Wie haben Sie die Abwesenheit Ihres Vaters erlebt?

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In meiner Arbeit mit Menschen, gleich ob in den Persönlichkeitsseminaren oder Coachings kommt der abwesende Vater immer wieder zur Sprache. Bei dieser Entwicklung gibt es mehrere Formen:

1. Die völlige Abwesenheit

  • Der Vater ist vor der Geburt gestorben oder verschollen.
  • Das Kind wurde zur Adoption freigegeben.
  • Die Mutter kennt den Vater nicht oder wollte seinen Namen nicht preisgeben.
  • Die Mutter „schiebt“ einem anderen Mann die Vaterschaft zu („Kuckuckskind„)

2. Die teilweise Abwesenheit

  • Der Vater verstarb in den ersten Lebensjahren des Kindes.
  • Die Eltern trennten sich früh.

3. Die emotionale Abwesenheit

  • Hier lebt das Kind zwar mit den Eltern oder dem Vater aber der Vater ist beruflich bedingt sehr selten zu Hause.
  • Der Vater ist zwar körperlich anwesend aber emotional nicht präsent.

Der Vater hat für jedes Kind eine enorme Bedeutung.

Ich kann mich erinnern, dass ich in meinem Psychologiestudium ein Seminar besuchte, wo anhand verschiedener Literatur noch ernsthaft die Frage diskutiert wurde, ob der Vater außer für die Zeugung überhaupt für die Entwicklung des Kindes eine Rolle spielte. Das war im Jahr 1980.

Doch wer kleine Kinder aufmerksam beobachtet – in der eigenen oder einer fremden Familie – kann erleben, wie sehr Kinder, nicht nur Jungen, von früh an ein eigenständiges Interesse am Vater entwickeln. Selbst dann wenn dieser anfangs vielleicht zurückhaltend oder unwillig sich gibt, versuchen sie, ihn in eine Beziehung zu ziehen.

Menschen, mit den ich arbeite und die einen frühen Vaterverlust verarbeiten mussten, antworten auf meine Frage wie sie dies erlebt und verarbeitet haben mit dem Satz: „Wie kann ich etwas vermissen, was ich gar nicht kannte?“

Ich halte dies für eine Rationalisierung, also eine psychische Abwehrreaktion. Denn natürlich erlebt das Kind schon im Kindergarten, auf dem Spielplatz oder in der Grundschule, dass es Väter gibt, die das Kind abholen, es in die Arme schließen oder mit ihm herumtollen.

Das Mädchen oder der Junge sehen also deutlich, dass es Väter gibt und muss sich innerlich mit der Frage beschäftigen, wo sein Vater ist. Und vor allem, wie er wohl ist.

In einem lesenswerten Artikel in der PSYCHOLOGIE HEUTE 3/2010 stellt der Psychoanalytiker Hans-Geert Metzger eine interessante These auf:

Kinder leben mit einem Vater, selbst dann, wenn er nicht anwesend ist. Sie erschaffen sich ein Bild von ihm.

Einerseits vermittle die Mutter schon früh, bewusst oder unbewusst, dem Kind ihr Bild des Vaters. Dies kann positiv oder negativ sein, je nachdem wie die Beziehung war oder endete. Auch durch Bemerkungen der Mutter über andere Väter oder überhaupt über Männer bekommt das Kind Informationen. Ein Mädchen oder ein Junge spürt am Tonfall, der Mimik oder der Stimme, wie die Mutter den Vater bewertet, einschätzt oder abwertet.


Der abwesende Vater wird idealisiert.

kuckuckskinder, vater abwesend, scheinvater, Metzger hat die Erfahrung gemacht, dass viele Kinder die Abwesenheit des Vaters kompensieren, indem sie in den frühen Jahren ein Idealbild von ihm erschaffen. Er hält dies für einen notwendigen und entwicklungspsychologisch wichtigen Prozess.

Umso einschneidender kann dann die spätere Begegnung mit dem realen Vater sein. Ich erinnere mehrere Fälle von Klienten, wo nach einer frühen Trennung der Eltern der Jugendliche sich auf die Suche nach seinem Vater machte oder  dieser selbst eines Tages den Kontakt suchte.

Wenn wie in einem Fall im Idealbild des Kindes der Vater ein erfolgreicher Held war, der in ein fernes Land auswanderte und der reale Vater bankrott machte und zum  Alkoholiker wurde, ist die Enttäuschung natürlich immens.

Aber auch wenn Idealbild und der wirkliche Vater nicht so weit auseinander klaffen, ist es nicht leicht, diese Konfrontation mit der Wirklichkeit zu erleben und zu verarbeiten.

Manche Jugendliche oder Erwachsene lösen dieses Problem mit dem Vater durch Kontaktabbruch. „Mein Vater ist für mich gestorben“ lautet dann die entsprechende Antwort. Die anfängliche Idealisierung verwandelt sich in eine vernichtende Entwertung. Um den Schmerz nicht fühlen zu müssen, wird der Vater innerlich „entsorgt“.

Dies ist nicht nur für die auf Abstand gehaltenen Väter oft tragisch. Auch für den betreffenden Sohn ist dies keine gute Lösung, wie ich in diesem Video zu vermitteln suche:

[youtube width=“340″ height=“275″]http://www.youtube.com/watch?v=seVvVzipQnA[/youtube]

Den zweiten Teil dazu können Sie hier ansehen:

 


Warum entziehen sich Väter ihren Kindern?

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Dafür gibt es eine Vielzahl von Gründen. Die häufigsten meiner Erfahrung nach sind:

  • Das Vaterbild wird weitergeben.
    Unbewusst gibt ein Mann seine Vernachlässigung durch den eigenen Vater weiter. Das mag sich darin äußern, dass er sich beim Umgang ungeschickt vorkommt oder verhält. Auch unbewusste Neidgefühle nach dem Motto „Mein Vater hat sich auch nicht um mich gekümmert, warum sollte es mein Kind besser haben“ können eine Rolle spielen.
  • Der Mann wird an das eigene Kindsein erinnert.
    Durch das Zusammensein mit dem Kind wird unwillkürlich das „innere Kind“ des Mannes wachgerufen. Eigene Erfahrungen mit Abhängigsein, mit Sehnsucht, Enttäuschungen werden halbbewusst erinnert und möglicherweise durch Distanz zum realen Kind  zu vermeiden versucht. Vor allem Männer, die innerlich noch nicht erwachsen sind und viel noch in die eigene Identitätssicherung investieren müssen, können sich so verhalten. Hier ein guter Artikel dazu …
  • Paarkonflikte werden über das Kind ausgetragen.
    Wenn eine Mutter überbeschützend das Kind nicht teilen mag und der Partner dies nicht angemessen konfrontiert und eingreift, gibt es ein Ungleichgewicht in der jungen Familie. Die Mutter kommt aus der Symbiose mit dem Kind nicht heraus und das Paar wird nicht zum Elternpaar. Der Vater gerät immer mehr an den Rand und flüchtet dann  in den Beruf, den Hobbykeller oder zur Geliebten.

Welche Schwierigkeiten dabei auch für einen Vater heute eine Rolle spielen können, wird in diesem Artikel gut aufgezeigt.


 

Kuckuckskinder – ein besonderes Schicksal.

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»Kuckuckskind« – der Begriff stammt ursprünglich aus der Vogelwelt – dem Kuckuck der seine Eier in fremde Nester legt und der Wirtsvogel ein fremdes »Kind« großzieht, ohne es zu merken. Dasselbe passiert auch unter Menschen:

Eine Frau schiebt einem Partner/Ehemann ein Kind unter und gibt ihm das Gefühl, der leibliche Vater zu sein. Hat man bis vor kurzem noch angenommen, dass etwa jedes zehnte Kind nicht von dem – per Urkunde genannten – Vater abstammt, so geht man laut einer belgischen Studie davon aus, dass es lediglich 1-2% sogenannte Kuckuckskinder geben soll. Erwähnt wurde diese Zahl aktuell im Zusammenhang mit einem neuen Gesetzesentwurf, der die Auskunftspflicht der Mütter einfordert.

kuckuckskind-zeitungJustizminister Heiko Maaß plant derzeit eine Auskunftspflicht, nach der Kuckucksmütter den wahren Vater nennen müssen, um Scheinväter die Möglichkeit zu bieten, Unterhalt für zwei Jahre zurückzufordern. Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung ist im Grundgesetz verankert.

Dann können auch Fälle, wie in dem nebenstehenden Artikel nicht mehr passieren.  😉

Auf Facebook gibt es eine engagierte Gruppe, die sich zu vielen Fragen bezüglich Kuckuskindern äußert: https://www.facebook.com/groups/193638227250/?fref=ts

Was aber machen Kinder, deren Mütter ihr Schweigen nicht brechen?

Lassen sie ihre Kinder bewusst in Unkenntnis, kann das lebenslange schwere psychische Folgen nach sich ziehen. Die Autorin Sophie Christina Aichinger (ein Pseudonym) weiß aus Erzählungen einiger Kuckuckskinder, dass das Gefühl, nicht zugehörig zu sein, oft nicht ruhen will, bis die Betroffenen ihre Wurzeln gefunden haben. Vorher fühlen sie sich fremd, irgendwie nicht dazugehörig.

Brechen die Mütter ihr Schweigen nicht, wird das Kind seiner Identität beraubt. Es wird vielleicht nie in Erfahrung bringen, wer der wahre Vater ist. Die Frage nach den Wurzeln wird nie geklärt. Dabei ist es so wichtig zu wissen: »Woher komme ich, wer bin ich?«

Die Autorin hat selbst diese Erfahrung gemacht. Sie fühlte sich zeitweise wie »völlig aus der Art geschlagen«. Nicht nur ihr Aussehen hat sie an ihren väterlichen Wurzeln zweifeln lassen. Immer hat sie irgendwie gespürt: »Hier stimmt etwas nicht«. Es gab etwas unergründlich Fremdes in ihr. Irgendwie hatte sie den Eindruck, dass es ein Geheimnis gibt. Mein Scheinvater, der gehörnte Ehemann, hat mich seine Wut und Enttäuschung über das »Belogen« worden sein immer spüren lassen.

Nachdem ihr die Lebenslüge endlich offenbart wurde, hat sie sich auf die Suche gemacht, in der Hoffnung, dass ihr leiblicher Vater ein besserer Vater ist. Auf dieser Suche nach Wahrheit und Identität hat sie u.a. einen siebenjährigen Prozess führen müssen, um die Vaterschaft ihres biologischen Vaters feststellen zu lassen.

Trauriges Fazit: Nein, auch er war kein besserer Vater. Was Frau Aichinger auf ihrem langen schmerzvollen Weg erlebt hat und welche Steine ihr in den Weg gelegt wurden, schildert sie in ihrem biografischen Roman mit dem Titel »Ungewollt«.

Hier eine Leseprobe …

Mich interessieren bei diesem Thema vor allem Ihre Erfahrungen.
Wenn Sie möchten, schreiben Sie hier als Kommentar Ihre Meinung oder stellen Sie eine Frage. Ich werde Ihnen antworten.

kommentar Wie haben Sie Ihren Vater erlebt?
Wie haben Sie die Abwesenheit Ihres Vaters empfunden und verarbeitet?
Sind Sie ein „Kuckuckskind“?

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Foto: © www.pixabay.com, David Schweinzer – Fotolia.com, istock.com

Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.

58 Kommentare

  1. Hallo Erwin,
    eine so schwere Traumatisierung in der Kindheit muss therapeutisch aufgearbeitet werden. Das dauert eine ziemliche Weile, ist aber immer besser als der Selbsthass.
    Holen Sie sich Hilfe.

  2. Erwin sagt

    Ich bin nun 30,Jahre alt, war nie teil meiner Familie. Meine Mutter hat mir als Kind das Gefühl gegeben, dass ich gehasst werde, hat mich benachteiligt, auch heute noch ist ihr verhalten mir gegenüber stets abfällig und verletzend.

    Mein „Vater“ war ehr passiv, Aussagen wie“ hör doch auf DAS Kind zu schlagen“ oder dass er mich immer beim Vornamen nennt, seine anderen Kinder aber meine Tochter/mein Sohn, vieles anderes, ist mir erst vor wenigen Jahren ins Bewusstsein gekommen. Ich habe meinen richtigen Vater vor kurzem erkannt, und ich fühle mich von meinen „Eltern“ um meine Kindheit und um mein Leben betrogen und belogen.
    Macht niemals den Fehler und belügt eure Kinder, es wird ihnen auf ewig das Herz brechen…. Ich wurde für etwas in meiner Kindheit bestraft, das ich nicht verstanden habe und wofür ich nichts kann, ich muss es aber hinnehmen, werde das auch nie hinterfragen. Das hat mein Leben zerstört. Ich hasse deswegen nicht meine Eltern, sondern, wie auch schon in meiner Kindheit, immer noch mich. Das ist die Wahrheit.

  3. Silke sagt

    Sind kuckuckskinder auch vergewaltigungskinder gleichzusetzen

  4. Freut mich, dass Ihnen der Artikel gefällt.
    Dem Mädchen nur zuhören, keinen billigen Trost spenden ist doch schon sehr viel. Wichtig ist noch, dass man dem Kind sagt, dass es nichts mit ihm zu tun hat, dass der Vater sich nicht meldet, sondern mögliche andere Gründe aufzählt. Sonst suchen Kinder immer die Schuld bei sich.

  5. Hallo, ich finde Ihren Artikel wunderbar geschrieben.
    Auch ich bin ein Scheidungskind und komme selbst heute fast 40 Jahre später noct nicht wirklich mit der Situation klar.
    Ich bin auf ihren Artikel gestoßen, da ich gerade in meiner Arbeit als Schulsozialarbeiterin an einer Grundschule auf ein Mädchen aufmerksam wurde, das sehr leidet. Ihre Eltern haben sich getrennt. Sie hat seit einiger Zeit keinen Kontakt mehr zu ihrem Vater und weiss nicht, ob es diesem gut geht. Sie leidet, da sie nicht versteht, warum er sich nicht meldet.

    Sie kommt öfters zum Reden zu mir aber ich kann ihr leider außer zuhören nicht wirklich helfen. Sie bräuchte meiner Meinung nach dringend professionelle Unterstützung durch einen Psychologen oder Therapeuten aber die Wartelisten sind enorm lang…. und vor Weihnachten wird so ein Verlust immer größer.

  6. Wie Sie schreiben, unsere Eltern haben sich ihre Eltern auch nicht ausgesucht. Und geben oft das weiter, was und wie sie es selbst erlebt haben.
    Es liegt immer in der Macht der nachkommenden Generation, das Schicksal fortzuführen oder einen neuen Weg einzuschlagen. Sie scheinen mir aus der Wiederholungsschleife heraus gekommen zu sein und ihren Frieden mit Ihren Eltern gemacht zu haben.
    Das ist gut. Für alle.

  7. German Grünfeldt sagt

    Mein Vater hat viel gearbeitet und war nur Sonntags zu Hause. Seine Erziehungsversuche (Mathematik) waren unsäglich. Und dann wurde kilometerweit spazierengegangen. Was ich bis heute nicht verstehe ist, dass sich mein Bruder und ich nicht gegen ihn zusammen geschlossen haben. Er hat uns auch ein mal grundlos schrecklich verprügelt. Mutter hat ihm dann im übertragenen Sinn, die Pistole auf die Brust gesetzt.
    Das Verprügeln kam niemals mehr vor.
    Das Verhalten meiner Vaters, auch gegenüber meiner Mutter hätte bei mir beinahe zu einer sexuellen Verirrung geführt, weil ich öfter von Schwulen, nachdem ich eine schwierige Beziehung mit einer Freundin hatte, angemacht wurde. Ich aber Gott seis gedankt nicht in diese Kreise kam.
    Ich war ein attraktiver Jugendlicher.
    Aber habe meinem Vater verziehen. Denn heute ist er ein Vollpflegefall um den auch ich mich kümmere.
    Das könnte die Begleichung der Rechnung für sein Verhalten uns gegenüber sein. Aber auch er hat sich seine Eltern vermutlich nicht ausgesucht. Und bei ihm zu Hause war auch nicht alles in Ordnung. Meine Mutter hat in dieser Hinsicht (Partnerschaft), aus meiner Sicht, auch erheblich versagt, jedoch hatte auch Sie keine Möglichkeit, weil auch sie sich Ihre Eltern nicht ausgesucht hat.
    Ich mag meine Mama sehr gerne.

  8. Hallo
    Toll geschriebener Artikel, weiter so.
    Ich habe nach einigen Jahren meinen Erzeuger gefunden und bin maßlos enttäuscht. Manchmal denke ich, ich hätte lieber mit der Lüge meiner Mutter (sie weiß nicht wer es ist…) leben sollen…
    Leider ist es nicht so einfach mit so einer Situation klar zu kommen. Ich habe mir Hilfe gesucht und auch super Unterstützung von Freunden die mich und meine Situation verstehen.
    An alle anderen „Kuckuckskinder“, Kopf hoch. 🙂
    Lg Rita

  9. Liebe Viktoria
    Sie schreiben:
    „Kuckuckskinder bergen ja das Geheimnis in sich, nicht von diesem Vater abzustammen, bei dem sie leben. Wenn die Mutter kein Geheimnis daraus macht, sind es auch keine Kuckuckskinder.“
    Das ist nicht ganz richtig, ein Kuckuckuskind ist und bleibt ein Kuckucksind, auch wenn die Mutter kein Geheimnis daraus macht.

  10. Martin Methlow sagt

    Interessanter Artikel.
    Meine Eltern trennten sich, als ich 2 Jahre alt. Gott sei Dank. Doch leider musste ich die nächsten 11 Jahre jeden zweiten Sonntag zu ihm. Er versuchte zwar immer der Liebe Vater zu sein und meine Liebe zu erkaufen oder gar zu erzwingen, doch dagegen habe ich mich bis zuletzt gewehrt. Er ist Alkoholiker, Sozialschmarotzer und Messi. Ich danke meiner Mutter noch heute, dass sie mich und meinen älteren Bruder aus diesem Sumpf befreit hat. Mein Stiefvater konnte die Vaterrolle zwar teilweise übernehmen doch mit zunehmendem Alter distanzierte er sich emotional immer mehr von mir.
    Gerade wenn ich einen Film schaue in dem Vater und Sohn eine sehr emotionale Verbindung haben, kann ich meine Emotionen über diesen nicht vorhandenen Teil meines Lebens schlecht verbergen.
    Glücklich bin ich darüber, heute selbst eine glückliche Familie mit 2 wundervollen Töchtern zu haben, denen ich stets Versuche ein guter Vater zu sein.
    Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm trifft in diesem Fall glücklicherweise gar nicht zu.

  11. Karl Hinkel sagt

    Gestern hatte ich auf fb ja versprochen, noch was zu diesem Thema zu schreiben. Es ist so, dass ganz sicher Ungewolltheit in irgendeiner Form und Auswirkung eine Rolle spielt. (Dieses Versetzwerden, dieses Spiel als fünftes Rad am Wagen, als wandelnder Vorwurf, als jemand, der gemieden, oder gar beseitigt werden müsste…) Aber dies ist es nicht, worauf ich antworten will. Mir geht es um eine ganz tiefe, wirklich teuer erworbene Erkenntnis als Betroffener. In einigen anderen Bereichen hatte ich bereits gemerkt, wie trefflich die These ist, dass es nicht so bedeutend ist für das eigene Zurechtkommen mit sich und der Welt, was andere getan haben oder tun, sondern, was man selbst als Concilience – Strategie entwickelt und ERFOLGREICH angewendet hat. Als Kuckuckskind empfindet man den Betrug, der an einem begangen wird durchgängig, d.h., immer, also rund um die Uhr. (ob dies nun bewusst erlebt wird oder weniger bewusst, verdrängen lässt sich die Tatsache nicht) Und diese Concilience-Strategien (in einfachster Übersetzung: Überlebensstrategie) können unendlich vielfältig sein. Für mich hieß dies: „Warum können die beiden nicht dazu stehen, was passiert ist ? Wovon ich das Ergebnis bin ? Warum halten alle lieber diesen steten Stress aus, als offen und ehrlich zu sein ? Nur weil sie Angst vor den Konsequenzen haben, Angst vor der Wahrheit ? Und meine eigentliche Concilience-Strategie bestand nun darin, in sanfter Weise, in Richtug auf Öffnung und Ehrlichkeit einzuwirken. Dabei war mir nichts zu teurer. Zeit, Geschenke, Zugeständnisse, Versprechungen, Anpassungen an was auch immer. Absolut alles hätte ich dafür gegeben, dass die eigenen leiblichen Eltern mir gegenüber aufrichtig gewesen wären. (allerdings war dies auf Grund der ganzen Konstellation nicht zu erwarten) Meine Überlebensstrategie bestand dann immer mehr darin, – selbstgeprägt auf die Probleme anderer – zu kümmern, zu geben, zu liefern, zu `helfen´, mich aufzuopfern… – Dabei entstanden nie wirkliche Freunde, immer mehr die Erfahrung, dass die anderen verschämt oder unverschämt reagierten: „Was hab ich denn mit dir zu tun…?“ oder „Ich hatte doch kein Problem!“ sowie „Was willst du eigentlich immer ?“ Dies alle auszuführen wäre hier nicht möglich. Beim Kuckuckskind passiert etwas. Früher oder später. M. E. ist es sehr bedeutend dem nachzugehen, wie der oder die Betroffene(r) in der Zeit vom 4. bis zum 14. Lebensjahr mit der speziellen Kuckuckseit umgegangen ist. Selbst habe ich das alles ab dem 4. Lebensjahr bewusst erlebt. Und ich war immer wieder damit beschäftigt, wie Familie, Umgebung, Verwandtschaft, ein Dorf, die
    Gesellschaft damit umgeht. Zusammengefasst: Mein eigentliches Problem im Leben war immer und immer wieder, die Mitmenschen nicht als gewöhnlich lügende und fehlerhafte, angstbesetzte Mitmenschen anzunehmen, sondern innerlich ständig damit beschäftigt zu sein: „Warum steht der oder die nicht dazu, was sie sind oder getan haben, war pasiert ist, warum können wir uns nicht als offene, ehrliche und wahrhaftige Wesen begegnen ?“ Immer getrieben, Wiederholungen dieses Dauerstresses durch Verleugnung und Ignoranz aus der Kindheit zu vermeiden, gab es viele Brüche, wirtschaftliche Schwierigkeiten, gesundheitlche Probleme. Stress eben. Aber, und das ist ebenso wichtig, es gab auch die Motivation voran zu schreiten, die Bemerkungen der Lehrer und Dozenten: „Sie hören wohl das Gras wachsen und die Flöhe husten?“ oder der Therapeutin „Aber Sie haben trotzt allem oder dadurch diese Tiefe, diese Echtheit, diese Gegenwart, diese Bewussteit.!“ Nun zu später Stunde: Ein guter Artikel zu einem wichtigen Thema. Dass durch Sex Kinder entstehen können ist allgemein bekannt. Dass man durch Verleugnung der Vaterschaft für das Kind in aller Regel eine immense Stress erzeugt, ist klar. Lernen ist der Schlüssel. Ich danke allen meinen Lehrern und Dozenten. Meine `Manie´ wie mal eine Ärztin sagte, bestand darin, dass ich von allen und der ganzen Welt Offenheit und Ehrlichkeit forderte. Das ist Dauerstress. Viel habe ich von den vielen Vorträgen von Prem Rawat profitiert, der in unzähligen Vorträgen die Welt abklopft: „Schaut doch, womit beschäftigen sich alle dauernd ? oder „Gott könnte die Meere in Tinte verwandeln, die würde nicht ausreichen, die Lügen der Menschheit aufzuschreiben.“ Es lohnt sich, an die Wurzeln zu gehen. Es lohnt sich wirklich.

  12. Viktoria sagt

    Kuckuckskinder bergen ja das Geheimnis in sich, nicht von diesem Vater abzustammen, bei dem sie leben. Wenn die Mutter kein Geheimnis daraus macht, sind es auch keine Kuckuckskinder.

    Dieses Geheimnis ist das Problem, dieses unterbewusste Wissen, belogen zu werden und keine Resonanz dafür zu finden. Macht die Mutter ein Geheimnis daraus, versucht sie im Kind diesen Zweifel systematisch zu zerstreuen. Das Geheimnis muss u.U. um jeden Preis gewahrt werden.

    Dieser Vertrauensbruch, dieses Festhalten an einer Lebenslüge und damit das Kind zum „Lügner“ zu machen, ist das Problem, und erst in zweiter Linie der „falsche“ Vater.

  13. Ja, dass an so wird wie der Vater – oder genau das Gegenteil.
    Ändern kann man das am besten mit therapeutischer Hilfe.

  14. Francis sagt

    Schönen guten Tag,
    Ich habe ein verstendlichkeits Problem, ich verstehe nicht was man mit gleichem Apfel vom Baum fallen gemeint ist. Das man so Wirt wie sein Vater mit denn gleichen Fehler usw.
    Ganz direkt, interessiert mich nur wie man das verhindern kann, das man so wird wie sein eigener Vater. Denn Sie müssen wiesen er ist ein Alkoholiker und vieles mehr.
    Des wegen wehre ich Ihnen dankbar wenn Sie mir einen Rat geben könnten.
    Ich verbleibe hochachtungsvoll.
    P.S. Das ich eine Terapie brauche das weiß ich schon.
    Francis

  15. Tina sagt

    Mein Vater war zwar oft da, aber immer nur körperlich. Er sahs immer nur auf den Balkon, rauchte und starrte in die Gegend. Er ist ein lieber Kerl, aber er konnte sich nie durchsetzen, lies alles einfach passieren.War geistig oft nicht anwesend und konnte keine Probleme lösen. Meine Mutter und er haben sich oft gestritten, schon als Kind habe ich mir gewünscht das sie sich trennen. Jetzt wo ich 30 werde haben sie es endlich getan. Wenn ich jetzt zurück denke, fühle ich mich als ob ich nie einen Vater gehabt hätte. Er hat wenig geredet und sich irgendwie nie für mich interessiert und ich wusste auch nie was ich mit ihm reden sollte. Jetzt ist er weggezogen, ich wusste es, wenn er das macht ist der Kontakt vorbei. Von sich aus meldet er sich nie. Ich weiß er mag mich, aber bemüht hat er sich auch nicht. Man sieht sich jetzt auf Geburtstagen mal, dass wars dann. Ich weiß gerade auch nicht wie damit umgehen soll. Ich hatte auch immer schwierige Beziehungen zu Männern. Aber versuche mir jetzt viel Wissen über Männer anzueignen, indem ich mit erwachsen Männern beschäftige und spreche. Ich möchte nämlich mal eine gesunde Beziehung zu einem interessierten Mann führen 🙂

  16. Marie sagt

    Mein vater hat mich verlassen wo ich 1 jahr alt war meine eltern hatten sich getrennt
    Ja seitdem habe ich nie wieder was von ihn gehört
    Ich war jetzt mal wieder bei seinen eltern und ja ich frage die halt auch immer so fragen über mein vater er hat jetzt nkch ein kind und eine frau
    Er kommt immer weihnachten zu seinen eltern
    Ich habe ihn nur bissher auf bildern gesehen kch möchte ihn so sehr sehen ich hab aber so angst das er sich nicht für mich interessiert 🙁
    Weil meine oma hat ein bild in eine gruppe geschickt wo mein papa drinne ist er hats gesehen aber nicht geantwortet ich hab so angst das er sich nicht für mich interessiert 🙁
    Ich bin am verzweifeln und meine oma und opa beantworten mir ja auch nur fragen sie wollen sich nicht einmischen .
    Aber ich möchte so gerne zu meinen vater weil bei meiner mutter fühle ich mkch auch nicht mehr wohl ich würde hoffen das er verständniss hat und mich vielleicht aufnimmt aber naja das kann man ja nicht gleich verlangen
    Ich hab so angst das er sich nicht für mich interessiert es würde ne welt für mich zsm brechen 🙁
    Können sie mir helfen ?bzw n rat geben ?

  17. Jana sagt

    Hallo, kennt ihr das wenn ihr Urlaub macht und ihr so gelangweilt vom Nichtstun seit, dass ihr anfängt über eure Persönlichkeit nachzudenken? Das mache ich gerade in meinem Wellnessurlaub Südtirol (http://www.zischghof.it/) und deswegen ein großes DANKE für den Blog. 🙂

  18. Ja, vielleicht hilft Ihnen eine Therapie, etwas mit der Vergangenheit zu klären und abzuschliessen.
    Aber das Wichtigste scheint mir zu sein, dass Sie sich nicht zum Opfer machen nach dem Motto „Weil ich meinen Vater nicht kannte, kann ich mich nicht lieben oder akzeptieren usw.“
    Ob Sie sich heute lieben oder lieber abwerten und kritisieren, ist vor allem eine Entscheidung, kein unabänderliches Schicksal.

  19. Laura sagt

    Hallo, auch ich kenne meinen Erzeuger nicht und ich habe in meiner Kindheit immer darunter gelitten und ich habe sehr wohl das Gefühl einen Vater zu haben vermisst, auch wenn ich ihm nie begegnet bin und nur ein Foto von ihm besitze. Ich hatte unglücklicherweise hauptsächlich Freundinnen, die ein sehr gutes Verhältnis zu ihrem Vater hatten und dies zu beobachten hat mich immer daran erinnert was mir fehlt und wonach ich mich sehne.

    Auch heute mit mittlerweile 24 Jahren leide ich immer noch darunter… Aktuell beschäftigt mich das Thema wieder sehr, denn ich bin einfach nicht in der Lage eine Beziehung einzugehen. Hier meine Geschichte: Ich war ca. zwei Monate als mein Erzeuger zurück nach Italien ging, meine Mutter war jedoch bereits vor der Geburt getrennt von ihm. Die Tatsache dass er mich bereits in seinen Armen hielt und trotzdem ging macht mich unglaublich wütend und traurig. Laut meiner Mutter konnte er in Deutschland nicht leben, ihm hätte die Mentalität nicht gefallen. Von meiner Mutter weiß ich, dass er spielsüchtig war. Ich hatte immer das Gefühl meine Mutter möchte nicht über das Thema reden, wenn ich sie heute damit konfrontiere behauptet sie das es nicht so gewesen sei.

    Meine Mutter hatte bis ich 11 Jahre alt war keinen neuen Partner und als dann einer da war, kam ich damit überhaupt nicht zurecht und hielt mich an keine Regeln mehr. Es war eine Anstrengende Zeit für uns beide, nach ca. 3 Jahren war die Beziehung beendet, danach verstand ich mich plötzlich sehr gut mit dem Mann… Ich weiß ich kann die Zeit leider nicht zurück drehen und ich muss damit leben, aber es fällt mir verdammt schwer. Auf andere wirke ich immer sehr stark und selbstbewusst, aber wenn ich Menschen näher an mich heranlasse, dann merken sie doch schnell, das dies mehr Fassade ist.

    Ich kann mich selbst nicht lieben und bin grundsätzlich unzufrieden mit mir. Ich kann es mir nicht recht machen und auch sonst niemand kann dies. Ich bin auch unglaublich sensibel und Menschen können mich so schnell verletzen, aber dies zeige ich natürlich nicht, denn dann würde ich ja Schwäche zeigen. Ich weiß dass ich eine Therapie machen muss, denn sonst werde ich niemals eine „normale“ Beziehung führen können und ich will mich endlich akzeptieren so wie ich bin. Aber das Wissen reicht natürlich nicht, ich muss auch handeln und ich bin gerade dabei dies in Angriff zu nehmen. Doch manche Menschen können irgendwie nicht verstehen, das dies nicht so einfach ist…
    So viel wollte ich gar nicht schreiben und das ich überhaupt etwas geschrieben habe überrascht mich gerade, aber es tat mal ganz gut 🙂

  20. Ilka sagt

    Hallo Herr Kopp-Wichmann!

    Äußerst interessanter Artikel. Konnte sehr viel nachvollziehen. Solche Mechanismen, den Vater zu idealisieren, finden sich immer noch in meinem Leben. Allerdings in Bezug auf Lebenspartner. Habe lange nach einer Erklärung gesucht. Dies könnte ein Ansatz sein. Danke dafür, Ilka

  21. Antonio sagt

    Mein Vater verstarb an Leukämie,als ich wenige Jahre alt war.Doch ich lernte ihn nie kennen,da er nach dem Jugslawienkrieg zurück nach Kroatien kehren musste und meine Mutter während ihrer frühen Schwangerschaft mit mir einen neuen Mann kennenlernte,den sie wenig später bereits heiratete, da sie glaubte und er war ebenfalls davon überzeugt,dass er der biologische Vater wäre.Beide aus streng katholischem Elternhause stammend wollten selbstverständlich verhindern,dass ich als uneheliches Kind zur Welt komme. Es ergab sich dann durch ein gerichtlich veranlasstes Abstammungsgutachten,das der Ehemann meiner Mutter anordnete,da er die Vaterschaft in Frage stellte,dass ich nicht sein leiblicher Sohn bin, sodass er sich auch hat scheiden lassen.Nun trage ich immer noch seinen Nachnamen, doch seitdem ist in meiner Geburtsurkunde kein Vater vermerkt.Als meine Mutter schließlich gerichtlich die Anerkennung der Vaterschaft meines richtigen biologischen Vater wollte, war dieser,soweit ich weiß, bereits an Leukämie erkrankt, wodurch er angeblich nicht fähig war,sein Blut zu geben, was widerum zur Aufklärung beigetragen hätte. Die Anerkennung wurde nie erreicht.Doch ich frage mich wieso.Konnte er nicht oder war er nicht kooperationswillig? Meine Mutter meint bis heute,dass seine neue Lebensgefährtin kein Interesse daran hatte, dass dies aufgeklärt wird, sodass sie ihn abhielt.Angeblich hätte sie den Brief verfasst,den sie dem Gericht überstellte, indem mein Vater erklärt,dass er nicht der Vater sein könne.Ich selbst habe den Brief
    gelesen und er macht mich tatsächlich stutzig.Denn meine Mutter hat ihn immer sehr stark idealisiert.Er soll ein toller charakterlicher Mann gewesen sein,selbst nach der Trennung voneinander,als sie auch bereits in ihrer Ehe war,hatten sie guten Kontakt,was ich allerdings nicht von meiner Mutter, sondern aus gerichtlichen Unterlagen weiß, worin ihr damaliger Ehemann erklärt, dass meine Mutter ständig heimlich Telefonate mit meinem Vater führte.Der ablehnende Brief passt im Endeffekt nicht zu dem positiven Bild von ihm,das ich während meiner ganzen Kindheit vermittelt bekommen habe.Jetzt beschäftigen mich die Fragen, wusste er überhaupt von meiner Existenz,zweifelte er ansonsten wirklich die Vaterschaft an, wieso hatte er sich nicht um Kontakt bemüht?All das hat mich während meiner Kindheit auch nicht beschäftigt.Als mein bester Freund mich mal fragte,wie es ist vaterlos zu sein,antwortete ich tatsächlich so in etwa:“Wie kann ich etwas vermissen, was ich gar nicht kannte?“.Doch das komische war,es hatte mir fast die Kehle zugeschnürt,wenn ich das sagte.Und wenn mein Freund meiner Aussage noch mit einem „Klar“ Nachdruck verlieh,war ich innerlich verletzt.Traurig darüber,dass ich ohne einen Vater aufwuchs,der mich von der Schule abholt oder überhaupt Zuneigung geben konnte.Ich habe ihn in Wahrheit beneidet,doch was hätte ich sonst sagen sollen,etwa,dass er mir fehlt?Ich wäre,glaube ich,in Tränen zusammengebrochen.Heute bin ich 20 Jahre und habe den starken Wunsch ihn aufzusuchen.Doch was soll ich tun,er ist ja tot.Ich würde zu gerne das Gespräch suchen,wie Sie es selbst Herr Kopp-Wichmann in einen ihrer Videos anraten.Wissen wollen,wer er ist,was er zu meiner Person sagt und ob er mich liebt und stolz auf mich ist.Doch ich weiß noch nicht mal genau,wo er begraben ist.Mit der Famile väterlicherseits stehe ich nicht in Kontakt.Doch neulich entdeckte meine Mutter per Zufall die Facebook-Profile meines Onkels und meiner Tante.Zunächst wollte ich nichts davon wissen,weil ich daraus nichts erhoffte.Aber das Interesse hat mich dann doch gepackt.Ich habe Fotos von meinem Vater entdeckt und seitdem kriege ich ihn und seine Familie nicht aus dem Kopf.Der Onkel lebt mit seiner Frau und seinem Sohn in Süddeutschland ein sehr gut situiertes Leben.Auf einem Profil des Sohnes habe ich sogar ein Bild mit ihm neben dem Grabstein meines Vaters entdeckt,was mich wahnsinnig aufgewühlt hat.Ich merke,dass die Familie immer noch in Trauer ist,zumindest hält sie die Erinnerung an ihn öffentlich aufrecht.Jetzt frage ich mich,was das zu bedeuten hat.Ich werde mit keinem Wort erwähnt,doch ich weiß auch,dass die Familie eigentlich von mir weiß.Denn als ich klein war,besuchte ich gemeinsam mit meiner Mutter in Kroatien die Tante,die sich meiner Erinnerung nach sehr verständnisvoll für die Situation meiner Mutter gezeigt hat.Dies war auch der einzige Besuch.Ansonsten weiß ich auch,dass es einen Briefwechsel zwischen der Frau des Onkels und meiner Mutter während meiner ersten Lebensjahre gab.Ich habe zwei Briefe kürzlich gelesen,worin die Frau glaubwürdig ihr Interesse für einen gegenseitigen Kontakt bekundet.Aber ich habe keine Ahnung,was passiert ist,sodass dieser nicht aufrecht hielt.Es ist einfach verwirrend und frustrierend.Jetzt weiß ich nicht,wie ich meinen inneren Frieden mit der ganzen Geschichte schließen kann,meine Gedanken kreisen ständig um meinen Vater.
    Ich habe das sehr starke Bedürfnis ihm einmal wenigstens nahe zu sein.

  22. Hallo Franziska,
    manche schweren Schicksale wiederholen sich tatsächlich – auf fast magische Weise. Vor allem, dann wenn man es nicht schafft, sich von einem problematischen Elternteil zu lösen sondern nur versucht, genau das Gegenteil zu tun es also besser zu machen. Das war wohl bei Ihrem Mann der Fall.
    Eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass einer Ihrer Söhne auch unbewusst diesen Weg geht, ist vielleicht gegeben. Was können Sie tun?
    Oft hilft eine Familienaufstellung, solche schicksalshaften Bindungen zu erkennen und vor allem zu lösen. Das können Sie tun aber vor allem die Söhne könnten das tun, um sich aus diesem Bann zu lösen.
    Mit dem Verstand hat das nichts zu tun, deswegen kann man sich auch nicht vornehmen, es anders zu machen. Es sind ganz starke unbewusste Loyalitätskräfte, die da wirken.

  23. Franziska sagt

    Es ist ganz und gar richtig, dass ein Mann seinen Vater braucht, auch eine Frau braucht ihren Vater. Aber was, wenn er abwesend ist? Ein schlechter Vater? Was kann man tun? Leider nichts.
    Mein früherer Ehemann war der Sohn eines Kriegsteilnehmers. Dieser Vater demütigte die Mutter und misshandelte die 3 Söhne immer wieder, er trank, schlug, machte mehrere Pleiten. Die Mutter war immer die Starke, Tüchtige, irgendwann ließ sie sich scheiden, damals war das eine ungeheure Sache. Danach ging es aufwärts. Allen drei Söhnen und der Mutter ging es besser, alles schien gut. Der Vater verstarb einsam und alleine an Lungenkrebs, er wurde erst Wochen danach gefunden.
    Mein Mann hasste seinen Vater. Als wir heirateten, nahm er meinen Namen an, das Gleiche tat später auch sein jüngerer Bruder, die nachfolgenden Kinder heißen somit alle anders als der böse Großvater. Wir haben 3 Kinder bekommen. Mein Mann schwor sich und mir, ein anderer Vater zu sein, als sein eigener. Und doch wurde er genauso. Auch er machte windige Geschäfte, hatte ein großes Maul, mit schnöder Arbeit hatte er es nicht so, er machte immer wieder große finanzielle Einbrüche, die ich dann wieder in Ordnung brachte, ich verdiente, er gab aus, ich arbeitete, er spottete über mich, ich erzog und förderte die Kinder, er schlug sie.

    Schließlich ließ ich mich nach acht Jahren Ambivalenz scheiden. Die Kinder litten, finanziell ging es aber endlich aufwärts,ich beendete mein Studium, wurde Ärztin. Ich konnte endlich ordentlich für meine Kinder sorgen, keiner schmiss mehr das Geld raus. Die älteren Kinder gingen nach und nach aus dem Haus, allerdings lockte er den jüngsten zu sich, durch Intrigieren, der Junge lebte dann 4 Jahre beim Vater und verwilderte vollkommen. Keinerlei Erziehung, keine Grenzen. Schließlich stürzte sich mein Exmann vor genau einem Jahr eine 70 m hohe Brücke herab, er war vollkommen pleite. Unser Sohn stand damals genau ein halbes Jahr vor dem Abitur.

    Irgendwie haben wir es hinbekommen, wir vier.
    Unsere Tochter ist das erste Kind und verarbeitet konstruktiv, der mittlere Sohn verdrängt alles und zeigt erhebliches aggressives Verhalten mir gegenüber, ebenso autoaggressives Verhalten, immer mehr Tätowierungen, der jüngste verdrängt ebenfalls.
    Was soll ich machen? Verstehen alleine reicht nicht. Ich kann meinen Kindern nicht helfen und das ist so schrecklich schlimm.
    Ich habe große Angst, dass sich die Geschichte wieder und wieder wiederholt und auch mein Sohn so ein Vater wird.

    Was soll ich machen? Es bricht mir das Herz, aber ich kann nichts tun.

  24. lala sagt

    ich bin 18 Jahre alt und habe meinen Vater 2 mal in meinem leben gesehen . ich dachte bis ich 9 Jahre alt war das mein stiefvater mein Vater wäre , als sie sich trennten wusste ich die warheit meine Mutter hatte sie mir erzahlt .. es war ein schock als ich das erfahren habe . ich fragte sie warum ich keinen kontakt zu ihm habe ? warum er nie an einem geburtstagen war ? sie antwortete weinend er weiss garnicht was Dur eine wunderbare Tochter hat was er verpasst hat ! er wollte mich schon damals nicht als meine Mutter ihn erzahlt das das sie schwanger sei meinte er sie soll abtreiben und und wollte mich raustretten . und meine Mutter sollte sich für mich oder ihn entscheiden sie hat sich für mich entschieden . als ich zur Welt kamm und meine Mutter mit mir Zuhause Kamm stände seine Mutter und Schwester vor der Tür und drohten meiner Mutter und sagen das ist nicht von meinem sohm das Kind . meinte Mutter meinte wenn ihr das glaubt dann machen wir einen Test . das wollten sie auch nicht . als ich dann 11 Jahre alt war hatte ich ihn das erste mal gesehen ich habe ihn gesargt das ich bitte mit ihm reden mochte darauf hin er ich komme gleich 4 stunden habe ich auf ihn gewartet doch er Kamm nie . ich schickte Briefe klingelte doch keiner hat geantwortet oder aufgemacht . also damit abschliessen schaffe ich nicht . jetzt bin ich verlobt und möchte meine eigene familie !

  25. Brigitte Müller sagt

    Mein Vater war in seinem Beruf sehr erfolgreich und reiste daher um die ganze Welt. Wir blieben aber immer zu Hause. So kam es, dass er in unser Kindheit sehr wenig präsent war. Wenn er nun mal zu Hause war, war er ständig am „arbeiten“ vor dem PC oder ging seinen Hobbys nach, welche er auch alleine ausübte und nicht mit uns teilte.

    Mit meiner Mutter gab es oft streit, weil er von Anfang an sehr untreu wahr und ständig Geliebte hatte und eine „Schwäche“ für Prostituierte. Jedes mal wenn er eine Geliebte hatte war er zu Hause unerträglich, schrie die ganze Zeit und zeigte deutlich dass wir ihm auf die Nerven gingen. Meine Schwester und ich bekamen seit ich mich erinnern kann diese Streitereien mit.

    Wenn mal unser Vater uns Aufmerksamkeit schenkte, so idealisierte ich ihn und er scheute auch nicht zurück zu zeigen dass ich seine Lieblingstochter war.
    Als ich 13 Jahre alt war, entschieden unsere Eltern sich zu scheiden. Bevor es aber dazu kam hatte mein Vater einen schweren Unfall und starb fast. Er lag eine Zeit im Koma erwachte aber und war ein Jahr in Rehabilitation. In dieser Zeit kam wiedermal heraus dass er eine Geliebte hatte. Für meine Mutter und wir beide Töchtern war es eine schwere Zeit. Wir hatten einen Hass auf ihn entwickelt, mussten aber um ihn sorgen.

    Schlussendlich kam ich mit diesen paradoxen Gefühlen von Hass, Enttäuschung und Liebe nicht mehr klar und ging als ich mit der Schule fertig war ins Ausland zum Studieren.

    Seit drei Jahren wohne ich wieder mit ihnen zusammen und jetzt arbeitet mein Vater nicht mehr, hat auch keine Geliebte mehr. (Weil die Konsequenzen vom Unfall es ihm schwerer machen eine zu finden)
    Trotzdem hat sich sein Charakter nicht geändert. Er schreit immer noch uns an etc.

    Das schlimmste aber ist jetzt dass er Pornosüchtig geworden ist und sich ständig masturbiert. Mit der Zeit hat er jede Hemmungen verloren und gibt sich nicht einmal mehr Mühe es zu verstecken.
    Das hat nun dazu veranlasst dass ich für ihn nur noch Hass und Enttäuschung empfinde.

    Ich habe zum Glück eine feste Beziehung mit einem Mann, der ein sehr guter Mensch ist. Trotzdem habe ich grosse Probleme mit der Intimität. So habe ich extreme Angst bei der Intimität, von meinem Partner auf ein Sexualobjekt abgewertet zu werden, so wie auf den Pornos die mein Vater sieht.
    Ich weiss das mein Partner nicht so denkt wie mein Vater, dass er eine ganz andere Person ist doch trotzdem kann ich meine Angst nicht überwinden.

    Ich bin auf den Schluss gekommen, dass es besser ist kein Vater zu haben als ein solcher den ich hatte.

  26. Wir können unseren Kindern oft nur das weitergeben, was wir selbst erlebt haben. Im Schlechten wie im Guten.
    Der Vater Ihres Kindes wiederholt leider in großen Teilen das, was er selbst erlebt hat.
    Kinder fragen immer nach dem fehlenden Elternteil. Entweder in Realität oder in der Phantasie. Sie wollen wissen, was ihre Wurzeln sind. Wenn Sie Ihrem Kind etwas Gutes tun wollen, besorgen Sie ein Bild von ihm und sprechen Sie gut von ihm. Warum Sie sich in ihn verliebt haben, welche guten Seiten er hatte.
    Wenn Ihr Kind alt genug ist, kann es entscheiden, ob es Kontakt zu ihm aufnehmen will und seine eigenen Erfahrungen mit ihm machen.

  27. pav sagt

    Der Vater meines Kinder ging als das Kind wenige Wochen alt war ins Ausland, da er sich von der Situation ein Kind zu haben überfordert fühlte. Er rief danach mehrfach an wenn er einsam war und wollte dass wir zu ihm kamen spontan, war aber in seinen Aussagen sehr unzuverlässig, so dass das nie zustande kam.
    Zum 1. Geburtstag rief er 4 Tage zu spät an, seither gar nicht mehr, Unterhalt wurde auch nie gezahlt. Kontakt besteht seit Jahren keiner. Das Kind (4) fragt mittlerweile regelmäßig nach ihm. Er hat eine neue Frau, versucht gerade eine neue Familie zu gründen, hat seine Telefonnummer geändert. Allerdings dachte ich anfangs dass ein Vater, den das Kind nicht kennt, evt.l besser sei als einer der ab und zu sich meldet, Versprechen macht und dann wieder für Monate oder Jahre nicht erreichbar ist. Aber es ist auf jeden Fall schade, dass Menschen so egoistisch sein können.
    Er selbst kam aber auch aus einer Familie, wo der Vater zwar die ersten 15 Jahre blieb, aber sehr gewalttätig war, die Mutter irgendwann Alkoholikerin wurde, der Vater dann nach 15 Jahren ging und sich für viele Jahre gar nicht mehr meldete.

  28. Hallo Rike,
    das ist schwer, für Ihre Tochter und für Sie. Am besten wäre wohl ein „Stiefvater“ aber den kann man ja auch nicht so bestellen. Ansonsten hilft es sicher, für ein paar nette Ersatzpapas zum Toben, Spielen etc. zu sorgen. Also Väter von Freundinnen, manchmal auch Sporttrainer oder andere Lehrer.

    Eine andere Möglichkeit ist, ein reales Andenken an ihn zu erschaffen. Wenn Sie ein Foto von ihm haben, wär das am besten. Wenn nicht, lassen Sie Ihre Tochter ein Bild von ihm malen. Stecken Sie es in einen schönen Rahmen und stellen Sie es auf ihren Nachttisch. Reden Sie ab und zu mit ihr und schildern Sie seine positiven Eigenschaften – und nur die. Wenn sie fragt, wo er ist, sagen Sie, Sie wissen es nicht. Sie ist noch zu klein für die Wahrheit, aber sie braucht etwas Reales, sonst entwickelt sie ihr Vaterbild nur in der Phantasie.

    Wichtig ist, dass Sie Ihrer Tochter immer wieder sagen, dass das Wegsein des Vaters nichts mit ihr zu tun hat, denn Kinder suche mit ihrem magischen Denken immer die Schuld bei sich (war böse, weil ich gekommen bin etc.) und kommen da auf die absonderlichsten Ideen.

    Über Facebook habe ich nach Büchern für eine solche Situation gefragt. Hier die Vorschläge:

      Jutta Bauer: Die Königin der Farben
      Nadja: Blauer Hund

    Alles Gute für Sie und Ihre Tochter.
    RKW

  29. Rike sagt

    Sehe das die Beiträge schon etwas älter sind – hoffe ich bekomme trotzdem vielleicht eine Antwort.

    Bin hierauf gestoßen, weil ich auf der Suche nach einem Kinderbuch bin zum Thema. Denn meine Tochter wächst ohne Vater auf, weil dieser jeglichen Kontakt verweigert. Sie möchte aber gerne einen Papa für den Alltag haben zum Toben usw. Sie ist zeitweise sehr traurig – und diese Traurigkeit belastet auch mich, weil ich ihr nicht helfen kann -außer ihr die Wahrheit vorsichtig zu vermitteln, er möchte nicht.

    Klar bin ich mit all meiner Kraft an ihrer Seite – aber wir sind nun mal allein. (Habe auch keinen neuen Partner – es fehlt also ein männliches Vorbild). Der Rest meiner Familie ist auch nicht gerade vorbildlich im Umgang. Das Kümmergen scheint nicht so dolle vorhanden zu sein. Meine Tochter ist inzwischen 8 – sehr schlau, gewitzt und hat viele Freundinnen, ist sehr offen und selbstbewußt – nur beim Vaterthema fängt sie an zu weinen, „weil alle in ihrer Klasse ihre Väter wenigstens kennen – nur sie nicht“.

    Ich habe versucht vor einem Jahr den Vater per mail zu motivieren, ihr mal zu schreiben – bekam aber eine knallharte Absage – was kann ich also tun, um mit ihr durch die Trauer zu helfen? Kinderbücher gibt es scheinbar keine – eine echte Marktlücke… Will sie aber auch nicht zum Therapeuten schleppen, weil sie ja so im Alltag keine „Problem“ hat. Wünsche mir Handwerkszeug für mich – um sie stark zu machen.

  30. perta sagt

    auch ich kenne meinen vater nicht,ein tabu…
    mein urteil:lebenslänglich!!!
    und je länger mein leben dauert desto mehr macht diese vaterlosigkeit mit mir.zuerst hab ich mich zu einem funktionierenden mensch entwickelt,hab alles ertragen und vieles mitgetragen.
    hab ausgehalten,überlebt,mich nicht gefühlt,mich nicht als berechtigtes mitglied unsrer gesellschaft gefühlt.
    rücksicht genommen,vor allem auf meine mutter.niemals auf mich und ich bin ganz langsam kaputt gegangen und hab nie so recht gewusst was mit mir nicht stimmt,ich wollte doch einfach nur normal sein so wie alle anderen.was ich nach aussen bestimmt auch war,nur meine inneren kämpfe,meine zerissenheit,meine zweifel und meine unsicherheit,waren unsichtichtbar für die welt und vorallem für meine mutter.es hatt doch immer alles funktioniert!!!
    ja,da hat sie recht ,ich hab doch immer funktioniert…nur je älter ich werde desto weniger gelingt es den schein zu wahren.ich habe keine guten beziehungen mit männern,habe nie geheiratet
    und habe keine kinder.keine träume,keine ziele….
    vor einigen jahren hat sich mein innerer kampf zu einer starken depression entwickelt und der überlebenskampf war kaum noch zu gewinnen.aber ich habe weiter funktioniert.jetzt bin ich seit einigen wochen ohne depression,was meine tage leichter macht aber die klarheit mit sich bringt das meine sehnsucht sowohl nach vater als auch nach mutter ungestillt bleiben wird.das tabu bleibt,die mutter kann nichts sagen,kann kein mitgefühl für mich haben…
    will mich so sehen wie es ihr gefällt,fröhlich,lustig,fleissig,will nichts von depressionen und vatersehnsuchten wissen.
    und ich bin eine traurige,orientierunglose erwachsene die keine power für ein eigeneslebensowieicheswillweilesmichglücklichmacht hatt,sondern alle kraft dazu verschleudert;morgens aufzustehen und denn täglichen kampf um ein überleben zu kämpfen.
    und dass ist der pure stress und macht mich so müde…

  31. Yvonne sagt

    Hallo,

    ich bin ohne Vater aufgewachsen. Seit der Geburt meines ältesten Sohnes vor 15 Jahren kam bewusst der Wunsch auf, meine Wurzeln zu erkunden. Meine Mutter möchte mir den Namen nicht verraten. Ich hole mal etwas weiter aus.

    Als ich 15 war, stand eines Tages ein mir bis dahin unbekannter Mann vor unserer Tür. Ich sah ihn durch den Türspion und wusste instinktiv, dass ER es ist, traute mich aber nicht die Tür zu öffnen, denn immerhin war er für mich ja ein Fremder! Meine Mutter war zu diesem Zeitpunkt nicht zu hause. Einige Tage später klingelte es wieder. ER war es wieder. Bevor sie die Tür öffnete musste ich ins Zimmer gehen. Es gab Streitereien, von denen ich allerdings akustisch nichts verstanden habe.

    Einige Jahre später bin ich von zu Hause weggelaufen, aus anderen Gründen. In einem Gespräch mit meiner Mutter fing ich nochmal mit diesem Thema an. Sie bestätigte mir, dass ER es war und auch das er von meinen Großeltern unsere Adresse wusste. Auf mehr lies sie sich nicht weiter ein.

    Vor etwas über einem Jahr (ich bin jetzt 34) schrieb ich ihr einen Brief, indem ich ihr mitteilte, wie ich mich seit der Geburt meines eigenen Kindes fühle, wenn ich sehe wie sein Vater mit ihm umgeht, und das ich nun gern selbst wissen wollen würde wer mein Vater ist. Es kam gute 3 Monate keine Antwort. Dann rief sie an und tat so als wäre nichts gewesen (typisch für meine Mutter)… irgendwann am Ende des Telefonats sagte sie so nebenbei, dass mein Brief angekommen sei. Auf meine Frage was sie dazu zu sagen hat kam nur, sie würde ihn nicht kennen und warum ich das denn wissen wolle. Als ich sie daraufhin mit unserem damaligen Gespräch konfrontierte sagte sie mir allen ernstes, dass ich mir das wohl alles nur eingebildet hätte. DAS war für mich noch schlimmer als nicht zu wissen wer ER ist, und ich brach den Kontakt ab vor lauter Enttäuschung. Seitdem möchte ich erst recht erfahren WAS damals los war. Es lässt mir keine Ruhe, ich weiß aber, dass ich einen Weg finden muss um damit abzuschliessen, denn sagen wird sie mir das aller Wahrscheinlichkeit nach nie! Und auch habe ich nicht vor, ewig ohne Kontakt zu ihr zu bleiben… ich weiß nur noch nicht WIE ich das am besten verarbeiten kann. Wie man sieht, bin ich noch mittendrin…

  32. Hallo Denise,
    man kann Kinder nicht zwingen, ihre Eltern zu lieben. Und man kann Eltern nicht zwingen, ihre Kinder zu lieben.
    Sie wissen nicht genau, was die Motive Ihres Vaters waren, dass er so gehandelt hat. Dass Sie das Ganze aufwühlt, wütend und traurig macht, kann ich gut verstehen – aber es sieht so aus, als ob Sie eine Lösung ohne Ihren Vater schaffen müssen.

    Es hilft wenig, Ihrem Vater in der Realität Vorwürfe zu machen. Statt dessen sollten Sie sich von ihm lösen. Und das vor allem innerlich, im Äußeren haben Sie das ja schon getan.
    Eine Familienaufstellung könnte Ihnen vermutlich helfen, zu verstehen, welche Dynamiken in Ihrer Familie wirken. Einfache Schuldvorwürfe helfen da nicht weiter.

    Danke für Ihren Kommentar.

  33. Denise sagt

    Hallo liebe Leute
    Ich bin per Zufall auf diese Seite gestoßen, als ich herausfinden wollte, was mir denn sozusagen „fehlt“ und weshalb ich stets Männer anziehe, die mich zwar nicht lieben können, aber mich auch nicht verlieren wollen. (wahre Aussagen der letzten paar) Hab’s nicht mehr gezählt, ist mir inzwischen zu doof, aber ich hab das schon etliche Male gehört.

    Nun ist mir klar geworden: Mein Vater ist, als unsere Mutter mit meinem Bruder und mir als Zwillinge, schwanger war, einfach ins Ausland abgehauen. Zuerst kam’s noch dicker, da musste meine Mutter einen Vaterschaftstest machen lassen, weil er die Vaterschaft nicht anerkannte, da er gemäß seinen Aussagen unfruchtbar war (hier sei erwähnt, dass mein Bruder und ich heute 3 Halbgeschwister in Italien haben, soviel zur Unfruchtbarkeit).

    Kurz: mein Vater hat seit unserer Geburt mit Abwesenheit geglänzt. Nicht mal versucht hat er es, den Kontakt zu uns aufzunehmen, obwohl er die ganze Zeit wusste, dass es uns gibt und dass wir ihn gerne kennenlernen würden. Wahnsinn. Dieser arme Mann, was muss der gelitten haben… denn ein Gewissen hat auch er, das weiß ich. Ich habe ihn vor ca. 7 Jahren aufgesucht in Italien. Stand plötzlich bei ihm im Laden im Dorf, wo er lebt, denn ich wusste, dass seine Familie in der Zwischenzeit von uns weiss, da ich per Zufall in der Schweiz seinen Neffen kennengelernt hatte und dieser mir sagte, das Dorf wisse über die Schweizer Kinder Bescheid. Sonst hätte ich das nicht machen können, ich hätte seine heile Familie zerstört.

    Wenn ich das jetzt so schreibe, werde ich grad verdammt sauer. Er hat in Italien ein heiles Familienleben geführt, obwohl seine Frau wie auch er seit nunmehr 33 Jahren wissen, dass es uns gibt und seit ca. 8 Jahren wissen unsere 3 Halbgeschwister auch von uns.

    Ich habe diesen Mann, der mein Erzeuger und Vater ist, zweimal besucht, beim ersten Mal war alles noch ganz aufregend, wir haben gequatscht und gelacht und die Jahre fast schon versucht, aufzuholen, beim zweiten Mal war es von seiner Seite dann eher so ein Pflichttermin und das hat er mir unmissverständlich klar gemacht, seine Frau hat sogar Fernsehen geschaut im Restaurant, als wir essen waren, unsere Halbgeschwister sind schon gar nicht mehr mitgekommen.

    Da ist sie hin, die Wärme des ersten Treffens. Es ist so, dass dieser Mann fremd ist für mich, ich sehe, dass ich seine Augenfarbe und sein Lachen habe, aber mehr nicht. Ich weiss, dass italienisches Blut in meinen Adern fliesst, aber mehr nicht. Ich werde ihm sein Gewissen auch nicht beruhigen oder ihm sagen, dass ich ihn verstehe, für das, was er damals getan hat. Er hat mir seine Version erzählt und anscheinend waren zum gleichen Zeitpunkt zwei Frauen von ihm schwanger, meine Mutter war die stärkere, ältere, also ist er wieder nach Italien zur jüngeren Frau, die alleine nicht geschafft hätte, durchs Leben zu kommen.

    Was ist das für eine Begründung, dass man seine Kinder einfach im Stich lässt, nur weil da eine andere Frau ist, die es alleine nicht schafft. Und was ist mit uns, meinem Bruder und mir, meiner Mutter? Er hat gefehlt, dann, wenn es darum ging, meinem Bruder Dinge beizubringen, er hat gefehlt, dann wenn ich mal in den Arm genommen werden wollte von jemand stärkerem. Er hat gefehlt, als wir unseren Lehrabschluss beide zur selben Zeit gemacht haben, als wir vorher noch Hausaufgaben lösen musste, als es darum ging, dass wir unsere Muttersprache lernen. ER HAT GEFEHLT! ER WAR EINFACH NICHT? EINFACH WEG! So, als würde es uns nicht geben.

    Unsere Halbgeschwister leben mit ihm dieses Leben, welches er uns verweigert hat. Er wollte, als wir 5 Jahre alt waren, meinen Bruder zu sich holen, das habe ich ebenfalls vor acht Jahren erfahren. Aber mich wollte er bei unserer Mutter lassen, weil ich ein Mädchen war und er doch schon ein Mädchen hatte, sich aber dringend einen Jungen wünschte. Er wollte uns einfach auseinanderreissen.

    Meine Mutter hat sich natürlich dagegen gewehrt, aber ich weiss, dass er in dieser Zeit öfters um unser Haus rumgeschlichen ist, uns also auch gesehen haben muss. Haben wir ihm denn nicht gefehlt? Es gibt so viele Fragen, die ich ihm auch gestellt habe, aber er kann sie nicht beantworten. Er weiss es nicht, sagt er. Er weiss es einfach nicht.

    So, jetzt muss ich hier stoppen. Es wühlt mich gerade sehr auf. Ich bin jetzt 33 Jahre alt, habe einen Zwillingsbruder, der selber seit zwei Jahren Papa ist, und etwas sein muss, was er selber nie erfahren hat. Ich wünsche meinem Bruder in der Vaterrolle alles Liebe. Mein Bruder will IHN nicht kennenlernen, er hat mich vor einigen Wochen nach SEINER Telefonnummer gefragt, aber er hat sich noch nicht bei ihm gemeldet. Ich hoffe, mein Bruder macht dies, bevor ER stirbt.

    So leicht darf unser „Vater“ nicht davon kommen. So nicht… er soll ihm auch in die Augen schauen und ihm sagen, dass er dies und jenes nicht weiss. Er weiss es einfach nicht. Wie geht das bitte?

    Alles Liebe
    D.

  34. Sammy sagt

    Hallo,
    ich bin auch ohne Vater aufgewachsen. Mein Bruder ist 2 Jahre nach mir auf die Welt gekommen und bereits vor seiner Geburt war er weg. All die Jahre ist er mal 2-3 Mal im Jahr für ein Wochenende zu Besuch gekommen, immer abhängig von seiner Laune und ob er gerade eine Freundin hatte oder nicht. Mal hat er versprochen zu kommen und kam dann einfach doch nicht. Er hat es nie nötig gehalten zumindest vorher anzurufen und abzusagen. Manchmal hat er uns Urlaube versprochen oder uns eingeladen hat uns Briefe geschrieben und war dann wieder monatelang von der Bildfläche verschwunden. Auf Briefe oder Anrufe hat er einfach nicht reagiert. Irgendwann hat er uns eine Einladung von seiner Hochzeit und ein Bild von unserer neuen Schwester geschickt. Danach haben wir gar nichts mehr von ihm gehört.

