Ein Programmtipp: „In Treatment“ auf 3sat schauen.

Kommentare 11
Psychologie
Leider sehen nicht alle Therapeuten so gut aus.

Leider sehen nicht alle Therapeuten so gut aus.

Was geschieht eigentlich in einer Psychotherapie?

Noch immer ist das für viele Menschen, die niemals eine therapeutische Paxis von innen gesehen haben, eine offene Frage. Die häufigsten (Vor-)urteile, die ich schon gehört habe, sind:

  • „Da wird dauernd in Deiner Kindheit herumgestochert.“
  • „Man sucht einen Schuldigen für die gegenwärtige Misere. Meistens ist es die Mutter.“
  • „Der Therapeut gibt Dir Tipps und Ratschläge.“
  • „Du redest die ganze Zeit und die Therapeutin sagt nix. Außer zum Schluss ‚Auf Wiedersehen'“.
  • „Therapeuten haben selber eine Klatsche und hoffen, wenn sie mit Dir arbeiten, sich selber zu helfen.“

Wenn man nicht jemanden Im Bekannten- oder Freundeskreis hat, der einem etwas fundierter über den Ablauf einer Psychotherapie berichten kann, erfährt man ja tatsächlich wenig, was der Realität einigermaßen nahe kommt.

Die Fernsehserie Dr. Bloch war auch nicht gerade geeignet, bestehende Einstellungen zu korrigieren, sondern verstärkte sie für mein Empfinden eher.

Vor allem die oft eigenmächtige Heransgehensweise des Therapeuten, der auch ohne Auftrag des Klienten drauflosstürmte, um zu helfen oder aufzuklären, passt gar nicht in das Berufsbild und die rechtlichen Vorschriften moderner Psychotherapie.

Von anderen Serien, in der sogenannte Coaches anderen zu helfen versuchen, ganz abgesehen.

Umso erfreuter bin ich, dass das vielfach vorhandene Nichtwissen nun ab diesem Februar vielleicht etwas abnimmt.

„In Treatment – Der Therapeut“ ab 15. 2.2010 bei 3sat.

Es handelt sich hierbei um die erste Staffel der Erfolgsserie „In Treatment“   des amerikanischen Senders HBO.  Die Idee dazu stammt aus einer TV-Serie in Israel.

Den Therapeuten Paul Weston spielt Gabriel Byrne. Jedoch nicht als alleswissender Halbgott, sondern als ein Mensch,  der die Probleme seiner Patienten lösen will aber dabei den Fehler macht, diese zu persönlich zu nehmen und sich somit überfordert.

Gut ausgebildete Psychotherapeuten machen deshalb meist selbst eine langjährige Therapie, um die eigenen Schatten und Verführungspunkte kennenzulernen. Passiert einem das trotzdem in der Arbeit, braucht man einen Supervisor oder eine kollegiale Intervision.

Die Serie wurde bislang von Kritikerlob und Nominierungen und Preisen überhäuft. Unter anderem bei den ALMA Awards, Emmys, Golden Globes und Satellite Awards bedacht. Die Darsteller Dianne Wiest bekam 2008 den Emmy.  2009 erhielt nicht nur die Serie eine Golden Globe-Nominierung, sondern auch gleich vier Hauptdarsteller: erneut Dianne Wiest, Melissa George, Blair Underwood und Gabriel Byrne.

Auch die FRANKFURTER ALLGEMEINE  SONNTAGSZEITUNG widmet in ihrer heutigen Ausgabe der Kultserie unter der Überschrift „Die schmutzige Schwester der Soap“ eine Dreiviertelseite mit einer insgesamt positiven Wertung.

