Was wir alles im Namen der Ehre uns und anderen antun.

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Persönlichkeit

Früher duellierte man sich mit Pistolen. Heute auf der Autobahn mit dem Druck aufs Gaspedal, wenn man vom falschen Auto überholt wird. Ein Fußballspieler will mit einem brutalen Kopfstoß, die Ehre seiner Schwester retten. Wer in der Dorfkneipe einen anderen Mann „Schlappschwanz“ schilt, wird schnell eingeladen, die Sache „draußen“ zu klären. Und auch Adolf Tegtmeier begründet den Mord an seiner Schwiegermutter mit den Worten: „Also, sie hat mir Schimpfworte – – Ehrenkränkungen hat sie ausgestoßen, und hat sie meine Ehre . . . beleidigt . . . oder vernichtet, kann man wohl sagen . . .“

Doch ist der Begriff der Ehre nicht längst überholt?

In einem interessanten Interview in der FAS Nr. 46 erklärt der Historiker Winfried Speitkamp den Zusammenhang zwischen Ehre, Respekt und verletztem Stolz:

  • Ehre drückt den Zusammenhang zwischen Selbst- und Außenbild aus. Jemand hat ein Bild von sich als Person und als solche will man respektiert werden.
  • Jeder sucht Anerkennung vor den Gruppen, die ihm wichtig sind -Kollegen, Freunde, Familie, Sportverein.
  • Doch jeder empfindet etwas anderes als Schmach, Schande oder Entehrung. Dabei erscheint der auf dem Spiel stehende Wert dem einen sehr hoch, einem anderen aber nur lächerlich.
  • Es gibt keine Kultur, in der Ehre keine Rolle spielt. Alle Gesellschaften haben Mechanismen der immateriellen Auszeichnung und auch der immateriellen Ausgrenzung.
  • „Ehre war und ist demnach ein Verhaltenskodex, der gesellschaftlich vorgegeben, aber wandelbar ist und jeden einzelnen immer wieder dazu zwingt, Position zu beziehen, Entscheidungen zu treffen“, stellt Speitkamp fest.

Heute wird Ehre oft durch Anerkennung ersetzt.

Der Begriff klingt weniger pathetisch und vor allem nicht so belastet. Denn die Nationalsozialisten wollten jeden mit Ehre ausstatten, der zur „Volksgemeinschaft“ zählte.

Aber nach Speitkamp drückt Anerkennung nur aus, was anderen von uns halten; tatsächlich aber geht es bei der Ehre meist um die Übereinstimmung von innerer und äußerer Ehre, von Selbstachtung und Anerkennung.

Deshalb wirken auch meist immaterielle Anerkennungen wie Medaillen oder Wettbewerbe wie „Mitarbeiter des Monats“ stärker als materielle Gratifikationen. Denn hier erfährt ein Mensch vor allem vor seinen Kollegen die angestrebte Anerkennung.

Eine ähnliche Rolle spielen Dienstwagenregelungen und Gehaltsboni. Hier ist das Materielle vor allem Ausdruck des Immateriellen, der in einer Steigerung des persönlichen Status gesehen wird.

Hierzu meine Meinung.

Der Ehrbegriff stellt für einen Menschen vor allem dann einen großen Wert dar, den es zu verteidigen gilt, wenn jemand allzusehr mit seinem „Ego“ identifiziert.

Da viele Menschen nichts anderes kennen als ihr Ich oder Ego kennen, erscheinen dann „Ehrabschneidungen“ als reale Bedrohung. Doch das „Ich“ ist nicht das alleinige Zentrum unseres Wesens. Hierzu eine Begriffsklärung zwischen den Begriffen „Selbst“, „Ich“ und „Ego“ aus einem früheren Blogbeitrag:

Das Selbst.
Mit ihm werden wir geboren und es verändert sich das ganze Leben hindurch nicht. Es existiert außerhalb von Raum und Zeit und bildet die Quelle unseren Bewusstseins. Das Selbst ist unsere eigentliche geistige Energiequelle. Als Teil der universalen Bewusstheit ist sein Kraftreservoir unendlich. Energiemangel entsteht durch den Verbrauch körperlicher als auch geistiger Aktivität.

In beiden Fällen gilt, dass Energie nur durch Ruhe und Passivität wiedergewonnen werden kann. Der Sportler ruht sich nach einer anstrengenden Leistung aus. Nach des Tages Mühen schöpfen wir neue Kraft im Schlaf. Aber auch in stillen Zeiten oder der Meditation verbinden wir uns mit dem Selbst und können so den Energiefluss verbessern.

Das Ich.
Wenn das Selbst die passive Basis des Ich ist, kann das Ich als Zentrum betrachtet werden, in dem sich alle Gehirnfunktionen treffen. Dazu gehören unsere Gedanken, Wünsche, Vorlieben, Gefühle, Wahrnehmungen, Erinnerungen, Hoffnungen, Entscheidungen, Handlungskonzepte usw.

Wenn wir vor einer Entscheidung stehen und in einem ruhigen, entspannten Zustand das Für und Wider mehrerer Optionen abwägen, ist das Ich eine Art “innerer Regisseur”, der die Vorstellungen und Interessen aller innerer Instanzen angemessen berücksichtigt und dann eine ausgeglichene Entscheidung fällt. Das Ich regiert praktisch immer aus der Mitte heraus, indem es auch die sozialen Aspekte einer Entscheidung mitberücksichtigt.

Warum ist die Mitte des Ich so wichtig? Weil wir schnell das Gleichgewicht verlieren, wenn wir die Mitte verlassen. So wie der Artist auf dem Seil oder wir selbst auf einem schwankenden Boot — der sicherste Platz ist die Mitte, weder zu weit rechts noch links.

Das Ego.
Sobald das Ich sich von seiner Mitte entfernt, wird es zum Ego. Oder anders ausgedrückt, sobald ein Teil anstatt des Ich die Regie übernimmt, wird dieser Mensch von seinem Ego getrieben und bekommt früher oder später große Probleme.

Ein aktuelles Beispiel: Das Wasserball-Nationalteam von Singapur ist bei den Asienspielen in China wegen seiner Badehosen ermahnt worden, bei denen ein Halbmond vorne aufgedruckt war.

Sie kennen nicht ihr Selbst?

Oder können sich nichts darunter vorstellen? Dann ist Ihnen aber in Ihrem Leben bisher etwas ganz Entscheidendes entgangen. Wenn Sie ihr „Selbst“ kennenlernen möchten: hier gibt es eine wunderbare Meditation, die sich kostenlos herunterladen können. (Der Link ist rechts unten auf der Seite. Stören Sie sich nicht an der Stimme des Sprechers (das ist nur die Meinung Ihres Ichs), sondern konzentrieren Sie sich auf den Inhalt. Es lohnt sich.

kommentar Wann wäre Ihre Ehre verletzt?
Und wie würden Sie sie verteidigen?

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Foto: © – n24.de

Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.