Was tun, wenn Sie zu wenig Disziplin haben?

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Aber hilft Disziplin überhaupt?

Viele Menschen nehmen sich etwas vor, wollen ein Ziel erreichen – und schaffen es nicht. Fragt man nach den Gründen, antworten sie oft: „Ich bin einfach nicht diszipliniert genug!“

Meine Meinung ganz zu Beginn: Ich glaube nicht an Disziplin. Damit meine ich, ich höre immer wieder den Appell dazu. Entweder dass ein Buchautor wie Bernhard Bueb in seinem Buch, Lob der Disziplin. Eine Streitschrift, mehr davon fordert. Oder dass Menschen das von sich selbst verlangen.

Meine Erfahrung ist: es funktioniert nicht.

Wenn man Biografien von Menschen, die Großes geleistet haben, liest, wird man selten finden, dass sie ihre Errungenschaften ihrer Disziplin verdanken.

Der Duden definiert Disziplin so:

„Disziplin ist das Beherrschen des eigenen Willens, der eigenen Gefühle und Neigungen, um etwas zu erreichen.“

Es mag Menschen geben, denen das leichter fällt und die dies auch deswegen anderen als Patentrezept empfehlen. Aber wenn es jemandem schwer fällt, sich so zu disziplinieren, was soll dieser dann tun? „Mehr Disziplin entwickeln“ ist dann die tautologische Antwort der Disziplin-Befürworter. Aber das ist genauso wirksam, wie wenn man jemandem, der Angst hat, sagt, er brauche keine Angst zu haben.

Was aber tun, wenn man glaubt, undiszipliniert zu sein?

Hier sind sechs einfache Dinge, die Sie tun können:

  1. Seien Sie nachsichtig mit sich und verzeihen Sie sich.
    Sie sind einfach keine Maschine. Maschinen haben keine Gefühle, keine Neigungen, deshalb können sie sehr diszipliniert funktionieren.
    Sie sind anders. Sie brauchen nicht so tun als wären Sie eine seelenlose Maschine – es wäre ohnehin vergeblich.
    Atmen Sie zwei oder dreimal tief durch. Und lassen Sie das Konzept der Disziplin los. Es taugt nichts. Nehmen Sie statt dessen lieber den Gedanken „Ich bin ein lebendiger Mensch – ich muss nicht funktionieren“ und spüren Sie, was dieser Satz in Ihnen auslöst.
  2. Erkennen Sie, dass Disziplin eine Illusion ist.
    Die obige Duden-Definition lässt ja durchscheinen, was Disziplin bewirken soll: dass Sie etwas tun sollen, was Sie nicht wollen.
    Die damit verwandten Begriffe „jemanden disziplinieren“ oder „Disziplinarstrafe“ zeigen auch, dass es letztlich um Gehorsam geht. Also dass ich etwas tue, was ein anderer will, das ich aber freiwillig nicht tun mag. Das mag in Abhängigkeitsbeziehungen eine Weile klappen. Aber mit sich selbst?
  3. Der Ruf nach Disziplin soll den Mangel an Motivation verdecken.
    Nichts passiert ohne Motivation. Jemand muss etwas wollen, weil er sich einen Nutzen davon verspricht. Ihre größte Kraft ist nicht die Disziplin, sondern Ihre Motivation.
    Suchen Sie nach ihrer Motivation. Legen Sie sie frei. Sie ist bestimmt irgendwo. Vielleicht begraben unter einem Haufen von Konzepten wie Ausdauer, Willensschwäche, Disziplin, Lustlosigkeit.
    Schauen Sie auf Ihr Leben. Das was Sie wirklich wollten, haben Sie erreicht, weil etwas Sie motiviert hat, es zu erreichen. Es gab vermutlich Hindernisse auf dem Weg, die Sie gemeistert haben. Vielleicht auch mit Ausdauer und Disziplin. Aber das waren die Werkzeuge, nicht die Kraft, die Sie vorantrieb.
    Das Ziel, es zu erreichen, hat Sie motiviert. Nicht Ihre Disziplin.
  4. Machen Sie es sich leichter.flagellanten
    Disziplin klingt anstrengend und ist es auch. Nicht umsonst bedeutet die lateinische Wortwurzel auch disciplina = Lehre, Zucht, Schule.
    Na, prima. Bei diesen Assoziationen fühlen wir uns doch gleich besser. Verwandt damit ist auch die Bewegung der Flagellanten. Nun, wer sich persönlich gerne quält, nur zu, aber man sollte nicht gleich eine allgemeine Theorie daraus zimmern. Die meisten Menschen wollen sich nämlich nicht quälen, sondern etwas in ihrem Leben erreichen. Stoßen sie dabei auf Widerstände, suchen sie oft die Schuld bei sich und der mangelnden Disziplin, werten sich ab – aber das Ziel rückt in immer weitere Ferne.
    Beachten Sie noch einmal Schritt 1) und machen Sie es sich danach leichter. Fangen Sie gaaaanz klein an. Machen Sie nur das, was leicht ist.
    Ein Beispiel: Ich hatte einmal eine Klientin, deren Arbeitszimmer völlig chaotisch und zugemüllt war. Sie wollte es aufräumen, schaffte es aber nicht – Sie wissen schon, zu wenig Disziplin.
    Ich sagte ihr Folgendes: „Räumen Sie auf – aber jeden Tag nur zwei Minuten. Schaffen Sie das?“ Sie lachte und antwortete: „Klar, zwei Minuten kann ich aufräumen aber da bin ich ja in hundert Jahren noch nicht fertig!“ Ich blieb bei meiner Empfehlung ohne Kommentar.
    Nach sechs Wochen kam sie wieder und berichtete, die ersten drei Tage hätte sie immer nur zwei Minuten aufgeräumt. Aber am vierten Tag hätte sie einfach weitergemacht und erst nach eineinhalb Stunden aufgehört. Am fünften Tag hätte sie wieder versucht, nur zwei Minuten aufzuräumen und statt dessen zwei Stunden aufgeräumt.
    Machen Sie es sich leicht. Disziplin funktioniert nicht. Was aber klappt, ist, sich an ein neues Verhalten zu gewöhnen – wenn Sie klein anfangen und es nur so lange machen, wie es Ihnen Spaß macht. Das Wichtige dabei ist, dass Sie – und Ihr Gehirn – etwas Neues lernen. Denn Lernen passiert vor allem im Flow und wenn es mit positiven Gefühlen verbunden ist, nicht mit Druck und Anstrengung.
  5. Bringen Sie Freude rein.Winking smiley
    Ein Freund hatte schon ein paar Mal versucht, zu fasten. Es klappte nicht. Da hörte er von Fastenwanderungen, und da er gerne wanderte und neue Leute kennenlernt, meldete er sich an.
    „War ganz einfach“, berichtete er, „der Kontakt in der Gruppe, die Bewegung in der Natur – da fiel der Verzicht auf das Essen total leicht.“
    Einmal im Jahr muss ich alle Belege eines Jahres für meine Steuererklärung sortieren, addieren, in eine Excel-Liste eintragen. Ich hasste diese Arbeit und schob sie früher immer vor mir her – bis zur zweiten Mahnung des Finanzamts. Seit zwei Jahren kaufe ich mir vorher drei tolle Jazz-CD’s, auf die ich schon lange scharf bin und höre sie während dem Belege-Sortieren. Klappt prima!
    Nach demselben Prinzip funktionieren Weight-Watcher-Gruppen, machen gute Lehrer spannenden Unterricht, hat die Natur die Anziehung zwischen den Geschlechtern organisiert. Bringen Sie Freude rein!
  6. Machen Sie einfach weiter.
    Es gibt immer Stolpersteine auf dem Weg. Sie stolpern, fallen hin. Oft nehmen Menschen das als Zeichen, dass es doch nicht klappen wird. Dass sie zuwenig Disziplin haben, dass das Ziel doch zu weit weg ist etc.
    Sie stolpern, Sie fallen hin – es bedeutet nichts. Stehen Sie einfach auf und gehen Sie weiter. Entweder auf Ihrem Weg oder wieder bei Schritt eins: Drei tiefe Atemzüge – und seien Sie nachsichtig mit sich.

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der Text ist von mir.

Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.