Ich habe die Serie noch nicht gesehen, habe aber von Kollegen überwiegend Gutes gehört. Und vor allem: es ist total spannend gemacht. Hier ein Ausschnitt aus einer amerikanischen Folge:

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=lv0YLrEKSk0[/youtube]

„In Treatment – Der Therapeut“ läuft ab 15.2.2010 zwei Wochen lang von Montag bis Freitag in Doppelfolgen um 21.00 und 21.30 Uhr. Ab dem 3. März mittwochs in Doppelfolgen um 22.25 und 22.50 Uhr in 3Sat.

kommentar Was halten Sie von der Serie?
Wie finden Sie es, wenn Psychotherapie im Fernsehen gezeigt wird?

PS: Wenn Ihnen dieser Beitrag gefiel … dann empfehlen Sie ihn doch weiter. Einfach hier unten auf “Weitersagen” klicken.

… oder schreiben Sie einen Kommentar.
Wenn Ihr Kommentar mit Ihrem Bild erscheinen soll, brauchen Sie einen Gravatar!

… oder abonnieren Sie neue Beiträge per Email.
Einfach links Adresse bei feed-icon-28×28.jpg eintragen.

Foto: © Patrick Pirker – Fotolia.com

Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.

11 Kommentare

  1. Spannender und interessanter Artikel. Besonders auch die verschiedenen Ansichten in den Kommentaren. Die Serie kenne ich noch nicht, werdenich vielleicht mal ansehen.

  2. Auch wenn das gezeigte Bild z.b. in „Bloch“ etwas realitätsfern war, war die Figur doch mit Leidenschaft bei der Sache, was ich persönlich doch bewundernswert empfand.

  3. Psychotherapeut sagt

    Danke für diesen Artikel – habe ihn sowie die Kommentare mit Spannung gelesen. Leider kenne ich diese Serie nicht – versuche bei Gelegenheit reinschauen zu können. Aus eigener Erfahrung kann die Therapie sehr beeinflusst werden durch „innere Bilder“ wie eine Therapie „aussieht“.

  4. Hallo Frau Eberle,
    als tiefenpsychologischer Psychotherapeut antworte ich: es geht einerseits um das Bewusstmachen von Unbewusstem. Andererseits um neue Verhaltensweisen. Das hängt natürlich davon ab, ob der Klient das auch will.

    Aber Therapie ist oft subtil. Manchmal ohne große Aktivität, ohne großen Ausdruck. Und dennoch bildet sich etwas Neues.

    Danke für Ihren Kommentar.

  5. Myriam Eberle sagt

    Hmm, bei mir hinterlässt die Serie eine Spur von Traurigkeit, Unbefriedigtheit. Ich wünschte mir was anderes in einer Therapie. Mehr Aktivität, mehr Ausdruck wahrscheinlich. Mich würd interessieren was passiert, wenn ein Klient sein Thema anerkennt. Was macht dann der Therapeut damit? Oder was lässt er den Klienten damit machen? Ich hoff das kommt noch. Na ja, es macht die Serie spannend..und das ist wohl auch Sinn und Zweck einer Serie. =)

