Warum Fremdgehen das Vertrauen zerstört.

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Partnerschaft

Fremdgehen, rkwichmann, persönlichkeits-blog

 

Man kann nicht nicht kommunizieren. Alles was wir tun oder nicht tun ist Kommunikation.

Wir können uns auch nicht nicht entscheiden. Solange wir uns nicht für eine Alternative entscheiden, entscheiden wir uns automatisch für den Status quo.

Und: Wir können nicht nicht vertrauen.

Denn Vertrauen ist für uns Menschen lebensnotwendig. Ohne ein Mindestmaß an Vertrauen in andere Menschen und in die Welt könnten wir nicht leben.

Wenn wir morgens aus dem Bett steigen, vertrauen wir darauf, dass die Schwerkraft noch wirkt und wir mit den Füßen auf dem Boden landen. Wenn wir dann unseren Kaffee kochen, vertrauen wir darauf, dass das Wasser aus der Leitung sauber und keimfrei ist. Wenn wir in die U-Bahn steigen, vertrauen wir darauf, dass der Wagenlenker nicht betrunken oder ein Dschihadist ist.

Wir könnten keinen Fuß aus der Wohnung machen, wenn wir an alles denken müssten, was passieren könnte. Es ist ungeheuer, was wir ausschließen müssen.

Insofern reduziert Vertrauen unsere Wahrnehmung der Komplexität der Welt und wir konstruieren damit Normalität.

Die Erzeugung von Normalität im Sinne von Berechenbarkeit ist eine tägliche gemeinsame Anstrengung.

Wir begrüßen den Kollegen auf dem Büroflur und erwarten einen Gruß zurück. Wir stellen dem Kunden eine Frage und erwarten eine Antwort. Gegen Monatsende schauen wir auf unser Konto und erwarten, dass unser Gehalt da ist.

Abweichungen von diesen Erwartungen finden wir nicht normal und sind je nach Persönlichkeit irritiert, verärgert oder hilflos.

Auch in der Partnerschaft suchen und erzeugen wir permanent gemeinsame Normalität – um vertrauen zu können.

 

Wie entsteht Vertrauen in der Partnerschaft?

Damit sich zwei fremde Menschen miteinander sicher fühlen können, muss Vertrauen erst erworben und aufgebaut und auch immer wieder bewiesen werden, wenn es von Dauer sein soll.

Dazu sind verschiedene Dinge notwendig:

 

Gemeinsame Wertvorstellungen.

Da geht es um den Umgang mit Entscheidungen, wofür man wie viel Geld ausgibt, wie man die Freizeit verbringt, was gute Ernährung ist, ob man Kinder will und wie man sie am besten erzieht, wie oft Sex in der Woche normal ist und unsere Vorstellungen über Treue und Untreue.

Selten sind sich Partner von Anfang über alle Themen einig. Damit aber dies nicht zu wiederkehrenden Streits führen, braucht es einen gemeinsamen Prozess, wo man miteinander Normalität erzeugt. Möglichst indem man die jeweiligen Wünsche und Vorstellungen des anderen respektiert und zu einem akzeptablen Kompromiss gelangt, mit dem beide leben können. Das ist mitunter nicht einfach.

 

Gemeinsame Absprachen.

Aus den Wertvorstellungen ergeben sich ganz konkrete Konsequenzen für das Verhalten. Gibt es zum Beispiel die Absprache, dass man sich morgens darüber informiert, wann jeder abends zu Hause ist, wer noch Brot und Sprudel einkauft, ist der andere mit Sicherheit irritiert, wenn dies so nicht eintrifft oder der andere nicht Bescheid sagt, dass es heute später wird.

Vertrauen entsteht dadurch, dass jeder sich darauf verlassen kann, dass der Partner/die Partnerin sich an die getroffene Abmachung halten wird bzw. beim Nichteinhalten darüber zeitnah informiert.

 

Verlässlichkeit in schlechten Zeiten.

Wenn alles gut läuft, ist man gern miteinander zusammen. Schwieriger wird es, wenn man selbst oder der andere schlecht gelaunt, gestresst oder krank ist oder Sorgen hat. Gerade in solchen Situationen wünschen wir uns einen Partner, der sich nicht achselzuckend abwendet, uns die Schuld zuschiebt oder kluge Ratschläge gibt, wie man das hätte vermeiden können.

Ist der Partner auch in solchen schwierigen Situationen verlässlich für uns da und kann er gegebenenfalls seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse vorübergehend zurückzustellen, erleben wir Sicherheit und das Gefühl, dass wir uns auf den anderen verlassen können.

 

Selbstkenntnis und Ehrlichkeit

Vertrauen entsteht, wenn man den anderen gut kennt und weiß, wie der andere reagieren wird. Natürlich nicht hundertprozentig aber doch zu einem Großteil zu wissen, was der andere mag und was er ablehnt, erleichtert das Zusammenleben.

Dabei hilft es, wenn sich beide offen und ehrlich über ihre Wünsche und Vorstellungen, Bedürfnisse und Gefühle informieren. Das ist besonders in den Bereichen wichtig, die dem Partner viel bedeuten und die das gemeinsame Wertesystem betreffen.

