Warum die Zukunft weiblich wird und unsere Wirtschaft mehr Frauen braucht.

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Karriere / Partnerschaft

Früh lernt Mann, warum man sich beim Pinkeln nicht hinsetzen kann.

Eine Frau als Bundeskanzlerin, eine weibliche Außenministerin in den USA – was kommt da noch?

Wer weiß, vielleicht wird es nach einer Frau als Papst in Bayern auch mal einen weiblichen Ministerpräsidenten geben. Frau Aigner wäre doch mindestens so geeignet wie die Herren Stoiber, Beckstein und  Seehofer.

Doch noch sind in der Wirtschaft die Männer in den Top-Etagen unter sich. Erst 21 von 833 Vorständen der 200 größten deutschen Firmen sind weiblich – ein Anteil von rund 2,5 %. Auch in den Aufsichtsräten belegen Frauen nur etwa jeden 10. Sitz.

Aber immer mehr Frauen sind dabei, ihre gelernten Rollenbilder zu überprüfen neue Wege zu gehen:

  • In 14 Prozent der deutschen Haushalte verdient die Frau mehr als der Mann. Vor zehn Jahren waren es nur sechs Prozent.
  • Die Telekom verabschiedete jüngst eine Quotenregelung für mehr Frauen in ihrem Management.
  • Mit der Initiative „Generation CEO“, hinter der mehrere Großkonzerne stehen, sollen weibliche Abteilungs- und Bereichsleiter auf einen Posten ganz oben vorbereitet werden. Dafür erhalten jährlich 20 Frauen mit Vorstandspotenzial ein Karriere-Coaching im Wert von 25.000 Euro und den Zugang zu einem exklusiven Netzwerk von rund 60 Top-Führungskräften: www.heinerthorborg.com
  • Die Initiative „Frauen in die Aufsichtsräte“ (FidAR), gegründet von Managerinnen, Politikerinnen und Wissenschaftlerinnen, hat das Ziel, eine gesetzliche Frauenquote von 25 % in deutschen Aufsichtsräten zu erlangen. In Norwegen liegt sie bei 40 %.  FidAR sucht dafür Frauen, die für Aufsichtsratstätigkeiten geeignet sind, veranstaltet Round-Tables zum Erfahrungsaustausch, unterstützt Lobbyarbeit und lehrt Frauen Verhaltensmuster, um in der männlichen Welt besser zurechtzukommen.
  • Bei einem Vergleich der „Fortune“-500-Firmen erzielten all jene, die Frauen in ihre Vorstände berufen hatten, eine höhere Eigenkapitalrendite – im Schnitt gleich 35 Prozent mehr als die Konkurrenz.
  • Frauen sind auch beim Geldanlegen besser. Und zwar mit ihren privaten Depots, wie auch als coole Hedgefond-Managerin.
  • Trotz Wirtschaftskrise fehlen 20.000 IT-Fachkräfte und 30.000 Ingenieure. In zehn Jahren könnten aufgrund der demographischen Entwicklung zwei Millionen Arbeitskräfte fehlen. 2030 mehr als fünf Millionen. ZEIT Nr. 21) Da ergeben sich für flexible Frauen enorme Jobchancen.
  • Seit Jahren gibt es den Trend, dass mehr Mädchen als Jungen das Abitur machen. Auch in den Universitäten liegt der Anteil der Frauen deutlich höher als bei männlichen Studenten.
  • Spezielle Business-Magazine für Frauen wurden erfolgreich gegründet: www.forbes.com/forbes, www.womeninbusiness.ch, www.enterprisingwomen.com, www.woman2womanbusiness.com
  • Frauen mit Familie, die deshalb zeitlich reduziert oder flexibel arbeiten möchten, finden unter www.profiplaza.de bundesweit Angebote.
  • In der Aktion www.lokale-buendnisse-fuer-familie.de soll dafür gesorgt werden, dass bis zum Jahr 2013 in Deutschland mindestens jedes 3. Kind unter 3 Jahren einen Betreuungsplatz hat.
  • Mehr als 600 Firmenkunden nutzen bereits die Service-Palette des www.familienservice.de mit seiner 24/7-Hotline und einem Concierge-Service, der sich bei Bedarf um alles kümmert.
  • Keine Großeltern in der Nähe? Dann leihen Sie sich doch welche: „Wir kommen nicht wegen des Geldes, sondern wegen der Kinder“, heißt es bei www.leihomas-eihopas.de , und www.zeitmitkindern.de
  • Führungsseminare speziell für Frauen – allerdings explizit nur von Frauen, gibt es bei www.sheboss.de

Doch sind es nicht nur die jungen Frauen, die verstärkt neue Wege gehen. Auch Frauen in höherem Alter fassen Mut und nehmen ihr Schicksal mehr in die Hand. Wenn Fernsehserien auch als Trendsetter verstanden werden, sieht man dies deutlich auf der Mattscheibe. In Amerika gibt es ständig neue Serien wie „Good Wife“, in der die betrogene Politiker-Ehefrau ihr eigenes Leben, die Karriere und ihre Freiheit neu entdeckt. In Deutschland thematisiert Doris Dörrie derzeit mit dem TV-Mehrteiler „Klimawechsel“ erfolgreich die weiblichen Wechseljahre.

Auch Männer müssen ihr Rollenbild überprüfen.

Das patriarchalische Bild der Bibel war lange Zeit das Maß aller Dinge. Gott als Vater, dessen Wort Gesetz ist, dominierte das öffentliche Leben, die Arbeitswelt und auch die privaten Beziehungen. Doch die Emanzipationsbewegung, verbunden mit der Gleichstellung und Verbreitung der Frauenrechte in Wirtschaft und Gesellschaft, hat mit diesem Rollenbild der Geschlechter  gründlich aufgeräumt. Davon haben die Frauen enorm profitiert. Doch die Männer gerieten dadurch stärker unter Druck.

Die tradierten männlichen Geschlechts- und Rollenidentitäten sind mittlerweile überholt. Das merkt man unter anderem daran, dass viele Männer zu ihrem Nachwuchs ein anderes Verhältnis haben als ihr eigener Vater. Wir haben uns Männer mit Kinderwagen gewöhnt und daran, dass eine Waschmaschine nicht schwerer zu bedienen sein kann als Windows Vista. Auch Gesetzesinitiativen unterstützen diesen Trend wie das Elterngeld oder die geplante „Familienpflegezeit“, für das die Familienministerin Kristina Schröder im STERN 21/2010 mit der Schlagzeile wirbt: „Pflege ist auch Männersache“ wirbt. Und sie meint damit nicht den Gebrauch von Deo und Aftershave.

Doch Rollenbilder sind als mentale Landkarten tief in unserem Unbewussten verankert. Ich merkte das an mir selbst, als ich kürzlich in der Tagesschau die beiden weiblichen Parteivorsitzenden von SPD und den Grünen in NRW sah. Nicht dass ich ein Fan von Jürgen Rüttgers wäre, aber etwas in mir war „irritiert“, als ich hört, wie diese beiden Frauen selbstbewusst ihre Positionen vertraten.

Woher stammt Ihr Rollenbild?

Was ein Mann tut oder nicht und was eine Frau kann oder nicht tun darf  – der erste und prägendste Einfluss dafür kommt aus dem Elternhaus. Wie Vater und Mutter miteinander umgehen, wie dort die Macht verteilt war, beeinflusst unsere Sicht auf die Geschlechter maßgeblich. Auch die eigene Geschwisterposition lehrt einen täglich, wo der eigene Platz ist.

Wie war das bei Ihnen:

  • Wie war in Ihrer Herkunftsfamilie die Dominanz zwischen den Eltern verteilt?
    Wer war „der Chef“?
  • Wer setzte sich in Konflikten meistens durch?
  • Wie war die Dominanz zwischen den Geschwistern verteilt?
  • Wie haben Sie es angestellt, wenn Sie etwas bei einem Elternteil oder einem Geschwister erreichen wollten?

Diese frühen Vorbilder und Erfahrungen über Zusammenleben und Auseinandersetzung prägen vermutlich auch heute noch Ihr Verhalten mit anderen Menschen. In nahen Beziehungen wie auch in Gruppen im beruflichen Kontext. Sich diese früh programmierten Einstellungen und Verhaltensweisen bewusst zu machen, ist äußerst hilfreich. Denn erst dann können Sie diese beobachten, auf ihre Tauglichkeit prüfen und gegebenenfalls neu entscheiden.

Denn wir unterliegen alle diesen frühen Beziehungserfahrungen und den entsprechenden Glaubenssystemen und Programmierungen. Niemand würde mit einer Straßenkarte aus dem Jahr 1972 eine Reise antreten. Doch unser „Autopilot“ mit seinen Überzeugungen, Einstellungen und Verhaltensweisen aus Kindheit und Jugend ist mit einem Navigationssystem mit total veraltetem Kartenmaterial durchaus vergleichbar.

In meinen Persönlichkeitsseminaren sehe ich das immer wieder bei manchen Frauen, die Führungspositionen innehaben oder anstreben. Mir fallen drei typische Strategien auf:

  1. Fachlich erstklassige Frauen, die sich aber eine Führungsposition nicht zutrauen.
    Sie haben wenig Selbstvertrauen, wollen es allen recht machen, überlassen anderen gern das Wort, auch wenn diese Blödsinn reden. Fast immer finden wir dann in der Biografiearbeit einen dominanten Vater und eine „schwache“ Mutter und heute eine starke innere Hemmung, sich angemessen zu Wort zu melden und sich Respekt zu verschaffen.
  2. Frauen, die Führungskraft sind und ihren „Laden fest im Griff haben“.
    Doch leiden sie darunter,dass man sie eher fürchtet als schätzt. Auch bemerken sie an sich, dass sie schlecht andere Meinungen anhören können, schnell ungeduldig werden und meist recht haben müssen.
    In der Herkunftsfamilie findet sich oft ein starker Vater, der bewundert wurde wohingegen die „schwache“ Mutter wenig respektiert bis verachtet wurde. Oft hat das Mädchen früh entschieden, nie so zu werden wie die Mutter und männliche Tugenden und Verhaltensweisen imitiert und verinnerlicht.
  3. Andere Frauen in Führungspositionen verunsichern sich selbst.
    Sie wirken und handeln kompetent, fühlen sich aber mitunter innerlich verunsichert. Sie zweifeln immer wieder an ihren Fähigkeiten oder entwickeln unangemessene Schuldgefühle. “War ich da in der Sache nicht zu kompromißlos?” “Hält man mich jetzt vielleicht für unweiblich?” “Warum bin ich immer so empfindlich?”

Abhilfe versprechen entsprechende Seminare wie beispielsweise ein Arroganz-Training. Doch halte ich wenig von Rollenspielen, da es zwar im Seminar gelingen mag, mit netten Teilnehmern und entsprechender Unterstützung etwas Neues auszuprobieren. Doch die zugrunde liegenden Überzeugungen erreicht man auf diese Weise selten.

Um diese unbewusst tief verwurzelten Einstellungen geht es aber, denn diese regieren unser Verhalten per Autopilot. Sie lassen uns oft so verhalten, dass wir uns hinterher ärgern, weil wir es doch eigentlich besser wussten.

Wenn Frauen einen „inneren Patriarchen“ haben.

Bei den drei oben beschriebenen „Frauentypen“ spielt der „innere Patriarch“ oft eine unbewusste aber entscheidende Rolle. Dies ist ein verinnerlichter Anteil bei vielen Frauen, der ihnen dann in die Quere kommt, wenn sie gegen dessen Vorstellung von Weiblichkeit handeln. Denn der “innere Patriarch” versteht unter weiblichen Tugenden vor allem Hingabe, Opferbereitschaft, Bescheidenheit und Anpassung an den Mann.

Im Berufsleben sind diese Tugenden jedoch meist hinderlich. Im Privatleben je nach Partner auch. So kommt es, dass manche Frauen im Beruf, wenn sie sich präsentieren oder gegen andere abgrenzen, entweder übermäßig streng und kompromisslos reagieren (also mit dem inneren Patriarchen identifiziert sind) oder Ängste, Skrupel oder unangemessene Schuldgefühle erleben (sich dem Patriarchen unterwerfen).

Hinweise auf den “inneren Patriarchen” sind Gedanken und Selbstgespräche wie:

  • “Du wirst dir den Kontakt zu den Mitarbeitern verscherzen, wenn du so hart bist.”
  • “Sei nicht so egoistisch. Eine Frau muss nachgeben können.”
  • “Sei nicht immer so gefühlsbetont. Du bist viel zu unsachlich.”
  • “Reg’ dich nicht so auf. Du nimmst dich viel zu wichtig!”
  • “Wenn du so unweiblich agierst, bleibt nie ein Mann bei dir.”
  • „Hör auf, dich wie ein Mann zu benehmen. Das passt nicht zu dir.”

Solange eine Frau nichts von dieser starken inneren Figur in ihrem Inneren weiß, reagiert sie dann unbewusst meist auf drei verschiedene Arten:

1. Die Rolle der angepassten Tochter, die versucht, durch angepasstes Verhalten die Anerkennung des Mannes zu erringen.

2. Die Rolle der Trotztochter. Hier macht frau genau das Gegenteil, indem sie dauernd dagegen ankämpft, sich Männern unterzuordnen. Doch Rebellion ist auch Anpassung – nur mit umgekehrtem Vorzeichen.

3. Hier vermeidet die Frau unbewusst, mit Männern auf einem Gebiet zu eng zusammen zu kommen und zu rivalisieren.

Wie kommen Sie Ihrem “inneren Patriarchen” auf die Schliche?

Vor allem durch Selbstreflexion und Bewusstmachen dieses inneren Anteils. Das ist nicht leicht, denn Teile, mit denen wir gewohnheitsmäßig identifiziert sind, lassen sich schlecht isolieren und beobachten. Hierzu ein kleines Experiment:

  • Werden Sie innerlich achtsam.
    Also schliessen Sie Ihre Augen und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Körper, Ihre Gefühle und Ihre Gedanken.
  • Lassen Sie eine Situation auftauchen, in der Sie sich gern selbstbewusster verhalten hätten.
    (einen Kollegen in seinem Redeschwall unterbrechen, auf Ihren Beitrag beim Projekterfolg hinweisen etc.)
  • Malen Sie sich jetzt in der Phantasie genau aus, dass Sie sich so selbstbewusst verhalten.
  • Achten Sie dann auf Ihre inneren Reaktionen (Körperempfindungen, gefühlsmäßige und gedankliche Reaktionen).

Vermutlich haben Sie jetzt eine Spur, welche inneren Einstellungen Ihnen bis jetzt immer wieder im Wege stehen.

Die schlechte Nachricht: Patriarchen sind machtvoll, kleben zäh an ihrer Macht und beherrschen die Waffen der Bedrohung und Einschüchterung.

Die gute Nachricht: der schlimmste Patriarch sitzt bei Frauen nicht zuhause auf dem Sofa, im Büro oder in Rom. Nein, er ist in Ihnen drin! Wäre doch gelacht, wenn Sie ihn da nicht kleinkriegen, vertreiben oder lächerlich machen könnten.

kommentar Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Thema?
Wie gehen Sie mit äußeren und inneren Patriarchen um?

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Foto: © bilderbox – Fotolia.com
Etliche Links und Gedanken habe ich der
aktuellen Ausgabe des Zukunftsletter entnommen.

Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.