  6. Doris sagt

    Ich habe mich selbst sehr viel mit Psychologie beschäftigt und schaue die Serie von Anfang an. Die Darsteller sind wirklich fantastisch, man kann ihnen die Gedanken förmlich von der Stirn ablesen, ohne irgendwie übertrieben zu wirken.
    Ich wünschte wirklich, das so „Therapie“ abläuft, denn meine kurzen eigenen Erfahrungen, sind weit von dem entfernt, was ich in der Serie zu sehen bekomme.
    Mal ein paar Beispiele: Ich komme mit einer 9-jährigen zum Kinderarzt und Psychotherapeuten, da das Kind ihre Umwelt terrorisiert (z.B. Geschwister) Nach der 2. Gruppensitzung (keine Ahung was er da mit den Kindern machte, vermute Autog. Tr.) wurde mir gesagt ich solle sie nicht mehr herbringen, das hätte keinen Sinn, sie würde die ganze Gruppe stören und terrorisieren, er könne ihr nicht helfen. Na so was? Weshalb hatte ich wohl um Hilfe gebeten?
    Ein 14 jähriger mit Depressionen und Selbstmordgedanken, der auf eigenen Wunsch mit der Mutter beim Therapeuten erscheint. Da er Ängste hat, möchter er bei der ersten Sitzung, das die Mutter dabei bleibt. Vom Therapeuten wird er dann nach Hause geschickt mit dem Satz, „Wenn er wirklich Hilfe wolle, müsse er von sich aus kommen, er brauche dann nur anrufen und einen Termin zu machen.
    Das tat der Junge auch 4 Jahre später. Ist das gängige Praxis mit depressiven Jugendlichen umzugehen?
    Eine Frau, Anfang 40,(meine Kollegin) ebenfalls depressiv, beruflich überlastet, seit einem Jahr Eigenheimbesitzerin und mit der finanziellen Last lebend, bekommt erstmal von Hausarzt Antidepressiva. 3 Monate später dann ihr erster Termin bei einer Therapeutin. Diese fragt in der ersten Sitzung, warum sie denn diesen Beruf nicht aufgebe und das Haus wieder verkaufe, wenn sie die Situation so belaste.
    Toller Vorschlag, Harz IV lässt grüssen. Meine Kollegin ist da nie wieder hin, nimmt eben weiter Tabletten…
    Wie gesagt, die Serie finde ich bisher wirklich gut und spannend und werde sie weiter verfolgen auch wenn meine Realität bezüglich Psychotherapeuten ganz anders aussieht.

  7. Hallo Lord David,
    dass eine Klientin ihr sexuelles Interesse ausdrückt, kommt schon vor, wenn auch selten. Wichtig ist dabei, dass der Therapeut den Rahmen hält, was in der Sendung ja auch geschieht. Manchmal tut er das nicht, wie etliche Fälle zeigen. Das ist immer ein schlimmer Vertrauensmißbrauch auf Seiten des Behandlers, vom strafrechtlichen Aspekt ganz abgesehen.

    Das mit dem „Spruch“ am Ende der Sitzung gehört auch zum Rahmen. Es ist wichtig, diesen zu halten also zum Beispiel nicht die Zeit zu überziehen. Manchmal löst diese Begrenzung und die Art und Weise, wie es gesagt wird, beim Klienten etwas Emotionales aus. Bei Ihnen zum Beispiel, wie eine Nummer behandelt zu werden. Und dann ist es gut, wenn man das in einer der nächster Sitzungen äußert. Denn hier wurde durch das Ende der Sitzung etwas beim Klienten ausgelöst, was sicher wert ist, genauer betrachtet zu werden.

    In einer Therapie geht es ja nicht darum, möglichst nett oder sozial verträglich zueinander zu sein, sondern unbewusste Konflikte aufzuklären. Deshalb konfrontiert der Therapeut einen manchmal oder zuweilen wird durch etwas ganz anderes – hier vielleicht das Ende der Stunde – beim Klienten etwas konfrontiert.

    Danke für Ihren Kommentar.

  8. LordDavid sagt

    Ich habe mir die Sendung gestern angeschaut, und ich fand beide Folgen gut gemacht. Ich finde, dass es den Ablauf einer Sitzung im großen und ganzen widerspiegelt, also meiner Erfahrung nach. Oft musste ich nicken und den „Klienten“ aber auch dem „Therapeuten“ zustimmen, obwohl ich mir nur sehr schwer vorstellen kann, dass eine Klientin ihrem Therapeuten offen und ehrlich gesteht, dass Sie mit ihm schlafen möchte. (Fand ich eine wenig unrealistisch, dass sie das Gefühlt hat, sich in den Therapeuten verliebt zu haben glaube ich, aber mit ihm schlafen und das auch noch zu sagen, kam mir sehr unrealistisch vor)

    Die zweite Folge fand ich auch gut gemacht, weil ich denke, es dass es oft so ist, dass Klienten zum Therapeut gehen und eigentlich nur ihre Meinung bestätigt haben möchten. Egal was der andere eigentlich dazu sagt. Auf sein wirkliches Problem ist der Navi-Soldat nicht eingegangen, man hat je gemerkt, ich will, dass Sie mir helfen, aber kommen sie mir nicht zu nahe, denn ich habe ja eigentlich kein Problem.

