Müssen Führungskräfte authentisch sein?

Kommentare 31
Allgemein / EFFEKTIVER FÜHREN

Sollten Führungskräfte ihre Gefühle zeigen? Oder ist besser, wenn sie diese zurückhalten und sich freundlich und verbindlich äußern?

Und können wir überhaupt wirkungsvoll unsere Gefühle unterdrücken? Viele Menschen versuchen das. Doch es ist meist mit einem Verlust an Glaubwürdigkeit verbunden.

Manager-Guru Fredmund Malik hat dazu eine ganz klare Meinung:

Wer an Vertrauen interessiert ist, muss echt sein:

„Gute Führungskräfte verzichten darauf, ihren Mitarbeitern ein X für ein U vorzumachen. Sie versuchen nicht, eine Rolle zu spielen, die sie ohnehin nicht durchhalten können. Sie achten daher auch nicht sonderlich auf ihren Führungsstil. Sie sind echt, mit all ihren Ecken und Kanten. Sie stehen nicht nur zu ihren Fehlern, sondern auch zu ihrer Persönlichkeit, was nicht heißt, dass man sie nicht entwickeln kann und dass sie nicht an ihr arbeiten.“
(Aus: Führen, leisten, leben: Wirksames Management für eine neue Zeit)

Genau die entgegengesetzte Meinung vertritt Dorothee Echter in ihrem Artikel für den HARVARD BUSINESS MANAGER und meint:

Topmanager müssen nicht authentisch sein.

„Die Forderung ist immer wieder zu hören: Manager sollten Emotionen zeigen und ihre Persönlichkeit ungefiltert wirken lassen. Doch dieser Anspruch ist falsch und mit ihrer Aufgabe nicht vereinbar. Führungskräfte sollten sehr genau überlegen, welche Gefühle sie nach außen dringen lassen.“

Sie führt aus:  „Erfolgreiche Führungskräfte müssen ihre Persönlichkeit zeigen, das Wie ist entscheidend. … Sie beherrschen sich auch und unterdrücken ihr aufrichtig empfundenes Desinteresse oder ihren Ärger. Sie kritisieren nicht, sondern äußern ihre Wünsche.“

Ich bin skeptisch, wenn ich das lese.

In meine Persönlichkeitsseminare kommen immer wieder Führungskräfte, denen während der drei Tage schmerzlich bewusst wird, wie perfekt sie funktionieren. Wie sie immer genau spüren, was andere wollen, welches Verhalten und welche Ansprache jetzt angemessen ist und diese  Reaktionen dann auch optimal abliefern können.

Fast immer hat die Führungskraft diese „Ressource“ früh in ihrem Leben gelernt. Mal ist ein Elternteil früh gestorben oder die ganze Aufmerksamkeit der Familie dreht sich um ein krankes Geschwister. Seine Gefühle beherrschen, es anderen recht machen, eigene Wünsche hintanstellen, wird dann zur vermeintlichen besten Strategie im Leben.

Meist sind solche Menschen im Unternehmen geliebt. Aber der gezahlte Preis an Selbstentfremdung ist hoch.

Laut einer Befragung von 342 Führungskräften von 2004 will eine Mehrheit authentisch sein: „94,6 Prozent sind der Meinung, dass Authentizität wichtig ist, um motivieren zu können. Von größter Bedeutung ist also, dass eine Führungskraft hundertprozentig dazu steht, was sie sagt und tut – weniger die Art und Weise, wie sie es sagt. Rhetorische Kompetenz und Präsentationsstärken hält nur etwas mehr als die Hälfte (51,2 Prozent) für ausschlaggebend.“ (Seite 14).

Kann man authentisch sein trainieren?

Einige Trainerkollegen sind dieser Ansicht und bieten entsprechende Seminare an. Ich bezweifle das. Natürlich kann man Rhetorik, Kommunikation, Konfliktstärke ein Stück weit lernen. Aber authentisch kann man nur sein.

Dazu braucht es kein Üben, sondern vielmehr die innere Erlaubnis, sich so zu zeigen, wie man ist. Ohne strategische Hintergedanken und auch eingedenk des Risikos, dass nicht alle das gut finden.

Hier ein bekanntes Beispiel:

httpv://www.youtube.com/watch?v=-vck9JFYc88

Ich finde das erfrischend. Jemand, der sich traute, seinen Ärger zu zeigen. Vermutlich konnte Völler auch gar nicht anders. Aber er versuchte eben nicht, seine Gefühle zu verklausulieren und politisch korrekt zu formulieren: „Ich möchte an dieser Stelle doch meiner Verwunderung Ausdruck geben über die unterschiedlichen Interpretationen einiger Medienvertreter über die Leistung meiner Mannschaft.“

Es geht ja meiner Meinung nicht darum, immer und überall ungefiltert anderen seine Gefühle um die Ohren zu hauen. Wenn der Ober im Restaurant schlechte Laune hat, will ich das als Gast nicht ausbaden. Das gehört für mich zu einer professionellen Einstellung.

Aber der Ober muss auch nicht ein falsches strahlendes Lächeln aufsetzen bei der Begrüßung. Man darf ihm schon anmerken, wenn heute nicht sein Tag ist. Schon öfters habe ich erlebt, dass sich daraus, wenn ich das bemerkte, ein nettes persönliches Gespräch entwickelte.

Ich will ja von einem Menschen bedient werden. Nicht von einem Rollenträger. Es geht ja auch kaum anders. Die wenigsten Menschen können ihre Gefühle verbergen, schon gar nicht über lange Zeit. Man merkt es am Gesichtsausdruck, am Tonfall, am Gesten oder irgendwann, dass mit ihnen der Gaul durchgeht.

Wie in diesem Beispiel:

httpv://www.youtube.com/watch?v=UYtf6Hh3Zt4

Hier äußert Schäuble nicht seinen Ärger, sondern er agiert ihn an seinem Mitarbeiter aus. Und das noch in einem öffentlichen Raum mit Fernsehkameras. Das finde ich untragbar und verstehe den anschließenden Rücktritt des Mitarbeiters gut.

Hier kann Schäuble nicht gut seine Gefühle in sich regulieren und angemessen kommunizieren, sondern er braucht einen Sündenbock dafür. Er kann sich nur besser fühlen, indem er einen anderen runterputzt. Man achte auf sein triumphierendes Lächeln und seinen Verbrüderungsversuch mit einigen feixenden Journalisten.

Authentisch wäre für mich eine Äußerung von ihm gewesen: „Das ist jetzt eine dumme Situation. Ärgert mich auch ein wenig. Wir unterbrechen kurz, bis die Sachen verteilt sind.“

Im Unterschied dazu plädiert Dorothee Echter für eine „selektive Authentizität.“ Dabei sollen diejenigen Gefühlsregungen, die strategisch Orientierung bieten,  spontan geäußert werden, die anderen nicht.“

Das ginge mit regelmäßigen Ritualen: „Sie trainieren mit ihrer Hilfe, stets das Positive und Wertschätzende zu sehen, zu empfinden, und angemessen, respektvoll mitzuteilen. Vorrang vor Authentizität hat für Spitzenleute die eigentliche Aufgabe: Kleine Schritte Anderer in die richtige Richtung zu bemerken, zu benennen, zu würdigen; diszipliniert und vorbildlich respektvoll zu wirken (Hervorhebung von mir).“

Das muss wohl auch Guido Westerwelle im Sinn gehabt haben, als jüngst ein Journalist wagte, einem deutschen (!) Außenminister eine Frage auf englisch zu stellen.

httpv://www.youtube.com/watch?v=6wKzefRyDfw&NR

Auch hier versucht jemand,  respektvoll zu wirken – obwohl er sich wahrscheinlich ärgert oder angegriffen fühlt. Heraus kommt eine peinliche Replik mit der moralischen Ermahnung, „man befinde sich hier ja in Deutschland.“

Wow, was für eine vermeintliche Informationslücke, die es hier zu schließen gab. Aber solch gequirlter Unsinn entfährt einem eben, wenn man Gefühle wegzudrücken sucht und stattdessen den Staatsmann spielen will.

Mein Fazit:

Müssen Führungskräfte authentisch sein? Ich denke, nein. Einfach deshalb, weil man das nicht verordnen kann. Aber ich denke: Führungskräfte dürfen authentisch sein. (So wie alle anderen Menschen auch.) Sie verlieren dadurch nicht Respekt, sondern gewinnen ihn dadurch oft. Und zusätzlich Vertrauen.

Man weiß bei solchen Menschen, woran man mit ihnen ist. Man muss keinen Spalt zwischen den eigenen Empfindungen und der verkündeten Botschaft überbrücken. Das, was der andere sagt, ist glaubhaft.

