Kann man wirklich durch magisches Denken besser Golf spielen?

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Karriere / Methoden

Allzu oft lassen wir uns bei dem was wir tun, durch Ängste und negative Gedanken beeinflussen: Ich kann das nicht. Das habe ich noch nie gemacht. Da habe ich keine Erfahrung. Dafür bin ich zu alt, zu jung. Da bin ich schon mal reingefallen. Und was ist, wenn’s schiefgeht?

Die Liste ist endlos. Solche Gedanken, die sich ja zuweilen zu richtigen Katastrophenszenarien auswachsen können, haben einen enormen Einfluss auf unser Denken und Handeln. Selbst erfüllende Prophezeiungen entfalten ihre Wirkung, weil jemand – oder viele – an diese Vorhersage glauben.

Möglicherweise ist ja sogar das Alter nur eine selbst erfüllende Prophezeiung. Lesen Sie hier …

Als ich noch als Verkaufstrainer arbeitete, prüfte ich häufig die innere Einstellung der Verkäufer zu ihrem Produkt, zum heutigen Tag, zu einem bestimmten Kunden. Es macht einen Riesenunterschied ob jemand denkt:

  • „Heute ist Monatsende, da kommen sowieso nur Leute, die nur gucken wollen und kein Geld zum Kaufen haben.“ Diese Befürchtung könnte eintreten, wenn die Verkäuferin dementsprechend wenig Blickkontakt mit Kunden aufnimmt und lieber Waren sortiert.
  • „Ich habe die neuen Pullover ganz nach vorn dekoriert, mal sehen, wer sich heute dafür interessiert.“ Diese Einstellung lenkt die Aufmerksamkeit auf den Kunden und seine Körpersprache und erleichtert den Einstieg in das Verkaufsgespräch.

Die Welt ist zu komplex, als dass wir sie verstehen könnten. Dennoch müssen wir uns täglich in dieser Welt verhalten und, fast in jeder Minute, eine Entscheidung treffen. Kein Wunder also, dass jeder Theorien  darüber hat, welche Folgen ein bestimmtes Verhalten hat.

So entstehen dann Volksweisheiten, an die sich viele Menschen halten, obwohl sie nachgewiesenermaßen nicht stimmen:

  • Dass man einen Schnupfen bekommt, wenn man mit nassen Haaren aus dem Haus geht.
  • Dass Lesen im Dunkeln die Augen verdirbt.
  • Dass die EU jemals den Krümmungsgrad von Bananen oder Gurken vorschrieb.
  • Dass man die chinesische Mauer vom Mond aus sehen könne.

 

Und was hat das jetzt mit Golf zu tun?

Dazu habe ich im Blog von Daniel Rettig eine interessante Studie gelesen:

41 Studenten, die auf einem ähnlichen Level Golf spielten, sollten auf einem künstlichen Putting Green in zwei Gruppen einen Golfball in ein Loch spielen – mit ein und demselben Schläger.
Der einen Gruppe sagte der Studienleiter, sie dürften mit einem Schläger des Golfprofis Ben Curtis spielen und erinnerte sie noch mal an Curtis’ große Erfolge.
Der anderen Gruppe wurde nichts gesagt. Diese Studenten dachten also, dass sie mit einem ganz normalen Schläger putten sollten.
Das Golfloch war 2,13 Meter entfernt. Als erstes sollten beide Gruppen schätzen, welchen Durchmesser das Loch hatte. Dann sollten sie zehn Bälle auf das Loch zielen.

Das erstaunliche Ergebnis lesen Sie hier …

Wie ist das zu erklären?

Ist das jetzt ein moderner Aberglaube, wo die Studenten dachten, dass allein der Schläger des Golfprofis ihnen bessere Fähigkeiten beim Putting verleihen könne?  Egal, ob sie daran glaubten oder nicht – sie konnten tatsächlich besser einlochen. Unter anderem, weil sie das Loch grösser schätzten als die Kontrollgruppe.

Dasselbe Phänomen kennt man ja auch von Behandlungen oder Studien mit Placebos.

Ein Scheinmedikament, das nur Zucker oder Kochsalzlösung enthält, entwickelt bei vielen Patienten die gewünschte Wirkung, zum Beispiel bei Asthma. Das funktioniert sogar bei Tieren.

Auch bei Operationen kann die Placebowirkung im Spiel sein. Das bewies zum Beispiel J. Bruce Moseley im Jahr 2002: Ob eine Knieoperation tatsächlich stattfand oder durch einen oberflächlichen Schnitt nur vorgetäuscht wurde, machte keinen Unterschied. In beiden Fällen ging es 90 Prozent der Arthrose-Patienten auch noch zwei Jahre nach der Operation besser, egal ob tatsächlich operiert oder nur zum Schein.

Und es kommt noch besser. Placebos wirken auch ohne Täuschung! Selbst wenn Patienten vorher informiert werden, dass sie nur ein Placebo-Medikament erhalten, tritt häufig die Wirkung ein.

 

So geht die Placebo-Selbstbehandlung.

Wenn unser Denken und unsere Einstellung eine so große Wirkung auf das gewünschte oder unerwünschte Ergebnis hat, können Sie sich das ja auch zunutze machen.

Bewährt haben sich diese drei Techniken aus dem systemischen Werkzeugkoffer:

1. Hypothetisches Fragen
Mit den Formulierungen „Angenommen …“ und „Tun Sie mal, als ob …“ können Sie alternative Handlungen angstfreier ausprobieren. Am besten in einem Zustand der inneren Achtsamkeit stellen Sie sich eine schwierige Situation vor, die Sie bestehen wollen, und probieren Sie mit sich selbst – oder einem anderen Menschen – diese beiden Formulierungen:

„Angenommen, ich wäre ein exzellenter Verkäufer, wie würde ich auf diesen Einwand des Kunden reagieren?“
– „Tun  Sie bei Ihrem nächsten Meeting mal so, als ob Sie keine Angst vor Ablehnung hätten. Wie würden Sie sich dann verhalten?“

Mein Lampenfieber bei Vorträgen reguliere ich beispielsweise oft mit diesem Satz: „Angenommen, die meisten Leute da draussen sind  interessiert daran, was ich zu sagen habe …“ 

2. Die Wunderfrage
Wenn man ein Problem hat, neigt man dazu, einen Tunnelblick zu entwickeln. Hypnotherapeuten nennen das eine „Problemtrance“. Man sieht dann eher die Schwierigkeiten und ist nicht mehr in Kontakt mit seinen Ressourcen.

Die Wunderfrage kann einen schnell in diesen anderen lösungsorientierten Zustand bringen. Kurz gefasst lautet sie so:

 „Angenommen, heute Nacht geschieht ein Wunder und das Problem, das Sie schon seit längerer Zeit belastet, ist gelöst. Da Sie geschlafen haben, wissen Sie nicht, dass dieses Wunder geschehen ist. Woran werden Sie ab morgen früh merken, dass das Wunder passiert ist?“

Wichtig dabei ist, dass es nicht um Gefühle geht, sondern ausschließlich um Verhalten. Man kann also sich also fragen:

  • Was würde ich anders machen? Was würde ich nicht mehr machen?
  • Woran würde meine Familie, mein Partner merken, dass das Wunder geschehen ist?
  • Woran würden mein Chef, die Kollegen, meine Kunden merken, dass das Wunder geschehen ist?
  • Was könnte ich jetzt tun, um ein Stück dieses Wunders schon jetzt passieren zu lassen?

Die Wunderfrage bringt Sie in Kontakt mit Ihren unterdrückten Wünschen, Bedürfnissen und Impulsen. Am besten stellen Sie sich die Wunderfrage in einem entspannten Zustand mit geschlossenen Augen.

 3. Lernen am Modell

Hier stellt man sich vor, wie eine andere Person mit dieser schwierigen Situation oder diesem Problem umgehen würde. Man nimmt sich also einen anderen Menschen zum Vorbild und kommt durch diese Distanz zu sich selbst auf neue Möglichkeiten und Einstellungen.

