Die ketzerische Business-Bibel REWORK – Business intelligent & einfach“ zeigt, wie man ein bestehendes Unternehmen von überflüssigem Ballast befreit. Aber vor allem macht es Mut, sich selbstständig zu machen.
Schon die Grafik auf dem Buchcover machte mich neugierig. Der Totenkopf ist nicht das Logo der Piratenpartei, sondern warnt vor Meetings. Und auch auf der Rückseite kommt man gleich zur Sache: ASAP ist Gift. Feuere Workaholics. Mach es wie die Drogendealer. Planen heisst raten.
Die zwei Softwareunternehmer Jason Fried und David Heinemeir Hansson haben ein Buch geschrieben, das in den USA sofort als neues Manifest enthusiastisch gelobt wurde. Unter anderem von Internetgurus wie Seth Godin, Jeff Bezos, Penelope Trunk, und
Ganz kann ich den Hype nicht teilen aber auf jeden Fall ist REWORK ein Buch, das Mut macht, indem es alte Zöpfe über Unternehmensgründung, Geschäftserfolg und Führungsprinzipien in Frage stellt.. Und das sehr glaubwürdig, weil es von zwei Unternehmern geschrieben wurde, die ihre Erfahrungen mit ihrer eigenen Firma beschreiben. Also so wie auf dem Bonustrack einer DVD mancher Filmen verraten wird, mit welchen Tricks und Spezialeffekten der Regisseur gearbeitet hat. Das ist also der Backstage-Report von zwei erfolgreichen Gründern.
Das Buch enthält 88 Beiträge, die selten mehr als zwei Seiten haben. Kurz, prägnant, kreativ und effektiv schildern die Autoren ihre Sicht der Dinge. Schreiben freimütig über ihre Fehler und über das, was letztlich für sie funktioniert hat.
Hier die Beiträge, die ich am besten fand, wenn Sie schon länger mit einer Idee im Kopf herumlaufen und bisher die Umsetzung noch nicht geschafft haben.
1. Planen heißt raten
Schon öfter habe ich mich auf diesem Blog über den Unsinn von Prognosen und Fünf-Jahren-Plänen lustig gemacht. Die Wirtschaftswelt, das Verhalten der Konkurrenz einschließlich das der eigenen Führung ist so unvorhersehbar, dass man sich den ganzen Aufwand schenken kann.
Pläne vermitteln eine Pseudo-Sicherheit. Die Autoren schlagen deshalb vor, einen Strategieplan nur noch „Strategievermutung“ zu nennen. Analog könnte man dann den Etatplan der Regierung „Haushaltsvermutung“ nennen, denn er wird ja ebenso nachträglich immer geändert.
Legen Sie also los. Lassen Sie die Idee einer perfekten Strategie fallen. Machen Sie eine Strategie-Vermutung. Keinen wasserdichten Kostenplan, lieber eine Kostenvermutung. Kein ausgefeiltes Inhaltsverzeichnis, sondern eine Inhaltsvermutung.
Aber fangen Sie an.
2. Sie brauchen weniger als Sie denken
Um sich selbstständig zu machen, braucht es nicht viel. Die modernen Technologien kosten wenig oder sind teilweise gratis. Vieles, wofür man früher Personal brauchte (z.B. Sekretariat) können Sie heute selbst erledigen.
Sie brauchen kein großes Büro, sondern können von der Küche aus starten. Sie brauchen keinen Buchhalter, sondern machen das mit einer Finanzsoftware selber. Vielleicht brauchen Sie auch kein Ladengeschäft, sondern verkaufen via Internet.
Vielleicht werden Sie mal größer aber am Anfang brauchen Sie weniger als Sie denken. Einen Laptop, damit Sie überall arbeiten können. Für einen Blog gibt es die kostenlose Software WordPress. Für ein Buch brauchen Sie keinen Verleger, seit es BOD gibt. Für Websites gibt es jede Menge günstiger oder kostenloser Möglichkeiten.
Sie brauchen kein Sabbatical, nicht Ihren Jahresurlaub, um loszulegen. Sie brauchen nur weniger fernsehen, morgens eine Stunde früher aufstehen. Sie brauchen sich nur von Ihren Ausreden verabschieden.