Die meisten Menschen haben dafür ein feines Gespür . Insofern ist der Versuch vieler Führungskräfte vergeblich, ob in Wirtschaft oder Politik, uns ein X für ein U vorzumachen.

Um authentisch zu sein, kommt es vor allem darauf an, mit seinen Gefühlen angemessen umzugehen. Das heißt konkret:

  • Nicht den anderen abwerten oder lächerlich machen –
    sondern sein Gefühl mittels Ich-Botschaften äußern.
  • Sich nicht auf das vermeintliche höhere Podest stellen –
    sondern auf Augenhöhe ausdrücken, was einen stört und wie man es gern lieber hätte.
  • Gefühle nicht am anderen auslassen –
    sondern sie angemessen ausdrücken. Das heißt: klar in der Wortwahl und moderat im Ton.
  • Wenn dann doch mal die Gefühle mit einem durchgegangen sind,
    hilft es, sich zeitnah zu entschuldigen.
Cartoon von Roger Schmidt www.karikatur-cartoon.de

Cartoon von Roger Schmidt www.karikatur-cartoon.de

Aber dazu muss man natürlich seine wunden Punkte kennen. Muss wissen, wo man besonders kränkbar ist. Um dann, wenn es mal passiert, dreimal durchzuatmen, sich zu sammeln – und dann erst reagieren.

Doch viele Führungskräfte kennen sich zu wenig. So hielt es ja auch Westerwelle nicht für opportun, auf die heftige Kritik an ihm in seiner Dreikönigstag-Rede einzugehen. Statt dessen trotzige Durchhalteparolen und aufgesetztes Rhetorik-Getöse ohne jedwede Authentizität.

Überzeugt hat das weder Parteifreunde noch die Wähler, wie die jüngste Umfrage zeigt.

Gerade stieß ich noch auf ein passendes Bonmot von Dieter Hildebrandt: „Das ist keine Lüge, sondern sachzwangreduzierte Ehrlichkeit.“

Wenn Sie als Führungskraft sich besser kennenlernen möchten, gibt es hier mit mir eine neue Weiterbildung.

kommentar Was sind Ihre Erfahrungen?
Wie gehen Sie mit Gefühlen im Beruf um?

PS: Wenn Ihnen dieser Beitrag gefiel, dann sagen Sie es doch bitte weiter: auf Facebook, Twitter oder per Email.
… oder schreiben Sie einen Kommentar.
… oder abonnieren Sie neue Beiträge per Email oder RSS.

Foto: © – Fotolia.com, istock.com

Diesen Beitrag können Sie sich hier anhören oder herunterladen.

Führen, leisten, leben: Wirksames Management für eine neue Zeit

Von Fredmund Malik

Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.

31 Kommentare

  1. Michael sagt

    Ich finde das Fazit in diesem Beitrag sehr gelungen. Ich als Führungskraft nehme mir die Freiheit heraus auch authentisch sein zu dürfen. Ich hatte bislang den Eindruck, dass dies bei den Kollegen sehr gut ankommt. Für mich wäre es furchtbar den ganzen Tag über eine Rolle spielen zu müssen und meine Gefühle den ganzen Tag über zu verbergen.Natürlich muss man weiterhin Profi bleiben. Geholfen haben mir hierzu Seminare: Führungskräfteentwicklung Lüneburg
    In dem Fall von Schäuble finde ich es nahezu peinlich der breiten Öffentlichkeit solche Gefühlsausbrüche zuzumuten.

    Grüße Michael

  2. Es liegt doch daran, dass eine Führungspersönlichkeit im klassischen Sinne KEINE FEHLER macht, daher fällt es diesen Personen dann auch schwer, diese zu zugeben. Dieses mag sich in anderen jüngeren Branchen anders verhalten, in denen ein eher kumpelhaftes Verhältnis von und zu Führungspersönlichkeiten geführt wird.

  3. Reiseinfos sagt

    Ich kann die Reaktion von Rudi Völler völlig verstehen. Dort hat sich der Stress und der Ärger entladen, weil seine Spieler verteidigt, wie ein Alfa-Wolf sein Rudel. Er hat sicher in der Zeit versucht diese teils unsachliche Kritik fernzuhalten und sich auf die Leistung seiner „Mitarbeiter“ zu konzentrieren, bzw. auf die Verbesserung dieser.

    Wenn an so einem Punkt die Öffentlichkeit immer weiter auf Kleinigkeiten einhakt, dann ist das was Rudi Völler gemacht hat eine natürliche Schutzhaltung für sich selbst und auch das Team einzunehmen.

