Machen Sie nur so viele Veränderungen wie Sie auch aushalten!

Kommentare 11
Allgemein / Gesundheit / Methoden / Psychologie

Letzte Woche schrieb ich darüber, wie ich mein Gewicht reduzierte. Den Wunsch haben ja viele Menschen. Aber manche machen dabei einen entscheidenden Fehler. Sie wollen zu viel Veränderung auf einmal. Genauer gesagt, sie wollen mehr ändern als ihnen gut tut.

Vor ein paar Monaten war ein Teilnehmer aus einer Bank im Seminar, der Lottogewinner betreute. Seine traurige Erkenntnis: Kaum einem ist der plötzliche Reichtum bekommen!

Manche hauten in zwei Jahren alles auf den Kopf und mussten Insolvenz anmelden. Andere ruinierten sich ihre Gesundheit durch zu viel Alkohol, Drogen und Unfälle mit schnellen Autos. Wieder andere brachen unter dem Ansturm der vielen Bettelanfragen von Freunden, Bekannten und Unbekannten zusammen und wurden in dieser Zeit depressiv über so viel menschliche Habgier.

Am besten ging es denen paar, die an der Situation in ihrem Leben kaum etwas änderten. Sich vielleicht eine tolle Weltreise gönnten, eine Wohnung oder ein Häuschen kauften –  dann aber ganz normal weiter lebten und ihrer Arbeit nachgingen.

Klimawandel

Welche Veränderung würden Sie gerne in Ihrem Leben durchführen?

Diese Erkenntnis mit dem unguten „Zuviel“ gilt auch für andere große Ziele in unserem Leben. Was würden Sie gerne verändern?

  • Zehn Kilo abnehmen?
  • Ein Buch schreiben?
  • Mehr Muskeln aufbauen?
  • Mehr Geld verdienen?
  • Ihre Schränke ausmisten?
  • Eine neue Sprache lernen?
  • Mehr Kunden gewinnen?

In seinem Buch Der Weg zu den Besten: Die sieben Management-Prinzipien für dauerhaften Unternehmenserfolg“ beschreibt der Autor Jim Collins am Beispiel des Erfolgs der Fluggesellschaft Southwest eine wichtige Entscheidung der Unternehmensleitung.

Das Unternehmen wollte wachsen, aber nicht um jeden Preis. Deshalb setzte die Unternehmensleitung eine obere Grenze für Wachstum fest.

Dadurch wählten sie ein Wachstumstempo, mit dem sie gleichzeitig die Kultur der Fluggesellschaft bewahren konnten. 

 

Das ist ein Ansatz, der auf fast jedes Ziel, jeden Menschen oder jedes Unternehmen angewandt werden kann. Die meisten Menschen neigen jedoch dazu, genau das Gegenteil zu tun und konzentrieren sich nur auf die untere Grenze.

  • Jemand sagt: „Ich möchte mindestens 5 Pfund in diesem Monat  verlieren.“
  • Ein Verkäufer sagt: „Ich möchte mindestens 10 Telefonate heute  führen.“
  • Ein Autor sagt: „Ich will heute mindestens 500 Worte schreiben.“
  • Ein Fitness-Muffel sagt: „Ich will heute mindestens fünf Liegestütze machen.“

Wir neigen dazu, uns nur auf die untere Grenze zu konzentrieren: wir setzen die Mindestschwelle fest. Und denken dabei, „Hey, und wenn noch mehr geht, umso besser!“

Ich schlage Ihnen einen anderen Weg vor.

Setzen Sie für Ihre angestrebten Aktivitäten nicht nur eine Untergrenze – sondern auch eine Obergrenze.

  • „Ich will mindestens 5 Pfund in diesem Monat abnehmen verlieren, aber nicht mehr als 10.“
  • „Ich will mindestens 10 Verkaufsgespräche heute führen, aber nicht mehr als 15.“
  • „Ich will heute mindestens 500 Wörter schreiben, aber nicht mehr als 1.000.“
  • „Ich will heute mindestens fünf Liegestütze machen, aber nicht mehr als acht.“

 


Langsam wachsen statt schnell scheitern.

Das klingt ja erst einmal verrückt. Warum in aller Welt sollten Sie Ihr Ziel nach oben hin begrenzen? Die Grenze ergibt sich doch von ganz allein.

Klingt vernünftig der Einwand. Aber: Zu schnelles Wachstum kann Ihr ganzes Vorhaben zum Scheitern bringen.

Das ist ein gravierender Fehler, den viele Existenzgründer machen, wie ein Report des US-amerikanischen Startup Genome Projects zeigt. Dort wurden für eine umfangreiche Studie Informationen von 3.200 Internet-Startups ausgewertet.

 

Das Ergebnis:
70 Prozent der frisch gegründeten Unternehmen waren zu früh in zu kurzer Zeit gewachsen. Sie gaben zu viel Geld für Marketing aus, obwohl ihr Produkt noch nicht den Kundenwünschen genügte.

Anstatt sich darauf zu konzentrieren, die Mängel am Produkt zu beseitigen, versuchten sie, die Schwäche durch mehr Werbung zu kompensieren. Oder sie stellten zu früh Mitarbeiter ein und bauten unnötige Hierarchien auf.

Selbst eine große Kapitalspritze kann schnell versickern, wenn das frische Geld für unwichtige Dinge draufgeht.

