Warum Menschen Veränderungen ablehnen – und wie man es trotzdem schafft.

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Methoden / Neurobiologie / Psychologie

Man saying no to everything

Eigenes Verhalten zu verändern, ist mitunter schwierig. Das hat etwas mit der Persönlichkeit und unserem Gehirn zu tun.

Okay, positiv klingende Veränderungen finden wir toll. Deswegen ist ja auch die Abwrackprämie so ein Erfolg. Man bekommt Geld geschenkt für etwas, was man sowieso haben will. Und die Aktion ist zeitlich befristet. Da werden ganz viele zu Schnäppchenjägern.

Aber im allgemeinen mögen Menschen keine Veränderungen. Schon gar nicht welche, wo sie auf etwas Gewohntes verzichten müssen. Und wer im Urlaub  schon seine Lieblingsliege mit dem Handtuch reservieren muss, ist vermutlich für die anstehenden Veränderungen in einer Rezession nicht wirklich optimal eingestimmt.

Aber zurück zu unserer Veränderungsunwilligkeit. Hier zwei Beispiele:

  • Erinnern Sie sich noch an die Einführung der Sommerzeit?
    Ist schon eine Weile her, nämlich im April 1980 wurde sie eingeführt. Als Begründung wurde die Energieeinsparung genannt. Hat sich zwar als Märchen herausgestellt, aber trotzdem.
    Alle möglichen Gründe dagegen wurden angeführt. Von den Umstellungsschwierigkeiten der Milchkühe bis zu Verspätungen der Bahn und der Notwendigkeit, die Uhren in Haushalt und Büro umzustellen.
  • Erinnern Sie sich noch an das frühere Ladenschlußgesetz?
    Alle Läden mussten um 18.30 Uhr schließen. Brauchte man abends noch einen Liter Milch, musste man zum Bahnhof oder zur Tankstelle fahren.
    Die Argumente gegen eine Erweiterung der Ladenöffnungszeiten waren gewaltig. Mit dem Gesundheitsrisiko für das Verkaufspersonal wurde argumentiert und der schlichten Frage, wer denn bitteschön abends um zwanzig Uhr noch einkaufen wolle. Nun, ich kaufe öfters abends in meinem Supermarkt noch ein und ich bin nie allein.

Nein, wir Menschen mögen im allgemeinen keine Veränderungen. Das hat auch etwas mit unsrem Gehirn zu tun. Das Gehirn ist faul und setzt gern auf Bewährtes. Sie haben Ihr Bücherregal umgeräumt und suchen nach einem bestimmten Buch? Automatisch greifen Sie ein paar Tage noch an die Stelle, wo das Buch früher stand.

Aus demselben Grund sind auch Vorurteile so schwer zu widerlegen. Wir mögen noch so viele andere Erfahrungen machen, es ist angenehmer, diese als Ausnahmen einzuordnen als sein einmal gefasstes Urteil zu revidieren.

Aber warum wehren sich Menschen so gegen Veränderungen?streik_against-erverything_a-hellotim-fotoliacom

Das Interessante dabei ist ja: hat man eine Veränderung erst einmal eingeführt und den ersten Sturm der Ablehnung ausgehalten, wollen die wenigsten Menschen wieder den alten Zustand vor der Veränderung zurück. (Oder hätten Sie gerne wieder die alten Ladenschlußzeiten?)

Der Grund ist mal wieder in der Psyche des Menschen zu  finden:

Der befürchtete Verlust des Gewohnten wiegt schwerer als die Aussicht auf einen mögliche Gewinn.
Hat man sich erst einmal an das Neue gewöhnt – und die damit verbundenen Vorteile – wird dies zum neuen Maßstab, also zum Gewohnten, das man nicht mehr hergeben möchte.

Dies kennen Sie vielleicht auch aus dem persönlichen Bereich:

  • Dem Umzug in eine neue Stadt steht man vielleicht zu Beginn skeptisch gegenüber. Hat man sich eingewöhnt und eingelebt, will man oft nicht mehr zurück.
  • Wer fastet, denkt die ersten zwei Tage soviel ans Essen wie sonst nicht. Ist diese Phase vorbei, freut man sich über die neu gewonnene Leichtigkeit im Denken und Spüren und wundert sich, wie viel Zeit man sonst für Mahlzeiten braucht.
  • Wem als Sportmuffel zu mehr Bewegung geraten wird, ist davon erst einmal nicht begeistert. Der Verlust der Bequemlichkeit wird als wertvollstes Gut eisern verteidigt. Erst wenn man mal eine Weile es ausprobiert hat, merkt man zumeist die positiven Konsequenzen körperlicher Betätigung und will sie dann nicht mehr missen.

Wie kann man dies für persönliche Veränderung nutzen?

Menschen mögen nichts diktiert oder aufgezwungen bekommen. Da spielt es keine Rolle, ob das Neue von außen kommt oder von innen in Form eines inneren Gewissensappells „Du mußt!“.

Vielmehr ist es hilfreich, sich selbst in eine Situation zu bringen, in der man das Neue nicht machen muss, sondern ausprobieren kann. Mit anderen Worten, wo man die Freiheit spürt, wieder zum Alten zurückkehren kann.

Der Trick dabei ist, dass man sich selbst oder dem Gehirn genug Zeit geben muss, das neue Verhalten gründlich kennenzulernen.

In meinen Seminaren oder Coachings habe ich die Erfahrung gemacht, dass die beste Form dafür ist, ein Experiment mit sich selbst zu machen. Und danach zu entscheiden, ob man mit dem Neuen fortfahren möchte oder lieber doch zum Gewohnten zurückkehrt.

Überlegen Sie doch jetzt einmal, was Sie gerne verändern möchten.

Nicht schon wieder

  • Keinen Kaffee und statt dessen lieber Wasser trinken?
  • Sich im Alltag mehr bewegen (z.B. Treppe statt Aufzug)?
  • Pünktlich sein?
  • Nett zu Ihrem Partner sein?
  • Ihre Mitarbeiter ausreden lassen?
  • Eine Stunde früher aufstehen oder abends früher nach Hause gehen?

Und machen Sie ein Experiment daraus. Nach meiner Erfahrung muss das Experiment mindestens drei oder vier Wochen dauer, damit sich Ihr Körper und Ihre Psyche darauf einstellen können und die damit verbundenen positiven Effekte realisieren.

Der Trick besteht darin, eine „schlechte“ Angewohnheit durch eine gute Gewohnheit zu ersetzen. Glauben Sie mir: es funktioniert. Beim Ladenschluß hat es mit einem ganzen Volk geklappt!

Hören Sie hier dazu den Podcast!

kommentar Was sind Ihre Erfahrungen mit Veränderungen?

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Foto: © CagriOner, hellotim, PeJo www.fotolia.com

 

Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.

10 Kommentare

  1. Wenn das Verändern eigener Gewohnheiten schon nicht leicht fällt, wie schwer wiegt da die aufgezwungene Veränderung von außen. Es hilft sicher, den eigenen „Veränderungsmuskel“ aufzubauen, indem man sich immer wieder kleineren Veränderungen stellt – noch besser, wenn durch positive Ergebnisse auch die positive Einstellung und Gewissheit dazukommt: „Ich schaff das schon“. Gelassenheit ist erlernbar.

  2. Markus Meister sagt

    Veränderungen … hmn…
    die gehören zum eigentlichen Alltag, wie das Frühstück!

    Dies gilt sogar, für alle, die nicht am Fließband arbeiten, jeden Tag im Job.
    Fast jeden Tag machen wir etwas anderes neu oder etwas altes etwas anders, oft ohne, dass wir es als Veränderung wahrnehmen.

    Man erkennt viele Veränderungen nicht, weil man sich entweder schleichend, oder im Wechsel, dafür entschieden hat, oder es Veränderungen sind die einen gar nicht kümmern.

    Erst, wenn jemand über eine Veränderung nachdenkt, ist es auchbwirklich eine, für diesen.

    So sind zum Beispiel schnell auf einander folgende, überlappende Veränderungen werden irgendwann sehr belastend, weil gerade erstan die letzte (hoffentlich positive) Veränderung denkt, diedurch die nächste schon wieder gefährdet ist.

    Sich mit, oder in, einem Zustand zurecht zu finden ist letztlich einer der größten, noch vorhandenen, Instinkte eines Menschen – Einer von denen, der, neben der Optimierung des Alltags, noch heute für das Überleben verantwortlich ist.

    Abgesehen davon, dass es, in der Urzeit, gefährlich war ständig neue, bunte Früchte, an Stelle der bewährten, zu Essen, kann auch heute noch sehr viel von Gewohnheiten abhängen.

    Zum Beispiel im Straßenverkehr, wo einen nicht nur die allgem. Verkehrsregeln schützen, sondern der Kompfort, sich das Auto einzustellen und die Art und Weise, wie man fährt. Schon gut, lange Autofahrten sind hier in Deutschland oft kein Thema mehr. Fährt man rechtzeitig los, kommt man, zumindest im Sommer, auf jeden Fall noch im Hellen dort an.
    Aber würde sich, mit einem Mal, die Vorfahrt einer Straße, zB zur Arbeit, ändern, ist das Unfallrisiko, an der Stelle maximiert! – Würde man eine Bedeutung eines Verkehrschildes auf einmal verändern, wohl auch, aber das wird wohl nie stattfinden.

    Lentztlich ist die Scheuhe vor Veränderungen sogar unmittelbar für das Organg lebensnotwendig, was sie auslößt: Unser Gehirn!
    Während ein Gehirn, normaler Weise, so plastisch ist, dass viel Nachdenken, innere Konflikte und starke Dramen es nicht sofort aus der Fassung bringen und man, selbst von starken psychischen Traumata, nicht gleich an Hirnversagen stirbt, bewirken die Art von Gedanken, die eine Veränderung auslösen kann, oft einen sehr starken Stresstest für genau diese Fähigkeiten.

    Und anders, als bei normalen Zellen, generieren Gehirnzellen nicht wirklich.
    Sie können sich verändern ja und sind wahrscheinlich dann immer noch fü etwas gut, doch wachsen, ab einem gewissen Alter, einfach keine mehr nach!

    So schleicht sich mehr und mehr der, manchmal eher vermeidliche, Verschleiß unseres Verstandes in unser Leben, je weniger gelassen und beharglich wir mit Veränderungen umgehen und je mehr sie uns belasten.

    Daher gibt es nicht umsonst so viele Meditations-, Zen-, Yoga- und Persöhnlichkeitskurse, wie noch nie zuvor! – Weil das Gehirn sich bemerkbar macht!

    Also gönnt eurem Kopf etwas gutes!

    -M

  3. angelika wetzel sagt

    Ich habe leider einen Ehemann der absolut keine Veränderung mag und wir deshalb ständig in Streit geraden. Manchmal denke ich, es ist wie lebendig begraben sein. Nächstes Jahr geht er in Rente, ein sehr großer und wichtiger Teil in seinem Leben wird wegbrechen, dort ist er 8Std. beschäftigt, bekommt seine Bestätigung die er braucht und ich sage immer die Arbeit ist sein Lebensinhalt und ich, seine Frau, jemand um den er sich kümmern kann. Ich sollte wohl langsam akzeptieren das man Menschen nicht verändern kann wenn diese es nicht selbst wollen, weil sie so zufrieden sind. Dabei spielt es für sie keine Rolle das die Partnerin darunter leidet.

  4. Meine Erfahrungen mit Veränderungen:

    Seit längerer Zeit versuche ich in meinem Umfeld und auch weit darüber hinaus (durch mein Buch Projekt Zukunft und meine Homepage http://www.guenter-dawid.de) für das Zusammenleben in generationsübergreifenden Familiengemeinschaften, innerhalb von Familiengenerationswohnanlagen, zu werben. Leider stoße ich dabei überwiegend auf Unverständnis und Ablehnung.

    Kann das daran liegen, dass sich die meisten Menschen schon so sehr an ihr autonomes Leben gewöhnt haben, dass sie sich das gemeinschaftliche Leben, trotz all seiner Vorteile, nicht mehr vorstellen können?

    Wie kann man zusammenbringen, was zusammen gehört?

    Vielleicht hat dafür jemand eine Erklärung.

    Günter Dawid

    Berlin, den 5.3.2016

  5. Erwin Lindemann sagt

    Dass mit der Sommerzeit ist ein schlechtes Beispiel: Obwohl ich damit aufgewachsen bin, würde ich diesen Unsinn sofort abschaffen wollen. Ansonsten stimmt es aber schon weitgehend.

  6. Mic sagt

    Das Thema Veränderung, sei es persönlich oder in einem Unternehmen ist so ziemlich das Faszinierenste! Keines ist meiner Meinung nach aber auch so komplex!

    Kürzlich habe ich mich erst in meinem Buch damit beschäftigt – Kontext –> Strategien, Führung, Veränderung –

    Letzendlich gibt es kein Patentrezept, mit dem ich einfach Veränderungen herbeiführe. Tausendmal wurde dieses Thema von den hellsten Köpfen beschrieben… Keiner konnte bislang wirklich eine Antwort finden – wie sich Veränderung stets nicht nur initiieren sondern vor allem nachhalten lässt.

    Günter der innere Schweinehunde – auch ein nettes Buch zu diesem Thema – schlägt doch immer wieder zu – im Kleinen aber natürlich auch im Großen. Es fängt an beim Essen – was übrigens eine der am schwersten veränderbaren Gewohnheiten ist – denn jeder ist im Normalfall täglich mindestens 3 mal – 365 Tage im Jahr – mal Lebensalter… so kann sich jeder selbst ausrechnen, wie häufig er das „Ritual“ bereits durchgeführt hat.

    Das Essen ist das eine – die Partnerwahl ist bei vielen Menschen das nächste. Eingeschlagene Muster werden oftmals wiederholt – zum großen Teil unbewusst.

    Da gibt es natürlich noch viele weitere spannende Einzelfälle – genau deswegen fasziniert mich dieses Thema Veränderung so sehr.

    Es würde mich freuen wenn hier in diesem Blog noch mehr zu diesem Thema zu lesen wäre.

    Viele Grüße

    Mic

  7. Tim A. Bohlen sagt

    Meist bringt scheinbare Sicherheit weniger als sich Schritt für Schritt Situationen zu stellen, die einen aus der Komfortzone heraus fordern. Erst „am Ende“ weiß man, ob eine Situation sich zum Guten oder Schlechten wendet. Wie sie sich am Anfang anfühlt – gut oder schlecht – sagt dagegen meist wenig aus.

  8. Hallo,

    welche Herausforderung es ist Gewohnheiten zu ändern, zeigt ein kleines Experiment, dass Vera F. Birkenbihl immer wieder mal in Ihren Seminaren macht:

    Sie fordert die Menschen auf, aufzustehen und ihre Jacken anzuziehen. Mittendrin sagt, sie dann stoppt und fragt: „Und mit welchem Arm haben Sie nun gestartet?“ Nehmen wir an es ist der linke gewesen. Dann sollen die Menschen nun mal mit dem rechten starten. Dies ist so ungewohnt, dass wir uns bewußt werden,wie viele der Dinge in unserem Leben genauso ablaufen.

    Wenn wir immer wieder mal inne Halten und uns bewußt machen, das Änderungen auch spannend sein können (z.B. mal eine andere Strecke fahren, um zu einem gewohnten Ziel zu kommen), dann haben wir schon viel gewohnen.

    In diesem Sinn weiterhin viele spannende Veränderungen.

    Mario Carla

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