3. Beziehen Sie Stellung
Es fordert Mut, einen Standpunkt einzunehmen. „Mit einer kompromisslosen Haltung und festen Überzeugung gewinnen Sie die wahren Fans. Ihre Kunden setzen sich dann für Sie ein und empfehlen Sie weiter.
Doch starke Meinungen können auch abschrecken. Sie sind dann nicht „everybody’s darling“.
Machen Sie keine weitere Mee-too-Dienstleistung. Unterscheiden Sie sich. Schreiben Sie kein Buch, das es so schon gibt. Machen Sie keine Website, wie es hundert andere gibt. Machen Sie es anders. Aber nicht, um einfach anders zu sein, sondern um Ihre Werte und Ihren Standpunkt deutlich zu machen.
4. Entscheidungen bedeuten Fortschritt
„Wann immer es möglich ist, sollten Sie aus ‚Denken wir noch ein bisschen darüber nach‘ ein ‚Entscheiden wir jetzt‘ machen.“ … „Problematisch wird es, wenn Sie Entscheidungen in der Hoffnung hinausschieben, dass Ihnen später die perfekte Lösung einfallen wird. Sie wird Ihnen nicht einfallen.“
Ich habe es mir angewöhnt, die meisten Entscheidungen sofort zu treffen. Über wichtige Entscheidungen schlafe ich eine Nacht. Denn ich habe festgestellt, dass durch längeres Warten ich eventuell noch mehr Informationen bekomme, dies aber mein Entscheiden aber nicht erleichtert. Und einmal getroffene Entscheidungen kann man oft auch revidieren. Wenn nicht, muss man sie akzeptieren. Alles „hätte ich“, wenn doch“ ist Zeitverschwendung.
5. Verraten Sie Ihr Wissen
Geben Sie Ihre wichtigsten Informationen frei. „Denn wenn Sie Ihr Wissen vermitteln, bauen Sie eine Bindung auf, die man mit traditionellen Marketingmethoden niemals erreichen kann.“
Machen Sie es wie die berühmtesten Köche. „Sie veröffentlichen ihre Rezepte in Kochbüchern und zeigen ihre Zubereitungsmethoden in Kochsendungen.
Normalerweise halten Unternehmen ihre Geheimnisse unter Verschluss. Doch Sie als Einzelunternehmer oder Selbständiger brauchen nicht so paranoid zu reagieren. Sie brauchen trotzdem keine Angst zu haben, dass Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung überflüssig wird. Weil jeder weiß, dass ein Kochrezept und die Zutatenliste noch nicht ein tolles Menü macht.
Ich tue dies auch immer wieder auf diesem Blog oder in meinen Büchern. Mein zweites Buch „Ich kann auch anders“ ist die Sammlung von Kochrezepten, wie ich in meinen Persönlichkeitsseminaren mit Menschen arbeite. Und Sie können alle Methoden daraus auf sich anwenden. Oder als Trainer und Coach mit anderen Menschen damit arbeiten. Die Autoren von REWORK haben mit ihrem Buch ihr Kochbuch über Unternehmensführung vorgelegt.
Wie sähe Ihr Kochbuch aus? Was für Informationen könnten Sie weitergeben?
6. Bauen Sie sich ein Publikum auf
„Alle Unternehmen haben Kunden. Wer Glück hat, hat Fans. Doch besonderes Glück haben Unternehmen mit einem Publikum.“ … „Anstatt sich zu bemühen, die Leute zu erreichen, sollen diese Leute zu ihnen kommen. Ein Publikum kommt oft – und von selbst – zurück, um zu sehen, was man zu sagen hat.“
Das erreicht man natürlich am besten über einen Blog, denn eine Website ist zu statisch. Das erreichen Sie auch nicht über Directmail (wieviele Prospekte aus Ihrem Briefkasten schauen Sie an?) Das erreichen Sie nicht über Anzeigen (viel zu teuer und neben all den anderen zu wenig einprägsam). All das ist Push-Marketing. Sie versuchen, Ihr Produkt mit hohem Aufwand in den Markt zu drücken.
Warum machen Sie es nicht wie die Blumen? Locken Sie Ihre Kunden an anstatt sich ihnen aufzudrängen. Mein Blog ist ein gutes Beispiel. Über irgendein Stichwort bei Google sind Sie hier gelandet. Oder Sie haben meine Artikel abonniert. Ich versuche lediglich, interessante Beiträge zu schreiben. Und vertraue darauf, dass diese ihre Leser finden werden.
