In vielen Führungsseminaren lernen Sie Werkzeuge. Doch für die Praxis reicht das selten.

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Emotionale Intelligenz / Karriere

Es gibt im Grunde nur zwei Arten, Menschen zu führen:

1. Durch Anordnen, Kontrollieren und das Androhen von Konsequenzen (autoritäres Modell)
“Entweder Du führst oder Du folgst oder Du gehst aus dem Weg.” Lee Iacocca

2. Durch flexible Kommunikation Mitarbeiter zur Selbstführung einladen (kooperatives Modell)
„Wer Menschen führen will, muß hinter ihnen gehen.” Laotse

Beide Ansätze sind wirksam und haben ihre überzeugten Verfechter. Viele Führungskräfte bewegen sich zwischen diesen beiden Polen. Denn es geht darum, mit Menschen je nach Situation und Mitarbeiter angemessen zu handeln.

Doch viele Führungskräfte sind zu wenig beziehungsorientiert. Denn wie wir andere Menschen sehen und wie wir mit ihnen umgehen, hängt immer auch von unseren eigenen – oft unbewussten – Erfahrungen und Vorbildern ab. Letztlich wird unsere Art, wie wir andere führen, davon bestimmt, wie wir uns selbst führen. Gehen wir beispielsweise gewaltsam mit uns selbst um (Bedürfnisse ignorieren, Grenzen missachten, sich zusammenreissen etc.) scheint uns dies oft der einzige Weg, auch mit anderen Ergebnisse zu erzielen. Doch dass wir keinen anderen Weg kennen, heißt nicht, dass es nicht andere Wege gibt.

”Was macht man mit einem Mitarbeiter, der unmotiviert ist?” lautet eine häufige Frage in meinen Seminaren. „Keine Ahnung!” ist meine ehrliche Antwort. Dafür haben die anderen Teilnehmer jede Menge Tipps parat. Die Standardantworten des Fragestellers auf derlei Hilfsangebote reichen von „Habe ich schon probiert” über „Das zieht bei dem nicht” bis zu „Gute Idee, aber das kann ich nicht.”

Viele Führungsseminare sind methodenorientiert und lehren entsprechende Tools:

  • Richtig delegieren
  • Entscheidungen treffen, umsetzen und begleiten
  • Konflikte früh genug ansprechen und klären
  • Aufgaben- und zielorientierte Führung
  • Das Mitarbeitergespräch als Führungsinstrument
  • Operationalisierung von Zielen und Umgang mit Zielkonflikten
  • Festlegen von Leistungsstandards und Kontrollverfahren.

All diese Werkzeuge sind oft hilfreich. Dies kommt vielen Teilnehmern sehr entgegen, glauben diese doch, dass ihnen, um das Verhalten eines Mitarbeiters zu ändern, nur die richtige Technik fehle. Doch in vielen Führungssituationen greift dieser Weg zu kurz.

Werkzeuge reichen nicht. Denn Mitarbeiter, Kunden, Kollegen, Vorgesetzte sind keine Maschinen, die repariert, motiviert, auf Vordermann gebracht werden müssen. (Deshalb setzen diese ja etwaigen Versuchen meist kreativen Widerstand entgegen.) Menschen lassen sich überhaupt nicht verändern. Entweder reagieren Sie auf Druck und Drohungen oder auf „Bestechung” durch Anreizsysteme. Das ist die eine Seite der Führung. Im günstigsten Fall lassen sich aber auf auf die Beziehung zu einem Menschen ein und ändern daraufhin ihr Verhalten. Wenn sie sich einen Nutzen davon versprechen.

In meinen Persönlichkeitsseminaren gehen wir einen anderen Weg. Die Frage „Was mache ich mit einem Mitarbeiter, der unmotiviert ist?” lässt sich auch anders formulieren: „Was löst ein Mitarbeiter, den ich unmotiviert finde, in mir aus?”

  • Welche Gefühle? Ärger, Stress, Neid, Hilflosigkeit?
  • Welche Gedanken? Was der sich rausnimmt. Der respektiert mich nicht. Dem werde ich es zeigen.
  • Welche Verhaltensweisen? Drohen. Resignieren. Schmeicheln. Ignorieren. Heimzahlen. Bestechen.

Jetzt sieht das eingebrachte Beispiel anders aus. Und jetzt wird deutlich, dass der Mitarbeiter das seine zu der Situation beiträgt. Aber die Führungskraft leistet auch ihren Beitrag. Durch ihre Wahrnehmung des Mitarbeiters, durch ihre Interpretation dessen Verhaltens, durch ihre Bewertung des Verhaltens. Und an dem Beitrag der Führungskraft zu der Situation können wir auch konkret mit der Veränderung ansetzen. Bei dem Beitrag des Mitarbeiters nur indirekt.

Dazu muss jedoch die Führungskraft sich als Mensch einbringen wollen (und nicht nur als Führungskraft-Darsteller). Hier fühlen sich viele Führungskräfte zu unsicher. (Deshalb der Wunsch nach Methoden und Techniken, bei denen man hofft, auf Distanz bleiben zu können). Denn wichtige Informationsquellen wie Intuition, Gefühle und Stimmungen werden im Berufsleben noch immer als gefährlich, unmännlich, typisch weiblich also insgesamt als überflüssig angesehen. („In meinem Beruf gibt es keine Beziehungsebene”, erklärte mir mal ernsthaft ein leitender Ingenieur, „wir kommunizieren nur auf der Sachebene.”)

Führungswerkzeuge sind nützlich. Doch in schwierigen Situationen bleibt Ihnen oft nur ein einziges Instrument übrig: Ihre Persönlichkeit. Damit meine ich konkret:

1. Eine reflektierte Selbst- und Fremdwahrnehmung,

um die eigene Wirkung auf andere sowie das Bild, das Sie sich von anderen machen, einer Überprüfung zugänglich zu machen. Beides wird entscheidend von den Beziehungserfahrungen, die Sie im Laufe Ihres Lebens gemacht haben, bestimmt. Vor allem von denen, bei denen es um Macht, Konkurrenz, Bedürfnisse, Leistung und Grenzen ging.

2. Emotionales Einfühlungsvermögen,

um zu ahnen und nachzuvollziehen, was im anderen (Mitarbeiter, Kunde, Vorgesetzter) vorgehen mag, wenn er mit Ihren Wünschen und Zielen konfrontiert ist.

3. Die Fähigkeit, sich einzulassen und sich abgrenzen zu können,

um die nötige emotionale Nähe aber auch den notwendigen Abstand regulieren zu können. Also weder unangemessen kumpelhaft aber auch nicht arrogant-distanziert sich verhalten zu müssen. Um Konflikte nicht zu vermeiden aber auch nicht brachial für sich zu entscheiden.

All das ist natürlich nicht so leicht zu vermitteln wie eine Methode. Lässt sich auch schlecht in einem Rollenspiel üben, auf Video aufzeichnen und dann erklären, wie man es richtig macht.

Mehr zu diesem Ansatz lesen Sie auf meiner Website

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Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.

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