Drama-Dreieck: Welche Rolle spielen Sie in Konflikten?

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Die meisten Menschen mögen keine Konflikte. Sie versuchen, diese zu vermeiden, indem sie ihnen ausweichen, sie bagatellisieren oder “gute Miene zum bösen Spiel” machen.

Doch Konflikte sind nur der Preis dafür, dass es Wahlmöglichkeiten gibt. Wenn es in einer Situation keine Handlungsalternative gibt, entsteht kein Konflikt. (In den meisten Restaurants gibt es dicke Speisekarten – und die entsprechende ‘Qual der Wahl’. Bei meinem Lieblingswirt im Urlaub in Südfrankfreich, gibt es jeden Tag nur ein Gericht – und somit keinen Konflikt.)

Ein typisches Verhalten von Menschen in Konflikten beschreibt das Drama-Dreieck der Transaktionsanalyse von Stephen Karpman. Hier gibt es drei definierte Rollen:

1. Das Opfer
Dies ist die vermeintlich “schwache” Position. Dem Opfer wirft man etwas vor, oder er/sie wird für etwas verantwortlich gemacht. Doch das Opfer ist nicht nur passives Opfer, sondern übernimmt diese Rolle auch, indem es sich selbst als machtlos erlebt und die anderen beiden Rollen im Drama-Dreieck als mächtig.
Sich als Opfer zu erleben, hat auch einen Nutzen. Man darf jammern, denn die anderen sind ja verantwortlich dafür, dass es einem schlecht geht. Man selbst sieht sich nicht in der Lage, seine Situation zu ändern. Doch diese ‘ohnmächtige’ Position ist auch machtvoll, gibt das Opfer doch die gesamte Verantwortung für sein Handeln und dessen Folgen an andere ab. Opfer bleiben selten allein, denn sie üben eine magische Anziehungskraft aus auf die zweite Rolle.

2. Der Retter
im Drama-Dreieck ist der/die vermeintlich “Gute”. Er greift helfend ein und reißt oft die gesamte Verantwortung für das ‘Problem’ des Opfers an sich. Retter reagieren auf tatsächliche Hilferufe von Opfern, meistens jedoch arbeiten sie ohne direkten Auftrag, sondern beziehen die Legitimität ihres Handelns aus der Situation (“Da muss doch jemand was tun!”)

3. Der Verfolger
ist im Drama-Dreieck der/die vermeintlich “Mächtige”. Er will das Opfer beschuldigen, bestrafen oder zur Rechenschaft ziehen. Ähnlich wie der Retter, glaubt der Verfolger zu wissen, was die Ursache für eine problematische Situation ist (nämlich die Unfähigkeit oder Unwilligkeit des Opfers)_ Doch während der Retter mehr für Verständnis und sanfte Lösungen wirbt, plädiert der Verfolger für Konsequenz und Härte.

Beispiele aus dem Leben:

  • Ein Volk in Afrika ist am Verhungern (‘Opfer’). Ein Staat startet eine umfangreiche Hilfsaktion (‘Retter’). Ein anderer Staat kritisiert die herrschenden Machtverhältnisse als Ursache der Katastrophe und beschuldigt den anderen Staat, durch seine Hilfe, den herrschenden Mißstand nur noch zu zementieren (‘Verfolger’).

Interessant ist beim Drama-Dreieck, dass die drei Rollen auf die jeweiligen Rollenträger durchaus nicht festgelegt sind. Vielmehr können die Rollen gewechselt werden.

  • Ein Mann (‘Opfer’) streitet mit seiner Frau (‘Verfolgerin’) Die Schwiegermutter mischt sich ein (‘Retterin’): “Was mein Sohn sagen will, ist …” Darauf greift der Mann seine Mutter an (wechselt in die Verfolger-Rolle): “Würdest du dich da bitte raushalten, Mutter!” Worauf diese in die Opfer-Rolle rutscht “Da will man mal helfen und das ist der Dank.” Daraufhin versucht die Ehefrau sich als Retterin: “Er meint es nicht so, in letzter Zeit ist er oft gestreßt.”
  • Aktuelles Beispiel ist der Lokomotivführerstreik. ‘Opfer’ sind die unterbezahlten Lokführer. ‘Retter’ ist die GDL-Gewerkschaft, die eine deutliche Lohnerhöhung (nicht für sich) fordert. Verfolger ist der ‘böse’ Bahnchef Mehdorn, der den Streik verbieten lassen wollte. Es bleibt abzuwarten, ob und wie die Rollen sich nach einer erfolgten Einigung verschieben.

Zu welchen Rollen neigen Sie in Konfliktsituationen?
Beantworten Sie die folgenden Fragen möglichst ehrlich und spontan mit JA oder NEIN.

1. Neigen Sie eher zu Angriffen oder zu Vorwürfen?

2. Neigen Sie eher zu Verteidigungen und Entschuldigungen?

3. Haben Sie schnell den Impuls zu helfen?

4. Haben Sie Spaß an Konflikten und verbalem Schlagabtausch?

5. Versuchen Sie, Konflikte eher zu vermeiden?

6. Geben Sie gern Ratschläge und Tipps, auch wenn die anderen selbst auf eine Lösung kommen könnten?

7. Müssen Sie immer und überall Recht haben?

8. Sprechen und entscheiden Sie oft für andere, auch wenn diese das für sich selbst tun könnten?

9. Sagen Ihnen Menschen manchmal, dass Sie ein Besserwisser sind?

10. Fällt es Ihnen schwer, abweichende Meinungen klar zu vertreten oder ‘nein’ zu sagen?

11. Kommen Freunde oder Kollegen immer wieder mit den gleichen Fragen zu Ihnen?

12. Fühlen Sie sich manchmal machtlos, wenn die Dinge nicht so laufen?

13. Denken Sie oft über andere: „Wie kann man nur so … (dumm, schlapp, unpünktlich …) sein!“ ?

14. Wenden Sie sich öfter an andere und erbitten deren Meinung, weil Sie denken, dass die es besser wissen könnten?

15. Geben Sie geduldig immer wieder die gleichen Auskünfte und Anweisungen?

16. Setzen Sie sich nicht genügend für sich selbst ein?

17. Machen Sie häufig ‘Diagnosen’ oder ‘Deutungen’ und sage anderen, was sie denken oder fühlen ( z.B. „Sie sind wohl überfordert …“)?

18. Bekommen Sie öfter schwierige Arbeiten/Entscheidungen von Kollegen zugeschoben?

Ihre persönliche Rollen-Tendenz:

  • Wenn Sie die Fragen 1, 4, 7, 9, 13 und 17 mit JA beantwortet haben, dann tendieren Sie zur Täter-Rolle.
  • Wenn Sie die Fragen 3, 6, 8, 11, 15 und 18 mit JA beantwortet haben, tendieren Sie zur Retter-Rolle.
  • Wenn Sie die Fragen 2, 5, 10, 12, 14 und 16 mit JA beantwortet haben, tendieren Sie zur Opfer-Rolle.
  • Ein gestreuter Mix bedeutet, dass Sie flexibel handeln und nicht auf eine bestimmte Rolle festgelegt sind.

Diesen Test habe ich hier gefunden

Wie steigt man nun aus diesem “Drama-Dreieck”, das ja manchmal ein Drama-Karussell ist, aus?

  • Indem Sie erkennen, zu welchen Rollen Sie neigen.
  • Indem Sie in einer bestimmten Situation auf Ihre Gefühle achten. Fühlen Sie sich minderwertig und schwach (‘Opfer’), aggressiv oder ungeduldig und überlegen (‘Verfolger’) oder fühlen sie sich kompetent, hilfsbereit und moralisch überlegen (‘Retter’)?
  • Indem Sie aus Ihrer Rolle aussteigen.

PS: Übrigens kann man auch US-Präsident Bush’s Irak-Strategie so verstehen. Erst ‘Retter’, der das irakische Volk (‘Opfer’) vom bösen Saddam Hussein (‘Verfolger’) erlösen will. Aufständische Volksgruppen vereiteln mittlerweile als ‘Verfolger’ dieses so gut gemeinte Unterfangen. Wenn er demnächst – als möglicherweise schlechtester US-Präsident aller Zeiten – abtritt, kann er sich als Retter rechtfertigen (“Aber die Absicht war gut!”) und danach als ‘Opfer’ der Medien oder anderer Staaten fühlen.

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Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.

10 Kommentare

  1. Man kann Menschen nicht ändern. Das können die nur für sich selbst, tun es aber sehr selten.
    Doch man darf andere Menschen ignorieren, wenn sie einen gut gemeinten Ratschlag ablehnen.
    Die Situation sit nicht für Sie vorherbestimmt, aber natürlich kann man aus allem etwas lernen.

  2. Ullmann sagt

    Frage: ältere Dame, jammert ständig! Ich kann es schlecht ertragen, nicht zu helfen. Sehe keine Möglichkeit als diese beiden: hinhören + genervt sein, oder wegbleiben + mich schlecht fühlen. Selbst wenn ich meine Rolle + meine Gefühle kenne. Was fang ich damit an? Ich kann meine Motivation/meinen Anteil erkennen. Aber was mach ich mit der alten Dame. Man kann die leidenden Menschen doch nicht ignorieren. Man muß doch füreinander da sein! Oder ist diese Situation „nur für mich“ gedacht. Damit ich lerne mich zu erkennen?

  3. Miriam sagt

    Gibt es eine Taltik mit deren Hilfe man sich aus allen Rollen raushalten kann? Ist es überhaupt möglich in Gesellschaft mit anderen Menschen zu leben und gemeinsames Unternehmen, ohne in eine der Rollen zu verfallen. Ich fühle mich in keiner der Rollen wohl und will frei sein

  4. In meiner Vorbereitung auf einen Kurs, den ich auf Deutsch geben muss, fand ich diesen Blogartikel, den ich sehr interessant finde. In der holländischen Literatur wird nicht nur vom Drama-Dreieck gesprochen sondern auch vom
    Qualitäten-Dreieck, mit Hilfe dessen man aus diesem Muster treten kann. Der Retter wird dann zum Helfer, das Opfer zum …. und der Verfolger/Täter zum…. Und an dieser Stelle fehlen mir die Begriffe. Ich könnte diese natürlich schlichthin übersetzen, aber…. eben darum meine Frage.
    Wer kennt diese Begriffe?
    Claudia

  5. Wirklich interessant. Demzufolge bin ich ebenfalls ein Retter (hatte ich aber auch erwartet 🙂 )

  6. Daniela Hoffmann sagt

    Toller Artikel, super Test. Doch Kompliment für die einfühlsame und lösungsorientierte Antwort auf diesen sehr langen Brief von Heike.

  7. Hallo Heike,
    Sie haben das Problem ja schon früh klar erkannt: die Konfliktscheu und Entscheidungsschwäche Ihres Partners. Die Schwierigkeit dabei ist, dass er dieses Verhalten nicht als sein Problem betrachtet. Deswegen die vielen Verharmlosungen, Erklärungen und Rechtfertigungen.

    Ihr Freund will sich nicht zu Ihnen bekennen, weil er keinen Preis zahlen will. Der Preis wäre, sich vor der Schauspielgruppe zu Ihnen zu bekennen und ansonsten Konsequenzen anzukündigen. Zu seiner Exfreundin müsste er den Kontakt völlig unterbinden. Man trennt sich nicht, indem man zusammensitzt und über die Trennung zu reden. Man trennt sich, indem man sich trennt.

    Sie können aus meiner Sicht wenig für die Beziehung tun, Sie haben ja schon alles Mögliche versucht. Ich vermute, dass Ihr Freund ein unerwachsener Mann ist, wie ich es in meinem Buch beschrieben habe. Am besten ist, Sie schauen wieder mehr auf sich als auf ihn und Ihre Freundschaft. Früher oder später müssen Sie ihn vor die klare Entscheidung stellen: die – oder ich.

    Danke für Ihren Kommentar.

  8. Heike sagt

    Hallo, Herr Kopp-Wichmann,

    ich weiß nicht, ob ich mit meinem Problem an dieser Stelle richtig bin, aber das, was hier beschrieben wurde, trifft die Situation, in der ich mich derzeit befinde, am nächsten.

    Ich benötige dringend ein wenig Hilfestellung, weil sich für mich eine Situation mittlerweile so vertrackt darstellt, dass ich so langsam aber sicher den Blick für die richtige Handlungsweise verliere und mich fortlaufend damit herum quäle. Deshalb wäre ich sehr froh, wenn Sie mir einen Rat geben könnten!

    Mein Problem ist nicht mit ein paar Sätzen zu schildern, deshalb hole ich ein wenig weiter aus und möchte Ihnen gleich vorab für die Zeit danken, die Sie sich fürs Lesen meiner Zeilen nehmen.

    Obwohl ich (Anfang 50) mich innerhalb meines Singledaseins nicht unwohl fühlte, (da ich viele schöne Hobbys habe, einen lieben Freundeskreis und einen mich bis dahin sehr beanspruchenden Job), lernte ich im vergangenen Jahr einen Mann kennen und lieben.

    Diese Liebe entwickelte sich zu Beginn langsam, doch innerhalb der nachfolgenden Monate hat sie uns beide derart überrollt, sodass ich mein Glück kaum fassen konnte. Nicht im Mindesten hatte ich damit gerechnet, dass mich Amors Pfeil noch mal so „mit voller Breitseite erwischt“ und mein Glücklichsein kannte keine Grenzen, als ich spürte, dass meine Gefühle genauso erwidert wurden. Besonders im Hinblick darauf, dass ich das Thema Liebe für die nächste Zeit auf Eis gelegt hatte, da ich seitens meines vorherigen Partners diverse Vertrauensmissbräuche erlebt hatte, die mich vorsichtig werden und sein ließen.
    Doch bei ihm erlebte ich endlich nach langer langer Zeit dieses selig machende Gefühl, wirklich angekommen zu sein. Angekommen auch deshalb, weil wir beide feststellten, dass wir in vielen Bereichen ähnlich „ticken“ und auch ein paar Hobbys miteinander teilen, u.a. das Laientheater.

    Wir lebten zu dem Zeitpunkt in unterschiedlichen Städten, (er Klein- ich Großstadt) und uns trennten rund 80 km, sodass wir uns vornehmlich an den Wochenenden sahen.
    Da mich mein Job zeitlich sehr einschränkte und ich sowohl damit, als auch mit dem Job selbst einige Schwierigkeiten hatte, habe ich mir eine Tätigkeit in seiner unmittelbaren Nähe gesucht und zog im Frühjahr d.J. in seine Stadt … und das ganz bewusst in eine eigene Wohnung, um nicht zu verfrüht das Wagnis eines Zusammenlebens einzugehen.

    Er war ebenso glücklich wie ich über meinen Entschluss, befürwortete ihn in Gänze und unterstütze mich sehr bei der Wohnungsrenovierung, sowie bei meinem Vorhaben, mich hier möglichst zügig und problemlos integrieren zu können. Dazu gehörte auch, dass ich seinen Freundes- und Bekanntenkreis näher kennenlernte und zu Beginn schien es, dass wir damit keinerlei Probleme haben würden.

    Ich kann von mir sagen, dass ich selten Schwierigkeiten hatte, mich auf unbekannte Personen zuzubewegen, im Gegenteil. Ich gelte, sowohl in meinem Freundes- und Bekanntenkreis, als auch auf beruflicher Ebene als aufgeschlossen und zugewandt und nebenbei erwähnt, wurde mir auch in meinen Arbeitszeugnissen häufig attestiert, dass ich über ein hohes Maß an sozialer Kompetenz verfüge und mich empathisch gegenüber anderen verhalte. Deshalb freute ich mich besonders darauf, auf das Ensemble des hiesigen Laientheaters zu treffen, bei dem er schon seit vielen Jahren aktiv tätig ist; zumal wir den Wunsch hatten, uns in naher Zukunft miteinander auf der Bühne zu tummeln.
    Somit begannen wir, behutsam die Weichen in diese Richtung zu stellen, indem ich ihn zu Auftritten begleitete, um sukzessive seinen Gesichtskreis, zu dem auch einige seiner Freunde gehören, näher kennenzulernen. Im Anschluss an die Vorstellungen sitzt man beieinander und lässt das Ganze Revue passieren, und für mich war es dabei besonders interessant, die einzelnen dabei zu beobachten und zu erleben.
    Ich verfüge über ausreichend Lebenserfahrung, um zu wissen, dass das Eintauchen in einen unbekannten Personenkreis Zeit braucht und nicht im Hau-ruck-Verfahren passieren kann und dementsprechend freundlich-zurückhaltend verhielt ich mich.
    Erwähnen muss ich an dieser Stelle, dass zu dem Ensemble auch seine Ex-Freundin gehört, die zwar nicht auf der Bühne spielt, aber aktiv im Hintergrund tätig ist.
    Bevor er mich kennenlernte, hatte er sich von dieser Frau drei Monate zuvor getrennt

    Nach einigen Wochen unseres Beziehungsbeginns und noch einige Zeit vor meines Umzugs bekam ich mit, dass er mich in dieser Zeit gegenüber dem Freundeskreis, zu dem sie auch gehörte, nie erwähnt hatte.
    Das verwunderte mich und kränkte mich auch ein wenig, denn für mich gehört es zum Selbstverständlichsten der Welt, meinen Freunden zu sagen, wenn es bahnbrechende Veränderungen in meinem Leben gibt; insbesondere dann, wenn es gilt, mein Glück mitzuteilen. Deshalb hakte ich nach und erfuhr von ihm, dass er ihr nicht unnötig wehtun, sondern als erster mitteilen wolle, dass es mich in seinem Leben gibt.

    Ich muss hinzufügen, dass ich erst während dieser Zeit so langsam dahinter kam, dass sie die Trennung mehr als nur mitgenommen hatte und nicht bereit war, seinen Schlussstrich so ohne weiteres zu akzeptieren; und ich weiß, dass sie das Beziehungsende bis dato nicht verkraftet hat … doch dazu später.
    Deshalb wurde es für mich auch nachvollziehbar, warum er sich zu Beginn unserer Beziehung so manches Mal, während wir Hand in Hand durch seinen Wohnort schlenderten, aufmerksam umgesehen hatte. Ich empfand sein Verhalten zwar verständlich und sehr rücksichtsvoll, aber weiterhin ein bisschen kränkend und drängte darauf, sie von meiner Existenz in Kenntnis zu setzen. Ich war einerseits als seine Partnerin nicht bereit, im „Dunkeln zu bleiben“, um damit gleichermaßen Rücksicht auf seine Exfreundin zu nehmen, und andererseits machte ich ihm klar, dass es nichts Schlimmeres für sie geben konnte, durch andere von uns zu erfahren, oder uns verliebt turtelnd auf der Straße zu sehen.
    Er zeigte sich sehr einsichtig, bestätigte u.a. auch meine Vermutung und teilte ihr per Email mit, dass es mich gibt.
    Sein Emailschreiben hinsichtlich solch einer Mitteilung hat mich schon seinerzeit etwas seltsam berührt. Ich wäre damit anders umgegangen und hätte das direkte Gespräch in Form eines Anrufs, oder eines Treffen vorgezogen, oder vielleicht auch mittels eines handgeschriebenen Briefs. Aber da ich mich nicht einmischen wollte, die Hintergründe der Trennung nicht genau kannte und froh war, dass es nun endlich heraus war, schwieg ich.
    Sie hat ihm daraufhin per Mail geantwortet, dass sie zwar sehr traurig über seine Entscheidung sei, uns aber dennoch viel Glück wünschen würde … damit dachte ich, dass das Thema nun vom Tisch sei.
    Doch so nach und nach bekam ich innerhalb anderer Alltagssituationen mit, dass mein Partner ein Mensch ist, der sich, aufgrund eines stark ausgeprägten Harmoniebedürfnisses vor Konflikten scheut und lieber den Weg des geringsten Widerstands wählt, anstatt eine Klärung herbei zu führen. Des Öfteren machte ich ihn darauf aufmerksam, dass keinem damit geholfen sei, unangenehme Themen auszuklammern, sondern sich dadurch sogar kleine Missverständnisse zuspitzen können, die sich dann erst zu einem Konflikt ausweiten. Diese Konflikte können absolut vermieden werden, wenn man Dinge anspricht und nicht damit hinterm Berg hält, doch irgendwie landeten meine Erklärungsversuche nicht so richtig bei ihm.
    Dabei ist ihm das Thema durchaus bekannt, denn er erzählte mir bei anderer Gelegenheit, dass er mit genau diesem Harmoniebedürfnis in der Vergangenheit Probleme heraufbeschworen hatte, die am Ende zu Eskalationen führten. Seine Worte waren, „am Ende war ich immer irgendwie der Buhmann“, und auch meine behutsamen Hinweise, dass seine Verhaltensweisen wohl auch dazu beitrugen, diesen Eindruck entstehen zu lassen, fruchtete bei ihm wenig.

