Selbsterfüllende Prophezeiungen.

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Psychologie

Damit ist eine Vorhersage gemeint, die sich erfüllt, nur weil sie vorhergesagt bzw. erwartet wurde. In Bezug mit der Realität existiert aber kein oder möglicherweise sehr geringer Zusammenhang, als er in der Erwartung existiert. So kann ein Nachricht darüber, dass durch wirtschaftliche oder klimatische Ereignisse
– das Benzin knapp wird
– durch die kommende Hitze das Wasser rationiert werden könnte
– ein begehrter Modeartikel bald aus dem Sortiment verschwinden wird
– dass der Kurs einer Aktie bald steigen wird

dazu führen, dass das prophezeite Ereignis tatsächlich eintritt. Nicht weil jemand in die Zukunft schauen konnte, sondern viele Menschen sich vorhersehbar entsprechen verhielten (Benzin oder Wasser, besagte Aktie kaufen).

Aus demselben Grund soll man ja auch Kindern (und manchmal auch Erwachsenen) bei Ermahnungen nicht auf das befürchtete Ereignis “Pass auf, dass du nichts verschüttest!” aufmerksam machen, sondern auf das erwünschte Verhalten: “Halt die Tasse ganz gerade.”

Annahmen über die Wirklichkeit produzieren also häufig reale Folgen. Auf ähnliche Weise können simple Aussagen aus dem Tageshoroskop erwünschte Folgen zeitigen: (zum Beispiel: “In dieser Woche müssen Sie beruflich Ihre Chancen wahren” oder negative Erlebnisse zeitigen (“Vorsicht: heute Unfallgefahr!”) Die Annahme über die Wirklichkeit lässt denjenigen aufmerksamer für seine Chancen oder für Gefahren im Verkehr werden.

Wie mächtig diese Erwartungen eines anderen Menschen das Verhalten eines anderen sind, zeigte der “Pygmalion -Effekt”. 1968 konnten Rosenthal und Jacobson in ihrer empirischen Untersuchung : ‘Pygmalion in the classroom’, zeigen, wie stark die Erwartungen von Lehrern über das Verhalten ihrer Schüler deren tatsächliches Verhalten beeinflussen.

Dazu wurden den den Lehrern einige zufällig ausgewählte Schüler als besonders ‘entwicklungsfähig’ empfohlen. Das Ergebnis zeigt: Die Meinung des Lehrers, ob ein Schüler ‘gut’ oder ‘schwach’ ist, wirkt als Prophezeiung, die sich selbst erfüllt. Schüler leisten oft das, was ihre Lehrer von ihnen erwarten.

Das hat damit zu tun, dass Lehrer (wie auch andere Menschen) ein identisches Verhalten bei verschiedenen Personen unterschiedlich interpretieren. Die freche Antwort einen ‘entwicklungsfähigen’ Schülers wird vielleicht als “kreativ” bewertet, bei einem anderen Schüler als “unverschämt”.

So entstehen leicht Teufelskreise, die bis zum Mobbing führen können. Sie können einen Mitarbeiter nicht leiden und halten ihn für “seltsam”. Der Kollege bemerkt natürlich die unterkühlten Reaktionen, reagiert zurückhaltend, was Sie in Ihrer Annahme bestätigt, Sie reden mit anderen über Ihren Eindruck, diese schliessen sich möglicherweise an … ein Teufelskreis beginnt.

Umgekehrt geht das natürlich auch. Zwei Menschen finden sich sympathisch und verstärken sich gegen gegenseitig.

Positive Erwartungseffekte
Hierzu gehört der Placebo-Effekt. Auch wenn dem Patienten ein medizinisch wirkungsloses Scheinpräparat verabreicht wird, hilft es vielen Menschen. Wie in der Titelgeschichte des SPIEGEL gut beschrieben, nicht durch “Einbildung”, sondern weil das Gehirn entsprechende Botenstoffe bildet.

Außerhalb der Medizin nennt man diesen Vorgang den Hawthorne-Effekt. Bei einem Trainerwechsel im Fußball spielt diesselbe Mannschaft oft eine Weile besser als mit dem alten, ‘schlechten’ Trainer. Eine neue Führungskraft kann leichter schmerzliche Einschnitte durchsetzen, wenn die Belegschaft damit positive Erwartungen verknüpft.

Auch bei einem selbst spielen Erwartungseffekte eine große Rolle. Wer als Leistungssportler mehr den eigenen Misserfolg befürchtet, sorgt unbewusst dafür, dass das Zusammenspiel mentaler und physischer Faktoren gestört ist – und das befürchtete Ergebnis vermutlich tatsächlich eintritt – und denjenigen in seiner Vorahnung bestärkt: “Ich hab’s von Anfang an gewusst.”

Fazit:
Die Welt ist komplex, ungerecht und oft unerklärlich. Wir Menschen brauchen aber ein Minimum an Stabilität, Ordnung und Vorhersagbarkeit. Dafür sorgen unsere inneren Landkarten
Deshalb sind selbsterfüllende Prophezeiungen auch nicht leicht bei sich selbst zu entdecken.

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Danke.

Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.