 

Respekt und Akzeptanz

Wir öffnen uns einem anderen Menschen erst dann, wenn wir hoffen oder erfahren haben, dass wir mit unserer Meinung oder unserer Erfahrung nicht belehrt, verlacht oder gedemütigt werden. Gerade mit unseren empfindsamen Seiten wollen wir  ernst genommen und verstanden werden.

 

Freiräume statt Überwachung

Vertrauen muss auch den Raum haben, bewiesen zu werden, sonst ist es reine Unterwerfung unter vereinbarte Regeln. Denn Vertrauen brauchen wir ja gerade in Situationen, die nicht kontrolliert werden können.

 

Nicht das Fremdgehen bedroht die Beziehung.

Sondern die Heimlichkeit und das Lügen hinterher.

affären-logo_neu2Für mein eBook Fremdgegangen – Wege aus dem Chaos“ habe ich eine Online-Umfrage über googledocs gemacht mit der Frage:

„Was ist oder wäre Ihre größte Angst, wenn Sie oder Ihr/e Partner/in fremdgehen?

Über 500 Menschen haben geantwortet. Etwa 80 Prozent schrieben, dass der Vertrauensverlust sie am meisten schmerzen und ängstigen würde.

Auch einige schrieben mir, die statt dem Modell der Monogamie die Lebensform der Polyamorie gewählt haben. Eine Frau schrieb:

Polyamorie erfordert Reife. Wer polyamor lebt, lebt in einem sehr filigranen Beziehungsgeflecht mit viel Bindung und Feingefühl, aber mit wenig Eingesperrtsein, also auch mit wenig Sicherheit. Das heißt: man muss auf eigenen Füßen stehen, auch emotional. Ohne ein stabiles Selbstwertgefühl geht Polyamorie nicht.

Für die meisten Menschen ist diese geringere Sicherheit keine stabile Basis für eine Beziehung. Ich zitiere diese Zuschrift, weil sie deutlich macht, dass es die Heimlichkeit ist, die das Vertrauen zerstört, nicht die Außenbeziehung.

Das kann natürlich andere Probleme schaffen.

Ich arbeitete mal mit einem Paar, das eine offene Ehe führte, bei der die Frau häufig wechselnde Sexpartner hatte, der Mann aber seit Jahren nur eine Geliebte. Genau das warf ihm seine eifersüchtige Frau vor, das sei so nicht vereinbart gewesen.

 

Hier mein eBook über das Fremdgehen.

cover1Basierend auf meinen langjährigen Erfahrungen als Paartherapeut habe ich ein eBook geschrieben. Es umfasst 145 Seiten und beantwortet die häufigsten Fragen, wenn es passiert ist.

Hier alle Infos dazu …

 

 

Vertrauen braucht Kommunikation.

Fremdgehen findet in aller Regel heimlich statt, deswegen wird es meist als Kündigung des Vertrauens-Beziehungsvertrags erlebt. Durch Vertrauen erzeugen wir auch eine gemeinsame Normalität, die unsere Ängste reguliert.

Schon kleine Kinder stehen lange am Fenster und schauen die Straße hinunter, wenn die Mutter oder der Vater zur vereinbarten Zeit nicht zu Hause ist.

Fremdgehen belastet auch die Bindung, die erst dann mit der Zeit entsteht, wenn wir unserem Gegenüber in vielen Situationen glauben können, was er sagt. Das mindert unsere Ängste vor Verlassenwerden und einem befürchteten Verlust der Beziehung.

Weiter oben schrieb ich: Die Erzeugung von Normalität im Sinne von Berechenbarkeit ist eine tägliche gemeinsame Anstrengung.

Genau diesen Teil des Beziehungsvertrags bedroht das Fremdgehen. Vor allem dadurch, dass gewohnte Zeichen von Normalität ausbleiben. Deswegen wird der „betrogene“ Partner ja auch bei folgenden Anzeichen misstrauisch, wenn der  Partner beispielsweise …

  • Öfter als früher etwas allein unternimmt und einen ermuntert , dasselbe zu tun.
  • Sein Telefonierverhalten verändert (Flüstern, schnelles Auflegen, Löschen der Anruferliste etc.)
  • Plötzlich sehr auf seinen Körper achtet, mehr Sport macht, einen neuen Kleidungsstil pflegt.
  • Vermehrt geistig abwesend ist oder nachts lange am Computer sitzt.
  • Sein sexuelles Verhalten verändert (in Richtung mehr, weniger, ganz anders).

All das müssen keine Anzeichen für ein Fremdgehen sein aber dadurch dass sie von dem bisherigen normalen Verhalten abweichen, fallen sie dem Partner auf und verlangen eine Erklärung. Fällt diese wenig überzeugend aus, beginnt das Misstrauen bis hin zum Nachspionieren.

Obwohl viele Paare sich wegen einem Seitensprung oder einer Nebenbeziehung trennen, muss das nicht das Ende einer Partnerschaft sein. Es kann auch zu einem Neustart werden, wenn man die ersten Wochen und Monate des Gefühlschaos übersteht.

 

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Bild: © www.cartoon4you.de

Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.