    Sein Verhalten führte unweigerlich dazu, dass auch so Manches im Laufe unserer Beziehung unausgesprochen blieb und damit eine Distanz spürbar wurde, da sich so etwas zwangsläufig belastend auswirkt. Die Nähe und Intimität, die bislang vorhanden war, verflüchtigte sich immer mehr -und damit meine ich jetzt nicht die Verliebtheitsphase- sondern die tiefe Verbundenheit, die sich dann einstellt, wenn Liebe eine Rolle spielt.
    Das ließ mich mit der Zeit verzweifeln, denn ich war mir während meines Umzugs (und auch noch einige Monate danach) sicher, den richtigen Schritt getan zu haben.
    Doch seine Abwehrhaltung gegenüber klärender Worte blieb … indes bemühte er sich darum, mit gespielt guter Laune über Themen hinwegzugehen und ich spielte dieses Spiel eine zeitlang geduldig mit, weil ich glaubte, dass er Zeit brauche, sich mir gegenüber in Gänze zu öffnen und legte mir als Erklärungsmodell zurecht, dass er eben so sei und ich damit klarkommen müsse. Doch das konnte ich auf Dauer nicht und sowie ich wieder auf die Situationen, die mich belasteten, zu sprechen kam, mauerte er erneut und sagte mir, dass er das Gefühl habe, sich auf einem Minenfeld zu bewegen, sowie das Thema „Konfliktscheuheit“ auf den Tisch kam.
    Mittlerweile wurde ich darüber ziemlich unglücklich, denn tief in mir spürte und spüre ich, dass wir ansonsten hervorragend zusammen passen. Wir teilen viele Dinge miteinander, was ich dieser Form noch nie so kennengelernt habe. Er bestätigte mir dasselbe und meldete mir mehrfach zurück, dass er an Lösungen interessiert sei. Das ließ mich hoffen, dass es doch einen Weg geben müsse, uns in dieser Richtung austauschen zu können, ohne das Gefühl aufkommen zu lassen, das berühmte Minenfeld zu betreten. Deshalb suchte ich diesbezüglich immer wieder das Gespräch und war mir dabei stets bewusst, dass ich mein Gegenüber nicht ändern kann, sondern höchstens mein Verhalten, bzw. meine Herangehensweise.
    So machte ich ihm u.a. auch den Vorschlag, den Weg des Zwiegesprächs zu gehen, den Sie ja bereits schon mehrfach beschrieben haben. Doch auch dabei stieß ich auf Ablehnung, bis ich den Weg des Schreibens einschlug und ihn bat, zumindest dabei Tacheles zu reden – und ich glaubte, damit einen Zugang zu ihm gefunden zu haben. Erstmalig bezog er, zwar mit Bauchschmerzen, aber vordergründig mit dem festen Willen, für unsere Beziehung zu kämpfen, wirklich Stellung.
    Anschließend sprachen wir über unseren Austausch und es tat ihm gut, zu erleben, dass mein Gefühl nicht weniger wird, wenn er es wagt, das auszusprechen, woran es aus seiner Sicht hakt, sondern genau das Gegenteil trat ein. Ich empfand anschließend noch mehr für ihn und es tat mir gut, zu erfahren, dass er bereit ist, seine „alte Haltung“ aufzugeben, um unserer Liebe damit Raum zu geben. Damit hatten wir unsere Beziehung wieder in die richtige Bahnen gelenkt. Ich freute mich darüber und ich dachte, damit sei der wichtigste Schritt getan.

    Doch nun zu dem aktuellen Problem, bei dem ich mich seit Monaten im Kreis drehe und von dem ich mir mit meinem Schreiben an Sie erhoffe, einen neuen Lösungsansatz zu finden.

