Beitrag, der an Aktualität natürlich nichts verloren hat. Gute Orientierung im Stress-Chaos, vor allem mit dem schönen Bild der „mentalen Landkarte“.
hallo und guten tag!
einen herzlichen dank für diese zeilen, sie haben mir wirklich sehr geholfen und ich erkenne mich sehr oft wieder, in den geschilderten situationen. es hat sehr lange gedauert, bis ich erkannt habe, dass ich wirklich an dem viel umschriebenen „burnout-syndrom“ leide, aber inzwischen ist mir dieses zu 100% bewusst und ich gestehe es mir ein. dieses ist der erste und wohl auch wichtigste schritt, um die lösung zu erzielen……
vielen dank nochmals und alles erdenklich gute für sie!
gruss, thilo
Ja,
Ausatmen und Schultern senken kann enorm hilfreich sein –
wenn wir dabei auch unseren Kiefer lösen !
Viele Menschen neigen dazu, die Zähne zusammen zu pressen,
auch nachdem sie die Schultern gesenkt haben.
Also : Atmen – Schultern fallen lassen – Kiefer lösen !
Tip zum gelösten Kiefer : LÄCHELN !
Sich selbst zwischendurch immer wieder zum sichtbaren körperlichen Lächeln auffordern,
löst nicht nur die Kiefermuskulatur, sondern hat noch viele weitere positive Effekte…….
Hallo Ingrid,
freut mich sehr, dass Ihnen der Artikel so gefällt und vielleicht auch hilft.
Haben denn Ihre Beschwerden eine organische Ursache? Wenn nicht, würde vielleicht auch eine therapeutische Aufarbeitung hilfreich sein, wenn Sie das nicht schon versucht haben.
Danke für ihren Kommentar.
Guten Tag Herr Kopp-Wichmann
Die Bilder sind m. E. geradezu prädestiniert und passend zum Thema!
Habe selten im Web etwas derart klar Durchstrukturiertes und Nachvollziehbares (und ohne Rechtschreibfehler ;-)) wie auch inhaltlich seriös Hilfe bringendes gelesen, wie diese o. g. Anleitung.
Seit vielen Jahren leide ich unter chronisch erhöhter Adrenalinausschüttung mit Herzflattern, Schweissausbrüchen, Tremor der Finger, Muskeltic am oberen Lid, innerer Unruhe, Schlafstörungen, hektischer Atmung, hysterischen Ausbrüchen in spontanen Stresssituationen. Ich kann ein Lied singen davon…
Danke für diese (Ihre) hervorragende Ausarbeitung des Themas.
Herzliche Grüsse aus dem Engadin,
Ingrid
Hallo Sabine,
freut mich, dass Ihnen der Blog gefällt. Mit dem Bild will ich halt etwas schocken.
Danke für ihren Kommentar.
Hallo,
ich bin begeistert vom Blog, doch das erste Bild dazu ist kontraproduktiv,
Gruß Sabine