    Ich bin mal gespannt wie`s weiter geht.

    Ich frage mich nur immer, ist das ein Standardspruch von Therapeuten, „unsere Zeit ist um, wir sehen uns dann in einer Woche“? Den bekommen die bestimmt in der Ausbildung beigebracht. Ich könnte meinen Therapeuten für diesen Spruch umbringen. Ich komme mir bei diesem Spruch immer vor wie eine Nummer, wie auf dem Arbeitsamt, der nächste Bitte.
    Lasst euch mal was anderes einfallen. z.B. ich verstehe sie, oder ich kann nachvollziehen was sie meinen, wenn sie Hilfe brauchen, melden sie sich bei mir. Ich bin für Sie da. oder, oder, oder.

  9. Hallo Herr Kollege Hillebrand,
    ich stimme Ihrem sehr positiven Urteil zu. Es ist wie ein Kammerspiel und zeigt, auf verdichtete Weise, worum es in einer Psychotherapie gehen kann. In den weiteren Folgen sieht man ja auch, die Sitzungen des Therapeuten bei seinem Supervisor und bekommt mit, wie sich der Therapeut verstrickt hat.

    Auch das ist gut gemacht und lehrreich. Nicht nur, weil es zeigt, dass Therapeuten auch Menschen sind, sondern wie sehr dabei eigene Themen mit denen des Patienten sich vermischen können. Manchmal, ohne dass man es gleich merkt.

    Danke für Ihren Kommentar.

  10. Martin Hillebrand sagt

    normalerweise bin ich als Cineast und großer Freund der Filme der Regisseure aus dem „alten Europa“ sehr skeptisch amerikanischen Serien gegenüber,
    aber…
    1) genaugenommen ist es eine Adaption einer israelischen Seria
    2) Buch und Regie von Rodrigo Garcia sind phantastisch gut und stehen meilenweit über Serieneinerlei
    3) exzellente Schauspieler, insbesondere natürlich Gabriel Byrne sorgen für viel Authenzitität im Spiel
    4) alles ist unglaublich spannend auf kleinstem Raum inszeniert
    5) natürlich geht alles im Erstgespräch meist nicht so schnell, aber der Ablauf ist sehr realitätsnah geschildert und erzählt.
    6) Wer schon immer mal „in eine Psychotherapie hereinschauen“ wollte und auch Therapeuten als weiterhin ganz normale Mitmenschen wahrnehmen mölchte, ist hier bestens aufgehoben.
    Als tätiger Psychotherapeut vergebe ich 5 Sterne und sage: unbedingt schauen, das bringt mehr fürs Leben als Olympiade oder Privatfernsehen .

  11. Karl Hinkel sagt

    naja, als überzeugter 3Sat-Fan, Scobels Dokus und Talks sind immer wieder erfrischend, wo ich auch aus früheren Zeiten immer wieder Bekannte sehe, werde ich auch das heute anschauen. Statistisch, so glaube ich gelesen zu haben, suchen überhaupt nur max. 15 Prozent der Hilfebedürftigen Hilfe. Neben der Traumatherapie, die es eigentlich nicht gibt, weil man ja ein Trauma nicht ungeschehen machen kann, gibt es ja unzählige Betätigungsfelder. Die nicht hinreichende Versorgung in der Kindheit mit all ihren Folgen gehört dazu. Die Prävention weiterer Eskalationen bei Mißhandelten, die oft zwischen Verdrängung und Vergeltungsphantasien schwanken, das ist sicher auch ein großes Gebiet. Und Stecknadeln in Heuschobern aufzustöbern…Mal sehen. Wie und wann das mit den Doppelfolgen läuft, ist mir jetzt zu kompliziert. Wenn mich das langweilt, schalte ich ab und dann erfahren Sie das auch hier.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert