Was müssen Sie tun, damit Ihr Kunde, Mitarbeiter oder Ehepartner nicht flüchtet?

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Buchbesprechungen

Vorsicht: Flüchtende Kunden!

Rezension des Buches „Kunden auf der Flucht?“ von Anne M. Schüller

Eine private Frage: „Ist Ihnen Ihr Partner treu? Und wenn ja, warum?“
Oder anders gefragt: „Sind Sie Ihrem Partner gegenüber loyal?“ Und wenn ja oder nein, warum?

Als ich das neue Buch von Anne M. Schüller über Kundendenloyalität  las, musste ich sofort an Parallelen zum Beziehungsleben denken. Denn in beiden Fällen geht es um besondere Beziehungen und wie man sie erhält.

Doch nicht nur im Privaten lösen sich immer mehr einmal eingegangene Beziehungen auf, wenn man die steigenden Scheidungszahlen betrachtet. Auch im Wirtschaftsleben ist der flüchtende Kunde auf dem Vormarsch. Laut dem „Kundenmonitor 2007“ würden nur noch 51 Prozent der Befragten ihre Bank bestimmt wieder wählen. Bei Mobilfunkanbietern sind es nur noch 41 Prozent. Kein Zweifel: die Kundentreue sinkt und die Bereitschaft, den Anbieter zu wechseln, steigt. Denken Sie nur an Ihr eigenes Kaufverhalten.

Nach Schüllers Ansicht tragen zu dieser Abwanderungsbereitschaft viele Unternehmen kräftig bei. Vor allem durch:

  • Austauschbarkeit
  • Preis-Aktionismus
  • emotionale Kälte
  • ständig wechselnde Ansprechpartner

Doch stabile und dauerhafte Kundenbeziehungen sind die Lebensversicherung jedes Unternehmens. Doch diese zu pflegen ist schwierig, wenn alle zwei Jahre der Marketingleiter wechselt und ein neues Konzept umgesetzt wird.

Warum ist Kundenloyalität wichtig?

Anhand von Forschungsergebnissen der Neurobiologie zeigt die Autorin deutlich, dass unsere Kaufentscheidungen durch entsprechende Prozesse im Gehirn entschieden werden. Studien zeigen, dass bei sehr loyalen Kunden das Belohnungszentrum aktiviert wird und Glückshormone ausgeschüttet werden. Bei wenig loyalen Kunden bleibt diese Aktivierung aus.

Das Buch ist in drei Teile gegliedert:

  • Teil 1: das Rüstzeug:
    Wann und wie entsteht überhaupt Loyalität?
  • Teil 2: die strategische Basis:
    Wie muss ein Unternehmen aufgestellt sein, um die Loyalität profitabler Wunschkunden zu gewinnen und auf Dauer zu sichern?
  • Teil 3: die operative Umsetzung:
    Was ist konkret zu tun, um loyale Kunden zu erhalten? Und wichtiger noch: Wie ist es zu tun?

Als Anbieter von Persönlichkeitsseminaren habe ich das Buch auch aus beruflichem Interesse gelesen. Laut einer Untersuchung soll es fast zwanzigtausend Weiterbildner in Deutschland geben. Da wird deutlich, dass man um Fragen, wie man bekannt wird, wie man Interessenten gewinnt und seine Kunden bedient, von enormer Bedeutung sind. Kurz: man muss Marketing betreiben.

Oder noch besser: man muss aus seinem Angebot eine „Marke“ machen. Denn im unübersehbaren Angebot von Produkten und Dienstleistungen suchen Kunden nach Sicherheit bei ihren Kaufentscheidungen. Und dies bietet die Marke. Fehlt so ein deutlicher Unterschied zu anderen Anbietern, richtet sich der Kunde nur noch nach dem Preis.

Hilfreich fand ich in dem Buch die Kriterien eine Marke, die Kunden zur Loyalität einlädt:

  1. Eine starke Marke ist einfach zu verstehen.
  2. Sie ist klar positioniert und unverwechselbar.
  3. Sie bietet einen rationalen Nutzen.
  4. Sie hat einen hohen emotionalen Mehrwert.
  5. Sie erbringt die angebotenen Leistungen in Top-Qualität.
  6. Sie ist glaubwürdig und hält ihre Versprechungen ein.
  7. Sie ist eine sympathische Persönlichkeit mit Charisma.
  8. Sie inszeniert faszinierende Geschichten.
  9. Sie ist kontinuierlich und lautstark präsent.
  10. Sie aktualisiert sich und überrascht immer wieder.
  11. Sie hat eine Markengemeinschaft (Brand Community)

Diese Aufzählung kann man gut als Checkliste für den eigenen Auftritt am Markt nutzen.

Warum Vertrauen so wichtig ist.

Man kann Loyalität auch auf andere Bereiche übertragen. Dabei spielt das Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit eine große Rolle. Zum Beispiel bei den Menschen, die wir wählen, damit Sie gut für uns sorgen. Ich meine Politiker. Auf FOCUS können Sie beispielsweise abstimmen, wie Sie Kompetenz, Durchsetzungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit von Deutschlands wichtigsten Politikern einschätzen. Über 5 Millionen Online-User haben das bereits getan.

Hier das Ergebnis der ersten sechs Rangplätze:

Die gesamte Liste umfasst 101 Plätze. Westerwelle ist auf Platz 48. Hinter Lafontaine (Platz 24) aber vor Andrea Nahles (Platz 101). Irgendwie keine Überraschung die jeweiligen Platzierungen. Vertrauen bei anderen Menschen lässt sich eben nicht über markige Sprüche erreichen, sondern vor allem über jene Verhaltensweisen, die Anne Schüller in ihrem Buch so treffend beschreibt.

Unternehmen brauchen loyale Mitarbeiter.

Firmen müssen aber nicht nur Loyalitätsmarketing in Bezug auf ihre Kunden betreiben. Sie brauchen auch loyale Mitarbeiter. Denn je stärker sich Menschen mit ihrem Arbeitgeber verbunden fühlen, umso hängen sie sich in die Arbeit rein. Machen sich die unternehmerischen Interessen und Ziele der Leitung zu eigen. Sprechen oft und gut und begeistert über ihre Firma. Sind bereit auch in schwierigen Zeiten dem Unternehmen treu zu bleiben.

Doch natürlich bekommt ein Unternehmen eine solche Mitarbeitertreue nicht geschenkt. Boni und Incentives in guten Zeiten sind meist nur ein kurzfristiges Mittel, die Mitarbeiterbindung zu stärken.

Unternehmen brauchen loyale Kunden.

Hier kommt die Gretchenfrage dazu:

“Wären Ihre Kunden enttäuscht, wenn Sie morgen vom Markt verschwänden?”

Vermutlich nur wenige Dienstleister oder Produzenten werden diese provozierende Frage der Autorin mit einem klaren “Ja” beantworten können. Doch diese Frage zielt auf die Einzigartigkeit eines Produkts, einer Marke.

Das bedeutet auch, dass Kundenbindungsprogramme, die mit Zwang und Druck arbeiten, abgelöst werden sollten von freiwilligen Loyalitätsprogrammen. Mit ihrer “Toolbox für mehr Kundentreue” finden Sie in dem Buch direkt umsetzbare Maßnahmen vor.

Besonders interessierte mich das Kapitel über die „Online-Loyalität“, da dies ja auch mein bevorzugtes Werbemedium ist. Auch wenn durch das jederzeit mögliche Wegklicken die digitalen Bande im Internet weniger fest sind als im realen Leben, gibt es nach ihrer Ansicht auch eine E-Loyalty – also, die Loyalität im Internet.

Diese entsteht, wenn ein Nutzer eine Website zwecks Information, Kommunikation, Kauf oder Unterhaltung immer wieder besucht. Auch diese kann ja nicht erzwungen werden, sondern findet immer freiwillig statt. Man kann nur dazu einladen. Und die Entscheidung darüber fällt beim ersten Besuch. Und da die reale menschliche Ansprache fehlt, geht das vor allem über eins: Inhalt, Inhalt, Inhalt.

Die Besucherzahlen auf diesem Blog zeigen mir, dass ich eine wachsende Zahl von Besuchern habe, die immer wieder kommen und zum Teil zwischen fünf Minuten und einer halben Stunde hier lesen. Auch die zahlreichen ReTweets bei Twitter und natürlich auch die Kommentare zu meinen Beiträgen illustrieren für mich die Richtigkeit der These von Anne Schüller über Communities. Wie man eine solche aufbaut und am Leben erhält, lesen Sie in dem Buch.

Und wie verhindert man jetzt, dass der Partner flüchtet?

Bei der Kundenpflege sollte man auch mal aufschauen.

Auf eine Antwort darauf warten Sie ja wohl noch. Natürlich steht darüber nichts in dem Buch, denn es ist ja ein Wirtschaftsbuch. Aber beim Kapitel über die „Critical Incident Technique (CIT)“ fand ich die Ausführungen auch auf private Beziehungen gut übertragbar.

Diese „Methode der kritischen Ereignisse“ versucht, tiefergehend als klassische Kundenbefragungen, herauszubekommen, welche Geschehnisse einen Kunden zum Abwandern brachten. Nach Schüllers Erfahrung stecken hinter den meist rational vorgetragenen sachlichen und fachlichen Anlässen für Unzufriedenheit und Frustration oft emotionale Gründe.

Ein Kunde – oder wohl auch ein Ehepartner – geht fremd oder wandert ganz ab,

  • weil man sich um sein Wohlbefinden nicht gekümmert hat;
  • weil man unfreundlich oder unhöflich zu ihm war;
  • weil er keine oder zu wenig Aufmerksamkeit bekommen hat;
  • weil er nie ein Danke gehört hat;
  • weil ihm nie gesagt wurde, wie wichtig man als Kunde (oder Partner) ist;
  • weil er einfach vergessen wurde.


Die Autorin schlägt vor, dass beim Einführen neuer Abläufe nicht nur gefragt wird: „Wie viel sparen wir, wenn wir …“ sondern auch „Wie viele Kunden verärgern oder verlieren wir, wenn wir …?“

Mein einziger Kritikpunkt: dieses tolle Buch hätte statt dem verwendeten 50er-Jahre-Design ein anzieherendes Cover verdient gehabt.

Fazit: Ich empfehle das Buch wärmstens. Es ist ein Praxisbuch auf dem neuesten Stand der Forschung mit vielen neuen Anregungen und wertvollen Tipps zum direkten Umsetzen.

PS (29. Mai 2010): Zu dem hier besprochenen Buch gibt es jetzt auch ein Hörbuch!

Wie sind dauerhafte Kundentreue heute zu gewinnen und somit Wachstum in herausfordernden Zeiten zu erreichen? In ihrem Hörbuch „Die 25 wertvollsten Erfolgsrezepte für Kundenloyalität und Bestandskundenpflege“ verrät die Autorin  ihre besten Rezepte zur Gewinnung und Sicherung eines loyalen Kundenstamms. In kompakter Form gibt sie darin praxisnahe Tipps zum pfleglichen Umgang mit Kunden sowie zur Motivation der kundennahen Mitarbeiter. Hier mehr Infos.

Mehr über Anne M. Schüllers Bücher, ihre Vorträge und Seminare auf  http://www.anneschueller.de/

kommentar Was halten Sie von Loyalität als Kunde oder Mitarbeiter?
Was schreckt Sie ab oder zieht Sie dabei an?

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Fotos: © Francovolpato. 12foto.de – Fotolia.com

Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.

9 Kommentare

  1. Der Beitrag hörte sich super spannend an! Schade, so viele Jahre her, und so geht der Link zum hörbuch nicht mehr. Sicher ist das ganze auch nicht mehr auf dem aktuellsten Stand. Gibt es etwas vergleichbares, aktuelles, was du empfehlen kannst?
    Ich habe selbst seit zwei Jahren mit eigenen Kundne zu tun, und was ich bisher feststellen konnte: ja, die Sache mit der emotionalen Bindung (sympathisch als Ansprechpartner, für den kunden da sein usw) scheint wesentlich zu sein.
    Liebe Grüße!

  2. Katrin sagt

    Ja, Ich hatte Erfahrung und die war sehr peinlich…

  3. Katrin sagt

    Danke für Ihren interessanten Artikel. Aber meiner Meinung nach, ist Vertrauen nicht alles. Heute gibt es viele High Tech Geräte, mit Hilfe derer kann man die Wahrheit erfahren, hier meine ich einige Überwachung Apps wie z.B. http://www.bestehandyspion.com/.
    Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

  4. MB sagt

    zu Ergebnis der ersten sechs Rangplätze:
    Ok, der Herr von und zu Guttenberg sollte ja inzwischen im Ranking etwas gefallen sein. Eine nochmalige Befragung wäre hierbei sicherlich sehr interessant.

  5. Danke, das ist eine sehr ausführliche Rezension! Und eine der wenigen, die nicht nur das Buch lobt oder kritisiert, sondern bei der man direkt etwas für sich „mitnimmt“ (den letzten Aspekt).

    Vielen Dank! Diese Rezension kommt in meinen Bookmarks in den „vielleicht kaufen“-Ordner.

  6. Karl Hinkel sagt

    Na, endlich mal ein handfestes Marketing-Thema, da kenne ich mich doch aus – mit einem 20 Jahre alten Master im B2B-Marketing.
    Also, seit Philipp Kotler ist ja seit 40 Jahren B2B-Marketing eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin. Bei all den vielen Teilaufgaben in den multidimensionalen, multipersonalen und langwierigen Entscheidungsprozessen in der Industrie z.B. sind ja viele Teilaufgaben zu lösen: Geschäftsbeziehungsaufgabe (will ich mit denen überhaupt?), was ja Hauptpunkt des vorgestellten Buches ist, Integrationsaufgaben (vorhandene tech. Infrastruktur), Personalbesetzungsaufgaben (Humanressourcen) usw.

    Dabei bestehen immer! Risikowahrnehmungen (objektive & subjektive) auf die der Anbieter mit Risikoreduktionsstrategien reagieren muss:
    Psycho-soziales Risiko (Ich -User- werde das neue System nicht so einfach lernen, das ist ja viel zu kompliziert), Bedarfsrisiko (Habe ich als Entscheider auch unsere Problemstellung richtig erkannt? Wissen wir wirklich, wo wir hinwollen/müssen?),
    Marktrisiko (Ich bin mir unsicher, ob gerade dieser Anbieter uns auch in fünf Jahren noch Ersatzteile liefert),
    Transaktionsrisiko (Ich glaube nicht, dass dieser Anbieter all seine Versprechen auch einhalten kann und wird),
    Funktionserfüllungsrisiko (Ich möchte erst mal sehen, dass diese Anlage/System auch hält, was es verspricht, vor allem in Bezug auf Zuverlässigkeit).

    Jedes dieser Risiken hat finanzielle Folgen für den Kunden – wenn es eintritt. Somit hat der Kunde auch immer finanzielles Risiko zu tragen. Zuerst gilt es immer, diese empfundenen Risiken auf Seiten des Anbieters ernstzunehmen.

    Und wenn der Anbieter das dann tut, ein gut organisiertes zuverlässiges Verkaufsverhalten praktiziert, dann sind Begriffe wie Vertrauen und Co-Destiny im Geschäftsleben, sowie Win-Win, keine abgegriffene Münzen, deren Wert man nicht mehr erkennt. Bei dem Wort alleine, ich meine Vertrauen, müssen wir uns im klaren darüber sein, dass es sich um eines der am meisten strapazierten und mißbrauchten Wörter überhaupt handelt.

    Zuerst kommt die Sacharbeit. Zuerst kommt Analyse der Risikowahrnehmung, dann Gestaltung der Risikoreduktionsstrategien (Garantie, Gewährleistung, Referenzen…), zum Schluss die Erfolgskontrolle der komplexen Prozesse. Vor ca. 14 Tagen hatte ich eine Serie Tweets zum Thema Empfehlungsmarketing mit zahlreichen Veröffentlichungen von Frau Schüller – die Rate der Aufrufe war recht hoch. Wenn ich die Kunden zu empfehlenden Anwendern entwickle, dann erweitere ich meine Marketing-Kommunikation quantitativ und qualitativ, das ja alle in ihren eigenen Strukturen kommunizieren (empfehlen). Das erhöht die Glaubwürdigkeit, Bekanntheit, Reputation.

    Die Fanseite schaue ich mir gerne an, auch freue ich mich auf das Lesen des Buches. Das letzte war Regis McKenna´s Dynamisches Marketing aus den 1980ern – weil wohl das knallrote Cover aus dem Regal hervorstach. Weiterhin alles gute allerseits und viel Erfolg mit dem sanften, loyalen Marketing.
    Karl Hinkel, Köln
    Dipl.-Wirtsch.-Ing., MBM

  7. Wow, Herr Kopp-Wichmann! Bislang die sorgfältigste und ausführlichste Rezension, die mein Buch bekommen hat. Vielen lieben Dank.

    Inzwischen gibt es übrigens auch eine Facebook-Fanseite zum Thema. Gerne lade ich dorthin ein: http://facebook.loyalitaetsmarketing.com

    Sonnige Sonntagsgrüße. Anne M. Schüller

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