Drei einfache Tipps, wie man in einer Gruppe eine Führungsrolle übernimmt.

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Karriere / Psychologie

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Letzte Woche nahm ich unerwartet und unfreiwillig  an einem sozialpsychologischen Experiment teil. Ich fuhr mit der S-Bahn nach Mannheim und die blieb mitten auf der Strecke plötzlich stehen. Erst blieben alle ganz ruhig. Aber als nach etwa drei, vier Minuten der Zug immer noch nicht weiterfuhr und auch keine Durchsage kam, wurden die Fahrgäste unruhig. Zumal ein seltsamer Geruch wahrzunehmen war. Etwas süßlich, nicht unangenehm aber in einer S-Bahn ungewöhnlich.

 

Was war los?

Keiner wusste, was das alles zu bedeuten hatte. Erst sprachen einige ihre Mitfahrer an. Aber dann machte sich ein Herr mittleren Alters bemerkbar, dessen laute Stimme zu vernehmen war, bevor man ihn sah. „Bleiben Sie ganz ruhig, es geht sicher gleich weiter!“ verkündete der Mann. Ich fragte mich, woher er das wohl wüsste, denn er sah aus wie ein normaler Bahnfahrer, kein Angestellter der Bahn.

Die Unruhe der Fahrgäste wurde jetzt am steigenden Lärmpegel deutlich. „Kann jemand mal mit seinem Handy die Nummer vom Bahnhof Mannheim rauskriegen und dort anrufen?“ war der Mann wieder zu hören.

„Was ist denn das für ein süßlicher Geruch?“ wurde der Mann von einigen Fahrgästen plötzlich gefragt. „Ich weiß es auch nicht“, sagte der Mann, „aber bleiben Sie ganz ruhig. Das ist nichts Gefährliches.“

Nach zehn Minuten meldete sich der Fahrer der S-Bahn, entschuldigte sich für die „Betriebsstörung“ und dass man gleich weiterfahren könne, was nach weiteren zwei Minuten geschah.

„Danke, dass Sie die Ruhe bewahrt haben. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag!“ meldete sich nochmal der Mann zu Wort. Die Fahrgäste begannen wieder sich zu unterhalten, zu lesen oder aus dem Fenster zu schauen.

Als ich auf der Weiterfahrt nach Frankfurt über diese kleine Szene nachdachte, kam mir die Frage:

„Angenommen, aus dieser harmlosen Betriebsstörung hätte sich jetzt eine ernsthafte Situation entwickelt, wie wäre das weitergegangen? Angenommen, wir wären eine Stunde auf der Strecke liegen geblieben ohne Durchsage, wie hätte sich die unfreiwillige Gruppe der Fahrgäste organisiert, um mit dieser Situation fertig zu werden?

Mit großer Wahrscheinlichkeit hätte dieser Mann eine Führungsrolle übernommen. Aber es war ein ganz normaler Fahrgast, kein Fachmann, ein Mensch wie du und ich. Was mich zu der Frage brachte:

 

Wie übernimmt man in einer Gruppe die Führungsrolle?

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Zufälligerweise (über einen Link von Karrierebibel) stieß ich im Internet auf Untersuchungen von Anderson and Kilduff (2009) zu diesem Thema. Sie untersuchten zwei Gruppen, die mathematische Aufgaben lösen sollten. In den Videoaufnahmen der Gruppenteilnehmer zeigte sich deutlich:

  • In Befragungen nach dem Experiment konnten die Teilnehmer wie auch unabhängige Beobachter bestimmte Gruppenteilnehmer als „führend“ in der Gruppe benennen.
  • Diejenigen, die sich als „Führer“ herauskristallisierten, stellten vor allem mehr Fragen und machten der Gruppe mehr verbale Vorschläge als andere.
  • Die Vorschläge der „Führer“ waren dabei nicht einmal besser als die der anderen, oft sogar schlechter(!)
  • Entscheidend war, dass deren Stimme öfter und lauter wahrgenommen wurde .

Die Antwort auf die eingangs gestellte Frage lautet also:

Wer als kompetent wahrgenommen werden will, sollte sich so verhalten als wäre er kompetent.

Genau das war an dem Morgen in der S-Bahn passiert. Ein ganz normaler Fahrgast hatte die Führungsrolle in der Gruppe übernommen.  Nicht aufgrund einer offiziellen Rolle als Zugbegleiter oder weil seine Äußerungen besonders klug gewesen waren. Nein, einfach nur deshalb weil er lauter und öfter als andere zur Gruppe gesprochen hatte.

Dieser Beitrag soll jetzt kein zynischer Beitrag zum Thema „Nieten in Nadelstreifen“ werden oder ein Lamento über unfähige Manager, die uns die Finanzkrise eingebrockt haben.

Nein, ich möchte Ihnen eher Mut machen, wie Sie in Gruppen dafür sorgen können, daß man Sie wahrnimmt, dass Ihre Beiträge gehört werden und dass Sie als möglichst kompetent wahrgenommen werden.

Solche Gelegenheiten gibt es ja dauernd. Sei es in Meetings oder Teambesprechungen im Beruf. Am Kaffeeautomaten oder in der Raucherpause. Beim Elternabend oder bei der Eigentümerversammlung.

Die Methode ist einfach:

  1. Sie müssen öfters etwas sagen.
    Ihre stillen  Gedanken, die Sie nur für sich behalten, mögen wertvoll sein. Solange Sie sie nicht äußern, werden Sie in der Gruppe nicht als kompetent wahrgenommen.
  2. Ihre Stimme muss deutlich hörbar sein.
    Was Sie vor sich hinmurmeln, zählt nicht. Das heißt nicht, dass Sie andere durch Ihr Stimmorgan dominieren müssen, aber Sie sollten deutlich wahrnehmbar sein.
  3. Ihre Beiträge müssen nicht wahnsinnig klug sein.
    Viele Menschen trauen sich ja nicht, sich in Gruppen zu melden, weil sie zu hohe Ansprüche an die Qualität ihrer Wortbeiträge haben. Es schadet natürlich auch nicht, wenn Sie etwas Kluges sagen. Aber für die Einschätzung ihrer Kompetenz durch andere ist vor allem wichtig, dass sie öfter etwas sagen und dass es gehört wird.

Also, bei welcher Gelegenheit heute oder morgen könnten Sie das ausprobieren? Machen Sie ein Experiment daraus!

PS: Wenn Sie sich nicht trauen, sich öfters zu Wort zu melden, dann steckt Ihre – zumeist unbegründete – Angst vor Ablehnung dahinter. Die stammt oft aus unverarbeiteten Beziehungserfahrungen aus der Biografie. Wenn Sie das verändern wollen, kann dieses Seminar nützlich sein.

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Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.