Obwohl die obigen Worte ziemlich seltsam aussehen, konnten Sie vermutlich die Überschrift problemlos lesen. Noch eine (im Internet vor einiger Zeit kursierende) Kostprobe:
„Afugrnud enier Stidue an der elingshccen Uävirestint Cmabrdige ist es eagl, in wlehcer Riehnefgoe die Bcuhtsbaen in eniem Wrot sethen. Das eniizg Wcihitge ist, dsas der estre und der lzette Bsthucabe am rcihhgiten Paltz snid. Den Rset knan man dnan onhe Polbrmee lseen. Das ghet dseahlb, weil das mnehhcschile Greihn nhcit jdeen Bschutbean ezleinn liset, srodnen das Wrot als Gnaezs.“
Wir Menschen können einen Text also auch dann noch lesen, wenn in jedem Wort die Buchstaben völlig durcheinander geraten sind. Wichtig ist allein, dass der erste und der letzte Buchstabe an der richtigen Stelle stehen. Das lässt interessante Rückschlüsse auf die Arbeitsweise des Gehirns zu. Zudem kann man diesen Effekt nutzen, um Text für Maschinen unlesbar, für Menschen aber lesbar zu gestalten.
Doch gilt das nur für Worte, die uns geläufig sind. Oder was bitte ist: „Nondrayhgartmeucrabonit„? Allenfalls in der Chemie bewanderte Menschen werden sofort das Wort für „Natriumhydrogencarbonat“ erkennen, und das ist die chemische Bezeichnung für „Bcapeukvlr“ also Backpulver.
Es gibt sagor eine Wstbeie, die Ierhn Neamn oedr eeinn aendern beblegiien Text ncah dseier Rgeel dcnneüithlhateruscdert …
Warum geht das?
Nun, weil unser Gehirn nicht Buchstabe für Buchstabe liest, sondern das ganze Wort erfasst und mit bekannten Wortbildern im Gehirn abgleicht. Auf ähnliche Weise funktionieren auch Karikaturen. Welchen bekannten Politiker können Sie zum Beispiel oben links erkennen?
In unserem Gehirn gibt es nämlich zwei Systeme:
- Das Unbewusste (den „Autopiloten“) mit einer Verarbeitungskapazität von 10 Millionen Bits pro Sekunde.
- Und den bewussten Verstand mit einer Verarbeitungskapazität von nur 40 Bits pro Sekunde.
Beide Systeme arbeiten Hand in Hand, doch beeinflusst das Unbewusste deutlich stärker unser tägliches Verhalten. Vor allem dann, wenn wir:
- Unter Zeitdruck stehen.
Mentale Landkarten und unbewusste Strategien helfen uns dann, die Komplexität der Realität zu reduzieren und Wahlmöglichkeiten auszublenden. - Mit Informationen überlastet sind.
Deshalb greifen wir im Supermarkt vor einer Riesenauswahl von Produkten gerne zu Markenartikeln, weil wir die Vielzahl der Informationen kaum verarbeiten können und uns die Marke Sicherheit und Qualität suggeriert. - Wenig interessiert sind.
Deshalb können Sie nach einigen Jahren Fahrpraxis Ihr Auto automatisch lenken, ohne über die einzelnen Handgriffe und Fußbewegungen nachdenken zu müssen (was in den ersten Fahrstunden ganz anders war). - Wir unsicher bezüglich einer Entscheidung sind.
Diesen Umstand machen politische Parteien zunutze, da sie wissen, dass kaum jemand das Parteiprogramm liest und deswegen zu plakativen Slogans greifen. „Freiheit oder Sozialismus?“ sich Markenartikel zunutze. Sie versprechen Sicherheit in einer unsicheren Situation. („Da weiß man, was man hat.“, „In der Mitte sind nur wir.“)
In jedem dieser Fälle ist vor allem der Autopilot aktiv. Wenn wir etwas gut gelernt haben, dann schaltet unser System auf Autopilot und wir handeln ohne uns dessen gewahr zu sein. So können Sie Auto fahren und dabei telefonieren und sich nach einer Weile wundern, dass Sie schon auf dem Büroparkplatz angekommen sind. Doch wer ist gefahren? Nicht Sie – sondern Ihr Autopilot.
Das funktioniert auch mit Bewegungen. Sicher kennen Sie die Erfahrung, dass Sie auf einer Strasse eine Person laufen sehen, und plötzlich wissen: „Das ist doch …!“ Wohlgemerkt, ohne den Menschen an seinem Gesicht erkannt zu haben. Aber das Bewegungsmuster dieses Menschen ist Ihnen vertraut und das haben Sie – unbewusst – wiedererkannt.
Hierzu gibt es eine schönes Beispiel auf dieser Website, woran wir erkennen können, ob eine sich bewegende Figur ein Mann oder eine Frau ist. Hier die Website.
Sich das Wirken des Autopiloten bewusst zu machen, ist nicht einfach.
Sie können sagen, dass Ihnen ein Auto gefällt oder dass Sie sich in einen Menschen verliebt haben. Doch was Sie damit meinen, welche Bedeutung Sie dem jeweiligen „Objekt“ geben, das es für Sie so erstrebenswert macht, können Sie in der Regel nicht.
Das System des Autopiloten hilft uns, von Routineaufgaben entlastet zu werden. Jeder Mensch, der sich auf einem Gebiet sehr gut auskennt, hat unter anderem für dieses Gebiet ein spezielles Autopilot-Programm:
- Ein Fondsmanager schaut sich die Bilanz eines Unternehmens an – und entdeckt in Kürze die Unstimmigkeiten.
- Ein guter Grenzbeamter spürt, welche Personen er genauer untersuchen muss.
- Ein Fußballtrainer sieht einen jungen Spieler und „weiß“ ob das ein künftiges Talent ist.
- Ein Politiker kommt in den Saal und spürt, mit welchen Themen er sein Publikum fesseln kann.
- Ein Komiker hat spontan Ideen, wie er einer normalen Situation witzige Seiten abgewinnen kann.
- Bei „Wetten, dass …“ treten lauter Leute auf, die auf einem begrenzten Gebiet eine außergewöhnliche Fähigkeit haben.
Manchmal ist es wichtig, unseren Autopiloten abzuschalten.
Nämlich dann, wenn wir mit unserem Verhalten unzufrieden sind oder es uns nicht dahin führt, wo wir hinwollen. Dazu muss Ihnen erst einmal bewusst werden, dass Ihr Autopilot gerade eingeschaltet ist. Zum zweiten ist das Umschalten auf den bewussten Verstand mühsam. Es macht Arbeit – und wird deshalb entweder oft vermieden oder nur bei begrenzten Aufgaben eingesetzt.
Einen Großteil unseren Lebens verbringen wir im Autopiloten. Gleichzeitig glauben wir jedoch, dass wir vieles im Leben bewusst – oder rational – entscheiden. Eine Vielzahl von psychologischen Experimenten zeigt, wie sehr wir durch unbewusste Vorgänge manipulierbar sind. (Siehe diesen Blog-Beitrag)
Und was hat das jetzt mit Veränderung zu tun?
Unser Verhalten ist zu einem großen Teil durch Feedbackschleifen neuronal verschaltet. Wir tun etwas, wenn es funktioniert – dann tun wir es wieder. Das ist logisch aber nicht immer sinnvoll. Trotzdem ist es oft einfacher, dasselbe Muster zu wiederholen anstatt nachzudenken (auf 40 Bit herunterzuschalten) und neue Wege auszuprobieren.
Hierher gehört die alte Indianer-Weisheit: „Wenn dein Pferd tot ist, dann steig ab.“
Doch was tun die meisten Menschen stattdessen?
Wir besorgen eine stärkere Peitsche.
Wir wechseln den Reiter.
Wir trainieren, um besser auf dem toten Pferd reiten zu können.
Wir kaufen Leute von außerhalb ein, um das tote Pferd zu reiten.Wir strukturieren um, damit ein anderer Bereich das tote Pferd bekommt.
Wir suchen Berater, die uns bestätigen, dass das Pferd noch nicht ganz tot ist.
Wir spannen mehrere tote Pferde zusammen, um ihre Teamfähigkeit zu verbessern.
Wir bilden einen Arbeitskreis, um eine Verwendung für tote Pferde zu finden.
Wir besuchen andere Orte, um zu sehen, wie andere Leute tote Pferde reiten.
Wir veranlassen eine Gegenstudie, die die Lebendigkeit des Pferdes nachweist.
Wir erklären, dass unser Pferd „besser, schneller und billiger“ tot ist.Wir ändern die Kriterien, die besagen, ab wann ein Pferd tot ist.
Wir stellen fest, dass die anderen auch tote Pferde reiten, und erklären dies zum Normalzustand.
Wir sagen: „So sind wir schon immer geritten.“
(Kommen Ihnen bestimmte Vorgänge in Ihrem Unternehmen nicht auch so vorher, als hätte man eins der obigen Rezepte angewendet?)
Aber dies ist ja kein Blog zum Thema „Changemanagement“ sondern zum Thema „Persönlichkeitsentwicklung“. Deshalb meine Fragen zum Schluss:
- Welches tote Pferd reiten Sie schon eine Weile?
- Wäre es nicht besser abzusteigen?
- Und was würde das bedeuten?“
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