Dieses Modell kann sein:

  • eine lebende Person (Ihr Kollege, ein Freund, der Dalai Lama, die Kanzlerin)
  • eine Figur aus einem Buch oder Film (Batman, Pu der Bär, Pippi Langstrumpf)
  • man selbst – in einer Situation, in der Sie sich selbstsicher, kreativ, völlig angstfrei usw. mal erlebt haben;
  • eine erfundene Person, die sich so verhalten würde, wie man es selbst gern täte.

Kürzlich las ich in einem Bericht über einen Regisseur, der einen Thriller dreht und mit einer bestimmten Szene unzufrieden war. Er grübelte hin und her und kam auf nichts Gescheites. Dann überlegte er: „Wie würde Alfred Hitchcock die Szene drehen?“ Sofort wusste er die Antwort: „Hitchcock würde die Leiche überhaupt nicht zeigen.“
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Haben Sie mit diesen Methoden auch schon etwas erlebt?

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Hören Sie hier dazu den Podcast.

Foto: © Cleeo – photocase.com, istock.com

 

Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.

5 Kommentare

  1. Ronja Tedesco sagt

    Der Glaube versetzt bekanntlich Berge. Davon bin ich auch überzeugt. Nur wer positive Gedanken hat kann auch etwas erreichen. Gewinner glauben an sich selbst. Sportler bringen sich bloß durch positive Gedanken zu Höchstleistungen. Ich finde dieses phänomen sehr erstaunlich. Grundsätzlich stellt sich für mich aber die Frage, ob man so etwas lernen kann?

  2. Gerd Gröde sagt

    Tja das mit dem magischen Denken ist so eine Sache. Letztendlich muss man sagen, dass positives oder „magisches“ Denken, wie auch erwähnt nicht nur beim Golf helfen kann. Das Experiment mit den Golfschlägern ist der beste Beweis. Ein kleiner Psychotrick und der Mensch funktioniert besser. Diese selbsterfüllende Prophezeiung ist nicht nur ein Schlagwort – ich denk, da ist was Wahres dran.

  3. Warum eigentlich nur „Selbstbehandlung“? Sollte diese Art der Fragen/Begeleitung nicht in den Werkzeugkoffer eines jeden gehören, der andere unterstützen möchte?

    Es ist eine große Erleichterung beim Ratsuchenden, wenn es vorrangig um die vorhandenen Ressourcen/ Lösungsmöglichkeiten geht, nachdem er sich selbst schon lange mit dem Problemwälzen geschwächt hat.

    Für mich (20 Jahre techn. Projektleitung grüssen) ist klare Lösungsorientierung ein Qualitätskriterium von Helfern und Heilern.

    Danke, Herr Kopp-Wichmann, dass Sie „extra für mich“ :-)) diesen Blogartikel geschrieben haben… hatte ich doch gerade dazu eine Diskussion mit Hardliner-Problemikern.

    @Silvia: Selbsterfüllende Prophezeiung als Glückbringer??? Warum nicht? Kann man eigentlich nicht nicht selbst-prophezeien? Freundlich-neugierge Grüße
    RR

  4. Silvia Wolf sagt

    Ein guter Artikel, Herr Kopp-Wichmann. Wie immer bei Ihnen. Aber es stimmt schon. Wenn wir uns mehr nach unseren eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten richten würden, mehr an uns selbst glauben und nicht den anderen – wäre vieles einfacher.

    Wenn ich mir doch sicher bin, dass das was ich mache GUT ist, brauche ich weder die selbsterfüllende Prophezeihung noch irgendwelche Glückbringer. Wenn ich mit meinem Gesang auf die Bühne gehe, weiß ich, ich bin gut und werde es mit Bravour bewältigen. Weil es Spaß macht, und ich an mich selbst glaube.

    Klar kann mal was daneben gehen. Dann trage ich es mit Humor und sage : „Das ist eben live“. Und gehe dennoch das nächste Mal ohne Beklemmungen heraus. Wenn es ein technischer Defekt am Keyboard ist, muss ich es nachsehen und ändern. Ist es ein „Defekt“ an mir, ändere ich mein Verhalten und meine Einstellung.

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