7. Marketing ist keine Abteilung
Sondern Marketing ist nach Ansicht jede Kommunikation Ihres Unternehmens. Insofern passiert Marketing 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche.
- Sobald Sie ans Telefon gehen, ist das Marketing.
(Die Zeit in der Warteschleife ist auch Marketing.) - Jede Email ist Marketing.
(Und die Schnelligkeit, mit der Sie antworten.) - Wenn Sie Software entwickeln, ist jede Fehlermeldung Marketing.
(Und Ihre Rückgabebedingungen sind Marketing.) - Jeder Text auf Ihrer Website oder Ihrem Blog ist Marketing.
Es ist wie beim Verlieben. Ihre Kleidung und Ihr Benehmen wirken. Ob Sie zurückrufen und wie schnell wirken. Ihre Entschuldigung, wenn Sie was vergessen haben, wirkt. Was Sie Ihrem Partner zum zehnten Hochzeitstag schenken, wirkt.
Betrachten Sie mit dieser Perspektive Ihre geschäftlichen Aktivitäten. Ihre Website, Ihre Geschäftsauslagen, Ihre Emails.
8. Bieten Sie weniger als die Konkurrenz.
Anstatt die Konkurrenz zu übertrumpfen, versuchen Sie es mit weniger. „Gewöhnen Sie sich an, Nein zu sagen selbst zu vielen Ihrer besten Ideen. Nutzen Sie die Kraft des Verweigerns, um Prioriäten zu setzen. Sie werden ein Nein selten bedauern. Aber wie oft mussten Sie es büßen, dass Sie Ja gesagt haben?“
Nehmen Sie als Beispiel das iPhone, das iPad oder die Flip-Kamera. Alles sehr erfolgreiche Gadgets, die weniger Eigenschaften besitzen als etliche Konkurrenzprodukte.
Machen Sie aus Ihrem Geschäft keinen Bauchladen. Wenn Sie versuchen, es allen Kunden rechtzumachen, verwässern Sie Ihr Marketing. Suchen Sie sich lieber eine Nische, in der Sie ganz spezielle Angebote machen. Besser Sie sind unter den ersten Drei Ihrer Marktnische als Nummer 764 in einem großen Feld.
9. Starten Sie jetzt.
Vielleicht gehen Sie schon längere Zeit mit Ihrer Idee schwanger. Vielleicht haben Sie auch noch eine lange Liste mit Dingen, von denen Sie glauben, dass Sie sie vorher klären müssen. Das kann auch eine Verzögerungstaktik sein.
Die Autoren stellen eine gute Frage: „Was würden Sie weglassen, wenn Sie Ihr Unternehmen innerhalb von zwei Wochen an den Start bringen müssten?“
So eine Frage klärt plötzlich ganz viel. Was wichtig ist und was Sie weglassen können. Plötzlich können Sie sich auf das Wesentliche konzentrieren.
Sofort anfangen ist auch deshalb wichtig, weil Ihre Inspiration ein Verfallsdatum hat (S. 279). „Wenn Sie etwas tun wollen, müssen Sie es jetzt tun. Sie können es nicht auf die lange Bank schieben und zwei Monate warten, bis Sie Zeit haben. Später sind Sie nicht mehr so enthusiastisch und energiegeladen.
Wenn Sie richtig inspiriert sind, können Sie die Arbeit von zwei Wochen in 24 Stunden erledigen. Inspiration ist etwas Magisches, sie steigert die Produktivität enorm, sie motiviert unglaublich.
Aber sie wartet nicht auf Sie.
Hier ein Artikel zum Thema „Selbständigkeit“ und noch einer.
Was ist Ihr Ding?
Wann fangen Sie An?
Was hält Sie ab?
PS: Wenn Ihnen dieser Beitrag gefiel, dann sagen Sie es doch bitte weiter: auf Facebook, Twitter oder per Email.
… oder schreiben Sie einen Kommentar.
… oder abonnieren Sie neue Beiträge per Email oder RSS.
Foto: © 37signals.com, Helder Almeida – Fotolia.com