 

Warum müssen Unternehmen oder eine Volkswirtschaft überhaupt laufend wachsen, kann man fragen.

Eine gängige Antwort darauf lautet: Weil in einer kapitalistischen Wirtschaft der Kapitalgeber Zinsen erwartet. Wer sich 1000 Euro leiht, um sie zu investieren, muss für eine Rendite von 5 Prozent hinterher 1050 Euro einnehmen. Und schon ist die Wachstumsspirale in Gang gesetzt.

Eine andere Antwort lautet: weil Stagnation oder Schrumpfung emotional oft mit Krise gleichgesetzt wird – mit Arbeitslosigkeit und Schulden. Die meisten Menschen wollen ja auch alle paar Jahre eine Gehaltserhöhung. Warum? Weil angeblich alles teurer wird. In Wahrheit aber, weil die Wünsche sich auf wundersame Weise vermehren.

Dasselbe negative Phänomen des zu schnellen Erfolgs kann man bei jungen Künstlern oder Fußballern beobachten. Manchen steigt der erste Erfolg zu sehr zu Kopf. Sie heben ab, vernachlässigen ihre Entwicklung und erliegen stattdessen den Verführungen von Geld, Glanz und Gloria.

 

Setzen Sie eine Obergrenze.

Eine Obergrenze macht es Ihnen leichter, Ihre Fortschritte zu erhalten. Sie wirkt wie ein Sicherheitskorridor, in dem Sie sich besser orientieren können. Anstatt immer höher, schneller, weiter.

Die meisten Menschen setzen sich zu hohe Ziele und demotivieren sich dadurch selbst. Setzen Sie lieber eine geringe Obergrenze, um anzufangen und dann weiterzumachen.

Es gibt eine sehr einfache Möglichkeit, diese Idee in die Praxis umzusetzen:

Angenommen, Sie wollen Ihre Fitness steigern.

Viele konzentrieren sich jetzt auf eine Mindestgrenze und nehmen sich vor:Ich werde jeweils mindestens 45 Minuten am Montag, Mittwoch und Freitag im Studio trainieren.“

Mmh, ehrgeiziger Plan. Vielleicht klappt es ja. Vielleicht verlieren Sie aber nach dem dritten Mal die Lust, weil es ihnen zu anstrengend oder zu zeitraubend ist.

Stattdessen könnten Sie das Ganze aber auch umdrehen und mit sich vereinbaren: „Ich darf nicht mehr als 5 Minuten am Montag, Mittwoch und Freitag trainieren.“

Indem Sie diese unglaublich niedrige Obergrenze setzen, haben Sie vermutlich keine Motivationsprobleme und sind bereit mit dem Training anzufangen. Einfach weil Sie keine der üblichen Ausreden (Keine Zeit, keine Kraft, keine Lust etc.) mehr anwenden können.

Und Sie werden Ihre neue Trainingsgewohnheit viel einfacher aufrecht erhalten. Sobald Sie diese neue Routine in Ihrem Leben etabliert haben, können Sie dann das Limit erhöhen („Ich darf nicht mehr als 15 Minuten am Montag, Mittwoch und Freitag trainieren.“)

Das ist ja auch einer der besten Tipps aus meinem eMail-Kurs „Anpacken statt Aufschieben“. Zum Beispiel wenn Sie Ihren überfüllten Schreibtisch aufräumen wollen. Oder endlich Ihren Kleiderschrank ausmisten wollen.

Entscheidend ist ja immer, dass Sie überhaupt anfangen. Machen Sie das erste Ziel so klein, dass Sie nicht nein sagen können.

Viele warten dann darauf, dass sie mal in der entsprechenden Stimmung sind. Oder werden dann aktiv, wenn sie dringend für die Steuererklärung die Gehaltsabrechnung von vor drei Jahren  suchen. Befreien Sie sich von diesen Gedanken.

Machen Sie es sich einfacher – indem Sie eine geringe Obergrenze setzen:

  • „Ich darf jeden zweiten Tag nur fünf Minuten meinen Schreibtisch aufräumen.“
  • Ich darf alle zwei Tage höchstens zwei Kleidungsstücke aus meinem Schrank ausmisten.“

Es ist besser, jeden Tag einen kleinen Schritt zu machen, als so viel wie möglich mit einer riesigen Kraftanstrengung erledigen zu wollen. Verändern Sie immer nur so viel, wie Sie gut vertragen können und Ihre Motivation aufrechterhält.

Das ist in unseren Zeiten natürlich unbeliebt. Wir wollen den großen Erfolg sofort – ohne uns anzustrengen. Da ist es nicht verwunderlich, dass Artikel wie diese in den Buchregalen stehen: Abnehmen im Schlaf! Kauf jetzt – zahl später!

Eben die griechische Glücksformel – für die wir ja alle anfällig sind.

 

podcast_symbol4_kebox - FotoliaDiesen Beitrag können Sie sich hier als Podcast anhören oder herunterladen.

 

kommentar Was würden Sie gerne ändern?

PS: Wenn Ihnen dieser Beitrag gefiel, dann sagen Sie es doch bitte weiter: auf Facebook, Twitter oder per Email.

… oder schreiben Sie einen Kommentar.
… oder abonnieren Sie neue Beiträge per Email oder RSS.

Bild: © www.cartoon4you.de

Der Autor

Bloggt hier regelmäßig seit Juli 2005. Führt intensive 3-h-Online-Coachings durch.. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.