    Das ist jetzt ungefähr 15 Jahre her. All die Zeit gab es viele Situationen in denen ich mir einen richtigen Vater gewünscht hätte aber obwohl er uns nicht nur einmal enttäuscht hat kann ich nicht sagen, dass ich ein schlechteres Leben hatte. Wir sind in einer Großfamilie aufgewachsen und es waren immer genug Leute da. Mein Bruder hat schon immer mehr darunter zu leiden gehabt. Vor 2 Jahren hat er meinen Vater aufgespürt sie haben sich getroffen und mein Vater hat ihm erzählt wie böse unsere Familie mütterlicherseits immer schon zu ihm gewesen sei er hat es dargestellt als wäre er ein Opfer.

    Wobei man sagen muss dass ihm nie irgendwelche Steine in den Weg gelegt wurden und er immer hätte kommen können. Nach diesem Treffen hat mein Vater den Kontakt mal wieder abgebrochen und somit meinem Bruder gleich nochmal bewiesen dass es allein an ihm liegt. Mein Bruder ist dieses Jahr selbst Vater geworden und trotz allem hat er es nochmal versucht…hat ihn gefragt ob er ein Bild haben will usw…aber von meinem Vater kam nichts zurück. Mein Bruder studiert jetzt und will sich Bafög beantragen und braucht somit ein paar Unterlagen von meinem Vater. Er hat eine nette Email geschrieben und ihm darum gebeten…und zurück kamen nichts weiter als Beschimpfungen.

    Vor ein paar Tagen hat der Vater von meinem Vater meinen Bruder angerufen und ihm vorgeworfen ein Schmarotzer zu sein und wann er überhaupt das letzte Mal seinen Vater Vater genannt hätte und was er auch erwartet hätte. Wir hatten zu unseren Großeltern väterlicherseits eigentlich bis vor ein paar Jahren ein recht gutes Verhältnis. Aber mein Vater erzählt seit einigen Jahren seiner Familie dass wir immer böse zu ihm gewesen wären, wir und unsere böse Verwandtschaft.

    Mein Vater war für mich lange Zeit kein Thema mehr aber jetzt…nach den letzten Tagen frag ich mich was er sich eigentlich denkt und ob er wirklich an seine Version der Geschichte glaubt. Ich frag mich warum er uns hasst nachdem er uns (mich) seit über 15 Jahren nicht gesehen hat. Er kennt uns nicht weiß nicht wie wir aussehen er weiss nichts über uns. In solchen Momenten kommt die Wut hoch ich könnte mich nur aufregen aber vielleicht ist die einzige Antwort auf all dass das er es einfach nicht wert ist sich über ihn aufzuregen oder zu versuchen ihn zu verstehen.

    Vielleicht ist die einzige Antwort dass seine Kinder ihn nie im Entferntesten interessiert haben und er dass so nicht stehen lassen kann und deswegen die ganze Geschichte einfach umdreht. Und was meine Großeltern betrifft die ich seit mittlerweile 6 Jahren nicht gesehen hab. Vielleicht sollte ich sie einfach lassen-ich würde mich freuen wenn sie sich melden aber sie tun dass seit Jahren von allein gar nicht mehr. Sie reden genauso schlecht über meine Familie und sind generell sehr schwierige Menschen. Vielleicht sollte ich es einfach vergessen und versuchen nicht so zu werden.

    Entschuldigung wenn dieser Text lang und wirr ist aber seit den letzten Tagen geistert mir dieser Teil meiner Familie im Kopf rum.

  35. Hallo Florian,
    freut mich, dass Ihnen meine Podcasts zu dem Thema etwas geholfen haben. Oft gibt es die Tendenz, das was man erlebt hat, unbewusst in seinem eigenen Leben zu wiederholen. Insofern ist es sicher gut, wenn Sie sich Gedanken machen über Ihre eigene Vaterrolle. Falls Sie mal in Gefahr sein sollten, auch die Familie zu verlassen, ist es vielleicht hilfreich, sich professionelle Unterstützung zu holen, um zu bearbeiten, ob es wirklich Ihr eigener Entschluss ist oder mehr eine Reinszenierung einer alten Erfahrung.

    Danke für Ihren Kommentar und alles Gute.

  36. Florian sagt

    ich bin auch ohne vater aufgewachsen, habe ihn aber immer schon gekannt. meine mutter wollte das ich meinen vater gern habe und ihn nicht hasse. ich stehe der vater-sohn beziehung sehr „neutral“ gegenüber.
    vor einigen wochen habe ich wieder kontakt aufgenommen, bin aber sehr vorsichtig mit dem umgang, da ich ihn schon seit ca. 10 jahren nicht mehr gesehen oder mit ihm gesprochen habe.
    die podcasts waren sehr hilfreich für mich. auch in der hinsicht übers selber vater sein. ich bin nämlich seit 6 monaten stolzer vater einer entzückenden tochter…und auch ich mache mir oft gedanken „was wäre wenn…“ wenn ich die familie verlassen sollte, versuche natürlich alles dagegen zu tun, aber oft fällt es mir schwer…dennoch werde ich es schaffen!

  37. Michl sagt

    Hallo

    mein Vater begang Selbstmord, als ich 8 Jahre alt war.
    Die ersten drei Jahre danach (von heute aus geschätzt) waren voller bitterer Traurigkeit und Hillflosigkeit. Bis ich anfing, mir auch das Weinen zu verbieten, es änderte nichts an der Situation. Mittlerweile habe ich einiges erfolgreich geschaftt, geblieben ist aber immer ein Gefühl der Hilflosigkeit

  38. Hallo Defne,
    wie kann man diese Lücke füllen? fragen Sie. Letztlich nur durch andere positive Erfahrungen. Entweder im realen Leben oder im Verlauf einer Psychotherapie. Ersteres ist nicht einfach, da man unbewusst sich oft jemand sucht, der das alte Muster bestätigt, wie Ihnen das wohl passiert ist.

    In einer Therapie ist es leichter, weil man, wenn man sich den richtigen Therapeuten/Therapeutin aussucht, sicher sein kann, dass der andere es gut mit einem meint. Wird man trotzdem misstrauisch, ist es leichter zu sehen, dass es die eigenen Muster sind.

    Danke für Ihren Kommentar.

  39. Defne sagt

    Hallo,

    mein Vater ist der aus der Kategorie „körperlich da aber emotional nicht zu erreichen“ Typ.
    Ich bin Türkin und wurde früh verheiratet. Mittlerweile geschieden und auf eigenen Beinen. Habe lange gebraucht um mich selbst zu finden. Durch bin ich mit meiner Geschichte noch nicht.

    Ich habe mich ein zweites mal in einen Mann verliebt, bei dem dieses Gefühl abgewiesen zu werden aktiviert wird. Dann mache ich es nicht mehr wie früher und melde meine Bedürfnisse an und sie werden jetzt zum zweiten mal nicht ernst genommen. Ich habe mich von ihm getrennt.

    Der Satz: „Wie kann ich etwas vermissen, was ich gar nicht kannte?”
    lässt mich kalt erstarren. Wie soll ich das sonst Verarbeiten? Wie soll ich diese Lücke füllen?

    Gruß

    Defne

  40. Karl Hinkel sagt

    An Thorstens Stelle hätte ich mich jetzt verletzt gefühlt. Natürlich gibt es das! Und genau so, wie Thorsten das andeutet, habe ich das auch erlebt. Die Welt ist ein Gefühl. Und wenn sie das nicht ist, dann ist sie vielleicht ein Kinder-Hin-und-Her-Organisations-Planet.
    Es gibt nichts, was es nicht gibt und es gibt noch mehr!
    Ein Kind kann ein willkommenes Machtvehikel für eine Mutter sein. Das gilt in viellerlei Hinsicht. Da sie sehr gut weiß, wie mächtig Gefühlssachen sind, kann sie Hergeben und Enthalten des Kindes als Belohnung und Bestrafung einsetzen. Der Vater ist dem meistens hilflos ausgeliefert. Im WWW gibt es mitlerweile Interessengruppen, Foren, Hilfen. Wenn ich wieder damit zu tun hätte, würde ich unbedingt! die angebotenen Hilfen in Anspruch nehmen. Unbedingt. Alleine ist das Wahnsinn. Immer, wenn Kinder im Spiel sind, ist das so schwer. Villeicht ist Bullemie mit im Spiel, was ich so erlebt habe. Der Mann kocht liebevoll, wird unter Stress anschließend mit dem Kinderwagen rausgeschickt, weil die Mutter das Essen schnell wegkotzen will und/oder muss. Manche Zusammenhänge bekommt man ja erst nach Jahrzehnten raus. Dann wird einem mit Sicherheit unheimlich. Wenn solche unheimlichen Heimlichkeiten dahinterstecken, dann trügt einen nicht die Schwere unter dem Brustbein, der ständige Klos im Hals oder spontanes Weinen im Dienstwagen. Lieber Herr Kopp-Wichmann, ich habe dem Thorsten seine Darstellung sofort geglaubt. Betroffenheit ändert alles. Thorsten, such Dir Hilfe, google, suche Dir unbedingt einen Verbündeten, eine Gruppe, suche die Wahrheit; denn vielleicht geht es um etwas ganz anderes. Das Kind ist ja ein Kind. Und es hat mit dem ganzen Kram in aller Regel nicht die Bohne zu tun. Blauer Himmel über Köln und allen U-Bahn-Baustellen. Spazierengehe, Pause. Alles Gute! Karl

  41. Hallo Thorsten,
    ich kann mir nicht so vorstellen, dass der Wettbewerb „Wer ist der besser Elternteil?“ allein zu der Trennung geführt hat. Aber ich erlebe oft in Seminaren, wenn man etwas besser machen will als die Eltern, dass es schief gehen kann. Meist will man ja da den eigenen Kindern etwas geben, was man selbst sehr vermisst hat. Vielleicht waren Sie damit so beschäftigt, dass die Beziehung zu Ihrer Partnerin darunter zu sehr litt.
    Bezüglich Ihrer Angst um die Sorgeberechtigung wäre vielleicht eine Mediation im Vorfeld sinnvoll. Damit der Paarkonflikt nicht über die Kinder ausgetragen wird.

    Danke für Ihren Kommentar.

  42. Thorsten sagt

    Hallo,
    ich bin 44 Jahre und Architekt.
    Mein Vater hat sehr viel gearbeitet und war nicht so oft zu Hause.
    Nun gebe ich mir mit meiner 2. Familie, ich bin bereits 1 mal geschieden mit einer erwachsenen Tochter, bei meinen 2 Söhnen, 2 und 6 Jahre alt sehr viel Mühe. Ich betreue die Kinder die Hälfte der Woche, die Mutter die andere Hälfte. Leider hat dies dazu geführt, dass sich die Mutter von mir getrennt hat, da ich anscheinend ein zu grosser Konkurrent bei der Kindererziehung für sie bin.
    Beziehungskonflikt sind zu einem Großteil unterschiedliche Ansichten zur Erziehung der Kinder.
    Schade eigentlich, da wollte ich etwas besser machen als mein Vater und habe damit wohl meine Familie ruiniert. Aber die Jungs sind mir nun mal über alles wichtig.
    Nun plagt mich die Angst,daß die Mutter als Sorgeberechtigte alle weiteren Dinge wie Schulwahl usw. ohne mich festlegt.

  43. Hallo Manfred,
    danke für Ihren ermutigenden Bericht, weil er zeigt, dass man sich als Erwachsener auch aus schwierigsten Familiendynamiken herausarbeiten kann.

  44. Manfred sagt

    Wie habe ich meinen Vater erlebt?

    Leichtfertige Trennung und ein vorgesetzter Stiefvater, der selbst nach drei Ehen und drei eigenen Kindern außerstande war, seinen Minderwertigkeitskomplex zu bewältigen.
    Das war ein kleiner Mann. Der sich über andere stellte (mit akademischer Finesse und Überheblichkeit) und auf andere herunterschrie, wenn ihm die Argumente ausgingen.

    Ein Mensch, dem ich n i e genügen konnte. Den meine Mutter dennoch innig geliebt hatte. Weil er wohl auch Vaterfigur war (ihr eigener Vater verbrachte viele Jahre in Kriegsgefangenschaft und war danach nur mehr ein Schatten seiner selbst. Und gerade dieser Großvater hat mich so bedingungslos geliebt, daß ich heute noch mit Tränen in den Augen an sein Leid und seine Liebe denke.

    2. Die teilweise Abwesenheit
    * Die Eltern trennten sich früh.

    Der leibliche Vater, gezeichnet durch innere und äußere Verletzungen als sehr junger Mensch in den letzten Tagen des Krieges, hat sich immer redlich um Kontakt bemüht, wußte sich in seiner traumatischen Situation allerdings oft auch keinen anderen Rat, als das Kind zum Vehikel seiner Verzweiflung am eigenen Scheitern (der Ehe) zu machen.

    Und dennoch hat er kontinuierlich an sich und für sich gearbeitet. War an den wenigen Stationen seiner beruflichen Laufbahn sehr konstant. Und wann immer es mir dreckig geht, dann ist es seine Kraft – und die der männlichen Ahnen, die durch ihn zu mir fließt – die mich am Leben und bei guter Stimmung hält. Ohne daß ich wegen krankhaftem Positivismus auf die Couch brauch… 😉

    Um diese Sicht auf die Dinge zu bekommen hat es natürlich einiger Auseinandersetzungen gebraucht. Es gab auch – wie in den anderen Fällen – eine langjährige Funkstille. Am meisten hat mir, nein, nicht das Psychologiestudium, sondern die systemische Ausbildung bei Otto Brinck geholfen, Zusammenhänge und Wirkmechanismen zu erkennen, anzunehmen und aufzulösen. Zum Frieden aller Beteiligten und zur Erlösung des verletzten Familiensystems.

  45. Karl Hinkel sagt

    Hallo und guten Abend,

    was meine Vorkommentatoren da berichten finde ich gar nicht mal mehr so extrem aufregend, obwohl es das ja objektiv ist. Im Kölner EinsLive-Sender des WDR sowie dem WDR-Fernsehen findet werktags nachts um 1.00 Uhr eine Talkrunde statt, wo kontinuierlich solche Geschichten berichtet werden.
    Persönlich habe ich viel von den Singer/Songwritern und deutschen Liedermachern gehabt, beginnend in den frühen 1970 ern. Danach, in den 80er Jahren fand ich Literatur aus dem Bereich der Co-Abhängigkeit, da Mißbrauchte – welcher Art dieser Mißbrauch auch immer gewesen sein mag – stark zu krankhaften Co-Abhängigkeitsbeziehungen neigen, ja diese geradezu suchen, ein Leben lang pflegen und verteidigen, auch wenn sie ruinös sind!
    Auf einem Blog habe ich begonnen, ein paar kurze Rezensionen dazu zu geben. Das ist allerdings gerade erst begonnen, wird aber Ende Februar fortgesetzt. Der Stress lauert überall und unentwegt. Im 10. Schuljahr Hauptschule war das rund um mich so unerträglich, dass ich diese Zeit – die meisten Mitschüler waren außer Rand und Band, weil sie mächtig begannen, Hormone zu produzieren – wie in Trance erlebte.

    Ein begabter Nachhilfeschüler erlebte diesen Stress vor wenigen Jahren ähnlich und ich um mir weitere unangenehme Details zu ersparen – das scheint sowieso in der breiten Masse, die sich stets auf dem kleinsten Nenner trifft, ganz normal zu sein – . Toll ist es immer, wenn es wirklich mal anders ist, sicherer, respektvoller, partnerschaftlicher, echter.

    Ich schrieb dem Jungen spontan ein Lesezeichen und ich bin sicher, er würde mir erlauben, dies hier wiederzugeben:

    An Diamo II

    Geh hin, wo du atmen kannst,
    Wo sie tanzen, turnen, turtelnd schrein.
    Du fühlst, wer die Sehnsucht stillt, der will nicht,
    Dass dein Herz in Mikrokristalle zerbricht.

    Geh hin, wo du singen kannst,
    Von dem, was du willst und brauchst und gibst,
    Wenn du dann endlich den einen triffst,
    Steh dahinter, dass du ihn liebst.

    Geh hin, wo du vergessen kannst,
    Was gestern die Kräfte dir nahm.
    Als das Reiten mit Rückenwind
    Dir so unendlich fremd noch vorkam.

    Geh hin, wo die Stimmung stimmt,
    Die Flipper flippern, kein Flopper mehr floppt.
    Stell dich an beim guten Wein dort,
    Wo keiner die Selbstachtung dir nimmt.

    Geh hin, wo die Angst regiert,
    Dummheit, Unterdrückung und Not.
    Sag dass sie atmen solln,
    Sonst sind sie heute schon tot.

    Weil man sich selbst nur leben kann,
    Aus dem Unterholz treibend ans Licht,
    Egal, was die andern tun,
    Verliere dich nicht.

    Ja, weil jeder ein Kosmos ist,
    Sind Übergriffe jedweder Art, die
    Verbalen, tätlichen, sexuellen
    Im Meer des Lebens erstickenden Wellen.

    Wie ein Sandfisch kannst du mit geschlossenen Augen noch sehn,
    Wo die Ängste der Fremden auf deinem Rücken sich drehn.
    Zumindest gibt es dir frischen Wind,
    Wenn du weißt, dass es ihre eigenen sind.

    Auf keinen Fall füge der Unterdrückung der Welt
    Die Selbstunterdrückung hinzu –
    Abhängig seien wir alle, sagen sie,
    Fragt sich nur wovon und wozu.

    Vom Brandgeruch zum Schmuseduft,
    Vom Vakuum zur Sommerluft,
    Ungewollte Kinder mit Goldlavablut
    Und Bambusflechtwerksherzen.

    KH/06.06

    Lieber LordDavid, Jonathan, Immo, Susanne und die unzähligen anderen, von der tiefsten und kräftigsten Stelle meines Herzens wünsche ich allen viel Kraft und die Befreiung von aller Angst und allem, was daran hindert, ein kompetentes, autonomes und glückliches Leben in Gesundheit und Wohlergehen zu führen. Und schafft Ihrs nicht allein, sucht Euch Hilfe.

  46. @LordDavid: Das ist ja das Fatale an schlimmen Kindheitserinnerungen oder Traumatisierungen. Sie wirken unbewusst fort bzw. tendiert man dazu, diese immer wieder mit anderen Menschen zu reinszenieren. Deshalb ist Therapie hier fast immer wichtig, um diesen Teufelskreis zu unterbrechen.

    Danke für Ihre Offenheit.

  47. LordDavid sagt

    Mein Vater hat mich missbraucht, vergewaltigt über viele Jahre meiner Kindheit und trotz alldem empfinde ich keinen Hass für diesen Mann. Die Folgen auf mein heutiges Leben sind fatal, ich traue bzw. vertraue keinem Menschen. Wenn ich es doch versuche (was nicht oft passiert), dann kann man mich sehr schnell verletzen, oft schon durch ein falsches Wort oder auch durch schweigen. Ich weiß oft nicht was richtig und was falsch ist im Leben. Ich projeziere meinen Erlebnisse die ich in der Kindheit hatte, auf die Menschen um mich herum. Die Welt und das Leben erscheinen unreal. Ich habe durch die Schläge und Schreie von damals immer das Gefühl, ich könnte nichts richtig machen im Leben. Jeder Diskussion versuche ich aus dem Weg zugehen. Von meinem Vater habe ich immer nur gehört, ich wäre nichts wert, wäre zu nichts zu gebrauchen. Das glaube ich in meinem Inneren noch heute. N

  48. @ Jonathan: Ein ganz wichtiger Punkt, den Sie da zitieren, warum es ungemein wichtig ist für eine persönliche Veränderung, aus der Opferposition herauszukommen.

    So „richtig“ sich da anfühlen mag, den Vater oder die Familie anzuklagen und seine Wut auf sie zu richten: wenn man das zu lange macht, bleibt man darin stecken. Denn es verbindet einen mit dem Täter, es hilft nicht, sich zu lösen.

    Vielen Dank für Ihre zahlreichen, immer sehr kenntnisreichen Kommentare.

  49. Jonathan sagt

    Das Problem mit der Suchvaterschaft ist ja nicht nur auf Vater und Sohn begrenzt. Sie blasen sich auf, fallen in sich zusammen, flüchten und verstecken sich. Dann schreien sie gleichzeitig alle nach Beachtung, irgendwie und irgendwann alle drumherum und mittendrin.

    Bei uns war das so, dass eine ganze, riesige, an sich grandiose Großfamilie mit wertvollen, faszinierenden jungen und älteren Menschen daran völlig zerbrach. Auch der Älteste war nichtleiblich und als dieser begann, Fragen zu stellen, wurde er geopfert. Von seiner eigenen Mutter, die den Jungen dann mißbrauchte, um von ihrer Alkoholkranheit abzulenken.

    Ihm wurde bald in der Dorfkneipe vermittelt, dass sein Leiblicher ein Politischer war, Zwangsarbeiter, der im Nachbarort in der Fabrik arbeitete und nach dem glücklicherweise verlorenen Kriege noch ein paar Jahre blieb, hauptsächlich um ihn, den Erstgeborenen zu zeugen.

    Mittlerweile habe ich gelernt, dass sich sowohl Mütter, wie auch Väter eher in Scheiben schneiden lassen, als zu einer Klärung beizutragen. In unserem Falle wurde der Älteste geopfert, in ein Erziehungsheim gesteckt – oh, was das damals bedeutete – weil er, um Aufmerksamkeit zu bekommen in die Kuhmilchkanne vom Ackermann gekackt hatte mit 14.

    Lieber nahm man tägliche, nein täglich nächtliche Eskalationen in Kauf, bis Blut floß, als einfach diesem Klassejungen zu sagen: „Ja, so ist es, fahr hin zu ihm, solange es geht, ja, du hast Recht. Du bist in Ordnung und wir haben dich lieb.“ Nein, es war anders. [Tatsächlich bestätigte mir sein Klassenlehrer später: „Das war der Hellste, der Feinste und Klügste von allen, zuverlässig und korrekt. Den habe ich geschätzt wie meine eigenen.“]

    Sie haben es alle drauf ankommen lassen. Bis alles platt war. Alle waren letztlich schwer krank. Alles endete in Eskalationen, Dauerstress für eigentlich alle, Schuldzuweisungen, totalen Brüchen emotionaler Beziehungen, wirtschaftlichen Zusammenbrüchen, Verlust an Kommunikation und Realität. Sie fielen wie die Dominosteine.

    Dann bin ich doch nicht Psychologe geworden, auch kein Sozialpädagoge sondern Ingenieur. Aber heute fühle ich mich sehr wohl damit, ingenieurmäßig komplexe Psychologie verstehen zu können. Nach langer Suche und Bemühungen, fand ich kürzlcih dies:

    (und es ist sehr praktisch, legt quasi die geistige Hand an einen Schalter)

    „Mit einer vorwurfsvollen Einstellung gerät man in einen Prozeß von Anschuldigung. Man glaubt, die Probleme aufgrund dessen zu haben, was jemand einem antat, und damit hat es sich. Es wäre, als sagten Sie: `Ich bin aufgrund dessen, was du mir angetan hast, wie ich bin, daher bin ich hilflos und kann mich nicht ändern. Alles ist deine Schuld. Ich konzentriere mich nur darauf, was du getan hast und werde diesen Standpunkt nicht aufgeben.´ Schuldzuweisungen fesseln Sie an die Person, die Sie mißhandelte, und macht Sie abhängig von einer möglichen Änderung dieser Person, damit Sie geheilt werden. Das gibt alle Macht dem Aggressor und macht Sie, das Opfer, hilflos und nimmt Ihnen die Fähigkeit, sich zu schützen oder zu ändern. Schuldzuweisungen halten Sie in der Krankheit befangen und verschlimmern sie vermutlich.
    [und dieser Mechanismus wird noch dadurch stärker] …da hinreichend dokumentiert ist, dass Menschen, die in gestörten Familien großwurden, als Erwachsene oft Beziehungen mit Menschen suchen, die die gleiche emotionale Atmosphäre wie in ihrer Ursprungsfamilie schaffen. Wenn Sie nicht zurückgehen und überprüfen, was geschah, ist es praktisch unmöglcih, sich die gestörte Dynamik in der gegenwärtigen Familie (Beziehung…) anzusehen.“ Pia Mellody, Verstrickt in die Probleme anderer, München 1998, S. 137 + 140

    Die technische Analogie dazu, wie man den Weg heraus findet, ist der Impuls, der Schaltvorgang, der den Teufelskreis stoppt. Ein Riesenthema. Eine Riesenaufgabe. Aber ich kann persönlich allen nur von ganzem Herzen versichern:
    Es lohnt sich. Jonathan

  50. @immo: Hallo Immo,
    ja ein großes Thema, das sehr tabuisiert wird.

    In Ihrem Falle finde ich es gut, dass Sie den Mut fanden, nachzuforschen und tatsächlich auch noch Ihren Vater kennenlernten, wenn auch nur kurz. Man darf sein Leben nicht auf einer Lüge aufbauen, das wirkt auf unergründliche Weise immer auf die Seele. Man spürt etwas – und kann es erst erklären, wenn man die Ursache herausgefunden hat.

    Danke für Ihren Kommentar.

  51. Ja – eine sehr wichtige Frage.
    Für mich gehört noch der Kuckucksvater dazu, der zunächst nicht benannt wird und dadurch abwesend ist, genauer gesagt oftmals einfach durch einen anderen ersetzt wird. Und oft kommt die Wahrheit dann doch ans Licht, aber meistens erst sehr spät – manchmal zu spät oder erst wenn alle Beteiligten tod sind.
    Bei mir war es so, dass ich immer besondere Probleme mit „meinem“ Vati hatte, der irgendwann dahinter kam, dass er nur der juristische – aber nicht der leibliche – Vater ist und er hat versucht, die Vaterrolle zu spielen, aber ich erlebte ihn als nicht ganz anwesenden Vater.

    Ich hatte dann eines Tages – mit Mitte 40 – allen Mut zusammen gefasst, bei meinem Vati mal genauer nachzufragen, was er EIGENTLICH über mich denkt (denn ich spürte da immer eine gewisse Distanz) und nach der Mitternachtsstunde und etwas Alkohol hat er „ES“ mir dann offenbahrt und auch den Namen des „Erzeuges“ genannt – meine Mutti hat es weiterhin abgestritten aber schließlich sind wir dann gemeinsam zum fraglichen Papa gefahren und dann haben sie „ES“ gemeinsam zugegeben; leider konnte ich ihn nur einmal sehen, denn er ist dann bald gestorben und kurz darauf dann meine Mutti.

    Also bei mir war der juristische Vater zwar da, aber eigentlich abwesend und der leibliche Papa – der wußte, dass er der Erzeuger ist – war abwesend (weil meine Mutti es so wollte), aber er war sich seiner Vaterolle bewusst.
    Es soll ja etwa zehn Prozent Kuckuckskinder geben, aber das ist immer noch ein großes Tabu. Meine große Hoffnung ist, dass dieses Thema endlich mehr thematisiert wird, weil es doch so viele betrifft, die sich aber oft nicht trauen darüber zu sprechen.

  52. Hallo Jonathan,
    eine ganz schlimme Geschichte, die Sie erzählen. Das Prägendste eines solchen Schicksals ist, meiner Erfahrung mit Menschen nach, das erworbene Mißtrauen. Wenn man entdeckt, dass einen die eigenen Eltern über etwas so Basales wie die eigene Herkunft über Jahre belogen oder im Ungewissen gelassen haben, ist eine enorme Hypothek für das spätere Leben.

    Wem oder was kann man im Leben noch trauen oder vertrauen, wenn man so früh so lange hinters Licht geführt wurde. Und dies meist noch aus Gründen, die nicht wirklich gewichtig sind. Meist geht es ja bei den Gründen um das Bild, die Fassade nach außen, um das Vermeiden sogenannter „Schande“.

    Gut, dass Sie trotz – oder vielleicht auch ein Stück deswegen – Ihren Weg und Ihre Basis im Leben gefunden haben. Danke für Ihren sehr persönlichen Kommentar.

  53. Jonathan sagt

    Eigentlich gibt es seit über 2000 Jahren keine Jungfrauengeburten mehr. Aber trotzdem haben viele Kinder keinen Vater. Er ist nicht da, obwohl im Raume anwesend, vielleicht sogar zu häufig. Das Kind möchte ihn, den Vater. Aber der möchte es nicht, das Kind.

    Kinder, die der Krieg zurücklässt, die nennt man Kriegswaise.
    Kinder, die man am Straßenrand findet, nennt man Findelkinder.
    Kinder, die ihren Vater nicht kennen nennt man Kuckuckskinder.
    Kinder, die man in der Kinderklappe findet, nennt man Klappenkinder.
    Kinder, die ihre Abtreibung überleben nennt man Überlebenskünstlerkinder.

    Alle diese Kinder können Diplomsportler, Ingenieure oder Präsidenten werden.
    Deshalb gibt es auch keinen Mitleidsbonus. Mit Spätabtreibungen hat sich im vergangenen Spätsommer der Deutsche Bundestag beschäftigt. Das war nicht wichtig. Aber Betroffenheit ändert alles. Dann will ich mal erzählen:

    Der Vater war der Großvater, wie ich später erfuhr. Gott sei Dank, war doch ein patenter Typ. Unbeschreiblich fähig. Aber eines konnte er nicht dort. Er konnte nun mal nicht dazu stehen, dass er mein Vater war. Er saß täglich neben mir am Küchentisch. Mehrmals, stundenlang. Meine Kinderseele hatte diese Empfangsfrequenz für Echtheit, für starke Gefühle.

    Der andere, den sie mir da als Papa anboten, der wollte mich ja nicht. Verständlich, seine Mutter, die Oma, hatte ihm ja alles gesteckt. Die Oma ist fast verrückt geworden. Papa, oh dieses Wort konnte ich niemals aussprechen, wie auch er meinen Namen nie benutzte. Er sagte He, Schneller, Los, Mach und Lass das! Selbst schulte ich gezwungener maßen meine Rhetorik, weil ich alles sagen konnte, nur eben nicht Papa oder Mama.

    Psychologen kennen das Problem der Übertragungen von Gefühlen, Gefühlsstrukturen. Ganze Paradigmen werden so auf Kinder übertragen. Was überträgt sich da wohl vom Leiblichen, der immer in der Nähe, sich doch niemals zu erkennen zu geben gewillt ist, außer Angst, wohl nur Angst und Verwünschungen. Weg mit dem Problem. Dann kann ich alter Mann mal wieder atmen. Dann kann ich mal, vielleicht noch eine Weile ohne diese Angst.

    Und die Ersatzfigur, der Nichtleibliche? Der konnte ja wohl nicht anders, da Blut, sein Blut ja bekanntlich dicker als Wasser ist. Und da überträgt sich Wut, blanke Wut. Dieser Bastard! Hilflosigkeit ringsum. Oft im ganzen Dorf, wobei die Dörfler doch meist alles wissen, der Betroffene nichts. Der bekommt ein wenig müdes Mitleid. Ihm bleibt die Verwirrung, das Suchen, die Verzweiflung. Dann überträgt sich diese Stimmung auch. Frage:

    Was sind echte, die eigenen Gefühle? Und was die fremden, übertragenen? Oft ist noch die helfende Oma da, die sich müht. Meist vergeblich, da das Kind ja schon vor der Geburt tief im Brunnen lag. Selbsthelfer sagt man oft zu mir. Was soll man auch machen? Man sieht nur, was man kennt. Nur Betroffene können das verstehen und kennen die Bezeichnung dafür: Stress.

    So erkennen sich die Kinder am Gang. Ein Leben lang. An der Augenfarbe. Sie machen Karriere, schuften, da ein Blick. Und viele Erwachsene, Ältere, Manager, Macher, Stressgeplagte begannen mir nach dem besagten Blick ihre Geschichten zu erzählen. Den einen fand man am Wegesrand. Der war wie aufgezogen. High Tech und Management.

    Eine fand man als Kind in einem brennenden Haus. Die Eltern waren nicht auffindbar. Vor Feuer und Kind geflohen. Karriere als reisende Dolmetscherin im Ministerium. Ein Leben in Stress ist sie heute spindeldürre und verbraucht. “Vielleicht habe ich noch was vom Leben. Aber wie?”, sagte sie zu mir. Ich muss die Beispiele hier enden.

    Psychologie und Sozialpädagogik war mal mein Ziel. Praktikum im Altenheim. Diese unaussprechliche Unansprechbarkeit. Diese Depression. Dann wusste ich, dass ich niemals in ein Altersheim möchte. Um keinen Preis. Das ist beeinflussbar. Dann Zivildienst in einem Kinderheim. Da wollte ich schon immer gerne hin. Als ich noch ganz klein war. Doch das war unbeeinflussbar. Niemand holte mich. Ich schrie ja nur nach innen. Wer sollte das hören?
    Doch die Kinder in dem Kinderheim lehrten mich die Unvergesslichkeit von Liebe und Verlässlichkeit. Sie sind der Anfang und Licht. Warum sieht man das nicht?

    ´87 kaufte ich vom Coron Verlag “Die Großen”. Das sind die Biographien der Besten, der ganz großen Wissenschaftler, Künstler, Philosophen, Innovatoren. Geistesgrößen. Ich studierte fleißig. Von vielen weiß man das genaue Geburtsdatum nicht. Bei anderen kennt man den Vater nicht, oft auch nicht die Mutter. Vertrackte Familienverhältnisse immer wieder, von Wissenschaftsautoren unserer Zeit akribisch dokumentiert.

    Und dann immer wieder dort zu finden, wie viel Ignoranz und Widerstand diesen begabten, begnadeten Menschen entgegen wirkte. Irgendwie befinde ich mich in guter Gesellschaft. Morgens wache ich mit einem Bewusstsein auf, so groß wie ein Fußball. Und Wachheit so groß wie ein Baseball und Gestaltungsvermögen wie ein Medizinball. Alle drei Komponenten werden sich zu Fesselballonen entwickeln. Allen Segen für Euch alle hier. Jonathan

  54. Hallo Susanne,
    in Familienaufstellungen fällt ja öfters der Satz von der „Treue zu den Eltern.“ Was damit wirklich gemeint ist und wie sich das im Leben eines erwachsenen Kindes konkret auswirken kann, haben Sie in Ihrem Kommentar sehr gut beschrieben.

    Es stimmt auch, dass eine rationale Einsicht in solche innerseelischen Zusammenhänge nur erlebt werden kann. Liest man das nur, hält man es schlicht für Psychogequatsche. Deshalb halte ich es bei meiner Arbeit für so wichtig, erlebnisaktivierend zu arbeiten. Man muss an die Gefühle herankommen und dann erlebt man, wie Sie es schreiben, dass es diese Treue oft gibt. Und dass sie einen auf absonderliche Wege im Leben führen kann.

    Danke für Ihren Kommentar.

  55. Susanne sagt

    Mein Vater ist vor 21 Jahren verstorben. Ich dachte lange, ich hätte das verarbeitet, da ich zu ihm immer ein gutes Verhältnis hatte. Die Verhaltensmuster, die ich jedoch im Laufe meines Erwachsenwerdens an den Tag legte, u.a. selbst der Umgang mit Geld, waren geprägt von der Treue zu meinem abwesenden Vater.

    In meinen erkenntnisreichen Sitzungen bei meinem Therapeuten kristallisierte sich heraus, dass die Männer, mit denen ich eine Beziehung geführt habe, gewissermaßen Weise eine Reinszenierung der Beziehung zu meinem oft geistig abwesenden Vater waren. Zum einen bin ich interessanterweise nur mit Männern in einer längeren Beziehung gewesen, die selbst einen ungeklärten Vaterkonflikt hatten, bei denen ich versuchte zwischen Vater und Sohn zu vermitteln, damit das Verhältnis dort in Ordnung kommen konnte.

    Was ich dabei nicht realisiert hatte war, dass ich den Tod meines eigenen Vaters nicht verwunden hatte, da ich ihm gegenüber noch Schuldgefühle hegte und somit meine Partner zur unbewussten Projektionsfläche machte. Zum einen hatte ich Schuldgefühle, weil ich meinen Vater nicht vom Sterben retten konnte, zum anderen weil ich mich in den Jahren, in denen er schwer krank war, nicht immer wie eine liebevolle Tochter verhalten habe.

    So habe ich mich unbewusst auf Männer eingelassen, bei denen ich dann versuchte den Heilungsprozess zwischen ihnen und deren Vätern in Gang zu bringen (was übrigens tatsächlich funktionierte), aber meine Beziehung zu den Männern auf eine andere Ebene stellte & ich zwangsläufig eine völlig inadäquate Rolle eingenommen hatte.

    Die letzte Beziehung, die ich eingegangen war, fand mit einem gebundenen Mann statt, also wieder jemand, der im Endeffekt nicht 100% anwesend für mich sein konnte. Sieht so aus, als hätte ich versucht meinem Vater in meinem tiefsten Inneren viele Jahre treu zu sein, indem ich mir eben keinen Mann ausgesucht habe, mit dem ich eine tragfähige Beziehung führen konnte, sondern eher Situationen mit ihnen erlebte in denen ich am Ende doch das Meiste alleine managen musste. Es war kein Mann dabei, der für mich richtig präsent war.

    Aber ich kann auch anders…sollte ich in ferner Zukunft wieder eine Partnerschaft führen, dann weiß ich wird es diesmal etwas von Dauer sein & der Mann wird zu mir passen 🙂
    Von alleine wäre ich sicher niemals zu diesen einleuchtenden Erkenntnissen gelangt, und ich bin von daher sehr glücklich darüber, dass ich die notwendige Unterstützung und Hilfe durch & mit meinem Therapeuten gefunden habe.

    Was bei mir insbesondere hängen geblieben ist, dass man diese Zusammenhänge zwar wunderbar kognitiv verstehen kann, das sie aber noch lange nicht die Lösung zur Verhaltensänderung bedeuten, denn diese findet wahrlich auf einer tieferen Ebene statt und die braucht ihre Zeit!

  56. peter sagt

    Interessanter Beitrag, ein ähnlicher über die Probleme ohne Mutter fände ich im Vergleich dazu interessant.

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