Warum der „freie Wille“ oft eine Illusion ist.
Wenn man Menschen fragt, warum sie ein bestimmtes Verhalten zeigen, können sie es oft entweder nicht erklären oder berufen sich darauf, dass es ihre freie Entscheidung war und sie sich auch ganz anders hätten verhalten können.
Dass dem oft nicht so ist, sondern das eigene Verhalten bisweilen von psychologischen Gesetzen beeinflusst wird, zeigt das Video.
Wie würden Sie sich in dem Aufzug verhalten?
Wenn Ihre Mitfahrer sich seltsam aber mehrheitlich so verhalten, dass sie sich zur Wand drehen, den Hut abnehmen, wieder aufsetzen? Erklären lässt sich dieser Einfluss von Fremden durch das
„Prinzip der sozialen Bewährtheit“.
Danach achten wir genau darauf, was andere tun und richten danach oft unser Verhalten aus. Auf welch indirekte Weise dieses Prinzip wirken kann, zeigt ein interessantes Experiment von Goldstein, Cialdini u.a.
In fast alles Hotels weltweit hängt im Badezimmer ein Hinweisschild, das einen dazu anregt, aus Umweltschutzgründen sein Handtuch öfter als einmal zu benutzen. Die Forscher wollten wissen, ob sich die Wiederverwendungsrate der Handtücher sich durch eine kleine Änderung des Textes steigern ließe. In einigen Zimmern lautete das Schild nun so:
„Die Mehrheit der Gäste in diesem Hotel verwendete ihr Handtuch mehr als einmal.“
Wie würden Sie auf diesen Hinweis reagieren?
Nun, die Ergebnisse waren deutlich. Die Wiederverwendungsrate der Gäste, die den veränderten Text in ihrem Badezimmer lasen, stieg gegenüber den Gästen, die nur den Umwelthinweis lasen, um 26 Prozent!
Aber es kommt noch besser. Die Forscher wollten herausfinden, ob sich diese Rate noch steigern ließe, wenn man die „soziale Nähe“ noch mehr betonte. Der neue Text, den man testete, lautete nun:
„Die Mehrheit der Gäste, die dieses Zimmer bewohnte, verwendete ihr Handtuch mehr als einmal.“
Nun mal ehrlich: Würde es Sie interessieren, was wildfremde Leute, die zufällig mal dasselbe Hotelzimmer wie Sie benutzten, mit ihrem Handtuch machten? Und würde Sie das etwa beeinflussen, es ihnen gleich zu tun?
Ergebnis: gegenüber dem reinen Umweltschutzhinweis stieg die Wiederverwendungsrate um 33 Prozent.
Welche Anwendungsmöglichkeiten sehe ich?
In Zukunft könnte man folgenden Hinweisen begegnen:
- „Fast keiner der Gäste, die dieses Hotelzimmer vor Ihnen bewohnte, ließ einen Bademantel mitgehen.“
- „Die Mehrheit der Fahrer, die diese Autobahnabschnitt benutzten, hielten sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung.“
- Über neunzig Prozent der Bürger, die bei diesem Finanzamt ihre Steuererklärung abgaben, machten nur korrekte Angaben.“
Realistischere Anwendungsbeispiele findet man bei Amazon oder Hotelbewertungsseiten. Und vermutlich lassen Sie sich bei der Wahl eines Buches, einer Digitalkamera oder Ähnlichem von Bewertungen anderer User beeinflussen. Und bei der Uralubsplanung lassen wir uns auch nicht nur von tollen Katalogfotos beeindrucken, sondern wollen wissen, wie andere Reisende mit ähnlichen Bedürfnissen das fragliche Hotel fanden.
Wichtig dabei: die positiven oder negativen Einschätzungen stammen ja nicht von Freunden oder Bekannten, denen wir vertrauen, sondern von uns völlig unbekannten Menschen. Und dennoch hat deren Urteil auf uns einen beträchtlichen Einfluss.
Fazit: Das „Prinzip der sozialen Bewährtheit“ zeigt einmal mehr, dass wir Menschen soziale Wesen sind. Und dass wir unbewusst Beziehungen zu anderen knüpfen, auch wenn wir sie überhaupt nicht persönlich kennen, sondern die soziale Nähe ziemlich virtuell ist.
Die Ergebnisse zeigen auch, dass wir uns bei Entscheidungen anderen oft näher fühlen alswir das verstandesmäßig zugeben würden. Und je näher wir uns anderen fühlen, umso mehr beeinflusst uns deren Verhalten.
Welche Beispiele kennen Sie für „soziale Bewährtheit?
Wie könnte man das für gute Zwecke nutzen?
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Angeregt zu diesem Artikel
wurde ich durch das Buch „Yes!“
von Robert B. Cialdini