    Leider war es doch nicht so einfach, wie ich gedacht hatte, in der Laienspielgruppe Anschluss zu finden. Zwar begegneten mir die Leute im Allgemeinen recht freundlich und munter, doch einige wenige, (und hierbei handelt es sich ausschließlich um zwei Frauen und um die Freundinnen seiner Ex), mit deutlichem Misstrauen, was sich nicht nur innerhalb vorsichtiger Distanz äußerte, sondern auch mit Aussagen, wie, „alle Frauenrollen werden bereits von uns besetzt, da sind wir völlig ausgelastet“ (was im Übrigen nicht stimmt, aber das nur am Rande), bis hin zum Links-liegen-lassen, sowie ich auf der Bildfläche erschien. Das empfand ich zu Beginn nicht weiter tragisch und vermutete, das würde sich mit der Zeit schon geben, wenn sie merken, dass ich ihnen nichts weg nehmen will und mich weiterhin aufgeschlossen, zugewandt und interessiert zeige. Doch im Laufe der Zeit wurde es immer schlimmer; besonders ab dem Zeitpunkt, als ich dann nach wenigen Monaten während einer Gartenparty auf seine Exfreundin traf, der ich die Hand reichte und mich vorstellte.
    Sie erwiderte meine Begrüßung zwar mit leidvoller Miene, schaute mich aber nicht direkt an und nannte nur kurz ihren Namen, um sich gleich darauf wieder abzuwenden.
    So sehr ich auch Verständnis dafür aufbrachte, dass sie immer noch unter der Trennung litt, (dass es ihr bei unserem Anblick schlecht ging, sah man ihr merklich an, zumal es das erste Mal war, dass sie uns gemeinsam sah), nichtsdestotrotz erlebte ich ihre unfreundliche Missachtung als offenen Affront und ich kann sagen, dass diese Party eines der schlimmsten Ausgrenzungserlebnisse war, was ich jemals hatte. Am liebsten hätte ich mich auf der Stelle umgedreht und wäre wieder gegangen, zumal wir nur noch am ungeliebten „Katzentisch“ Platz nehmen konnten, der, bis auf wenige Ausnahmen, mit den Verwandten der Gastgeberin (die eine enge Freundin der Ex ist) besetzt war. Trotzdem blieb ich; nicht zuletzt deshalb, damit mein Partner merkt, was da von außen mit mir geschieht, denn auch hierbei legte er sein altbekanntes Harmoniebedürfnis an den Tag und bagatellisierte meine vorherigen Beobachtungen. Ich wollte, dass er hinsieht, beobachtet und merkt, dass mich einige wenige nicht in dem Kreis haben wollen, doch er schien nichts zu sehen, sondern war locker und entspannt.
    Am Nebentisch, dem besagten Theaterleute-Tisch, wurde viel gelacht; hingegen an unserem kam nur schleppend eine Unterhaltung in Gang und ich erntete einige destruktive Blicke seiner Ex, die ich tunlichst ignorierte. Parallel dazu beobachtete ich, wie auch hin und wieder getuschelt wurde.
    Bei uns am Tisch saß unter anderem auch der Regisseur des nächsten Stückes und weil ich wegen meines beruflichen Hintergrunds recht gut zeichnen und malen kann, bat mich mein Partner im Vorfeld, ein Plakat für das neue Stück zu entwerfen. Meinen Plakatentwurf hatte er vorab an den Regisseur gemailt, doch auch dieser richtete kein Wort an mich, was ich recht merkwürdig fand. Zu guter Letzt gesellte sich doch noch ein Paar zu uns an den Tisch, bei dem ich bemerkte, dass der weibliche Part wohl mit ähnlichen Integrationsschwierigkeiten zu kämpfen hatte. Erst viel später erfuhr ich von ihr, dass sie nur noch selten an Geselligkeiten dieser Gruppe teilnahm, da auch sie sich von Gesprächen ausgeschlossen und als „Eindringling“ fühlte. Somit schien nicht nur ich dieses Problem zu haben.
    Insgesamt fühlte ich mich die ganze Zeit über sehr unwohl und war ein paar mal drauf und dran, an den Nebentisch zu gehen, um die dementsprechenden Personen direkt mit meinen Eindrücken zu konfrontieren. Doch einerseits hielt mich davon ab, weil ich damit nicht die Party „sprengen“ wollte und andererseits war mein Schweigen in erster Linie mit dem Wunsch verknüpft, dass mein Partner endlich merken sollte, wie mir da mitgespielt wurde.
    Das ganze Szenario gipfelte dann in einem Höhepunkt, der mich am meisten traf, weil ich beim Rausgehen einige Wortfetzen vernahm, die mich mehr als nur verblüfften. Ich hörte, wie die Gastgeberin zur Exfreundin sagte, „…na und? Dafür ist sie zig Jahre älter als du!“ Und als ich mich daraufhin umdrehte, bemerkte ich an ihren schuldbewussten Minen, dass sie registriert hatten, dass ich das Ganze mitbekommen hatte.
    Ich war anschließend ziemlich down und meine Traurigkeit entlud sich hauptsächlich deshalb in einer Tränenflut, weil mein Partner nach wie vor weit von sich wies, dass ich mittlerweile kollektiv abgelehnt wurde. Er wollte und konnte nicht sehen, dass einige wenige soviel Einfluss hatten, dass ich nicht nur misstrauisch beäugt, sondern auch noch zusätzlich gemieden wurde und das machte mir sehr zu schaffen. Ich teilte ihm mit, dass ich kein weiteres Interesse daran habe, mich in einem Kreis aufzuhalten, oder gar mitmischen zu wollen, bei dem ich derart abgelehnt werde. Das machte auch ihn traurig und er wollte den nächsten Tag abwarten, denn tags drauf war ein Treffen der Theaterrunde anberaumt, um das neue Stück zu besprechen und explizit auch die Plakatentwürfe.
    Ich war selbstredend nicht dabei, weil ich weder zum Ensemble gehörte, noch als Darstellerin für das nächste Stück geplant war. Kein weiterer Plakatentwurf wurde bis dahin eingereicht, außer meinem, doch meinem Partner schwappte gleich zu Beginn des Treffens eine Welle der Ablehnung entgegen, die er so erstmalig deutlich zu spüren bekam. Doch, wie die Menschen im Allgemeinen und im Kollektiv nun mal sind, bündelten sie die Ablehnung nicht gegen mich, sondern speziell gegen meinen Entwurf. Er war wütend darüber, verließ das Treffen vorzeitig und fuhr zu einer Bekannten, die ebenfalls Ensemblemitglied ist, aber an dem Tag wegen der Kinder verhindert war. Er legte ihr meinen Entwurf vor, um ihre Meinung einzuholen. Sie war davon, im Gegensatz zu allen anderen, sehr angetan, aber bass erstaunt, als sie hörte, wie das Ensemble darauf reagiert hat.
    Anschließend kam er zu mir, war sehr enttäuscht über das Verhalten der Runde und beschloss, aus dem geplanten Projekt auszusteigen.
    Ich überließ ihm die Entscheidung, wies ihn jedoch darauf hin, dass ich kein Problem damit hätte, wenn er sich daran beteiligen würde. Schließlich ist das sein jahrelanges Hobby und ich wollte die letzte sein, die ihn davon abhielt. Gleichzeitig waren wir sehr deprimiert darüber, dass damit unsere Pläne, gemeinsam dieses tolle Hobby teilen zu wollen, mehr und mehr in Luft aufzulösen schienen.
    Mehrmals befragte ich ihn, ob es ihm denn nicht möglich war, den eigentlichen Grund in der Runde anzusprechen, anstatt sich am Vorwand „Plakat“ aufzuhängen, doch er entgegnete, dass es dazu gar nicht kam.
    Tags drauf teilte er dem Ensemble in einer kurzen Email mit, dass er aus persönlichen Gründen aus dem Projekt aussteigen würde. Mich erstaunte seine Begründung und ließ ihn nicht im Unklaren darüber, dass ich das als Ausflucht ansehe. Ich befragte ihn, warum er das Kind nicht beim Namen nenne, doch er meinte, dass sie mit diesem Hinweis eh alle wissen würden, dass es dabei um mich ging und er war davon überzeugt, dass nur erst mal ein wenig „Gras“ über die Sache wachsen müsse und dann würden sich die dementsprechenden Leute wieder versöhnlich zeigen.
    Ich war nicht sonderlich erbaut davon, wenn nicht sogar wütend und zeigte ihm auf, wie das bei seinen Bekannten und Freunden dieses Kreises ankommen muss; nämlich, dass sie nun vermuten, dass ICH ihn davon abhalten würde, daran teilzunehmen. Des weiteren konfrontierte ich ihn damit, dass er sicher damit richtig liegt, dass sie sich ihm gegenüber versöhnlich zeigen werden, mir aber aus den bereits aufgeführten Gründen nicht – und das damit gar nichts gewonnen sei.
    Doch er blieb stur. Er war der festen Überzeugung, mit seiner Email genügend Flagge gezeigt zu haben.
    Im Anschluss erreichten ihn viele Emails der Mitglieder, die ihn zur Umkehr bewegen wollten, doch auch innerhalb seiner Antworten benutzte er nur Ausflüchte, ohne auf den eigentlichen Kern der Sache zu sprechen zu kommen, (viel Arbeit, etc.). Daraus entwickelten sich auch die Situationen, die ich oben beschrieb und es dauerte auch nicht lange, da machte in dem Kreis die Runde, dass ich die alle Leute des Ensembles „doof“ finden würde. Somit bekam folgerichtig ich den schwarzen Peter zugeschoben. Nichts anderes hatte ich vorausgesagt.

    Meine darauf folgenden Zeit mit ihm wurde geprägt von Verlassenheitsgefühlen, auch beruhend auf der Tatsache, dass er hin und wieder mein Empfinden anzweifelte, dass ich eindeutig von einigen in der Gruppe abgelehnt wurde und mein Vertrauen ihn ihn wurde dadurch merklich erschüttert. Er redete sich ein, dass ich mir das alles nur eingebildet hätte und das traf mich am heftigsten. Ich weiß von mir, dass ich es sehr deutlich spüre, wann ich angenommen, oder abgelehnt werde und mit seinen Zweifeln begann er auch welche in mir zu säen, sodass ich stellenweise begann, meine empathischen Fähigkeiten zu hinterfragen. In meinem tiefsten Inneren hingegen spürte ich jedoch sehr genau, dass ich dort gemobbt worden bin, doch ich vermochte es nicht, gegen seine Überzeugung/Harmoniesucht anzugehen. Das Ganze zog sich über mehrere Monate hin.
    Aber, es kam leider noch schlimmer.

    Vor gut drei Wochen eröffnete er mir, dass er vorhabe, dem Ensemble anzubieten, zumindest bei der Technik Hilfestellung zu geben – mit der Begründung, er wisse, dass sie vor der Premiere alle Hände voll zu tun hätten und sicher dankbar für seinen Vorschlag wären.
    Ich war entsetzt und bat ihn, wie angekündigt, erst beim nächsten Projekt wieder mitzumischen, weil es nun zwangsläufig so aussehen müsse, als ob er sich nun endlich gegen mich durchgesetzt hätte. Ich wollte damit unter allen Umständen vermeiden, dass noch mehr Wasser auf die Mühlen gegossen wurde, doch er ließ sich nicht davon abbringen und teilte seinen Entschluss den Mitgliedern per Email mit.
    Auch hierbei sagte ich ihm voraus, was passieren würde. Alle würden sich riesig freuen, ihn im altvertrauten Kreis willkommen zu heißen und mir gegenüber eine gewisse Häme an den Tag legen, die ich so weder verdient habe, noch will.
    In meiner Hilflosigkeit fuhr ich eine Woche zu meiner Freundin, um Abstand davon zu gewinnen und während dieser Zeit entwickelte sich ein Emailkontakt seitens seiner Ex, den er mir in Auszügen zusandte. Darin zeigt sie sich sehr interessiert an seinem Leben, wollte die Hintergründe der Trennung mit ihm aufdröseln und bestätigte nochmals, dass es an mir liegen müsse, da ich ja die Leute ablehnen würde.
    Er verteidigte mich zwar, ging aber dennoch auf ihre Einzelheiten ein. Ich weiß von mindestens 5 gegenseitigen Emails, jedoch nur Bruchstücke der Inhalte und als ich das erfuhr, war mit einem Mal meine Absicht, in anderer Umgebung davon Abstand nehmen zu können, komplett dahin. Dieser Austausch passte analog zu seinem fortwährenden Ausweichen und der mangelnden Konfliktbereitschaft. Ich fragte ihn unumwunden, wie er sich unsere Beziehung so auf Dauer vorstelle, zumal ich mich und ihn fragte, ob er sich in anderen Situationen in Zukunft ähnlich verhalten würde und wir hatten jede Menge hitzige Debatten darüber.
    Unsere Beziehung stand kurz vor dem Bruch, doch dann besannen wir uns darauf, was wir alles an Schönem miteinander haben und haben uns vorgenommen, der ganzen Sache etwas gelassener gegenüber zu treten.
    Zur Premiere am vergangenen Wochenende sind wir dann zusammen gegangen, unter der Maßgabe, dass er an meiner Seite blieb. Es kam dann auch, wie es kommen musste. Viele umarmten ihn anschließend herzlich, begrüßten mich wiederum freundlich, aber mit gehöriger Distanz. Seine Ex begrüßte weder ihn noch mich, beäugte uns aber des Öfteren aus der Ferne und eine ihrer Freundinnen flog ihm um den Hals, bewusst mit dem Rücken zu mir und grüßte mich nicht. Da ich mir aber fest vorgenommen hatte, mir das nicht mehr bieten zu lassen, nannte ich sie mit einem kurzen „Hallo“ beim Namen. Mein Hallo erwiderte sie zwar kurz und unfreundlich, wohl, um sich keine Blöße zu geben, wandte sich aber erneut abrupt um und plauderte munter weiter.
    Mein Partner war ebenso irritiert-verblüfft wie ich und ich ließ verlauten, dass ich es unhöflich fände, unfreundlich begrüßt zu werden. Sie jedoch reagierte nicht direkt darauf, sondern wandte sich zum nächsten.
    Kurz danach verließen wir die Veranstaltung mit zwei Bekannten, die aber nichts mit dem Kreis zu tun haben und so wurde es dennoch ein recht lustiger Abend. Trotzdem ließ mich das Geschehen nicht los und fragte ihn, ob er etwas gegen das Verhalten der Freundin zu tun gedenke, oder ob er es auf sich beruhen lassen wolle.
    Ich war mehr als froh, als er antwortete, dass er ihr diesbezüglich schreiben will, bestätigte meine Wahrnehmung und war mindestens darüber genauso entsetzt, wie ich.
    Damit zeigte er mir erstmalig, dass er zu mir steht. Sein Emailtext lautete:

    Hallo …..
    denk mal bitte darüber nach, wie es ankommt, wenn man
    eine Person wissentlich ignoriert und links liegen lässt, anstatt
    einfach mal freundlich „Guten Tag“ zu sagen.
    Übrigens, herzlichen Glückwunsch zur Premiere, aber das sagte ich ja bereits.

    Ihre Antwort kam postwendend, und die war derart pampig, dass es mir die Sprache verschlug.
    Ich hatte, weil ich ihre ablehnende Art ja bereits zur Genüge kennengelernt habe, nicht im Mindesten damit gerechnet, dass sie sich einsichtig zeigt, doch das, was dann kam, spottet jeder Beschreibung. Daran konnte ich erkennen, inwieweit sich einige Mitglieder bereits in Sicherheit wiegen, dass ICH diejenige sei, die ihn von der Teilnahme abhält. Ein Satz darin ist besonders unverschämt und zeigt auf, was sie wirklich von der ganzen Sache hält:

    „Ich kann nur hoffen, dass Du mutig genug bist um über Euren Tellerrand
    hinaus zu schauen und zu sehen was da passiert.“

    Dieser Satz impliziert gleichzeitig, dass er nicht mutig genug sei, sich durchzusetzen und weiterhin unterstellt sie mir damit willentlich Manipulationsversuche, mit der Absicht, Unfrieden zwischen ihm und mir zu stiften.
    Auch dieser Satz ist heftig und klingt nach einer Drohung:

    „Und das jetzt trägt nicht dazu bei, jahrelang bestehende Freundschaften
    aufrecht zu erhalten -damit mein ich nicht nur mich!“

    Er ließ sich anschließend mal wieder auf zig Emails ein, in denen sie wortreich erklärte, wie sehr es sie verletzt, er ihr aber wortreich entgegnet, dass er das nicht wolle, usw., usw.

    Ich bat ihn, mir nichts mehr darüber zu erzählen, weil ich es mittlerweile leid bin, zu erfahren, dass ich diejenige sein soll, die anderen böse Absichten unterstellt. Ich weiß genau, dass das nicht den Tatsachen entspricht, weil ich mich absolut vorurteilsfrei und vielleicht auch ein wenig zu offen auf diesen Personenkreis eingelassen habe.
    Ich hatte mich so darauf gefreut, durch ihn in diesem für mich fremden Wohnort Anschluss zu finden und mit ihm gemeinsam an Projekten zu arbeiten, die uns beiden riesigen Spaß machen.
    Nun bin ich ziemlich am Ende meiner Kräfte angelangt, was dieses Thema anbetrifft und bin unsäglich enttäuscht, dass er so wenig für mich einsteht.
    Er sieht das völlig anders und meint, wenn er solche Emails verschickt, in denen er umschreibend ausdrückt, um was es ihm geht, würden ausreichen, den anderen zu zeigen, dass er zu mir steht.
    Doch dass das nicht der Fall ist, zeigen all die Ereignisse, die ich ihm vorab prophezeit hatte.

    Diese Erfahrung ist die erste für mich in dieser Art, weil ich es gewohnt bin, Probleme, die mich belasten, aus der Welt zu schaffen, indem ich bislang dazu immer das Gespräch suchte. Doch hierbei kann ich nichts tun, weil ich bestimmt richtig vermute, dass sie sich wegen der vermehrt auftretenden Feindseligkeit nicht darauf einlassen werden. Deswegen erwarte ich von ihm, dass er klar Stellung bezieht.
    Auch den Personenkreis gänzlich zu meiden würde nicht viel nützen, da die meisten zu seinem persönlichen Freundeskreis und Umfeld zählen und irgendwie scheinen mittlerweile ziemlich viele von dem „Anti-Heike-Virus“ infiziert worden zu sein. Das merke ich sowohl an den Blicken, als auch am Verhalten. Wenn ich mich dichtmache, würde das gleichzeitig bedeuten, dass er ohne mich zu den Geburtstagsfeiern ginge und ohne mich an anderen Festivitäten teilnehmen würde. Uns ist beiden klar, dass das auf Dauer nicht gutgehen kann. Doch ich merke auch auf der anderen Seite, je öfter ich insistiere, und je länger er schweigt, umso mehr verselbstständigt sich das Ganze.

    Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich noch tun kann, oder sollte.

    Mit hilflosen Grüßen

    Heike

  9. Toller Beitrag, vor allem mit dem Fragebogen. Kann ich sehr gut für meinen PM-Workshop gebrauchen 😉

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