    Abgesehen davon hat er damit sicher an Sympathie in seiner Mannschaft gewonnen, was ihm auch in der Öffentlichkeit den Rücken stärkt.

  4. Vielen Dank für diesen hervorragenden Post. Der unterstreicht deutlich das, was ich in den letzten Jahren wahrnehme. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Führung auch nicht mehr Befehlen heißen wird sonst wirklich Führung in Hinsicht auf Moderation einer Gruppe im Rahmen der Firmenziele, die zudem noch buttom up gemeinsam erstellt wurden.
    Ich hatte dazu mal gepostet:
    http://faszinationmensch.wordpress.com/2010/12/21/unternehmung-2-0-geht-es-bald-auch-ohne-chefs/
    Viele Grüße, Martin Bartonitz

  5. Karl Hinkel sagt

    was habt Ihr denn mit Westerwelle?
    Der macht doch gar nichts.

    Seehofer dazu: „es ist nur eine Westerwelle, kein Tsunami!“

  6. Hallo Herr Büdinger,
    Westerwelle und Humor, da versagt meine Phantasie. Aber Sie haben Recht. Zur Authentizität gehört auch Humor, v.a. in der Form, auch mal über sich selbst lachen zu können, weil man gerade was Dummes gesagt oder getan hat.

    Doch dazu braucht man eben ein Selbstbewusstsein, das man sich und anderen nicht dauern beweisen muss.

    Danke für Ihren Kommentar.

  7. An dem Kommentar von Herrn Büdinger gefällt mir besonders, dass er den Begriff SOUVERÄNITÄT mit eingebracht hat.
    Ergibt sich für mich der Impuls, die Frage mal anders zu stellen:

    Welche Kompetenzen brauche ich oder hätte ich gerne als Führungskraft, die mir das Gefühl geben, souverän zu führen – auch und besonders in kritischen Situationen? Da wäre Authentizität sicher nur EIN Anteil, der gefragt ist.
    Die eigenen Schwächen zu kennen und den souveränen Umgang damit zu lernen, macht Sinn – um nicht irgendwann dazustehen wie Herr Westerwelle und, wenn ich’s recht überlege, wie Herr Köhler seinerzeit.

    Einen schönen Sonntag.

  8. Ich bin unbedingt ein Befürworter von Authentizität und das nicht nur für Führungskräfte. Meine Erfahrung als Führungskraft ist, dass ich in diese Rolle kam ohne mir dabei zu denken, wie ich als Führungskraft wirken und handeln muss. Ich war weiterhin der, der ich immer war, nur eben jetzt mit dem Unterschied, der Vorgesetzte von einigen Kollegen zu sein.

    Mein ehrlicher Umgang mit dem was ich kann und meinen Defiziten, macht mich als Führungskraft transparent und in einer gewissen Weise unangreifbar. Das trifft genauso auf das was ich sagen darf zu, bzw. was ich nicht sagen darf. Diese Defizite und das „Nichtdürfen“ offen anzusprechen, vermeidet, dass Gerüchte entstehen und bringen Ruhe in eine Abteilung oder gar ein Unternhmen.

    Wenn Herr Westerwelle z.B. gesagt hätte, dass Englisch nicht gerade seine Stärke ist, hätte er nicht nur die Lacher auf seiner Seite gehabt, sondern mit dem Eingestehen dieser Schwäche auch noch ordentlich Souveränität an den Tag gelegt.

    Danke für diesen wirklich inspirierenden Beitrag.

  9. Hallo Herr Schlachte,
    es war gerade dieses abgewogene „Sowohl-als auch“ in dem Artikel von Frau Echter, die mich störte.
    Ich finde, bei der Authentizität muss man sich mal entscheiden. Zu wählen ist dann immer noch der Tonfall und das Wie.

    Danke für Ihren Kommentar.

  10. Lieber Herr Kopp-Wichmann,

    das ist ein prima polarisierender Beitrag. Das kann der Reflexion der eigenen Rolle in Führung und Beratung sehr dienen.

    Für die Praxis und aus systemischer Sicht fehlt mir der Kontext. Ein „Sowohl als auch“ mit Verantwortung für eigenes Denken und Handeln halte ich für zielführender als eine „Schwarz / Weiss“ Diskussion.

    Zustimmen tue ich uneingeschränkt der Klärung der Frage, „Wer bin ich in meiner Führungsrolle – Antreiberdynamik / Skriptanalyse – ?“
    Dann kann ich eher sagen, was stimmig sein könnte und was ich dann auch in eigener Verantwortung machen werde. Das wäre dann ein echter Zuwachs an Flexibilität anstatt einer Automatik.

    Viele Grüße, Christoph Schlachte

  11. Hallo Herr Kopp-Wichmann,

    noch einmal ausführlicher auf den Punkt formuliert.

    Authentizität wird oft mit Echtheit verbunden. Echt ist es scheinbar

    frei zu sprechen,
    anzuecken,
    sich zu kennen oder
    sich treu zu sein.

    Echt ist glaubwürdig, denken Trainer und erfinden Seminare. Das Gegenteil von echt ist unecht und nicht glaubwürdig.

    Die Natur und die Gesellschaft haben es so eingerichtet, dass assoziales Verhalten von der Gemeinschaft bestraft wird. Asozial ist die Abweichung von akzeptierten Normen oder Regeln. Manchmal fällt die Bestrafung weg. Das ist der Grund dafür, dass Normen wieder neu gelernt werden müssen. Wenn Trainer dabei helfen, nur zu, denn der Bedarf ist groß.

    Im TV oder in der Firma wird Authentizität von Chefs oder Moderatoren tapfer ertragen, weil die Erduldung monatlich bezahlt wird oder ein ausreichend hohe Belohnung versprochen ist. In der Kiezkneipe gibt eine andere Lektion, garantiert.

    Fazit: Führungskräfte müssen sich an die Regeln halten oder so mächtig sein, dass sie selbst die Regeln erfinden. Wer seine Regeln durchsetzt, handelt so lange authentisch bis die nächst höhere Instanz die Regeln aufhebt und bei Fehlverhalten abstraft.

    In meinem Blog tippe ich Themen an. In Buchbewertungen ist eine differenzierte Beschreibung angebracht, um einen zukünftigen Leser zu informieren.

    Beste Grüße
    Ihr Zorem

  12. Cornelia Eybisch-Klimpel sagt

    Lieber Herr Wichmann,

    gefallen hat mir die Sache mit der Erlaubnis. Die Erlaubnis, zu fühlen, was man fühlt und zu denken, was man denkt (kennen Sie: The Five Permissions von Virginia Satir?

    Das Erstaunliche ist: wenn ich Gefühle und Gedanken zulasse, die eigentlich gerade unpassend und unerwünscht, vielleicht auch störend sind, aber nun mal trotzdem vorhanden, dann bin ich in der Lage, Dinge zu erkennen, die vielleicht gerade nicht ins Konzept und in den Plan passen – die aber das Leben, so wie es ist, ausmachen. Und dann (nur dann) bin ich in der Lage, angemessen zu handeln – statt „im Autopilot“ und wie ferngesteuert irgendein(es) Programm durchzuziehen.

    Und das Erstaunliche ist: Wenn wir Gedanken zulassen, dann denken wir weiter, dann verändert sich der Gedanke durch das Weiterdenken.

    Wenn wir Gefühle zulassen, verändern sich die Gefühle, sie sind sehr instabil, wenn sie zur Kenntnis genommen werden. Und wir können sie beobachten und entscheiden, wie wir uns verhalten wollen (dazu sind sie ja da, Handlungen zu initiieren und zu lenken).

    Die Kunst ist: Auseinanderzuhalten, wer ist der Reiter und wer ist der Gerittene? Lassen wir uns von unseren Gefühlen reiten oder sind sie das starke, lebendige Pferd, auf dem wir unterwegs sind?

    Die Gleichungen in ihrem Blog finde ich fragwürdig und unscharf:

    • Authentisch sein = Gefühle zeigen = echt und ehrlich sein?
    • Nicht authentisch sein = Gefühle unterdrücken = Gefühle beherrschen = Selbstbeherrschung = Desinteresse unterdrücken?

    Ist man authentisch, wenn man alles sagt, was man denkt und seine Gefühle ungefiltert nach außen dringen lässt?
    Da war doch was mit dem „selektiv authentisch sein“ …

    Aber dieses Konzept der Authentizität – ich weiß nicht, es ist irgendwie überholt. Ich glaube, es ist besser, Persönlichkeit, Ich, Selbst als lebendigen Prozess denn als in Beton gehauenes Etwas zu denken.

    Herzliche Grüße
    Conni

  13. Ich meine: Sie müssen nicht, aber es hilft ungemein, weil wir alle wohl gerne mit Menschen kommunizieren, bei denen wir das Gefühl haben zu wissen, woran wir bei ihnen sind.

    Und ich meine weiters, dass sich authentisches Auftreten weder lernen noch üben lässt – dass es aber sehr leicht von der Hand geht, sobald man die „richtige“ Einstellung hat: sich zu erlauben und zu trauen, das wahre eigene Gesicht zu zeigen.

    Herzliche Grüße
    Leo Faltin, Wien

  14. Hallo,
    guter Vorschlag. Nur haben viele schlechte Manager nicht die Bereitschaft einzusehen, dass sie ein Problem haben. Anstatt es in sich zu bearbeiten und zu lösen, leidet dann meist die Umgebung.

    Danke für Ihren Kommentar.

  15. Ein Manager, der konfliktstark, respektvoll, diszipliniert etc. ist, kann authentisch sein und dadurch noch an Überzeugungskraft gewinnen. Im Gegensatz dazu sollte ein schlechter Manager lieber nicht authentisch sein, bevor er nicht seine persönlichen Probleme in den Griff bekommen hat.

  16. Susanne Asser sagt

    Guten Abend, lieber RKW!

    Ich finde, Authentizität als Führungspersönlichkeit an den Tag zu legen bedeutet auch mutig zu sein, mich anderen zu stellen.

    Der Aussage von Maria Ast, wenn es um die Differenzierung geht, stimme ich absolut zu. Das zeugt m.E. von Reife durch Reflexionsfähigkeit.
    Dazu muss man eben das in Kauf nehmen, was Sie schreiben – „Mit Authentizität kann man es also auch nicht jedem recht machen.“ Das Ziel ist kann nicht sein den „Ich machs immer allen recht Orden“ zu gewinnen, sondern als erwachsener Mensch in einer verantwortungsvollen Führungsrolle für sich selbst einzustehen, anderen ein Vorbild zu sein und das bedeutet in meinem Verständis, seine Gefühle auch klar differenziert und überlegt zu verbalisieren.

  17. Liebe Heidi,
    ich wusste gar nicht, was für einen schönen Blog Du hast – mit sehr guten Beiträgen. Unter anderem mit dem, auf den Du hier verlinkst.
    „Inszenierte Authentizität“ – was für ein toller Begriff und was für eine Nische. Die Zielgruppe wäre nicht klein. Politiker, Führungskräfte etc. Bald wird es Trainer und Coaches dafür geben.

  18. Heidi Schall sagt

    „Sei authentisch“ lautet ein wichtiges Credo im Social Web. Nur ein authentischer Auftritt – so die allgemeine Annahme – macht den Absender glaubwürdig und verleiht ihm eine Art „Echtheitszertifikat“. Aber ist wirkliche Authentizität für Mitarbeiter und Führungskräfte eines Unternehmens im Web 2.0 überhaupt möglich? Auch auf talkabouts Posterous entspann sich vor Kurzem eine sehr interessante Diskussion um das Thema „inszenierte Authentizität“. Ein Widerspruch in sich, der deutlich zeigt, wie schwierig es ist, wirklich „echt“ zu sein und – noch wichtiger – auch so wahrgenommen zu werden.

    Bei Interesse weiterlesen auf meinem Blog.

  19. Sollten FK Gefühle zeigen? Jein! Müssen FK authentisch sein? Jein!
    Dieses IMMER, was da so untergründig mitschwingt, stört mich.

    Zum Führen und Erwachsenensein allgemein gehört die Fähigkeit, einschätzen zu können, ob es IN DIESER SITUATION ANGEMESSEN ist, meine Gefühle ungefiltert rüberzubringen – und das gaaaaanz echt, also sehr authentisch oder eher nicht.

    Auch ich coache Führungskräfte. Hier in OWL viele Familienbetriebe. Was ‚mache‘ ich mit denen: Rollenklärung! Als Vater kann ich ggf. des Abends meinen Unmut auf die mit im Betrieb arbeitenden Kinder ungefiltert rüberbringen – vor den Angestellten bitte nicht! Da ist er in erster Linie Firmenchef – hat also eine andere ‚Rolle‘ und da sind andere Qualitäten der Gefühlsbekundung angebracht.

    Wer bin ich, und wenn wie viele? Precht hat’s in seinem Buch behandelt. Schultz von Thun hat das Innere-Team-Modell entwickelt. De Bono seine bekanntes 4-Hüte-Modell. Schlüpft die Führungskraft übungsweise mal in andere Rollen hat er/sie WAHLMÖGLICHKEITEN des Handelns (was geübt werden muss, kömmt halt nicht über Nacht…)

    Sich selbst zu kennen, zu wissen, wie man(n) tickt, sprich: außer in sonstigen Weiterbildungen auch in die SELBST-Bildung zu investieren und bereit sein zur Selbstreflexion, um ggf. alte ‚echte‘ Muster zu überwinden, das wäre m.E. schon sehr förderlich, wenn es ums Führen von Menschen geht.

    Herzliche Grüße

  20. Liebe Frau Asser,
    diese Annahme, dass „Gefühle zeigen“ einher ginge mit Gesichtsverlust, treffe ich auch öfters bei Führungskräften. Es ist die Phantasie, eine gute Führungskraft habe sich immer unter Kontrolle, sei stets souverän – eben eine Art Übermensch. In der Idealisierung scheinen einem solche Menschen bewundernswert. Offenbart dann so jemand doch beispielsweise, bekommt er entweder Anerkennung („Er ist ja richtig menschlich!“) oder er wird verurteilt („Von einem Profi hätte ich mehr Souveränität erwartet.“)

    Mit Authentizität kann man es also auch nicht jedem recht machen.

    Danke für Ihren Kommentar.

  21. Susanne Asser sagt

    Lieber Herr Kopp-Wichmann,

    ein sehr lesenswerter Artikel und eine wichtige Aussage, finde ich!

    Führungskräfte wollen doch in erster Linie ernst genommen werden. Wie soll das überhaupt gehen, wenn sie nicht authentisch sind? Gemäß dem Eisbergmodell sind wir ohnehin zu 80% von unseren Gefühlen gesteuert. Das bedeutet, dass das Gegenüber wohl immer auf eine subtile Art spürt, wenn jemand in eine Rolle schlüpft und das fördert meines Erachtens weder Respekt noch Vertrauen. Einer der bedeutsamsten Werte für die meisten Menschen ist die Ehrlichkeit, und wenn ich nicht authentisch bin, bin ich auch nicht ehrlich.

    Ich habe schon viele Führungskräfte trainiert oder gecoacht, und eine meiner häufigsten Empfehlungen an sie ist, ihren Mitarbeitern auf Augenhöhe zu begegnen, indem sie sie wie Erwachsene behandeln. Das heißt von dem Glauben abzulassen, sie müssten autoritär auftreten. Sie meinten oft, sie würden an Autorität verlieren, wenn sie sich „zeigen“ würden. Wenn die Person grundsätzlich als Führungskraft geeignet ist, dann kann sie durch authentisches Auftreten nur gewinnen und dadurch eine natürliche Autorität erreichen, weil man sie insgesamt ernst nimmt. Das fördert Vertrauen und möglicherweise auch eine Kultur, in der Fehler eher zugegeben werden, weil man als Mitarbeiter weiß, woran man bei der Führungskraft ist.

  22. Hallo Herr Zorem,
    ein bisschen düster mal wieder Ihre Sichtweise, finde ich. So wie auf Ihrem Blog. Während hingegen Sie auf dieser Seite sich viel differenzierter äußern.
    Ich bitte um Aufklärung.

  23. Als authentisch gilt, wenn Schein und Sein in Übereinstimmung sind. Negative Emotionen ausleben wird in einer Kulturgesellschaft sozial bestraft. Deshalb ist Stimmungsmanagement ein wichtiger Beitrag für zwischenmenschliche Interaktion. Wer seine Emotionen auslebt, wie Schäuble, ist authentisch, jedoch inkompetent.

  24. Danke lieber Herr Hinkel für Ihren persönlichen Bericht und die Bestätigung der Thesen.
    Die Kombination „Ergebnisorientiertheit und Echtheit“ ist sicher besser als jede andere Motivationsmethode.
    P.S.: Die Videobeispiele finde ich deshalb wichtig, weil Politiker eine Vorbildfunktion haben. Und Schäubles sogenannte Entschudligung „Bei aller berechtigten Verärgerung habe ich vielleicht überreagiert“ ist eben genau keine Entschuldigung.
    Ja, tausendmal erlebt und mitgekriegt. Aber trotzdem nicht gut.

  25. Wolfgang Griepentrog hat zum selben Thema auf seinem Blog einen guten Betrag verfasst mit diesem Fazit:

    1. Top-Manager müssen im Interesse ihrer Glaubwürdigkeit authentisch sein.
    2. Top-Manager müssen sich in angemessener Selbstbeherrschung üben. Aber dies hat nichts mit Authentizitätsverlust zu tun.
    3. Top-Manager müssen die Wirkung ihres Auftritts sorgfältig berücksichtigen und im positiven Sinne „berechnend“ sein.

    Ich vermute allerdings, dass die Autorin des zitierten Blogbeitrags genau das gemeint hat.

  26. Karl Hinkel sagt

    Mein erster Vorgesetzter zog mich im 2. Lehrjahr hinterm Zeichenbrett hervor, organisierte mir eine möblierte Bude und die wirtschaftliche Unabhängigkeit mit 16. Er erkannte den Handlungsbedarf. Das zeichnet einen Vorgesetzten aus, denke ich.
    Meine nächsten Chefs in den Semesterferien-Jobs schätzten mich sehr und zahlten immer noch was extra. Sie hatten ein Auge für gute Arbeit. Das ist wichtig für einen guten Vorgesetzten, denke ich.
    Dann als Ingenieur immer neue Produkte, neue Computeranwendungen. Pionierarbeiten auf grünem Rasen. Manchmal musste der Chef bremsen. Aber er bremste nicht aus. Das zeichnet einen Chef wohl aus, denke ich.

    Der nächste forderte noch sehr viel mehr, weil es die Technologie verlangte, immer komplexer, immer leistungsfähiger. Aber er förderte auch bedingungslos. Das ist ein Merkmal von einem guten Boss, denke ich.

    Alle hatten sich diese Herausforderung gesucht – und mich. Sie wollten eine wichtige Sache voranbringen – und mich. Das ist ganz sicher ein Zeichen für gute Vorgesetzte. Rückblickend habe ich mich immer geschätzt und wohl gefühlt.
    Und die Welt ist ein Gefühl, denke ich. Wenn sie das nicht ist, dann ist sie eine Tretmühle. Mit Ergebnisorientiertheit und Echtheit, so wie sie im obigen Artikel erwähnt / gefordert wird, klappt das wirklich. Denn die Ergebnisse geben doch die Bestätigung. Erfolg folgt immer der Echtheit einer Sache und der Aufrichtigkeit aller beteiligten Herzen.

    Schönen Sonntag allerseits. Karl

    P.S. Beide Videobeispiele, das mit dem Wirtschaftsminister und das mit dem Außenminister finde ich gar nicht so spannend. Ähnliche Dinge habe ich auch schon erlebt, in verschiedenen Rollen. M.E. sind beide Vorfälle eigentlich nicht erwähnenswert. Das meine ich wirklich ernst.

  27. Liebe Frau Greye,
    freut mich, dass Sie das genauso sehen. Viele Manager verstecken genau diese Verletzlichkeit oder Angreifbarkeit hinter ihrer Amtsautorität oder rüdem oder arrogantem Verhalten.

  28. Schöner Artikel!
    Ich stimme dem ebenfalls zu. Auch als Vorgesetzter ist man Mensch und sollte das auch sein. Gerade in meinem Job, ist es wichtig, das Vertrauen der Leute zu haben und nicht durch bloße Amtsautorität zu führen.

    Wer Gefühle zeigt, macht sich sicherlich auf eine gewisse Art und Weise verletzlich aber wer damit nicht umgehen kann, kann auch keine Menschen führen!

  29. Hallo Herr Wippern,
    gerade das Entschuldigen fällt ja vor allem vielen Männern extrem schwer. Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass Männer bei sich einen Fehler selbst als unverzeihlich und fürchterlich schlimm brandmarken. Und deshalb werden lieber alle möglichen Erklärungen und Ausflüchte gesucht.

    Eine Ausnahme zeigte mal Obama kurz nach seinem Amtsantritt. „Ich habe das verpatzt“ war sein Kommentar auf einen Fehler.

    Danke für Ihren Kommentar.

  30. Guter Post.
    Ich stimme zu und sage auch, dass Führungskräften authentisch sein dürfen. Dabei bin ich überzeugt, dass Authentizität nicht an- und abschaltbar ist.
    Die Beispiele Westerwelle und Schäuble zeigen mir, das auch gestandene Persönlichkeiten nicht das Standing haben, sich für offensichtliches Fehlverhalten zu entschuldigen.

    Das ist m.E. eine Eigenschaft, die Führungskräfte haben müssen, wenn sie authentisch sein wollen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert